TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/24 2000/18/0015

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Veröffentlicht am 24.04.2001
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des M O, (geboren am 28. August 1957), in Landeck, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 1. Dezember 1999, Zl. III 195/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 1. Dezember 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 2 iVm den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein mit drei  Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1989 erstmals zu Arbeitszwecken (als Pendler bzw. Grenzgänger aus Slowenien) nach Österreich gekommen und habe bis 1995 in einem namentlich genannten Unternehmen in Bleiburg/Kärnten als Gießereiarbeiter gearbeitet. Nach dem Konkurs dieses Unternehmens im Jahr 1995 sei er zu einem anderen Unternehmen in Bleiburg gewechselt. Im Jahr 1997 (bis 8. Oktober 1998) habe er bei einem Bauunternehmen als Zimmermann gearbeitet. Seit Oktober 1998 werde er von einem Personalbereitstellungsunternehmen in Bludenz als Leiharbeiter an andere Unternehmen im Bundesgebiet "verliehen" und arbeite er als solcher auf Baustellen, seit 1999 im Verwaltungsbezirk Landeck. Seine Familie (Ehegattin und zwei minderjährige Kinder) lebten in Bosnien-Herzegowina.

Im Jahr 1991 sei er vom Bezirksgericht Bleiburg wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB mit einer Geldstrafe belegt worden, ebenso im Jahr 1997 von der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt wegen Übertretung des Meldegesetzes (§ 22 Abs. 1 Z. 2). Dieselbe Bezirkshauptmannschaft habe mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 4. März 1997 den Verlust der dem Beschwerdeführer am 25. Juni 1996 erteilten, bis 30. Juni 1998 gültigen Aufenthaltsbewilligung verfügt und ihn mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 7. April 1997 gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 ausgewiesen. Am selben Tag habe er das Bundesgebiet verlassen. In der Folge habe der Beschwerdeführer auf Grund seines im Weg der österreichischen Vertretungsbehörde in Laibach/Slowenien gestellten Antrages von der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt am 22. August 1997 eine vom 22. Juli 1997 bis 22. Juli 1998 gültige Erst-Aufenthaltsbewilligung erhalten, worauf er in das Bundesgebiet zurückgekehrt sei. Diese Aufenthaltsbewilligung sei am 15. September 1998 mit Gültigkeit vom 23. Juli 1998 bis 1. September 1999 verlängert worden. Am 30. Juli 1999 habe der Beschwerdeführer fristgerecht bei der Bezirkshauptmannschaft Landeck (der erstinstanzlichen Behörde) einen Verlängerungsantrag eingebracht. Diese habe gegen ihn nunmehr im Wesentlichen deshalb ein Aufenthaltsverbot verhängt, weil er von der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 26. August 1998 wegen Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1 StVO mit einer Geldstrafe von S 13.000,-- (Punkt 1) und wegen Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 iVm § 37 Abs. 3 Führerscheingesetz mit einer Geldstrafe von S 5.000,-- belegt worden sei (Punkt 2). Diesen Bestrafungen sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am 10. August 1998 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und am 11. August 1998, ohne im Besitz der erforderlichen gültigen behördlichen Lenkerberechtigung zu sein, im öffentlichen Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug gelenkt habe. Diese Handlungen stellten schwere Verwaltungsübertretungen dar. Ferner sei der Beschwerdeführer von der erstinstanzlichen Behörde mit in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis vom 22. Oktober 1999 wegen schwerer Übertretungen des Meldegesetzes (§ 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1) jeweils mit einer Geldstrafe belegt worden, weil er seit 22. Jänner 1999 in W./Vorarlberg in einem namentlich genannten Gasthaus vier Monate lang gewohnt und sich nicht polizeilich angemeldet habe sowie weil er die Unterkunftaufgabe in G. nicht rechtzeitig beim Gemeindeamt gemeldet habe.

Der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt mit in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung vom 28. Jänner 1997 wegen Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs. 1 Z. 2 Meldegesetz mit einer Geldstrafe belegt worden, weil er am 25. August 1993 beim Meldeamt der Gemeinde F. die Anmeldung einer Unterkunft vorgenommen habe, obwohl dieser Anmeldung keine Unterkunftnahme zugrunde gelegen sei. Von derselben Bezirkshauptmannschaft sei er mit in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung vom 7. April 1997 wegen Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 Z. 4 iVm § 15 Abs. 1 Z. 2 und 3 des Fremdengesetzes aus 1992 bestraft worden, weil er sich als jugoslawischer Staatsangehöriger an diesem Tag unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe.

Begründend führte die belangte Behörde weiters aus, dass das Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers gemäß den Bestrafungen vom 28. Jänner 1997, 7. April 1997, 26. August 1998 und 22. Oktober 1999 deutlich seine negative Einstellung zur Rechtsordnung zeige, wodurch der Eindruck entstehe, dass er nicht gewillt sei, Rechtsvorschriften in erforderlicher Weise zu achten und sein Verhalten den Gesetzen anzupassen. Daraus ergebe sich die berechtigte Folgerung, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG). Seine rechtskräftigen Bestrafungen durch die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 28. Jänner 1997 wegen einer schwer wiegenden Übertretung des Meldegesetzes und vom 7. April 1997 wegen einer schwer wiegenden Übertretung des Fremdengesetzes sowie durch die Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 22. Oktober 1999 wegen zweier schwer wiegender Übertretungen des Meldegesetzes erfüllten den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. Ein relevanter Eingriff in sein Privat- oder Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG liege zwar vor, mache jedoch das Aufenthaltsverbot nicht unzulässig. Auf Grund der sich in seinem Gesamt(fehl)verhalten manifestierenden Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Schutz der öffentlichen Ordnung, Verhinderung strafbarer Handlungen) dringend geboten. Seine privaten oder familiären Interessen am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet wögen - im Hinblick auf seine Neigung zu schweren (Verwaltungs-)Straftaten - höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots, weshalb die Erlassung dieser Maßnahme auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei. Der Beschwerdeführer habe laut seinen Angaben vom 28. September 1999 vor dem Gendarmerieposten Landeck keinen privaten Kontakt zu Menschen in Österreich, spreche lediglich gebrochen deutsch, weil er sich ca. achteinhalb Jahre lang in Kärnten nahe der Grenze aufgehalten und gearbeitet habe, sodass er meistens seine Heimatsprache habe benützen können, und habe keine Familienangehörigen in Österreich. Seine Familie lebe in Bosnien. Er sei an seinem derzeitigen Wohnsitz in Landeck seit 29. Juni 1999 polizeilich gemeldet und auch aufhältig. Während seiner Tätigkeit als Leiharbeiter bei verschiedenen Firmen an verschiedenen Orten benütze er bei größeren Distanzen ein Zimmer, das von dem Unternehmen bezahlt werde, bei dem er zu diesem Zeitpunkt tätig sei. Ob er bei seinen Aufenthalten in Pensionen oder Hotels polizeilich gemeldet sei, wisse er nicht. Er selbst habe jedenfalls nie einen Meldezettel ausgefüllt. Die Rechnungen würden immer an das jeweilige Unternehmen geschickt. Im Jahr 1999 sei er ca. fünf Monate in W. sowie jeweils ca. einen Monat in Sch., H. und B. gewesen. Derzeit sei er bei einem namentlich genannten Unternehmen in Imst als Leiharbeiter beschäftigt, und seine derzeitige Baustelle befinde sich in St. Anton am Arlberg. Der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet dementsprechend gering integriert und habe keine privaten Bindungen zu Menschen im Bundesgebiet. Seine Bindung in Österreich beschränke sich auf seine Arbeitstätigkeit als Leiharbeiter auf Baustellen, wobei er jeweils relativ kurz auf einer Baustelle arbeite, um dann zur nächsten Baustelle irgendwo anders im Bundesgebiet zu wechseln. Wie er am 22. Oktober 1999 bei der erstinstanzlichen Behörde zu Protokoll gegeben habe, betrieben seine Ehefrau und seine beiden minderjährigen Kinder gemeinsam mit seinen Eltern in Bosnien-Herzegowina eine Landwirtschaft. Der Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremden- und Meldewesens) und der Rechte anderer, z.B. dass am öffentlichen Straßenverkehr keine alkoholisierten und/oder keine behördlich dazu nicht berechtigten Kraftfahrzeuglenker teilnähmen, habe einen großen öffentlichen Stellenwert. Ein Aufenthaltsverbots-Verbotsgrund gemäß den §§ 38, 35 FrG komme im Fall des Beschwerdeführers nicht zum Tragen. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 FrG und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen.

Zu seinem Berufungsvorbringen werde zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die vorgenannten Ausführungen verwiesen. Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt habe dem seinerzeitigen Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung stattgegeben und diese bis 22. Juli 1998 gültig gewesene Bewilligung am 15. September 1998 "nahtlos" verlängert. Danach, im Jahr 1999, sei er wieder straffällig geworden (schwere Übertretungen des Meldegesetzes gemäß der Bestrafung vom 22. Oktober 1999), was allein ein Aufenthaltsverbot zu tragen geeignet wäre. In einem solchen Fall sei es der Behörde nicht verboten, noch nicht getilgte Verwaltungsstrafvormerkungen oder gerichtliche Verurteilungen in das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden gemäß § 36 Abs. 1 FrG miteinzubeziehen, wie die schweren Verwaltungsstraftaten des Beschwerdeführers gemäß den Bestrafungen vom 28. Jänner 1997, 7. April 1997 und 26. August 1998. Zu seinem Berufungsvorbringen, dass er die der Bestrafung vom 28. Jänner 1997 zugrundeliegende Verwaltungsstraftat nicht begangen hätte, werde auf die Rechtskraft dieser Bestrafung hingewiesen. Abgesehen davon seien bereits die Verwaltungsstraftaten gemäß den Bestrafungen vom 7. April 1997, 26. August 1998 und 22. Oktober 1999 in der Lage, das Aufenthaltsverbot zu tragen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid zu den Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen der Begehung von Verwaltungsübertretungen getroffenen Feststellungen. Sie bringt jedoch vor, dass diejenigen Übertretungen, die vor der Ausreise des Beschwerdeführers und vor der am 22. Juli 1997 erteilten "Erstniederlassungsbewilligung" gelegen seien, nicht zu berücksichtigen seien. Es verblieben daher nur mehr eine Übertretung nach dem Meldegesetz sowie die beiden Übertretungen der StVO und des Führerscheingesetzes am 10. und 11. August 1998. Da der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit in einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen häufig den Arbeitsort wechsle und an verschiedenen Orten untergebracht sei, habe er davon ausgehen können, dass er im Rahmen der Organisation des Arbeitgebers entsprechend angemeldet werde, sodass ihn an der Übertretung des Meldegesetzes nur ein geringes Verschulden treffe. Auch die Übertretungen nach der StVO und dem Führerscheingesetz ließen keine negative "Zukunftsprognose" für den Beschwerdeführer zu, weil die diesen zugrunde liegenden beiden Vorfälle vom 10. und 11. August 1998 als Einheit zu werten seien. Zwar habe er das Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt und sei ihm deshalb die Lenkerberechtigung vorläufig abgenommen worden. Da jedoch am nächsten Tag ein Führerscheinentzugsbescheid nicht vorgelegen sei, sei er der Ansicht gewesen, er könne bis zum Vorliegen eines solchen Bescheides wiederum sein Fahrzeug lenken. Die belangte Behörde hätte daher davon ausgehen müssen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

So handelt es sich bei der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Übertretung nach § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) - dieser lenkte am 10. August 1998 im öffentlichen Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand - im Hinblick auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von großem Gewicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 98/18/0374). Nur einen Tag später setzte er sich neuerlich über die österreichische Rechtsordnung hinweg, indem er sein Kraftfahrzeug erneut im öffentlichen Straßenverkehr lenkte, obwohl ihm sein Führerschein vorläufig abgenommen worden war und ihm bewusst sein musste, dass es zu den Pflichten jedes Kraftfahrzeuglenkers gehört, den für das Fahrzeug vorgeschriebenen Führerschein auf Fahrten mitzuführen, und dass das Lenken eines solchen Fahrzeuges vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheins unzulässig ist.

Schon in Anbetracht dieses mehrfachen Fehlverhaltens - wozu noch kommt, dass der Beschwerdeführer trotz einer im Jahr 1997 erfolgten rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung des Meldegesetzes 1991 erneut im Jahr 1999 diesem Gesetz zuwidergehandelt hat, weshalb über ihn mit Straferkenntnis vom 22. Oktober 1999 eine Geldstrafe rechtskräftig verhängt wurde (vgl. I.1.) - begegnet es keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet hat.

2. Soweit die Beschwerde allerdings geltend macht, dass das Aufenthaltsverbot - wovon auch die belangte Behörde ausgehe - einen relevanten Eingriff in die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers bewirke, er auf seine Beschäftigung in Österreich angewiesen sei, um seine Familie (Gattin und zwei minderjährige Kinder) in seinem Heimatland zu versorgen, der Verlust seiner Einkommensquelle einem wirtschaftlichen Ruin gleichzusetzen sei und die belangte Behörde daher eine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt hätte, zeigt sie mit diesem Vorbringen aus folgenden Gründen im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Die Bestimmung des § 36 Abs. 1 FrG räumt der Behörde insofern Ermessen ein, als sie diese ermächtigt, von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes trotz Vorliegens der in den §§ 36 bis 38 FrG normierten Tatbestandsvoraussetzungen abzusehen. Nach Art. 130 Abs. 2 B-VG hat die Behörde von dem besagten Ermessen "im Sinne des Gesetzes" Gebrauch zu machen. Sie hat hiebei in Erwägung zu ziehen, ob und gegebenenfalls welche Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sprechen, und sich hiebei insbesondere von den Vorschriften des FrG leiten zu lassen. Es könnten etwa - anders als bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes nach § 37 FrG - öffentliche Interessen zu Gunsten eines Fremden berücksichtigt werden und bei entsprechendem Gewicht eine Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Ermessensentscheidung rechtfertigen. Aber auch persönliche, schon im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes nach § 37 FrG zu berücksichtigende Interessen wie auch solche, die bei dieser Interessenabwägung nicht zu berücksichtigen waren, sind bei der Handhabung des Ermessens nach § 36 Abs. 1 FrG dann zu beachten, wenn dies erforderlich ist, um den besonderen im Einzelfall gegebenen Umständen gerecht zu werden. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 1999, Zl. 99/18/0282, mwN.)

Zur Frage des Ermessens enthält der angefochtene Bescheid keine Ausführungen. Es liegt auch kein Fall vor, in dem das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eindeutig und daher eine gesonderte Begründung der Ermessensentscheidung entbehrlich wäre (vgl. die in § 38 Abs. 1 Z. 3 sowie § 35 Abs. 3 Z. 1 und 2 FrG genannten Fälle und den hg. Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490).

3. Die belangte Behörde belastete ihren Bescheid somit insofern mit einem wesentlichen Begründungsmangel, weshalb jener wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. April 2001

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Normen und Materien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000180015.X00

Im RIS seit

23.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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