TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/06 A12 251573-0/2008

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Veröffentlicht am 06.11.2008
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Spruch

A12 251.573-0/2008/17E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des E.P., geb. 00.00.1986, StA. von Kamerun, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.07.2004, Zahl: 03 01.698-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.10.2007 und 08.02.2008 zu Recht erkannt:

 

1.

 

Die Beschwerde von E.P. vom 13.07.2004 wird gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 abgewiesen.

 

2.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 iVm § 50 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, (FPG) wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von E.P. nach Kamerun zulässig ist.

 

3.

 

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides betreffend die Ausweisung von E.P. nach Kamerun wird ersatzlos behoben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Kamerun und am 20.01.2003 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag hat er einen Asylantrag gestellt. Er wurde in der Folge am 02.04.2004 vom Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.07.2004, Zahl: 03 01.698-BAW, im Wesentlichen wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

Im Wesentlichen zusammengefasst behauptete der Asylwerber, zuletzt mit seiner Mutter gewöhnlich in Nigeria (!) gelebt zu haben und gab der Antragsteller auch zu Protokoll, lediglich der afrikanischen Sprache Ibo mächtig zu sein. Die individuellen vorgetragenen Flucht- bzw. Antragsgründen bezogen sich jedoch auf eine behauptete Angehörigkeit zum Staat Kamerun.

 

Der Asylantrag vom 20.01.2003 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.07.2004, Zahl: 03 01.698-BAW gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen unter einem wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers nach Kamerun gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit für zulässig erklärt. Der Antragsteller wurde gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht berufen (nunmehr Beschwerde).

 

Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung bildete die begründete behördliche Einschätzung, dass den Vorbringen des nunmehrigen Beschwerdeführers zu seinen Ausreise- bzw. Antragsmotiven aufgrund mangelnder Plausibilität sowie aufgetretener eklatanter Divergenzen im Vorbringen jegliche Glaubhaftigkeit zu versagen sei bzw. die Angaben nicht den Tatsachen entsprechen.

 

In der Folge wurden am 30.10.2007 und am 04.02.2008 vor dem unabhängigen Bundesasylsenat - als vormals zuständiger Rechtsmittelinstanz - öffentliche mündliche Verhandlungen gem. § 67 d AVG durchgeführt. Im Zuge der Erstverhandlung vom 30.10.2007 wurde der Antragsteller über die Wichtigkeit einer detaillierten und einer nachvollziehbaren Aussage rechtsbelehrt, war er aufgefordert vorab die wesentlichen Eckpunkte seiner Fluchtgeschichte darzulegen. Unter einem wurde dem Antragsteller ein Abriss der politischen und menschenrechtlichen Lage in Kamerun geboten. Im Rahmen der abgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat vom 04.02.2008 wurde versucht, den Wahrheitsgehalt der Angaben des Antragstellers näher zu erforschen.

 

Zum Sachverhalt:

 

Festgestellt wird, dass der Asylwerber Staatsangehöriger von Kamerun ist.

 

Die seitens des Antragstellers behaupteten Fluchtgründe konnten nicht als hinlänglich gesicherter Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung positiv zugrunde gelegt werden.

 

Weiters wird festgestellt, dass sich der Antragsteller seit 20.01.2003 - demgemäß nahezu sechs Jahre - im österreichischen Bundesgebiet aufhält. Der Beschwerdeführer hat in Österreich erfolgreich die Hauptschule abgeschlossen und besucht er derzeit mit gutem Erfolg eine Höhere Technische Lehranstalt. Der Antragsteller ist der deutschen Sprache mittlerweile hinreichend mächtig.

 

Betreffend die Bewertung der Allgemeinsituation in Kamerun werden die im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vom 30.10.2007 vorgehaltenen Feststellungen zur Situation (S. 7ff des Protokolls) zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erklärt. Darüber hinaus wird ausdrücklich festgestellt, dass hinsichtlich der diesbezüglichen Feststellungen keine drastische Verschlechterung der Allgemeinsituation in Kamerun amtsbekannt ist.

 

Der Antragsteller verfügt im österreichischen Bundesgebiet über keinerlei enge familiäre oder sonstige soziale Bindungen zu dauernd aufenthaltsberechtigten Personen.

 

Beweiswürdigung:

 

Generell ist zur Glaubwürdigkeit von Angaben und Behauptungen im Asylverfahren weiters auszuführen, dass diese grundsätzlich nur dann als glaubhaft qualifiziert werden können, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Asylwerber sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen.

 

Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Asylwerber den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

 

Im Beschwerderechtsgespräch wurde dem Antragsteller einerseits Gelegenheit geboten, neuerlich seine Fluchtgründe bzw. -motive darzustellen; andererseits wurde der Antragsteller umfassend über die Wichtigkeit einer detaillierten und lebendigen Beschreibung der Umstände im Herkunftsstaat rechtsbelehrt sowie wurde im sodann Gelegenheit gegeben, die Behörde vom Wahrheitsgehalt seiner Angaben zu überzeugen.

 

Der Vergleich der Angaben des Antragstellers vor beiden Instanzen des Verfahrens zeigt bereits grobe Widersprüchlichkeiten:

 

Im Rahmen des Berufungsrechtsgespräches vom 04.02.2008 war der Antragsteller aufgefordert im Detail jenen Sachverhaltskreis zu seinem Aufenthalt in Nigeria näher darzustellen, bzw. den genauen Gang der weiteren Ereignisse vorzutragen. Der genaue Vergleich der niederschriftlichen Angaben des Antragstellers vor beiden Instanzen des Verfahrens zeigt, dass das Vorbringen nicht homogen ist:

 

So hatte der Antragsteller beispielsweise vor der Erstbehörde zu seiner Nachsuche nach seinem Vater in Kamerun angegeben, von der Polizei auf einen Marktplatz aufgegriffen und in ein Gefängnis verbracht worden zu sein; wohingegen er im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 04.02.2008 schlüssig ausführte, dass es sich lediglich um unbekannte Personen gehandelt hätte.

 

Einen Hinweis darauf, dass es sich um Polizeibeamte oder sonstige staatliche Autoritäten gehandelt hätte lieferte der Antragsteller spontan nicht.

 

Zum Sachverhaltskreis seiner Anhaltung in einem Gefängnis bzw. zu den Modalitäten des Entkommens machte der Antragsteller unterschiedliche Angaben:

 

Hat er vor der Erstbehörde noch angegeben, dass er zu Nachzeit von einem Gefängnisbediensteten nach draußen geführt worden sei und hätte dort der von ihm vorerwähnte Pastor an der Gebäuderückseite gewartet, gab er im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 04.02.2008 zu Protokoll, dass eine Dritte, ihm bisher unbekannte Person den weiteren Weg gewiesen habe und hat der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt der Einvernahme mit keinem Wort erwähnt, dass es sich der ihn erwartenden Person auf der Rückseite des Gefängniskomplexes um den vorerwähnten Pastor gehandelt habe

 

Auch in einem dritten - zentralen - Punkt des Vortrages blieb das Vorbringen divergent:

 

So hatte der Antragsteller vor der Erstbehörde mit keinem Wort erwähnt, dass er noch im Staate Kamerun tatsächlich seinen Vater begegnet sei und dieser ihm zu Flucht nach Europa verholfen habe; im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 04.02.2008 stellte der Antragsteller den genannten Sachverhaltskreis jedoch so dar, dass er von einer unbekannten Person zu einem großen Haus verbracht worden sei und hätte er dort seinen Vater nach vielen Jahren wieder gesehen.

 

Allein die obdargestellten auffälligen Divergenzen im Vorbringen bringen den dringenden Schluss nahe, dass das Vorbringen des Antragstellers nicht mit wahren Gegebenheiten übereinstimmt.

 

Des Weiteren tritt hinzu, dass es dem Antragsteller trotz sich intensivierend gestaltender Einvernahme nicht in der Lage war ein wirklich detailliertes Vorbringen zu einzelnen Sachverhaltskreisen zu erstatten.

 

Der Antragsteller wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung umfassend über die Wichtigkeit einer individuell-spezifischen und konkreten Darstellung aller sachverhaltsrelevanten Facetten seines Vortrages aufgeklärt und verharrte er dennoch in dergestalt allgemeinen Gemeinplätzen bzw. abstrakt gehaltenen Schilderungen.

 

Die vom Antragsteller gebotenen Aussagen sind als äußerst rudimentär zu bezeichnen bzw. zeigt die Gesamt- sowie die Einzelbetrachtung der Aussagen, dass es ihm in keinster Weise möglich war, einzelne Abläufe in chronologischer Abfolge darzustellen bzw. die von ihm aufgezeigten Sachverhaltskreise in ein zeitliches Kontinuum zu stellen.

 

In keinster Weise ist es dem Antragsteller im Rahmen der Berufungsverhandlung gelungen eine in einzelnen Punkten detaillierte Aussage unter Anfügen eigener subjektiver Erlebniselemente zu tätigen. Spätestens nach umfassender Rechtsbelehrung über die Wichtigkeit einer detaillierten Aussage wäre es dem Antragsteller jedenfalls zumutbar gewesen bzw. lag es in seiner Sphäre gegenüber der Berufungsbehörde eine umfassende Darstellung eines Erlebnisberichtes abzuliefern, was ihm jedoch nicht gelungen ist.

 

Vom Antragsteller wäre zu erwarten gewesen, dass er seine subjektive Erlebniswahrnehmung unter Darstellung von Kommunikationsebenen, Emotionen, spontanen Lageeinschätzungen, Einzelhandlungsabläufen sowie Schilderung verschiedener Nebenschauplatzhandlungen dargeboten hätte bzw. wäre von ihm zu erwarten gewesen, dass er seine Schilderung zu einzelnen ihn höchstpersönlich betreffenden Sachverhaltskreisen in einer facettenreichen Schilderung seiner vormaligen Erlebniswelt darbietet.

 

So wäre vom Antragsteller jedenfalls zu erwarten gewesen, dass er einerseits zum Sachverhaltskreis seines Verbleibes in Nigeria und der sich ergebenden Konsequenzen nach einer Divergenz mit dem Onkel zu stellen im Stande gewesen wäre, sowie wäre es dem Antragsteller jedenfalls zusinnbar gewesen, über die Nachsuche nach seinem Vater in Kamerun im Detail zu berichten und den weiteren Hergang der Ereignisse, insbesondere seinen Aufenthalt im Gefängnis und weiteren einzelnen Lebenssachverhalte nach seinem Entkommen aus dem Gefängnis umfassender und detaillierter Weise gleichsam aus seiner Sichtweise oder Erlebniswelt heraus darzustellen.

 

Die Gesamtbetrachtung der Angaben zeigt nun einerseits, dass der Antragsteller äußerst rudimentäre und unklare Angaben lediglich zu machen im Stande war; er sich in einer Mehrzahl krasser Widersprüche erging bzw. insgesamt seine die größtenteils diffusen Angaben als lediglich ungeordnet in den Raum gestellt und daher nicht glaubhaft zu qualifizieren waren.

 

Trotz mehrfacher Aufforderung, sich detailliert zu erklären bzw. auch Vorhalt und Rechtsbelehrung der Wichtigkeit einer detaillierten, umfassenden Aussage vor der Berufungsinstanz verharrte der Antragsteller in der Darstellung einiger weniger Eckpunkte seiner ursprünglichen Geschichte.

 

In keinster Weise war der Antragsteller nur ansatzweise in der Lage, auch nur irgendwelche Details gleichsam aus einer subjektiven Sicht heraus zu bieten oder auch nur irgendwelche Detailumstände anzugeben. Das diesbezügliche hervorgetretene krasse Unvermögen einer detaillierten und nachvollziehbaren Schilderung verhält zum zwingenden Schluss, dass das getätigte Vorbringen des Antragstellers zu seinen angeblichen Fluchtgründen nicht realen Gegebenheiten entspricht.

 

Bei einer Abwägung jener Gründe, die für die Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Bedrohungssituation sprechen - dies ist letztlich allein die Behauptung des Asylwerbers, dass die Geschichte wahr ist - und jener Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit dieser Angaben sprechen, überwiegen die für eine erfundene Geschichte sprechenden Argumente bei Weitem, sodass das Vorbringen des Asylwerbers mangels Glaubwürdigkeit nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.

 

Dem Vorbringen des Antragstellers zu seiner Ausreisemotivation war sohin jede Glaubhaftigkeit zu versagen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 75 Abs. 1 erster Satz, AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 101/2003 werden Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Nach § 44 Abs.3 AsylG sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 5 und 6,36,40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf solche Verfahren anzuwenden.

 

Gem. § 124 Abs. 2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

ad.1)

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Rechtlich folgt aus dem Umstand, dass es dem Asylwerber nicht gelungen ist, sein Vorbringen glaubhaft zu machen, sodass seine Flüchtlingseigenschaft nicht festgestellt und ihm kein Asyl gewährt werden konnte.

 

ad 2.)

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 AsylG 1997 verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß § 50 Abs. 3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder Abs. 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs. 1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den (behaupteten) Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele:

VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).

 

Eine solche Glaubhaftmachung einer individuellen Verfolgungsgefahr ist dem Asylwerber nicht gelungen. Diesbezüglich wird auf obige Beweiswürdigung verwiesen.

 

Gemäß den erhobenen Sachverhaltsfeststellungen war es dem Antragsteller nicht möglich, ein glaubhaftes Sachsubstrat zu einer bestehenden Verfolgungssituation im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention oder einer subjektiv determinierten Gefährdungssituation nach dem Fremdenpolizeigesetz aufzuzeigen. Ein geltend gemachtes Risikopotential basiert auf der Erkennung der Angaben eines Antragstellers als den Tatsachen entsprechend, also glaubhaft. Es konnte in casu nicht erkannt werden, dass der Antragsteller bei Rückkehr nach seinem behaupteten Herkunftsstaat Kamerun mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus glaubhaftem Grunde von asylrechtlich relevanter Verfolgung von erheblicher Eingriffsintensität bedroht wäre, bzw. auch sich ein subjektives weiteres, nach fremdenpolizeilichen Vorschriften kristallisierendes Risiko ergibt.

 

Weiters wird ausgeführt, dass in Kamerun überdies derzeit keine dergestalt exzeptionelle Situation (Bürgerkrieg, Seuchenkatastrophe) besteht, wodurch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK indiziert wäre. Als notorische Tatsache wird überdies die Kenntnis vorausgesetzt, dass in Kamerun derzeit keine Situation dergestalt besteht, dass jede zurückzuführende Person einer lebensbedrohlichen Situation überantwortet werden würde etwa aufgrund des Mangels der Deckung existentieller Grundbedürfnisse.

 

Hervorgehoben sei, dass des Weiteren der Antragsteller insbesondere nicht in seinen gewährleisteten Rechten gemäß Art. 2 bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) durch Rückverbringung verletzt würde.

 

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Kamerun landesweit eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre und besteht in Kamerun kein solcher internationaler oder innerstaatlicher Konflikt, dass für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. Beim Asylwerber handelt es sich um einen volljährigen, jungen Mann, sodass insgesamt betrachtet nicht zu befürchten ist, dass dieser nicht in der Lage wäre, im Falle seiner Rückkehr nach Kamerun für seinen notwendigsten Lebensunterhalt zu sorgen.

 

ad 3.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBL. I Nr. 101/2003 hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gem. § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

Das Asylverfahren ist, wie sich aus den vorangehenden Entscheidungsteilen ergibt, für den Antragsteller negativ entschieden worden; sodass - falls damit kein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens der berufenden Partei vorliegt (Art. 8 Abs. 1 EMRK) - der Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden ist.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Mangels eines hinreichend begründbaren Anknüpfungspunktes zu einem bestehenden Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK ist die Ausweisung aus diesem Grunde nicht unzulässig.

 

Des Weiteren wird ausgeführt, dass in casu die Achtung des Privatlebens des Antragstellers im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK näher zu beleuchten ist, wobei gemäß der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EKM 09.03.1977, EuGrZ 1977, 421) eine Güterabwägung zwischen den Voraussetzungen für die Verteidigung der verfassungsmäßigen Demokratie und den individuellen Rechten im Hinblick auf die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte individuelle Interessenslage und den Eingriffstatbeständen des Abs. 2 leg.cit. stattzufinden hat. Der Verfassungsgerichtshof hat in Erkenntnis B 1150/07 klargestellt, welche Kriterien bei der in Anlehnung des Art. 8 EMRK gebotenen Interessensabwägung zu berücksichtigen sind.

 

"...Der EGMR hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessensabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

 

Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (...) und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifertiert (...), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (...) für maßgeblich erachtet.".

 

In casu ist anhand des genannten Kriterienkataloges erweislich, dass der Antragsteller einerseits - so seine unwiderlegliche Aussage - zum angeblichen Herkunftsstaat Kamerun über keinerlei familiäre Bindungen oder sonstige Anknüpfungspunkte verfügt. Der Antragsteller hält sich seit Jänner 2003 im österreichischen Bundesgebiet auf. Beachtenswert ist, dass er im jugendlichen Alter von 16 Jahren ohne Begleitung von Angehörigen in das Bundesgebiet eingereist ist.

 

Bindungen zur Mutter, die ihn im Alter von drei Jahren verlassen hat, bestehen nicht. Der Aufenthaltsort seines Vaters ist dem Antragsteller nicht bekannt. Der Beschwerdeführer hat mittlerweile in Österreich einen Hauptschulabschluss erreicht bzw. besucht er derzeit mit gutem Erfolg eine Höhere Technische Lehranstalt zum Zwecke der Berufsausbildung.

 

Aufgrund der (behaupteten) Tatsache des Antragstellers, dass er bereits im Kleinkindalter von seinem Herkunftsstaat Kamerun nach Nigeria verbracht worden ist und er dort aufwuchs und er sohin auch muttersprachlich des Ibo mächtig ist sowie Englisch spricht, weist dies den Antragsteller aufgrund seines Akzentes als "Nigerianer" aus, wodurch er in seinem (behaupteten) Herkunftsstaat Kamerun nicht als Einheimischer leicht zu erkennen ist.

 

Die vorzunehmende Interessensabwägung zwischen den öffentlichen Interessen, die für die Ausweisung des Beschwerdeführers sprechen, sowie seiner individuellen Interessenslage, welche durch Art. 8 EMRK geschützt ist, zeigt, dass die Individualinteressen des Antragstellers aufgrund der besonderen Gelagertheit des Individualfalles überwiegen, weshalb die seitens der Erstbehörde zum vormaligen Zeitpunkt getroffene Ausweisungsentscheidung (in Einklang mit den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 17.340/2004, VfGH 29.09.2007, B 328/07; 13.03.2008, B 1032/07) in Einklang ist. Die in casu vorliegende lange Aufenthaltsdauer sowie die vom Antragsteller gesetzten Integrationsmaßnahmen verhalten zu dem Schluss, dass sein Recht auf Nichtausweisung in Einklang mit Art. 8 Abs. 2 EMRK den Interessen an einer Ausweisung vorgehen.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, Integration, Interessensabwägung, non refoulement, Spruchpunktbehebung-Ausweisung
Zuletzt aktualisiert am
19.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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