Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §36;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde der V in S, geboren am 22. Dezember 1953, vertreten durch Dr. Gerald Carli, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Raimund-Obendrauf-Straße 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 28. Juli 1998, Zl. FR 1311/1995, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und 2 und Abs. 2 Z. 1 iVm den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:
Die Beschwerdeführerin sei nach ihren Angaben am 29. September 1991 illegal nach Österreich eingereist und habe einen Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gestellt. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom 30. September 1991 rechtskräftig abgewiesen worden. In der Folge habe sie Sichtvermerke erhalten, zuletzt einen Aufenthaltstitel mit der Gültigkeitsdauer bis 27. Oktober 1999. Bis zum 21. August 1995, dem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides, sei die Beschwerdeführerin je zwei Mal wegen des Vergehens der Entwendung nach § 141 StGB und des Diebstahls nach § 127 StGB rechtskräftig verurteilt worden. In der Folge seien weitere rechtskräftige Verurteilungen jeweils wegen versuchten Diebstahls erfolgt, nämlich am 14. Mai 1996 zu einer Geldstrafe und am 22. Jänner 1998 zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten. Die Beschwerdeführerin sei somit mehr als ein Mal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden, wodurch der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid angegeben, sie hätte sich in ihrer Frustration hinreißen lassen, derartige strafbare Handlungen zu begehen, wäre derzeit in ärztlicher Behandlung und würde nach Abschluss dieser ärztlichen Behandlung keine strafbaren Handlungen begehen, zumal die moderne Medizin bereits erkannt hätte, dass Kleptomanie ein Krankheitsbild sei. Dem sei zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin trotz ständiger ärztlicher Behandlung abermals in zwei Fällen wegen Diebstahls rechtskräftig verurteilt worden sei. Einer ärztlichen Behandlung könne sich die Beschwerdeführerin auch außerhalb von Österreich unterziehen. Eine positive Zukunftsprognose könne nicht gestellt werden. Die von der Beschwerdeführerin begangenen gerichtlichen Straftaten rechtfertigten zweifelsohne den Schluss, dass sie gegenüber dem Schutz fremden Eigentums bzw. gegenüber der österreichischen Rechtsordnung überhaupt negativ eingestellt sei. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots würden wesentlich schwerer wiegen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf ihre Lebenssituation. Lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit nur ganz geringfügig berührt würden, sei im Licht einer gesetzmäßigen Ermessensausübung von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abzusehen; dies treffe vorliegend nicht zu. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Näherin sei nicht so qualifiziert, dass dieser Beruf nur in Österreich ausgeübt werden könnte. Der Ehemann der Beschwerdeführerin habe diese verlassen und ihr Kind lebe in Rumänien. Die für die Integration wesentliche soziale Komponente werde durch die von der Beschwerdeführerin begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde tritt den Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegen. Diesen und dem Beschwerdevorbringen zufolge wurde die Beschwerdeführerin in den Jahren 1992 und 1993 jeweils wegen des Vergehens der versuchten Entwendung zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt und 1994 und 1995 gleichfalls zu Geldstrafen wegen des Vergehens des Diebstahls sowie des Vergehens des versuchten Diebstahls. Nach Erlassung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides erfolgten in den Jahren 1996 und 1998 zwei weitere rechtskräftige Verurteilungen wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe bzw. einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe. Der Gerichtshof hegt somit keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei.
Gegen die von der belangten Behörde getroffene Gefährdungsprognose bringt die Beschwerde vor, dass die Beschwerdeführerin an Kleptomanie leide und sich einer regelmäßigen ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung unterziehe. Ihr sei ein hohes Problem- und Schuldbewusstsein bestätigt worden, weshalb alle Voraussetzungen für eine positive Zukunftsprognose gegeben seien. Die Beschwerdeführerin stelle keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
Vorweg ist klarzustellen, dass es bei der Prognose nach § 36 Abs. 1 FrG auf ein Verschulden des Fremden nicht ankommt; ein Aufenthaltsverbot stellt nämlich eine administrativ-rechtliche Maßnahme und keine - vom Verschulden abhängige - Strafe dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 98/18/0374).Vorliegend ist die Beschwerdeführerin mehrfach wegen Entwendung und Diebstahls straffällig geworden. Wenn sich die Beschwerdeführerin diesbezüglich verantwortet, dass sie unter Kleptomanie leide, bestätigt gerade das die Ansicht der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin auch in Zukunft in diese Richtung straffällig werden könnte; dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Berufungsbehauptung bereits im Jahr 1995 in ärztlicher Behandlung gestanden sei, diese ärztliche Behandlung sie jedoch nicht abgehalten hat, in den Jahren 1996 und 1998 neuerlich einschlägig straffällig zu werden. Das in der Beschwerde aufgezeigte "Problem- und Schuldbewusstsein" vermag für sich allein keine Garantie dafür darzustellen, dass in Zukunft nicht mit weiteren derartigen strafbaren Handlungen der Beschwerdeführerin zu rechnen sei.
Der Gerichtshof hegt somit gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keine Bedenken. Es kann auch entgegen der Beschwerdebehauptung kein Umstand ersehen werden, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführerin Gebrauch zu machen.
Im Blick auf die Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG bringt die Beschwerde vor, dass die Beschwerdeführerin seit sieben Jahren in Österreich wohnhaft und hier sozial völlig integriert sei und einer geregelten Arbeit als Näherin nachgehe. Das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung kann jedoch nicht als rechtswidrig angesehen werden. Es trifft zwar zu, dass das Aufenthaltsverbot angesichts der genannten Umstände mit einem relevanten Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin verbunden ist. Die Beschwerdeführerin lässt aber die Feststellungen im angefochtenen Bescheid unbestritten, wonach sie kein Familienleben in Österreich führt und ihr Kind sich in Rumänien aufhält. Auf eine familiäre Integration im Bundesgebiet kann sie sich somit nicht berufen. Dem aus der privaten Integration erfließenden persönlichen Interesse der Beschwerdeführerin an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet steht das öffentliche Interesse an der Unterbindung strafbarer Handlungen und am Schutz des Eigentums anderer entgegen. Die mehrfachen einschlägigen strafbaren Handlungen der Beschwerdeführerin, die sich über den gesamten Zeitraum ihres Aufenthalts in Österreich erstrecken, weisen gerade in dem dargelegten Zusammenhang mit der bei der Beschwerdeführerin vorhandenen Kleptomanie - dass diese nur in Österreich behandelt werden könnte, wird nicht behauptet - darauf hin, dass der Weiterverbleib der Beschwerdeführerin in Österreich eine erhebliche Gefahr für das Eigentum anderer darstellen würde. Nach dem Gesagten wiegen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Beschwerdeführerin nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung, weshalb sich das Aufenthaltsverbot nicht nur als dringend geboten im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG, sondern auch als zulässig im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG erweist.
Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998210380.X00Im RIS seit
20.09.2001