TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/06 B4 240904-0/2008

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Veröffentlicht am 06.11.2008
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Spruch

B4 240904-0/2008/1E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Karin WINTER als Beisitzerin über die Beschwerde des B.A., geboren am 00.00.1983, kosovarischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8.8.2003, Zl. 0221427-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I 126/2002, und § 8 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

 

"II. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von B.A. in die Republik Kosovo ist gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig."

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer reiste nach seinen Angaben am 7.8.2002 (gemeint wohl: 6.8.2002) illegal in das Bundesgebiet ein und begehrte am 6.8.2002 die Gewährung von Asyl.

 

2. Am 7.8.2003 beim Bundesasylamt einvernommen, brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor: Er sei jugoslawischer Staatsangehöriger, gehöre der albanischen Volksgruppe an, sei muslimischen Glaubens und stamme aus dem in der kosovarischen Gemeinde I. gelegenen Ort D.. Anfang August 2002 habe er sich entschlossen, seine Heimat zu verlassen. Sein Vater sei Händler, habe mit verschiedenen Sachen gehandelt und mit Serben Geschäfte gemacht. Das "kosovarische Militär" habe den Vater deswegen "öfters" geschlagen und auch seinem Onkel den Arm gebrochen. Konkret befragt gab der Beschwerdeführer an, die Vorfälle hätten sich im Jahr 1999 oder 2000 abgespielt, der Vater sei "glaube ich insgesamt 4 Mal" belästigt worden. Das letzte Mal seien die Soldaten ca. drei Wochen vor seiner Ausreise gekommen, seien allerdings sofort verschwunden, als der Vater die Polizei gerufen habe. Selbst sei er nie belästigt worden. Auf die Frage, was er unter dem "kosovarischem Militär" verstehe, gab er an, dass er glaube, dass es sich dabei um Angehörige der UCK gehandelt habe. Auf Vorhalt, die UCK sei aufgelöst worden, gab er an, dass "nur 50% der UCK" die Waffen abgegeben hätte; ihre übrigen Angehörigen seien bewaffnet und führten nach wie vor Kontrollen durch. Weiters gab der Beschwerdeführer an, die Familie habe die Polizei auch schon wegen der früheren Vorfälle verständigt. Die Polizei habe die Soldaten auch gesucht, aber "vermutlich" nicht gefunden. Geflohen sei er, da er Angst gehabt habe, dass ihm dasselbe passieren könnte wie seinem Vater und Onkel.

 

3. Am 18.3.2003 langte beim Bundesasylamt ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ein, wonach der Beschwerdeführer "bei der Ausübung einer widerrechtlichen unselbstständigen Erwerbstätigkeit betreten" worden sei, woraufhin mit Bescheid vom 14.3.2003 ein auf sechs Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei.

 

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführer gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I 126/2002, ab (Spruchpunkt I.) und stellte gemäß § 8 leg. cit. fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach Serbien-Montenegro, Provinz Kosovo" zulässig sei (Spruchpunkt II.). In der Begründung traf das Bundesasylamt ua. Feststellungen zur allgemeinen Sicherheitslage und zum Sozialhilfesystem. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen führte es im Wesentlichen aus, es sei nicht nachvollziehbar? dass der Beschwerdeführer betreffend den Zeitpunkt der Vorfälle zunächst angab, diese hätten sich in den Jahren 1999 oder 2000 ereignet, den angeblich fluchtauslösenden Vorfall drei Wochen vor seiner Ausreise aber erst auf Nachfrage angegeben habe. Darüber hinaus sei das Vorbringen hinsichtlich der Übergriffe auf den Vater nicht substantiiert, sondern allgemein gehalten und vage. Weiters sei der Beschwerdeführer seinem Vorbringen zufolge selbst keinen wie immer gearteten Übergriffen ausgesetzt gewesen, wobei nichts darauf hindeute, dass dies pro futura zu erwarten sei. Auch Sippenhaft sei nicht erkennbar. Hinzu komme, dass Schutzwilligkeit und -fähigkeit der Sicherheitsbehörden gegeben sei; dies lasse sich auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers entnehmen. Zur Refoulement-Entscheidung führte das Bundesasylamt überdies insbesondere aus, dass nach Aussage von UNHCR die Grundversorgung zurückkehrender Kosovo-Albaner gesichert sei

 

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte, nun als Beschwerde (vgl. dazu weiter unten) zu behandelnde (und daher in der Folge so bezeichnete) Berufung. Darin wird vorgebracht, die Übergriffe hätten zwar den Vater betroffen, dieser sei jedoch sicher gewesen, dass der Beschwerdeführer "als Druckmittel" eingesetzt werden würde. In den drei Wochen zwischen dem letzten Vorfall bis zur Ausreise habe der Beschwerdeführer bei seinem Onkel in einem anderen Dorf gewohnt. Der Grund, warum er sich eher vage an die Zeiträume erinnere und angegeben habe, er glaube, dass es sich um Angehörige der UCK handle, sei der, dass er die bedrohenden Personen selber nie gesehen habe, sondern sich auf die Erzählungen seines Vaters habe beziehen müssen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen an, die das Bundesasylamt zum Sachverhalt getroffen hat. Denn das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Auch ist die Beweiswürdigung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ein neuer Sachverhalt wird in der Beschwerde nicht vorgebracht, auch werden den Ausführungen des Bundesasylamtes keine stichhaltigen Argumente entgegengesetzt: Denn in der Beschwerde wird zwar eine Begründung dafür gegeben, weshalb die Angaben des Beschwerdeführers zu den Zeiträumen und den Verfolgern (wie auch dort eingeräumt wird) "eher vage" gehalten gewesen seien; dem - nach Ansicht des Asylgerichtshofes überzeugenden - Argument des Bundesasylamtes, es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer den nach seinem Vorbringen fluchtauslösenden Vorfall erst auf Nachfrage angegeben habe, tritt die Beschwerde hingegen nicht entgegen. Gleiches gilt im Übrigen für die Aussagen des Bundesasylamtes zur Schutzwilligkeit und -fähigkeit der Behörden des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers.

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz BGBl. I 4/2008) ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1.7.2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieser gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.1.2. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig und ist daher nach dem AsylG idF BGBl. I 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zu führen

 

2.1.3. Gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Diese Bestimmung ist auch in Verfahren, die nach dem Asylgesetz 1997 zu führen, anzuwenden (vgl. dazu ebenfalls AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

2.1.4.1. Gemäß § 7 AsylG - die beiden zuvor genannten Fassungen weisen hier keinen Unterschied auf - hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, 98/01/0318).

 

2.1.4.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I. Nr. 101/2003 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

§ 8 Abs. 1 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz; BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der der Todesstrafe verletzt würde.

 

Überdies ist gemäß § 57 Abs. 2 FrG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 78/1974).

 

Der Prüfungsrahmen des § 57 FrG ist jedoch durch § 8 Abs. 1 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di. § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31.12.2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG 1997 weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und da sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Rechtsschutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht (vgl. dazu den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.2.2006, Zl. 252.076/0-X/47/04).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefährdung im Sinn des § 57 Abs. 1 und 2 FrG ist die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

2.2.1. Vorauszuschicken ist, dass der im Kosovo geborene und dort vor seiner Ausreise im Jahr 2002 wohnhaft gewesene Beschwerdeführer nunmehr ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo ist (vgl. dazu etwa das Papier des [dt.] Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom Mai 2008, Kosovo Länderreport, Band 1, 17f).

 

2.2.2. Weder kann angenommen werden, dass es dem Beschwerdeführer gelungen wäre, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen; noch ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Kosovo einer Bedrohungssituation iSd § 57 FrG ausgesetzt wäre.

 

2.2.2.1. Zur Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass - wie oben dargelegt - dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit abzusprechen ist. Doch auch bei hypothetischer Zugrundelegung des Fluchtvorbringens wäre nicht von der Glaubhaftmachung asylrelevanten Verfolgung auszugehen: Denn zum einen ergibt sich aus den - in der Beschwerde nicht gerügten - Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass auch in Fällen, die Kollaboration "mit den Serben" betreffen, nicht gesagt werden kann, dass die Behörden grundsätzlich nicht schutzwillig oder -fähig wären, wobei sich derartiges - wie das Bundesasylamt richtig festgehalten hat - auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers (der angab, dass die Polizei auf Anzeigen seiner Familie hin tätig geworden sei) nicht entnehmen lässt. Dass sich die Situation seit Bescheiderlassung verschlechtert hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich (vgl. etwa den Bericht des [brit.] Home Office vom 22. Juli 2008, Operational Guidance Note Kosovo, 4f, aus dem sich ergibt, dass UNMIK bzw. KPS willens und auch in der Lage sind, denjenigen, die Verfolgung befürchten, Schutz zu gewähren und einen rechtlichen Mechanismus zur Ermittlung, Strafverfolgung und Bestrafung von Verfolgungsmaßnahmen sicherstellen). Schließlich muss davon ausgegangen werden, dass sich der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Verfolgung dadurch entziehen könnte, dass er sich in einen anderen Teil des Kosovo, etwa in die Hauptstadt Prishtina oder eine andere größere Stadt wie Prizren, begibt. Denn es ist weder davon auszugehen, dass der Umstand, dass der im genannten Dorf in der Gemeinde I. lebende Vater des Beschwerdeführers mit Serben Geschäfte gemacht habe, auch in den genannten Städten bekannt ist, noch dass ein Aufspüren des Beschwerdeführers in anderen Teilen des Kosovos, um ein "Druckmittel" gegen seinen Vater zu haben, realistisch erscheint (vgl. dazu auch den Bericht des (dt.) Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien [Kosovo] vom 29.11.2007, 14). Eine derartige Relokation ist dem Beschwerdeführer auch zumutbar: Denn dass der Beschwerdeführer (der im Übrigen nicht vorgebracht hat, dass er an Krankheiten leide) im Falle einer Relokation in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre, kann schon deshalb nicht angenommen werden, da davon auszugehen ist, dass die Grundversorgung im Kosovo gewährleistet ist: Den Feststellungen im angefochtenen Bescheides zum Sozialhilfesystem ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten und dafür, dass sich die diesbezügliche Lage seither maßgeblich verschlechtert hätte, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich (vgl. dazu etwa den zuvor genannten Bericht des (dt.) Auswärtigen Amtes, 17, sowie: USDOS:

Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2007, März 2008, 26).

 

2.2.2.2. Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine asylrechtlich relevante Gefahr im Sinne der GFK darzutun, scheidet auch die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG von vornherein aus. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde. Wie bereits oben unter Punkt 2.2.2.1. gezeigt, kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Kosovo mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Übergriffe von relevanter Intensität befürchten müsste, gegen die er keinen ausreichenden staatlichen Schutz erhalten bzw. denen er sich nicht durch interne Relokation entziehen könnte. Auch besteht im Kosovo keine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Festzuhalten ist weiters, dass der 1983 geborene, gesunde Beschwerdeführer im Kosovo, wo zumindest seine Eltern, seine zwei Brüder, seine Schwester und ein Onkel leben, über ein soziales Netz an Verwandten verfügt, sodass nicht davon auszugehen ist, dass er bei einer Rückkehr in den Kosovo in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre (zu der im Kosovo gewährleisteten Grundversorgung vgl. das oben unter Punkt 2.2.2.1. im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit einer internen Relokation Ausgeführte). Hinzuweisen ist schließlich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 FrG ergibt (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021).

 

Damit liegen auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG vor.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 abgesehen werden.

Schlagworte
Familienverband, Glaubwürdigkeit, innerstaatliche Fluchtalternative, Kollaboration, non refoulement, soziale Verhältnisse, staatlicher Schutz, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
03.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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