B2 228.610/0/2008/13E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat gemäß §§ 61 Abs. 1, 75 Abs. 7 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 durch die Richterin Mag. Barbara Magele als Einzelrichterin über die Beschwerde des M.M., geb. 00.00.1986, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.04.2002, FZ. 00 17.938-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde von M.M. vom 17.05.2002 wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1.1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 18.12.2000 in Österreich einen Asylantrag und wurde daraufhin am 14.05.2001 vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Urdu vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich befragt. Dabei gab er im Wesentlichen an, von 1973 bis 1983 in S. die Grundschule besucht und danach bis 1994 als selbständiger Händler gearbeitet zu haben. Etwa am 03.02.1999 habe er S. verlassen und sei am 15.02.2001 in Pakistan eingereist, wo er um Asyl angesucht habe. Nach rund 18 Monaten sei er schließlich auf dem Landweg über Kasachstan nach Österreich gereist.
Am 13.07.1994 sei er der (verbotenen) "XY-League" beigetreten und für sie tätig gewesen. Am 00.00.1998 sei ein Mitglied ermordet worden, was Unruhen ausgelöst habe. Aufgrund polizeilicher Razzien, verbunden mit polizeilichen Übergriffen auf seine Familienmitglieder habe er Indien verlassen. In Pakistan habe er um Asyl angesucht und sei dem "XX" beigetreten. Über seinen Asylantrag sei nicht entschieden worden, vielmehr habe ihn der pakistanische Geheimdienst verhaftet und gefoltert. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, seitens der indischen Polizei "durch einen fingierten Unfall" getötet zu werden.
Aufgrund des Vorbringens des Asylwerbers im Rahmen dieser Einvernahme stellte das Bundesasylamt am 22.05.2001 eine Anfrage an die Österreichische Botschaft Neu Delhi bezüglich der XY-League (detailliertere Fragestellung vgl. AS 51 bis 55 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes), woraufhin die Antwort der Österreichischen Botschaft vom 31.10.2001 beim Bundesasylamt am 07.11.2001 einlangte (vgl. AS 115 bis AS 127 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes). Daraufhin wurde die Antwort der Österreichischen Botschaft Neu Delhi vom 31.10.2001 dem nunmehrigen Berufungswerber am 08.11.2001 zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Stellungnahme übermittelt (AS 133 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes), und langte am 14.12.2001 eine diesbezügliche Stellungnahme des Asylwerbers beim Bundesasylamt ein, wobei in dieser Stellungnahme die Ermittlungsergebnisse der Österreichischen Botschaft Neu Delhi bezüglich der XY-League kritisiert wurden und diese Kritik mit entsprechenden Beweismitteln untermauert wurde. Daraufhin wurde vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, am 07.01.2002 ein weiteres Schreiben an die Österreichische Botschaft Neu Delhi gerichtet, um unklare Antworten in der Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft Neu Delhi vom 31.10.2001, einer Aufklärung zuzuführen. In der Zwischenzeit langte am 04.02.2002 beim Bundesasylamt eine weitere Stellungnahme des Asylwerbers ein und legte er in einem zahlreiches Dokumentationsmaterial sowie Beweismittel bezüglich J. und K., der Mitglieder der XY-League sowie Unterlagen zur inländischen Fluchtalternative in Indien vor (vgl. AS 201 bis 407 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes). Am 04.03.2002 legte der Asylwerber eine Stellungnahme des UNHCR vom 01.03.2002 bezüglich der Ausstellung von Identitätskarten in S. vor. Am 06.03.2002 langte beim Bundesasylamt die Botschaftsbeantwortung der Österreichischen Botschaft Neu Delhi vom 18.02.2002, Zahl:
145.00/2/02, ein und wurde daraufhin der Asylwerber zur Wahrung des Parteiengehörs am 19.03.2002 zu einer weiteren mündlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt geladen. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde dem Asylwerber die Botschaftsbeantwortung vom 18.02.2002 zur Kenntnis gebracht und wurde der Beschwerdeführer über seine Tätigkeiten bei der XY-League näher befragt, wobei in diesem Zusammenhang der Asylwerber ein Foto vorlegte, das beweisen sollte, dass er Dr. W.G. kenne.
Weiters führte der Beschwerdeführer im Rahmen dieser Einvernahme aus, er habe als Mitglied der "XY-League" mitgeholfen, Demonstrationen zu organisieren und auch Flugzettel verteilt. Die Polizei oder das Militär würden sicherlich versuchen, ihn zu töten oder einzusperren. Er wolle einen eigenen kashmirischen Staat haben, wer dies fordere, werde aber in Indien umgebracht. Im Übrigen würden die Rechtsanwälte mit der Regierung zusammenarbeiten. Eine Aufenthaltnahme in einem andren Teil Indiens sei für Kashmiri nicht möglich, da diese willkürlich festgenommen und Befragungen unterzogen würden, die regelmäßig mit Misshandlungen und Folterungen verbunden seien.
Gleichzeitig legte er (unter anderem) ein E-mail von F.N. vom 00.00.2001 vor, in dem die Nähe des Asylwerbers zum ermordeten Dr. W.G. betont und darauf hingewiesen wird, er habe 18 Monate gut für die Organisation gearbeitet, bis er zum Ziel pakistanischer Behörden geworden sein und sich deshalb nach Europa habe absetzen müssen. (vgl. AS 437)
1.2. Am 03.04.2002 langte beim Bundesasylamt eine weitere Stellungnahme des Beschwerdeführers zur Botschaftsbeantwortung vom 18.02.2002 ein (vgl. AS 449 bis 461).
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.04.2002, AZ: 00 17.938 - BAW, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Indien gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und brachte vor, das Bundesasylamt habe seinen Bescheid nicht ausreichend begründet, zumal die herangezogene Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft in New Delhi widersprüchlich sei. Die Behauptung einer funktionierenden Rechtsstaatlichkeit in Indien und insbesondere in Kaschmir widerspreche praktisch allen Berichten und Ausführungen von renommierten Menschenrechtsorganisationen. Da sich der Asylwerber seit Jahren aus tiefer innerer Überzeugung für die Unabhängigkeit von "J. und K." einsetze und die Menschenrechtsverletzungen der indischen Sicherheitskräfte öffentlich mache, liege auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative vor.
4. Mit Schreiben vom 15.06.2003 legte der Beschwerdeführer ein Gutachten von Ass.Prof. Dr. B.S., Klinische- und Gesundheitspsychologin, für den Verein Hemayat vom 08.11.2002 vor, wonach die beim Asylwerber ersichtlichen Symptome die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllen und "in engem und klarem Zusammenhang zu Folterungen und Ereignissen im Kaschmir und in Pakistan" stehen sowie durch die unsichere Aufenthaltssituation in Österreich verstärkt würden. Eine Reduktion sei durch "existenzielle Absicherung, Psychotherapie sowie pharmakologische Unterstützung" möglich. Weiters wurde eine E-mail von Mag. U.D. beigelegt, wonach der Asylwerber seit etwa einem Jahr im Rahmen des Vereins Hemayat bei ihr in psychotherapeutischer Behandlung sei, sich sein Gesundheitszustand in den letzten drei Monaten massiv verschlechtert habe und er sich bereits mit verbal formulierten Selbstmordgedanken trage.
5. Mit Schreiben vom 19.06.2004 legte der Beschwerdeführer einen Klinischen Befundbericht der Universitätsklinik für Psychiatrie der Medizinischen Universität Wien vom 00.00.2004 vor, wobei - unter Zugrundelegung der Behauptung, dass er aktiv an Demonstrationen gegen die indische Regierung beteiligt gewesen sei, seine Mutter und Geschwister (nicht jedoch er selbst) anlässlich der sicherheitsbehördlichen Suche nach ihm "schwer misshandelt" worden seien, und er selbst in Pakistan zwei mal schwer misshandelt und gefoltert worden sei, folgende Diagnose:
"1. Status post Posttraumatische Belastungsstörung
2. Schwere Persönlichkeitsverformung nach sequentieller Traumatisierung
3. Majore Depression mit somatischen Symptomen
4. Panikattacken
5. Dissoziative Störungen"
Eine medikamentöse Therapie wurde empfohlen.
Weiters wurde ein Schreiben des Generalsekretärs der NGO "XX", F.N., vorgelegt. Demnach sei der Asylwerber als Mitglied der "XY-League", das friedlich für Selbstbestimmung eingetreten sei, wegen Verfolgung durch die indischen Behörden gezwungen gewesen, nach Pakistan (über die Waffenstillstandslinie) zu flüchten. Militante Gruppen in Pakistan hätten versucht, ihn für ihre Aktivitäten zu gewinnen - er sei jedoch dem "XX" beigetreten. Da sein Leben in Pakistan nicht sicher gewesen, habe er erneut fliehen müssen.
6. Am 05.08.2004 führte der Unabhängige Bundesasylsenat eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durch, an welcher der Asylwerber und seine bevollmächtigte Vertreterin teilgenommen haben (siehe Verhandlungsprotokoll OZ 4). Das Bundesasylamt verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der Verhandlung.
7. Mit Schreiben vom 18.10.2004 übermittelte der Asylwerber eine Erklärung von R.Z., Konventionsflüchtling in Frankreich und ein "Freund" des Asylwerbers, den er häufig in S. getroffen haben will, wonach der Beschwerdeführer aktives Mitglied der "XY-league" und Fahrer des ermordeten Dr. W.G. gewesen sei.
8. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 21.12.2004, Zahl 228.610/0-XIV/16/02, wurde die Berufung des Asylwerbers gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Indien zulässig ist.
9. Mit Schreiben vom 22.12.2004, eingelangt beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 23.12.2004, teilte die Vertreterin des Asylwerbers mit, dieser habe am 10.12.2004 einen Suizidversuch unternommen. Gleichzeitig wurde ein Klinischer Befundbericht der Universitätsklinik für Psychiatrie der Medizinischen Universität Wien vom 00.00.2004 vorgelegt, der den Suizidversuch bestätigt und zudem die Information über eine (kurzfristige) stationäre Aufnahme sowie eine neue medikamentöse Einstellung des Asylwerbers enthielt.
10. Gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 21.12.2004 erhob der Asylwerber Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, welcher mit Erkenntnis vom 24.01.2008, Zahl:
2006/19/0187, den angefochtenen Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob. Inhaltlich wird ausgeführt, der Unabhängige Bundesasylsenat habe sich bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Asylwerbers "nur mit den Aussagen des Beschwerdeführers, nicht aber mit den von ihm vorgelegten Urkunden befasst". Da die (im Einzelnen genannten) Urkunden in die beweiswürdigenden Erwägungen nicht einbezogen worden seien, erweise sich die Begründung des Bescheides als unschlüssig. Zudem wäre - sollte neuerlich eine Verneinung einer asylrelevanten Verfolgung erfolgen - "die vom Beschwerdeführer behauptete Erkrankung im Hinblick auf Art. 3 EMRK zu beurteilen".
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BGBl. I 126/2002 zu führen. Nach § 44 Abs. 3 AsylG sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a idF BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden. Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1. Mai 2004 gestellt; das Verfahren war am 31. Dezember 2005 anhängig; das Verfahren ist daher nach dem AsylG idF BGBl. I 126/2002 zu führen.
2. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.
3. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 23 AsylG (bzw. § 23 Abs. 1 AsylG idF der AsylGNov. 2003) ist auf Verfahren nach dem AsylG, soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG anzuwenden.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
4. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Bezüglich der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG (außerhalb des abgekürzten Berufungsverfahrens) hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, ausgeführt, dass die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts, sondern nur dann treffen darf, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe auch Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).
Im gegenständlichen Fall hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.01.2008 eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dahingehend erkannt, dass der Unabhängige Bundesasylsenat sich bei der Beweiswürdigung - insbesondere der Absprache über die Glaubwürdigkeit des Asylwerbers - lediglich auf die von ihm selbst durchgeführte Verhandlung gestützt hat und die - teilweise erst im Berufungsverfahren - vorgelegten Beweismittel (Mitteilungen von F.N. und R.Z.) nicht in ausreichendem Maße gewürdigt hat. Es besteht somit die Notwendigkeit, die Glaubwürdigkeit dieser Beweismittel und ihre Bedeutung für das gegenständliche Verfahren, insbesondere, ob sich aus ihnen schlüssig die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung des Asylwerbers in Indien ergibt bzw. eine innerstaatliche Fluchtalternative außerhalb von Kashmir vorliegt, zu überprüfen und in die Beweiswürdigung einzubeziehen, wobei angesichts der bisher auffallend vagen Angaben des Asylwerbers zu seiner politischen Tätigkeit eine neuerliche Befragung unabdingbar erscheint. Darüberhinaus hat der Beschwerdeführer am 19.03.2002 - also vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - eine E-Mail des F.N., Generalsekretär der Nichtregierungsorganisation "XX", vom 00.00.2001 vorgelegt. Er sei auch Fahrer des Dr. W.G. gewesen. Der Beschwerdeführer sei "hard target of the state agencies, wo assasinated Dr. W.G. and other pro-freedom leaders" (vgl. AS 437).
Das diesbezügliche - für das gegenständliche Verfahren nicht unwichtige - Beweismittel wurde in die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesasylamtes nicht einbezogen.
Das Bundesasylamt wird daher im fortgesetzten Verfahren das diesbezügliche E-mail von F.N. vom 00.00.2001, die weiters erstmals im Berufungsverfahren am 19.04.2004 vorgelegte Erklärung des F.N., wonach der Beschwerdeführer Mitglied der "XY-league" gewesen sei sowie die am 18.10.2004 vorgelegte Erklärung des R.Z. vom 27.09.2004, wonach der Beschwerdeführer "active member of XY-League und Fahrer des W.G." gewesen sei, auf ihre Echtheit und Richtigkeit zu überprüfen und deren Inhalte hinreichend zu würdigen haben.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die im gegenständlichen Verfahren vom Unabhängigen Bundesasylsenat verwendeten Länderfeststellungen zu Indien aufgrund der knapp dreijährigen Dauer des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof jedenfalls als veraltet anzusehen sind. Es wäre daher dem Asylwerber im Rahmen einer ergänzenden Einvernahme durch das Bundesasylamt die aktuelle Situation in Indien und vor allem die Lage in Kashmir - gerade auch hinsichtlich Gruppen wie der "XY-League" - vorzuhalten und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.
Darüber hinaus wird das Bundesasylamt Ermittlungen dahingehend zu führen haben, ob die medizinische Versorgungslage im Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer ausreichend sichergestellt ist und ob die Bedürfnisse des Beschwerdeführers im Hinblick auf eine Erkrankung - der Beschwerdeführer hat im Verlauf des Verfahrens massive psychische Probleme - Traumatisierung/posttraumatische Belastungsstörung, Depressionen und Persönlichkeitsverformung; gipfelnd in einem Suizidversuch im Dezember 2004 - geltend gemacht - gedeckt werden können sowie inwieweit in Indien der Zugang zu einer adäquaten Behandlung der vom Beschwerdeführer nachgewiesenen Erkrankung gewährleistet ist. Hinsichtlich der psychischen Erkrankung ist einerseits deren weiterer Verlauf ab Dezember 2004 (der aus dem Akt nicht mehr ersichtlich ist) und insbesondere der aktuelle gesundheitliche Status des Asylwerbers zu ermitteln. Dies umso mehr, als der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben angeführten Erkenntnis ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Berücksichtigung einer etwaigen (psychischen) Erkrankung bei der Refoulemententscheidung im Hinblick auf Art. 3 EMRK hingewiesen hat. Insbesondere wäre auch zu prüfen, ob eine erwartbare Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Asylwerbers einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK gleichkommt.
Insgesamt erweist sich daher der dem Asylgerichtshof vorliegende Sachverhalt als so mangelhaft, dass die Durchführung weitreichender Ermittlungen (unter Umständen auch durch Heranziehung eines Sachverständigen) sowie einer mündlichen Befragung des Asylwerbers (hinsichtlich der Vereinbarkeit der Beweismittel mit seinem bisherigen Vorbringen bezüglich einer angeblichen asylrelevanten Verfolgung in Indien), als unvermeidlich anzusehen ist. Eine Fortführung des Verfahrens beim Asylgerichtshof käme somit einer (fast) gänzlichen Verlagerung der erstinstanzlichen Entscheidung auf die Berufungsinstanz gleich, womit der zweitinstanzliche Verfahrensgang unterlaufen werden würde. Mit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG hat der Asylgerichtshof jedoch im gegenständlichen Fall die Möglichkeit, dem Abbau einer echten Zweitinstanzlichkeit des Verfahrens und der Aushöhlung der Funktion der entscheidenden Behörde als Kontrollinstanz entgegenzuwirken (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0084 sowie Zl. 2002/20/0315).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.