TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/06 B4 233655-2/2008

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Veröffentlicht am 06.11.2008
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Spruch

B4 233.655-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Karin WINTER als Beisitzerin über die Beschwerde des S.A., geboren am 00.00.1980, serbischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 4.9.2007, Zl. 02 13.919-BAL, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht zuerkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Asyl gesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 und § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer reiste am 24.5.2002 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich ein und begehrte am 27.5.2002 die Gewährung von Asyl.

 

2. Am 1.10.2002 vor dem Bundesasylamt einvernommen, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an. Er sei jugoslawischer Staatsangehöriger, gehöre der albanischen Volksgruppe an, sei muslimischen Glaubens und stamme aus dem in der südserbischen Gemeinde P. gelegenen Ort D.. Auf die Frage, warum er sein Heimatland verlassen habe, gab der Beschwerdeführer an, er habe wirtschaftliche Probleme gehabt; er sei nur deshalb nach Österreich gekommen, um hier zu arbeiten und zu leben. Das Haus seiner Familie sei sehr alt und zerstört gewesen. Seine Eltern seien daraufhin in den Kosovo gezogen. Die Frage, ob er je Probleme mit der Polizei oder Behörden, Institutionen, Organisationen, oder Privatpersonen in seinem Heimatland gehabt habe, verneinte der Beschwerdeführer ebenso, wie jene, ob er sich in irgendeiner Art verfolgt fühle. Er habe nur keine Arbeit gehabt.

 

3. Mit Bescheid vom 19.11.2002, Zl. 02 13.919-BAL, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz vor der Novelle BGBl. I Nr. 101/2003 ab, und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "in die BR Jugoslawien - Provinz Kosovo" gemäß § 8 leg. cit. für zulässig. Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass der Beschwerdeführer im Kosovo keine Verfolgung befürchten müsse.

 

4. In Erledigung der gegen beide Spruchpunkte dieses Bescheides erhobenen Berufung hob der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 26.6.2007, Zl. 233.655/0-1E/02/02, den genannten Bescheid des Bundesasylamtes auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Begründend führt der unabhängige Bundesasylsenat aus, dass das Bundesasylamt "irrtümlich die Provinz Kosovo" geprüft", nicht aber Ermittlungen über die aktuelle Lage "in Montenegro" geführt habe.

 

5. Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer am 29.8.2007 abermals vor dem Bundesasylamt einvernommen, wobei er im Wesentlichen Folgendes angab: Er sei in der Gemeinde P. im Dorf L. aufgewachsen, seine Eltern hätten dort ein Haus gehabt. 1999 sei er mit seiner Schwester nach Mazedonien geflüchtet, sein Vater und seine Mutter seien in P. geblieben. Später sei der Beschwerdeführer in den Kosovo gegangen und habe versucht, dort zu leben. Er habe dort aber keine Arbeit gefunden und sei daraufhin in seiner Heimatdorf L. zurückgekehrt. Die Eltern des Beschwerdeführers lebten in P.; sie seien während des Krieges von L. nach P. in die Stadt gezogen und hätten dort ein Haus, wo auch der Bruder und die Schwestern des Beschwerdeführers lebten. Die Eltern würden vom Beschwerdeführer unterstützt und bekämen auch Sozialhilfe, dieses sei aber wenig. Die Frage, ob seine Eltern und Geschwister in Südserbien Probleme hätten, verneinte der Beschwerdeführer; er habe selbst Probleme, da er Leuten Geld schulde, und zwar zwei Albanern namens "H." und "M.". Ihren vollständigen Namen kenne er nicht, sie seien aber aus P. seien. Er wisse auch nichts über sie, dies sei schon lange her. Sie seien Freunde gewesen und hätten ihm zusammen EUR 2000,- geliehen, damit er seine "Reise nach Europa" finanzieren könne. Auf die Frage, wie der Beschwerdeführer das Geld zurückzahlen wolle, sagte er, dass er dies nicht wisse; er werde sich bemühen. Er könne auch seine Familie fragen. Auf die Frage, was er gemacht habe, seit er in Österreich sei gab der Beschwerdeführer an: "Nichts, gar nichts." Er habe sich mit Freunden getroffen; sonst habe er nichts gemacht. Ab und zu arbeite er "schwarz" als Maler. Die Frage, ob er eine Frau oder Kinder habe, verneinte er. In Montenegro habe er nie gelebt und habe dort auch keine Angehörigen.

 

6. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers ab (Spruchpunkt I.), erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies ihn aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien aus. (Spruchpunkt III.). In der Begründung traf das Bundesasylamt nach Wiedergabe des Verfahrensganges zunächst umfangreiche Feststellungen zur Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers, darunter solche zur Situation in Südserbien, insbesondere zur Lage der dort lebenden ethnischen Albaner. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen erachtete das Bundesasylamt aufgrund von Widersprüchen für unglaubwürdig:

Während er bei seiner Einvernahme am 1.10.2002 seine Ausreise ausschließlich mit wirtschaftlichen Problemen begründet habe, habe er bei seiner Vernehmung am 29.8.2007 angegeben, insofern in Serbien Probleme zu haben, als er sich für seine Reise nach Österreich von Freunden EUR 2000,- ausgeborgt habe, die er nicht zurückgezahlt habe. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu seinem Vorbringen bei seiner Einvernahme am 1.10.2002, er habe die Kosten für die Reise aus dem Verkauf von zwei Kühen finanziert. Außerdem sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen, nähere Angaben zu den beiden Personen zu machen, die ihm das Geld geliehen hätten. Weiters hält das Bundesasylamt fest, dass es vom Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Eltern lebten in Südserbien und besäßen dort ein eigenes Haus (während er am 1.10.2002 Aussagen getätigt habe, denen zufolge er in Südserbien keine familiären Anknüpfungspunkte mehr habe), ausgehe. Zur Ausweisungsentscheidung hielt das Bundesasylamt fest, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären oder schützenswerten privaten Anknüpfungspunkte verfüge und seine Ausweisung daher kein Eingriff in Art. 8 EMRK sei.

 

7. Gegen alle drei Spruchpunkte dieses Bescheides richtet sich die fristgerecht erhobene - nunmehr als Beschwerde zu wertende (vgl. dazu unten) - Berufung. Diese rügt, dass sich im angefochtenen Bescheid umfangreichere Länderfeststellungen zu Serbien fänden, als dem Beschwerdeführer am 29.8.2007 vorgehalten worden seien; dazu sei ihm kein Parteiengehör eingeräumt worden. Wenn es in den Feststellungen hinsichtlich der Gemeinde M. heiße, dass nur ein kleiner Teil der flüchtenden Bevölkerung zurückgekehrt sei, spreche dies dafür, dass zumindest ein Teil des albanischen Siedlungsgebietes ethnisch gesäubert worden sei. Auch werde Serbien in den Feststellungen des Bundesasylamtes geradezu als minderheitenfreundlich dargestellt; der Einfluss der größten Partei, der Serbischen Radikalen Partei, werde bagatellisiert und der serbische Nationalismus, der immerhin zu Massakern im Kosovo und in Bosnien geführt habe, nur am Rande erwähnt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen an, die das Bundesasylamt zum Sachverhalt getroffen hat. Denn das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Beweiswürdigung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden; auch tritt die Beschwerde den Ausführungen des Bundesasylamtes nicht auf konkrete Weise entgegen: So stützt sich die Beschwerde hinsichtlich ihrer Einschätzung der Situation der albanischen Volksgruppe in Südserbien nicht auf Herkunftsländerinformation. Weiters kann nicht gesagt werden, dass sich deren Lage seit Erlassung des angefochtenen Bescheides verschlechtert hätte (vgl. dazu etwa V.D., Gutachten zu GZ: 312.453-1/17Z-XVIII/58/07, Juli 2008; [dt.] Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien, Stand August 2008, 13). Festzuhalten ist schließlich, dass der Beschwerdeführer auch bei seiner Einvernahme am 29.8.2007 nicht vorgebracht hat, aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit in Serbien Verfolgung zu befürchten.

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz BGBl. I 4/2008) ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1.7.2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieser gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.1.2. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig und ist daher nach dem AsylG idF BGBl. I 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zu führen

 

2.1.3. Gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Diese Bestimmung ist auch in Verfahren, die nach dem Asylgesetz 1997 zu führen, anzuwenden (vgl. dazu ebenfalls AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

2.1.4.1. Gemäß § 7 AsylG - die beiden zuvor genannten Fassungen weisen hier keinen Unterschied auf - hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, 98/01/0318).

 

2.1.4.2. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I. Nr. 101/2003 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

§ 8 Abs. 1 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz; BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der der Todesstrafe verletzt würde.

 

Überdies ist gemäß § 57 Abs. 2 FrG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 78/1974).

 

Der Prüfungsrahmen des § 57 FrG ist jedoch durch § 8 Abs. 1 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di. § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31.12.2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG 1997 weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und da sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Rechtsschutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht (vgl. dazu den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.2.2006, Zl. 252.076/0-X/47/04).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefährdung im Sinn des § 57 Abs. 1 und 2 FrG ist die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

2.2.1. Der Beschwerdeführer konnte wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK nicht glaubhaft zu machen. Sein Asylantrag war daher abzuweisen.

 

2.2.2.1. Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine asylrechtlich relevante Gefahr im Sinne der GFK darzutun, scheidet auch die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG von vornherein aus.

 

2.2.2.2. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Übergriffe von hier relevanter Intensität befürchten müsste. Auch besteht dort keine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Weiters kann nicht angenommen werden, dass der 1980 geborene, gesunde Beschwerdeführer, dessen Eltern seinem Vorbringen nach mit seinen Geschwistern in P. leben und dort ein Haus haben, nach einer Rückkehr nach Serbien in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre (vgl. dazu überdies: [dt] Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien, Stand August 2008, 19ff; U.S. Department of State, Serbia [includes Kosovo], Country Report on Human Rights Practices 2007, März 2008, 26, wonach die Grundversorgung in Serbien gesichert ist). Hinzuweisen ist dabei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 FrG ergibt (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021).

 

Damit liegen auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG vor.

 

2.3.1. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde dann, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist und wenn die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehen Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.). Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 AsylG ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua., VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.). Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

2.3.2. Der Asylgerichtshof schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes zur Ausweisungsentscheidung an, denen im Übrigen auch die Beschwerde nicht entgegengetreten ist. Sollte aber in Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit 2002 in Österreich aufhält, ein Eingriff in dessen Recht auf Privatleben anzunehmen sein, wäre dieser nach Ansicht des Asylgerichtshofes insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als das öffentliche Interesse daran, eine Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich wie der Beschwerdeführer ausschließlich aufgrund von zu keinem Zeitpunkt berechtigten Asylanträgen im Bundesgebiet aufhalten dürfen, hinanzuhalten, das Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt (vgl. mit ähnlichen Überlegungen zu Ausweisungen nach § 33 Abs. 1 FrG zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, NNYANZI v Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 abgesehen werden.

Schlagworte
Ausweisung, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, soziale Verhältnisse, wirtschaftliche Gründe
Zuletzt aktualisiert am
03.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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