TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/06 D11 402285-1/2008

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Veröffentlicht am 06.11.2008
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Spruch

D11 402285-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter DDr. Gerhold als Einzelrichter über die Beschwerde des B.A. (alias B.A., alias P.A., alias P.P.), geb. 00.00.1984, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.10.2008, GZ. 08 09.249 - EASt-WEST, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs 1 AVG und § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 idF BGBL I Nr. 4/2008 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.) Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

 

Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsbürger, reiste am 01.05.2007 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Dabei wurde er von Grenzschutzorganen aufgegriffen und gab sich als russischer Staatsangehöriger mit Namen P.A. (B.), geboren am 00.00.1984 in Grosny, aus. Gegenüber den Organen der öffentlichen Sicherheit gab er als Begründung für seinen "Asylantrag" (Antrag auf internationalen Schutz) an, Österreich sei ein gutes Land, und gab zu Protokoll, sich zuvor drei Jahre illegal in Belgien aufgehalten zu haben.

 

Am 11.05.2007 gab der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt an, als Muttersprache Georgisch zu beherrschen und gesund zu sein. Er sei in Grosny geboren, sei im Mai 2006 nach Moskau geflohen, da die Einwohner des (georgischen) Dorfes T. ihn mit dem Umbringen bedroht hätten. In Moskau hätte er auf Baustellen gearbeitet. Er sei als Tschetschene, aufgrund seiner Volkszugehörigkeit, von der Polizei angehalten, geschlagen und beschimpft worden. Im April 2007 sei er von Moskau nach Österreich geflohen und habe dafür USD 2000 zahlen müssen.

 

Nach seiner Einvernahme verließ der Beschwerdeführer das österreichische Bundesgebiet und wurde am 01.10.2007 gem. Art. 16 ff. DublinVO aus Finnland nach Österreich überstellt.

 

Am 03.10.2007 gab der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt an, sein Vater sei Tschetschene, seine Mutter Ossetin gewesen. Er sei in Tschetschenien geboren und sei im Jahr 2003 oder 2004 nach Moskau geflohen, weil die Einwohner der (georgisch-südossetischen) Stadt Z. ihn gezwungen hätten, für sie zu arbeiten. Es gebe in Georgien andere Gesetze. Er widerspreche der Ansicht des Bundesasylamtes, wonach Z. eine georgische Stadt sei, es sei vielmehr eine russische Stadt. Er habe Herzprobleme und eine Neurose, nehme aber keine Medikamente und habe noch keine Therapie in Anspruch nehmen müssen.

 

Nach seiner Einvernahme verließ der Beschwerdeführer das österreichische Bundesgebiet und wurde am 18.12.2007 gem. Art 16 ff DublinVO aus Deutschland nach Österreich überstellt..

 

Mit Bescheid vom 12.12.2007, Zl 07 04.119-BAT, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz gem. § 3 AsylG 2005 ab und erkannte weder den Status des Asylberechtigten noch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Darüber hinaus wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgesprochen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 18.12.2007 persönlich zugestellt und erwuchs am 03.01.2008 in Rechtskraft.

 

Am 18.12.2007 wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass für ihn eine Aufenthaltsermittlung für das Landesgericht S. als Beschuldigter wegen Verbrechens außer Mord bestehe und er verpflichtet sei, sich mit dem Gericht unverzüglich ins Einvernehmen zu setzen.

 

Aus dem Akt gehen mehrere Anzeigen wegen des Verdachts strafrechtlich relevanter Handlungen (Diebstahl, Raufhandel, Urkundenunterdrückung, Schlepperei) hervor; entsprechende strafgerichtliche Verfahren haben jedoch noch nicht stattgefunden.

 

In weiterer Folge verließ der Beschwerdeführer das österreichische Staatsgebiet, reiste in das schwedische Staatsgebiet ein, wo er jedoch nach Zustimmung Österreichs zu seiner Rückübernahme gem. Art. 16ff DublinVO untertauchte und in weiterer Folge in das deutsche Staatsgebiet einreiste, von wo er am 30.09.2008 wieder an Österreich rücküberstellt wurde, wo er am selben Tage einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

 

Bei der Erstbefragung gab er an, in Südossetien im Ort T. wohnhaft gewesen zu sein. Er habe sein Land aus politischen Gründen verlassen, weil dort Krieg herrsche. Es drohe ihm ständig Lebensgefahr, er habe eine Verwundung am Herzen (Stichwunde).

 

Mit 01.10.2008 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen, in welcher er am 02.10.2008 in Hungerstreik trat und wegen Haftunfähigkeit am 08.10.2008 wieder entlassen wurde.

 

Am 08.08.2008 fand eine Einvernahme vor dem Bundesasylamt statt, wo er angab, sich trotz seines Hungerstreiks körperlich und geistig in der Lage für eine Einvernahme zu fühlen. Er habe keine Krankheiten und nehme auch keine Medikamente ein. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe habe er alles im ersten Asylverfahren angegeben, neue Fluchtgründe gebe es nicht. Er sei in T. aufgewachsen, habe dort bis 2005 gelebt und sei dann nach Moskau gegangen. Er habe sämtliche Gründe für seine Flucht hiermit angegeben. Er hätte in Georgien Probleme gehabt und dachte, in Österreich würden die Menschenrechte geschützt.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der (zweite) Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen. Es liege kein neuer asylrelevanter Sachverhalt vor, der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner eigenen Aussagen als gesund einzustufen. Die Lage in Südossetien habe sich entspannt. Der Beschwerdeführer habe keine familiären oder privaten Bindungen an Österreich, es gebe auch sonst keine Hinweise auf eine Integration, die einer Ausweisung entgegenstünden.

 

Der Bescheid des Bundesasylamts vom 13.10.2008, GZ 08 09.249 EAST-WEST, wurde dem Beschwerdeführer durch persönliche Ausfolgung am 13.10.2008 rechtswirksam zugestellt.

 

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vom 16.10.2008, eingelangt beim Bundesasylamt am 20.10.2008. Der Beschwerdeführer gibt an, dass der Inhalt dieser Bschwerde "denselben Problemen" entspricht, welche er "bereits bei der Österreichischen Regierung, also beim Bundesasylamt" angegeben habe. Es herrsche Unrecht, Chaos und Anarchie in seiner Heimat in Südossetien. Sein Leben sei in Gefahr und er hätte in seiner Heimat niemanden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 73 Abs 1 Asylgesetz 2005 trat dieses Gesetz mit 1.1.2006 in Kraft, weshalb auf den gegenständlichen, nach diesem Datum gestellten Antrag auf internationalen Schutz die Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 anzuwenden sind.

 

Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen des §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet.

 

Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf somit nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhalts - nicht bloß von Nebenumständen - kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. VwGH 25.4.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) zu einer neuerlichen Entscheidung führen, etwa wenn in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Entscheidungsrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.7.2005, 2005/20/0343).

 

Die Behörde hat sich somit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der neuerliche Antrag gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückzuweisen.

 

Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht. Denn das Vorbringen zu dem zweiten Antrag enthält keinen glaubhaften asylrelevanten Kern, der sich auf den Zeitraum nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Verfahrens (Rechtskraft: 03.01.2008) bezieht. Der Beschwerdeführer verwies ausdrücklich auf jene Punkte, die er bereits im ersten Verfahren angegeben hatte, und stützt sich damit auf ein Vorbringen, mit welchem er bereits im rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte. Auch wurde hinsichtlich der (jüngsten) Entwicklung der Situation in Südossetien zutreffend festgehalten, dass eine deutliche Entspannung eingetreten sei; dieser Feststellung trat der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegen.

 

Auch der Beschwerde waren keine weiteren, substantiierten und konkreten Ausführungen zu entnehmen, durch welche man zu einem anderen Verfahrensausgang hätte gelangen können.

 

Da somit im gegenständlichen Fall keinerlei von Amts wegen zu berücksichtigende Umstände vorliegen, welche als Änderung der Sachlage im Hinblick auf eine neuerliche Entscheidung zu beurteilen wären, und da der Beschwerdeführer von sich aus keine entscheidungsrelevanten Sachverhaltsänderungen dargelegt hat, ist im Sinne der ständigen VwGH-Judikatur von keiner Änderung der Sachlage auszugehen, welche eine neuerliche Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz zulässig erscheinen ließe.

 

Darüber hinaus ist auch in den anzuwendenden Rechtsnormen keine relevante Änderung eingetreten, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe.

 

Da sohin Identität der Sache vorliegt, hat das Bundesasylamt den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung idF BGBl I Nr. 75/2007 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Auch zur Ausweisungsentscheidung wird auf die zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen. Den Feststellungen der Erstbehörde, dass kein Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben vorliegt, trat die Beschwerde nicht entgegen.

 

Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt für die Notwendigkeit eines Aufschubs der Durchführung der Ausweisung gem § 10 Abs 3 AsylG vor. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist der Darstellung des Beschwerdeführers zufolge zufriedenstellend, er bedarf keiner Medikamente und keiner Therapie.

 

Gegenständliche Beschwerde langte am 31.10.2008 beim Asylgerichtshof ein. Da der Asylgerichtshof noch vor Ablauf der in § 37 Abs. 1 AsylG genannte Frist spruchgemäß entschied, konnte die Prüfung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerdevorlage entfallen.

 

Das Bundesasylamt hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und eine schlüssige Beweiswürdigung vorgenommen. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 7 AsylG unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
13.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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