TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/05 D14 255157-2/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2008
beobachten
merken
Spruch

D14 255157-2/2008/13E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Windhager als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Riepl als Beisitzer über die Beschwerde des M.A., 00.00.1976 geb., StA.: Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.03.2006, FZ. 04 19.610-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde von M.A. vom 28.03.2006 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.03.2006, FZ. 04 19.610-BAT, wird dieser gem.

 

§ 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerdeführer, ein der tschetschenischen Volksgruppe angehörender Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gelangte zusammen mit seiner Ehegattin und seinen Kindern unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet und beantragte am 25.09.2004 die Gewährung von Asyl. Der Beschwerdeführer wurde hiezu nach Zulassung des Verfahrens am 13.05.2005 und 04.11.2005 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, niederschriftlich einvernommen.

 

Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.03.2006 in Spruchteil I unter Berufung auf § 7 AsylG 1997 ab; in Spruchteil II stellte es fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 zulässig sei; zu Spruchpunkt III wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

 

Gegen diesen am 17.03.2006 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

 

2. Hinsichtlich der Angaben des Beschwerdeführers bei den niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt wird ausdrücklich auf die Wiedergabe im angefochtenen Bescheid verwiesen. Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen vorgebracht, dass seine Probleme im Jahre 1999 begonnen hätten, als nämlich tschetschenische Rebellen in seine Heimatprovinz Dagestan gekommen seien. Während der Hochzeitsfeier des Bruders seiner Schwester sei es zu einer Schießerei gekommen, einer der Beamten der Miliz sei von den Rebellen ermordet worden, weiters seien russische Soldaten von den Rebellen gefangengenommen worden, auch das sei in dieser Gegend geschehen. Sein Heimatort habe sich an der tschetschenischen Grenze befunden, er habe dann selbst gesehen, wie die tschetschenischen Rebellen begonnen hätten, gefangengenommenen Soldaten zu ermorden. Es seien dann russische Militärhubschrauber erschienen, die Bevölkerung des Dorfes sei davongelaufen, dann sei er am 00.00.2000 von zuhause abgeführt und somit festgenommen worden. Es seien ihm verschiedene Fragen gestellt worden, man habe von ihm ein Geständnis haben wollen, in der Folge sei er in ein Erdloch gesteckt worden, wobei er auch gefoltert worden sei. Er sei unbescholten gewesen, habe überhaupt keine Beziehungen zu den Rebellen gehabt, er sei täglichen Befragungen ausgesetzt gewesen und sei dabei auch gefoltert worden. Zuletzt habe er irgendetwas unterschrieben, er wisse nicht was, er sei bereit gewesen, alles zu unterschreiben. Danach sei er freigelassen worden.

 

Der Beschwerdeführer schilderte, dass er sich seit diesem Ereignis kaum mehr zuhause aufgehalten habe, er sei "auf der Flucht gewesen, er musste sich verstecken" (AS 33). Sonst habe er keinerlei Probleme gehabt, früher sei das niemals der Fall gewesen, doch glaube er, dass er "vielleicht vom Militär gesucht werde, das kann schon sein" (AS 35). Im Fall der Rückkehr befürchte er, dass seine Kinder Waisen werden könnten, er sei schon müde und "habe es schon satt, sich ständig zu verstecken und ständig auf der Flucht zu sein".

 

Im Rahmen der Einvernahme vom 04.11.2005 schilderte der Beschwerdeführer erneut, dass er nach den geschilderten Problemen sich nur noch im Haus der Mutter aufgehalten habe, etwa ab dem Jahr 2000. In der Folge sei er aber auch bei seiner Mutter nicht mehr regelmäßig aufhältig gewesen. Erneut schilderte der Beschwerdeführer seine angeblichen Probleme nach einer Festnahme im Zusammenhang mit einem Terroranschlag im Jahre 1999 während einer Hochzeitsfeier. Er habe im Zusammenhang mit dieser Feierlichkeit ebenso wie andere Dorfbewohner miterlebt, dass tschetschenische Kämpfer russische Soldaten festgenommen und in der Folge ermordet hätten. Am 00.00.2000 seien russische Soldaten in sein Haus eingedrungen und hätten ihn weggebracht, erneut schilderte der Beschwerdeführer seine Anhaltung in einer "Grube". Er habe nicht darauf vertrauen können, dass ihn die russischen Soldaten eines Tages in Ruhe lassen, er habe in Angst gelebt, wieder festgenommen zu werden.

 

Das Bundesasylamt wertete im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Antragstellers als glaubwürdig, die Angaben des Beschwerdeführers wurden zum Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides erhoben (AS 351).

 

In rechtlicher Hinsicht vermeinte das Bundesasylamt, dass der Beschwerdeführer keine aktuelle Bedrohung vorgebracht habe, zumal die vom Beschwerdeführer geschilderte Anhaltung im März 2000 nur eine einmalige Verfolgungshandlung gewesen sei, woraus sich kein Grund für die Anerkennung als Flüchtling ableiten lasse. Der Beschwerdeführer sei noch bis August 2004 in Russland aufhältig gewesen, ohne dass auch nur annähernd in diesen

 

4 1/2 Jahren Verfolgungshandlungen an ihm gesetzt worden seien oder auch nur ansatzweise Interesse an einer Verfolgung seiner Person gezeigt worden sei. Es fehle daher der zeitliche Konnex zu seiner Ausreise, weshalb ihm die Anerkennung als Flüchtling zu verwehren sei.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher dargelegt wurde, dass beim Beschwerdeführer Folter schwerster Art gegeben sei, die Folter sei nur deshalb einmalig geblieben, weil er sich in der Folge versteckt gehalten habe. Die Verfolgung habe somit bis zu seiner Ausreise gedauert, im Fall der Rückkehr drohe ihm erneut schwere und daher asylrelevante Verfolgung.

 

Im Beschwerdeverfahren wurden weiters diverse medizinische Stellungnahmen über die erfolgte psychotherapeutische Behandlung des Beschwerdeführers vorgelegt.

 

II. Zur vorliegenden Beschwerde wurde wie folgt erwogen:

 

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.

 

2. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

§ 61 Abs. 3 Z. 1 AsylG sieht eine Einzelrichterentscheidung im Fall einer zurückweisenden Entscheidung wegen a) Drittstaatsicherheit gem. § 4 AsylG, b) Zuständigkeit eines anderen Staates gem. § 5 AsylG, c) entschiedener Sache gem. § 68 Abs. 1 AVG, sowie gem. Z. 2 bei einer mit diesen Entscheidungen verbundenen Ausweisung vor.

 

3. Gemäß § 23 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem AsylG 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß 75 Abs. 1 AsylG sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 - hier gem. § 44 Abs. 2 AsylG 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 - zu Ende zu führen.

 

4.1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß § 66 Abs. 3 AVG kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:

 

"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gemäß § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gem. § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden. (...)

 

Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als ¿unvermeidlich erscheint'. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff ¿mündliche Verhandlung' i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084).

 

Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gem. § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.

 

Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichthofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat

 

- anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die Vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084)."

 

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0459, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:

 

"Einem zurückweisenden Bescheid iSd § 66 Abs. 2 AVG muss (demnach) auch entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind (vgl. zum Ganzen zuletzt das Erkenntnis vom 20.04.2006, Zl. 2003/01/0285)."

 

Was für den Unabhängigen Bundesasylsenat bis zum 30.06.2008 zu gelten hatte, gilt nunmehr gleichermaßen für den Asylgerichtshof, zumal dieser nicht - wie der Unabhängige Bundesasylsenat - ein gerichtsähnlicher unabhängiger Verwaltungssenat, sondern ein Gerichtshof ist, dem noch weniger zuzusinnen ist, erstmals mit der ernsthaften Prüfung des Antrages zu beginnen und das gesamte Verfahren von Anbeginn an durchzuführen.

 

5. Vor dem Hintergrund, dass das Bundesasylamt als belangte Behörde davon ausging, dass die Angaben des Beschwerdeführers der Wahrheit entsprechen, erweisen sich die rechtlichen Schlussfolgerungen des Bundesasylamtes als mit dem Akteninhalt nicht in Einklang zu bringend. Sofern das Bundesasylamt nämlich den Beschwerdeführer darauf verweist, dass es keinerlei zeitlichen Konnex zu seiner Ausreise gäbe und darüber hinaus eine einmalige Verfolgungshandlung, noch dazu Jahre zuvor geschehen, keine Asylrelevanz begründen könne, ist auf die mehrfachen, bereits dargestellten Ausführungen des Beschwerdeführers zu verweisen, welcher im Rahmen seiner Einvernahmen und auch in der Beschwerde mehrfach vorbringt, dass er sich "ständig versteckt gehalten habe" bzw. "ständig auf der Flucht gewesen sei". Wenn jedoch nach den eindeutigen Angaben des Beschwerdeführers eine nochmalige Befragung bzw. Anhaltung einzig deshalb nicht eingetreten sei, weil er sich durch ständige Wohnsitzverlagerungen dem russischen Militär bzw. den Behörden entzogen haben soll, dann kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das russische Militär oder russische Behörden das Interesse am Beschwerdeführer verloren hätten, das Ausbleiben weiterer Verfolgungshandlungen findet nach den vom Bundesasylamt als wahr eingestuften Angaben des Beschwerdeführers die Begründung einzig darin, dass der Beschwerdeführer für mögliche Verfolger nicht mehr greifbar war.

 

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Entscheidung des Bundesasylamtes als aktenwidrig, wobei die näheren Umstände des mehrjährigen "Verstecktseins" letztlich vom Bundesasylamt auch nicht näher hinterfragt wurden. Wie beispielsweise zu erklären ist, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben in der Beschwerde aufgrund der Folterungen durch russisches Militär eine Invaliditätspension zuerkannt bekommen hat (AS 371) bzw. wie es sein konnte, dass er diese Pension auch seit dem Jahr 2001 erhalten habe und trotz angeblichem jahrelangem Verstecktseins er auch gearbeitet habe (AS 275-277), dies bleibt aus Sicht des Asylgerichtshofs ohne nochmalige detailliertere Befragung des Beschwerdeführers zum Teil unverständlich, sodass jedenfalls die Voraussetzungen für eine nochmalige Einvernahme durch das Bundesasylamt gegeben sind.

 

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass das Bundesasylamt erstmals im angefochtenen Bescheid den Beschwerdeführer im Rahmen der Feststellungen auf die Möglichkeit einer "inländischen Fluchtalternative" in anderen Landesteilen der Russischen Föderation verweist, ohne dies jedoch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung näher auszuführen.

 

Die vom Bundesasylamt dabei getroffenen Feststellungen, etwa über den Aufenthalt anderer Tschetschenen in anderen - vom Bundesasylamt näher beschriebenen - Landesteilen des Herkunftsstaates, weisen nach ständiger Judikatur des Unabhängigen Bundesasylsenates und nunmehr auch des Asylgerichtshofs nicht ohne Weiteres darauf hin, dass eine solche Niederlassung in anderen Landesteilen auch dem konkreten Beschwerdeführer zumutbar bzw. überhaupt möglich wären. Auch diesbezüglich wird das Bundesasylamt im fortgesetzten Verfahren nach Parteiengehör somit nachvollziehbare und in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen haben, sollte es auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung den Beschwerdeführer auf eine solche inländische Fluchtalternative verweisen wollen.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Bundesasylamt - unter Einbeziehung aktueller Länderberichte zu Russland bzw. zur Tschetschenischen Teilrepublik - die Einvernahme des Beschwerdeführers zu ergänzen haben, sodass die erste Vorraussetzung für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im gegenständlichen Fall erfüllt ist.

 

Der zuständige Senat des Asylgerichtshofs kommt daher zur Ansicht, dass die dargestellten Mängel vom Bundesasylamt im fortgesetzten Verfahren zu sanieren sind, wobei zu berücksichtigen war, dass die neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers dezentral durch eine Außenstelle des Bundesasylamtes erfolgen kann und darüber hinaus die derzeitige Aktenbelastung des Bundesasylamtes erkennbar eine weitaus geringere als jene des Asylgerichtshofs ist. Besondere Gründe, die gegen eine Zurückverweisung der Angelegenheit i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG sprechen, sind für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofs nicht erkennbar.

Schlagworte
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung
Zuletzt aktualisiert am
03.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten