TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/07 E9 310257-1/2008

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Veröffentlicht am 07.11.2008
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Spruch

E9 310.257-1/2008-5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. R. Engel als Vorsitzenden und den Richter Mag. H. Leitner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau Mayer über die Beschwerde des S.O., geb. 00.00.1983, StA. Türkei, (vertreten durch RA Dr. Barbara JANTSCHER, Hauptplatz 7/II, 8330 Feldbach) gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.02.2007, FZ. 06 03.753-BAG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4, als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I.

 

1. Der Beschwerdeführer (vormals Berufunsgswerber), ein der kurdischen Volksgruppe zugehöriger Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 04.04.2006 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG.

 

2. Im erstinstanzlichen Verfahren brachte der Beschwerdeführer vor, seine Reise am 20.12.2005 von Istanbul aus auf einem LKW versteckt begonnen zu haben und am 01.01.2006 in Österreich angekommen zu sein.

 

Zu seinen Fluchtgründen führte er zusammengefasst aus, dass sich sein Bruder 1996 der PKK angeschlossen habe. Daraufhin seien seine Eltern immer wieder von Soldaten belästigt und nach dem Aufenthalt seines Bruders befragt worden. Ab dem Jahr 2000 sei auch er selbst deswegen von der Polizei aufgesucht und mehrmals mitgenommen und jeweils zwei bis drei Tage im Arrest behalten worden. Dabei sei er auch geschlagen worden.

 

Während seines Militärdienstes (2003 bis 2004) habe er die schmutzigsten und niedrigsten Arbeiten verrichten müssen und sei bei jeder Ausweiskontrolle gefragt worden, ob er der PKK angehöre.

 

Nach Absolvierung seines Wehrdienstes, habe er in dem von ihm betriebenen Friseursalon Aufklärung für die DEHAP bzw. HADEP betrieben und sei wiederum festgenommen und angehalten worden.

 

Für den Fall seiner Rückkehr befürchte er, festgenommen zu werden.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und diesem der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und jener gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Begründend führt die Erstbehörde aus, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung nicht habe glaubhaft machen können, weswegen ihm kein Asyl zu gewähren gewesen sei. Selbst wenn man hypothetisch von seinem Vorbringen ausgehen würde, wiesen die geschilderten Inhaftierungen, welche auch ohne Konsequenzen geblieben seien, nicht die für eine Asylgewährung nötige Intensität auf.

 

Spruchpunkt II. begründete die Erstbehörde damit, dass die vom Beschwerdeführer für den Fall seiner Rückkehr vorgebrachte Gefährdung bereits in Zusammenhang mit seinem Asylvorbringen nicht als glaubhaft anzusehen gewesen sei. Weiters herrsche in der Türkei keine derart extreme Gefährdungslage, dass praktisch jeder der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Recht ausgesetzt wäre.

 

Zu Spruchpunkt III. legte die Erstbehörde dar, dass durch die Ausweisung aufgrund der in Österreich aufhältigen erwachsenen Brüder ein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers vorliege, gelangte jedoch im Rahmen einer Abwägung zum Ergebnis, dass eine Ausweisung geboten sei.

 

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertreterin innerhalb offener Frist mit Schriftsatz vom 22.02.2007 Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten). Hinsichtlich des konkreten Inhaltes der Beschwerde, der bei den Erwägungen des Asylgerichtshofes berücksichtigt wurde, wird auf den Akteninhalt verwiesen (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

 

5. Die im angefochtenen Bescheid bereits enthaltenen Niederschriften sowie die Sachverhaltsdarstellung werden hiermit zum Inhalt dieser Entscheidung erklärt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das erkennende Gericht berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278).

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes.

 

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, sein ausreisekausales Vorbringen glaubhaft zu machen, weil dieses in wesentlichen Punkten widersprüchlich war.

 

So habe der Beschwerdeführer bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen divergierende Aussagen zur Anzahl, zu den Zeitpunkten sowie zur Dauer seiner Anhaltungen durch die Polizei gemacht. Des Weiteren sei dem Beschwerdeführer im September 2005, also kurz vor seiner Ausreise, noch ein eigener Reisepass von den Sicherheitsbehörden ausgestellt worden, und dass eine persönliche Kontaktnahme mit Sicherheitsbehörden - also behauptetermaßen seine "Verfolger" - nicht auf Furcht vor Verfolgung hinweisen würde..

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich daher diesen beweiswürdigenden Argumenten an.

 

Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

So hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift im Wesentlichen jeglichen Versuch unterlassen, die von der Erstbehörde aufgezeigten und oben zusammengefasst wiedergegebenen Widersprüche bzw. Unplausibilitäten aufzuklären, und lässt damit die diesbezüglich gezogenen Schlüsse der Erstbehörde hinsichtlich seiner Unglaubwürdigkeit unbekämpft. Da die Beweiswürdigung nicht als unschlüssig zu bezeichnen ist, kann der Erstbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorbringen des Beschwerdeführers für nicht glaubhaft hält (vgl. zB VwGH 31.08.1995, 94/19/1269).

 

In diesem Zusammenhang ist auch nochmals anzumerken, dass ein Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkannt werden kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um derartig einschneidende Erlebnisse handelt, die - wie gegenständlich - letztlich sogar fluchtauslösend gewesen sein sollen.

 

Soweit in der Beschwerde vertreten wird, das BAA habe "im Zusammenhang mit dem Vorbringen" keine hinreichenden Ermittlungen bzw. Feststellungen getroffen ist Folgendes anzumerken:

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die Behauptungen des Asylwerbers im Hinblick auf die Glaubwürdigkeitsüberprüfung grundsätzlich auch am Verhältnis zu der Berichtslage "in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will", zu messen (VwGH 30.9.2004, 2001/20/0135, in diesem Sinne auch VwGH 31.5.2005, 2005/20/0176). Dies setzt folglich voraus, dass es sich um ein solches (öffentlichkeitswirksames) Ereignis handeln muss, das auch geeignet ist, tatsächlich zB. in Berichten ihren Widerhall zu finden. Sofern es sich nicht um notorische Ereignisse handelt, bedarf es dazu aber seitens der Partei jedenfalls eines hinreichend konkretisierten Vorbringens bzw. konkreter Beweisanbote, die eine amtswegige Prüfung iSd auch im Asylverfahren geltenden Grundsatzes der materiellen Wahrheit, insbesondere auch unter Berücksichtigung der sich für die Asylbehörden aus § 57 Abs 10 AsylG 2005 ergebenden rechtlichen und sonstigen sachtypischen faktischen Ermittlungsschranken im Herkunftsstaat, ermöglichen würden. Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), weil sie etwa nur der Partei bekannt sind, besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

 

Im konkreten Fall hat das BAA an sich nicht in Frage gestellt, dass es im Allgemeinen solche Ermittlungsmaßnahmen, wie sie der BF vorbrachte, in der Türkei gibt, weshalb dieses Beweisthema für das BAA - und auch den Asylgerichtshof - außer Streit steht. Hinsichtlich der konkreten Erlebnisse, die der BF geschildert hat und die er am eigenen Leib erfahren haben will, ist anzuführen, dass seinen Aussagen und der Beschwerde nicht zu entnehmen ist, dass es darüber Berichte geben könnte, die konkret auf seinen Fall Bezug nehmen. Auch brachte er nicht vor, dass diese derart öffentlichkeitswirksam gewesen wären, dass diese etwa in Medien ihren Niederschlag gefunden hätten. Wenn dies doch so gewesen sein sollte, so hätte es der Mitwirkungsverpflichtung des schon im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen BF entsprochen, diese Berichte vorzulegen oder zumindest diesbezüglich konkrete zielführende Beweisanbote von Relevanz zu erstatten, was aber nicht erfolgt ist. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch, dass schon das BAA den BF in der ersten Einvernahme am7.4.2006 ausdrücklich und nachweislich aufgefordert hat, für das weitere Verfahren auch Bescheinigungsmittel bzw. Beweise für das Fluchtvorbringen beizuschaffen. Mangels Vorlage von geeigneten Bescheinigungsmitteln hinsichtlich der von ihm dargestellten widersprüchlichen bzw. teilweise unplausiblen Erlebnisse und das Unterlassen konkreter diesbezüglicher Beweisanbote, kann dem BAA hier nicht vorgeworfen werden, dass dazu der Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt worden ist. Hier ist dann eben das Vorbringen des BF das zentrale Beweismittel für die Asylbehörden. Auch der AsylGH war auf Grund des Fehlens derartiger Bescheinigungsmittel oder diesbezüglich konkreter Beweisanbote nicht verhalten das Ermittlungsverfahren zu wiederholen oder zu ergänzen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände "glaubhaft" behauptet und - so weit als möglich und zumutbar - bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Anzumerken ist, dass allgemeine Berichte ohne weiteres nicht geeignet sind eine individuelle, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende asylrelevante Verfolgung einer Person glaubhaft zu machen.

 

Es wird auch in der Beschwerdeschrift nicht konkret dargelegt, inwieweit sich aus den zitierten Gutachten - insbesondere jenem aus dem Jahren 2000 oder 2002 - bzw. durch die der Beschwerde beigeschlossenen und nicht auf die den BF persönlichen Erlebnisse Bezug nehmenden Presseberichte, sich die aufgetretenen entscheidungsrelevanten Widersprüche und Unplausibilitäten in den persönlichen Aussagen des BF aufklären ließen.

 

Die Presseberichte stammen zudem aus dem Jahr 2006 und die zitierten Gutachten aus den Jahren 1999 bis 2002, sodass der Hinweis auf diese schon aus Aktualitätsgründen keine ausreichend substantiierte Bekämpfung der erstbehördlichen Beweiswürdigung darstellen kann. In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, das die Asylentscheidung ihrem Wesen nach eine Prognoseentscheidung und auf eine in der Zukunft (für den Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat) bestehende Verfolgungsgefahr (Furcht vor Verfolgung) gerichtet ist (vgl. Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht, Rz 28).

 

Es entspricht jedoch auch nicht dem Amtswissen der für die Türkei zuständigen Länderkammer des Asylgerichtshofes, wie es etwa fortlaufend den als verlässlich geltenden Berichten des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei zB. vom 25.10.2007 oder 11.9.2008 (hinzuweisen ist insbesondere auf Pkt. 7 der grundsätzlichen Anmerkungen dieser Berichte, wonach das deutsche Auswärtige Amt in die Erstellung der Berichte auch Erkenntnisse von Nichtregierungsorganisationen sowie Vertretern von UNHCR einbindet) entspringt, dass es in der Türkei Sippenhaftung in dem Sinne gäbe, dass Familienmitglieder für die Handlungen eines Angehörigen strafrechtlich verfolgt oder bestraft werden. Auch aus der Operational Guidance Note des UK Home Office vom 02.10.2008 geht hervor, dass Angehörige von Mitgliedern von kurdischen Parteien allein wegen dieser Angehörigeneigenschaft keine Furcht vor Verfolgung haben müssen.

 

Im Detail wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

 

Hinzu kommt, dass sich ergänzend unter Zugrundelegung der bisherigen Ermittlungsergebnisse zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die dargelegten und unbescheinigt gebliebenen Ausreisemotive aus folgenden Gründen nicht den Tatsachen entspricht und auch nicht von einer generellen Glaubwürdigkeit des BF ausgegangen werden kann:

 

So hat der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, dass ihm sein Reisepass im September 2005 "unmittelbar vor seiner Ausreise" von den Sicherheitsbehörden ausgestellt worden sei (AS 93). Er wäre persönlich dort gewesen und habe ihn erhalten, was (wie bereits von der Erstbehörde im Wesentlichen richtig ausgeführt) bereits grundsätzlich aus objektiver Sicht gegen eine Verfolgungsgefahr bzw. ein Verfolgungsinteresse seitens des Staates und auch gegen eine subjektive Furcht des BF vor Verfolgung durch den Staat spricht, zumal im Verfahren auch nicht hervorkam, dass er dazu gezwungen gewesen sei bzw. dies unfreiwillig gemacht habe. Gegen eine subjektive Furcht vor Verfolgung spricht insbesondere, da man nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei einer tatsächlichen Verfolgungsgefahr eher den Kontakt zu den Verfolgern meiden würde.

 

Auf AS 91 gibt er weiters an, diesen Reisepass auf der Reise nach Zypern verloren zu haben, obwohl er Zypern bei seinem Reiseweg nicht erwähnt und überdies auch angegeben hat, sein Heimatland zuvor noch nie verlassen zu haben. Diese widersprüchlichen Angaben deuten darauf hin, dass er den Asylbehörden seinen Reisepass wissentlich unterschlägt, obwohl er zur Vorlage aufgefordert wurde.

 

Es entspricht den Erfahrungen der Asylbehörden, dass gerade Asylantragsteller, bei denen es sich um keine Flüchtlinge iSd GFK handelt, es idR tunlichst vermeiden tatsächlich in ihrem Besitz befindliche Reisepässe im Asylverfahren vorzulegen, weil sich darin oftmals Eintragungen befinden, die die Erfolgschancen im Asylverfahren mindern (zB Stempel über legale Ein-oder Ausreisen, Sichtvermerke oder auch eine andere Identität etc.) und/oder weil sie auch weiterhin Reisen, insbesondere in den Herkunftsstaat - auch während eines Asylverfahrens (zB zu Besuchszwecken) - unternehmen wollen.

 

Durch diese unterschiedlichen Angaben über den Verbleib des Reisedokumentes hat er jedenfalls seine Mitwirkungsverpflichtung (§ 15 AsylG 2005) im Asylverfahren erheblich verletzt, was sich auch auf die Glaubwürdigkeitsbeurteilung (vgl. § 18 Abs 2 leg cit) auswirkt.

 

Ein weiterer Grund, welcher gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und gegen die Glaubhaftmachung einer Verfolgungsgefahr spricht, ist der, dass er nach seinen Angaben bereits am 01.01.2006 nach Österreich eingereist ist, jedoch erst am 04.04.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, was ebenfalls gegen eine tatsächliche Gefährdung bzw. der Notwendigkeit des Schutzes vor Verfolgung des Antragstellers spricht (vgl. dazu auch Art 4 Abs 5 lit d der Richtlinie 2004/83/EG des Rates ["Statusrichtlinie"] sowie § 38 Abs 1 Z 2 AsylG). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch ein im Akt befindliches Schreiben (AS 11) der Vertreterin vom 00.00.2006, gerichtet an Hr I.S., in dem dieser über die grundlegenden Verfahrensschritte betreffend einer Asylangstellung durch den BF aufgeklärt wird. Darin findet sich - offensichtlich nach vorheriger Schilderung der Situation des BF - ua. folgende Textstelle: "Wenn ihr Bruder trotz dieser strengen Regelungen dennoch einen Asylantrag versuchen will, so muss er eben selbst nach Traiskirchen fahren". Dessen ungeachtet hat er noch rund 2 Monate mit der Antragstellung zugewartet, was auch eher darauf hinweist, dass er nicht Schutz vor Verfolgung wollte, sondern die Legalisierung seines bis dahin nicht rechtmäßigen monatelangen Aufenthaltes im Bundesgebiet. Aus dieser Formulierung im zitierten Schreiben ließe sich auch ableiten, dass bei der Anfrage an die Anwältin offenbar Zweifel bestanden ob der BF überhaupt Gründe für einen Asylantrag hat, zumal aus dem anwaltlichen Schreiben keinesfalls herauszulesen ist, dass diese einen solchen für aussichtsreich hielt (Zitat aus dem Schreiben: " ...dennoch einen Asylantrag versuchen.").

 

Die Zulässigkeit für den Asylgerichtshof, über die Beweiswürdigung der Erstbehörde hinaus ergänzende Schlüsse aus den bisherigen Ermittlungen zu ziehen, ergibt sich aus § 41 Abs 7, 2. Fall, AsylG 2005, wonach von einer mündlichen Verhandlung auch dann abgesehen werden kann, wenn sich aus "den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht". Um der Begründungspflicht, resultierend aus § 60 AVG, wonach der Bescheid [das Erkenntnis] erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde [der Asylgerichtshof] zu dieser Ansicht gelangt ist, zu entsprechen, bedarf es aber einer (nachvollziehbaren) Darstellung der dafür maßgeblichen gedanklichen Vorgänge.

 

Der Gesetzgeber verwendet hier mit "zweifelsfrei" eine andere Diktion wie im § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist, wenn das "......Bedrohungsszenario offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im § 41 Abs 7 2. Fall AsylG 2005 idgF - womit eine Erweiterung der Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung geschaffen werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten § 6 AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese neue Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen.

 

Hier ergeben sich derartige Fakten aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens. Der Asylgerichtshof ist nicht verhalten, den Asylwerber zu Widersprüchen in Ansehung seines Asylantrages zu befragen, weil keine Verpflichtung besteht, ihm im Wege eines behördlichen Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche in seinen eigenen Aussagen vorhanden seien, die im Rahmen der gemäß § 45 Abs 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560; vgl. ua. auch VwGH 27.6.1985, 85/18/0219; 3.4.1998, 95/19/1734; 30.1.1998, 95/19/1713, wonach keine Verpflichtung besteht, den vom Antragsteller selbst vorgebrachten Sachverhalt zu Gehör zu bringen [siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 29 zu § 45 mwN]). Die Behörde bzw. das Gericht ist auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560).

 

Zumal der Beschwerdeführer in seiner Rechtsmittelschrift auch nicht aufgezeigt hat, was die von ihm beantragten Beweismittel, nämlich seine "nochmalige, ausführliche" und damit schon 4. persönliche Einvernahme - unter Einbeziehung des Beschwerdeschriftsatzes wäre es schon die 5. Stellungnahmemöglichkeit im Asylverfahren -, die Beischaffung von aktuellen Länderberichten, die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens zur "allgemeinen Lage" sowie die Einsichtnahme in die Akte seiner Brüder, an den von der Erstbehörde bereits aufgezeigten Widersprüchen und Unplausibilitäten in seinen bisherigen Aussagen ändern könnten bzw. welche wesentlichen Umstände zur Aufklärung derselben dadurch hervorgekommen wären, war es auch mangels hinreichender Konkretisierung und Relevanzdarstellung nicht erforderlich, diesen Beweisanträgen mangels Tauglichkeit nachzukommen.

 

Soweit durch diese dem Asylgerichtshof aufgetragenen Ermittlungen dem anwaltlich vertretenen Beschwerdefürher erst ein substantiiertes Vorbringen ermöglicht werden soll, ist darin ein als unzulässig zu erachtender Antrag auf einen Erkundungsbeweis zu erblicken, dem keine Folge zu leisten ist. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig. Daher ist die Behörde [der Asylgerichtshof] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).

 

Wenn in der Beschwerde die Beschaffung von aktuellen Berichten betreffend die Kurdenfrage und die Behandlung von "Rückabgeschobenen" beantragt wird, ist folgendes anzuführen: die vom BF vorgebrachte Rückkehrgefährdung wurde für nicht glaubhaft erachtet und der BF ist dieser erstinstanzlichen Beweiswürdigung schon nicht konkret und substantiiert entgegen getreten. Eine anderweitige Rückkehrgefährdung hat er nicht konkret vorgebracht. Wirtschaftliche Probleme hatte er seinen Angaben nach nicht geäußert. Es ist nicht notorisch, dass in der Türkei aktuell eine Situation herrschen würde, die quasi jeden Kurden (im Falle der Rückkehr) mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine entscheidungsrelevante Gefährdungslage bringen würde. Dies wurde auch vom BF weder konkret behauptet, geschweige denn bescheinigt. Eine nachteilige, entscheidungsrelevante allgemeine Lageverschlechterung wurde weder bescheinigt, noch entspricht dies dem aktuellen Amtswissen (zB Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 11.9.2008). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist auch in diesem Antrag ein solcher auf einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis zu erblicken, der dem BF erst ein substantiiertes Vorbringen ermöglichen soll.

 

Auch hinsichtlich der bereits Jahre zurückliegenden Asylverfahren (Antragstellung 1999, 2000, 2002) seiner Brüder wird in der Beschwerde nicht konkret dargelegt, wie sich aus deren Aussagen aus den oa. Jahren, die Widersprüche und Unplausibilitäten betreffend der persönlichen Erlebnisse des BF - die er selbst in der Beschwerde im Wesentlichen unbekämpft ließ - und die zur Unglaubwürdigkeit des dargelegten Ausreisegrundes bzw. zur Nichtlaubhaftmachung einer relevanten Verfolgungsgefahr führten, ergeben sollte, wodurch es hier einerseits schon an einer hinreichenden Relevanzdarstellung mangelt und dies in Folge dessen auch einen Antrag auf einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis darstellt.

 

Im Ergebnis ist es dem Beschwerdeführer mit dessen Beschwerde weder gelungen, eine wesentliche Unschlüssigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, noch ist er dieser im Rahmen der Anfechtungsbegründung in substantiierter Form entgegengetreten. Hiezu wäre es erforderlich gewesen, dass der Beschwerdeführer entweder in begründeter Form eine maßgebliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung dargetan oder Argumente vorgebracht hätte, die einerseits zu einer anderen Gewichtung oder Bewertung der verfahrensgegenständlichen Beweismittel führen würden oder aus denen andererseits im Rahmen der allgemeinen Denklogik eine Prävalenz des von ihm dargestellten Geschehnisablaufes gegenüber jenem von der Erstbehörde angenommenen hervorleuchtet, was im Ergebnis zu einer anders gelagerten Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des der weiteren rechtlichen Würdigung zugrunde zu legenden historisch-empirischen Sachverhaltes führen würde.

 

2. Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3. Zu Spruchpunkt I.:

 

3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

 

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

 

Nach der auch hier anzuwendenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verfolgung weiters ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen eine solche glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen ausreisekausalen Angaben des Asylwerbers gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Auch aus der allgemeinen Lage lässt sich konkret für den Beschwerdeführer kein Asyl ableiten.

 

Dass es hier zur "Glaubhaftmachung" (der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein) hinsichtlich der vom BF geschilderten, im Verfahren beider Instanzen unbescheinigt gebliebenen und ihn persönlich treffenden Ereignisse, quasi wegen der Offenkundigkeit einer Verfolgungsgefahr, überhaupt keiner Bescheinigungsmittel - der schon beim BAA anwaltlich vertretene BF hatte solche trotz Aufforderung durch die Erstbehörde im Verfahren beider Instanzen nicht vorgelegt - bedurft hätte, bietet der gegenständliche Fall keinen Anhaltspunkt (vgl zB. auch VwGH 25.06.2003, Zahl 2000/04/0092).

 

Dies ergibt sich auch unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben für das Asylverfahren. So normiert die - nicht direkt anwendbare - Statusrichtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 als Ausfluss der Staatenpraxis in deren Artikel 4 Absatz 1 und 5 Folgendes: "Wenden die Mitgliedstaaten den in Absatz 1 Satz 1 genannten Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

 

a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu substanziieren;

 

b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

 

c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

 

d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war;

 

e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."

 

Wendet man im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung diese sekundärrechtliche Norm auf das gegenständliche Verfahren an, so führt auch dies nicht zum Verzicht auf die Beischaffung von Bescheinigungsmitteln zum konkreten Vorbringen seitens des Beschwerdeführers, zumal er im Verfahren seine Mitwirkungsverpflichtung verletzt hat und insbesondere dadurch schon nicht von einer offenkundigen Bemühung den Antrag zu substantiieren gesprochen werden kann. Weiters waren wesentliche Teile seiner relevanten Aussagen widersprüchlich und unplausibel. Der BF hat auch erst mehrere Monate nach Einreise und nicht rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet den Asylantrag gestellt und es kamen keine guten Gründe hervor, dass ihm eine Antragstellung nicht früher möglich war. Weiters kann auf Grund der aufgetretenen Verletzung von Mitwirkungsverpflichtungen, Widersprüchen und Unplausibilitäten in wesentlichen Teilen seiner Aussagen keinesfalls die generelle Glaubwürdigkeit des BF festgestellt werden.

 

3.3. Selbst wenn man hypothetisch vom Vorbringen des Beschwerdeführers ausgehen würde, weisen dessen kurzfristige Anhaltungen durch die Sicherheitsbehörden (insbesondere um den Aufenthaltsort seines Bruders in Erfahrung zu bringen) nicht die für eine Asylgewährung erforderliche Intensität auf.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellen Inhaftierungen, wenn sie ohne Folgen blieben, und Hausdurchsuchungen aufgrund mangelnder Intensität keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar (vgl VwGH 14.10.1998, 98/01/0262; 12.05.1999, Zl. 98/01/0365), ebenso Festnahmen, Verhöre oder Befragungen allein (vgl. VwGH 09.09.1987, 86/01/0024 und 0025; 29.04.1987, 85/01/0008).

 

Betreffend die vom Beschwerdeführer angesprochene Anhaltungen ist anzumerken, dass diese nach seinen eigenen Angaben ohne Konsequenzen beendet wurden. Dies lässt den Schluss zu, dass die staatlichen Stellen seines Heimatlandes an ihm kein näheres Interesse hatten bzw. ihn nicht als (politisch) gefährlich eingestuft haben. Die Festnahme des Berufungswerbers ohne weitere konkrete Anschuldigung kann daher nicht zur Asylgewährung führen (vgl. VwGH 31.03.1993, 92/01/0717).

 

Die mangelnde Gefährdung des Beschwerdeführers bzw. dass dessen Furcht vor Verfolgung unbegründet ist, lässt sich auch daraus schließen, dass sich dieser laut eigenen Angaben kurze Zeit vor seiner Ausreise, und zwar im September 2006, wegen der Ausstellung eines Reisepasses an die Sicherheitsbehörden seines Herkunftsstaates wandte und diesen auch ausgestellt bekam. Daraus kann man zum einen erkennen, dass der Beschwerdeführer selbst, also subjektiv, keine Furcht vor seinen heimatstaatlichen Behörden hatte, widrigenfalls er sich der allgemeinen Lebenserfahrung wohl kaum an diese gewandt hätte. Zum anderen hätte sich eine allfällige subjektiv empfundene Furcht auch als unbegründet erwiesen, zumal der Beschwerdeführer ja auch einen Reisepass erhalten hat, was wohl nicht der Fall gewesen wäre, wenn er von den türkischen Behörden gesucht worden wäre bzw. diese ein Interesse daran gehabt hätten, dass er im Land verbleibt, weil er etwa für die Strafverfolgungsbehörden von Interesse wäre.

 

3.4. Soweit der Beschwerdeführer allgemeine Benachteiligungen der kurdischen Volksgruppe in der Türkei behauptet, ist auszuführen, dass laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen (oder religiösen) Gruppe allein kein Grund für die Asylanerkennung ist, sofern nicht konkrete gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden, was dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall jedoch, wie zuvor dargelegt, nicht gelungen ist. Es ist auch nicht notorisch, dass es eine asylrelevante Gruppenverfolgung von Kurden in der Türkei gibt, was auch vom BF nicht bescheinigt wurde, sich im Wesentlichen auch schon aus den vom BAA herangezogenen Berichten entnehmen lässt und auch dem aktuellen Amtswissen entspricht (vgl. zB. den aktuellen Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Türkei vom 11.9.2008, wo - hier auszugweise dargestellt - berichtet wird, "dass ca. 14 Millionen Menschen in der Türkei zumindest teilweise kurdischstämmig sind. Im Westen der Türkei und an der Südküste lebt die Hälfte bis annähernd zwei Drittel dieser Kurden; ca. 3 Mio. leben im Großraum Istanbul, zwei bis drei Millionen an der Südküste, eine Million an der Ägäis-Küste und eine Million in Zentralanatolien. Rund sechs Millionen kurdischstämmige Türken leben in Ost- und Südost-Türkei, wo sie in einigen Gebieten die Bevölkerungsmehrheit bilden. (...) Allein auf Grund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volksgruppenzugehörige keinen staatlichen Repressionen unterworfen. Aus den Ausweispapieren ergibt sich idR nicht ob ein türk. Staatsbürger kurdischer Abstammung ist. Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnliches gilt für Industrie, Wissenschaft, Gesitesleben und Militär. (...)" .

 

3.5. Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Asyl zu gewähren, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.

 

4. Zu Spruchpunkt II.:

 

4.1. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)

 

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit grds. derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Kann dieser nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bzgl. des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Abs 6 leg cit).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, seine vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im Sinne des § 8 Abs 1 AsylG im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen könnte.

 

4.3. Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Lebensbedingungen von einer lebensbedrohenden Notlage in seinem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr eine über die bloße Möglichkeit hinausgehende "reale Gefahr" ("das ist. eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat"; vgl zB VwGH 19.2.2004, 99/20/0573 mwN) einer unmenschlichen Behandlung des Beschwerdeführers iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.

 

Der Beschwerdeführer ist ein junger Mann von nunmehr knapp 25 Jahren, der bereits vor seiner Ausreise in der Lage war, seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit, in concreto durch einen von ihm betriebenen Friseursalon (er besitzt laut eigenen Angaben auch den Meisterbrief), zu bestreiten. Er hat weder vorgebracht noch ist sonst erkennbar, dass ihm eine solche oder eine andere Erwerbstätigkeit nach seiner Rückkehr nicht mehr möglich wäre.

 

Nachdem der Beschwerdeführer auch keine entscheidungsrelevanten gesundheitlichen Probleme vorgebracht hat, wäre es ihm jedenfalls zumutbar, durch eigene und notfalls auch wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit dazu beizutragen, um das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können.

 

Überdies gibt der Beschwerdeführer auch an, in Österreich finanziell vorwiegend von seinem in der Türkei aufhältigen Vater unterstützt zu werden und dort noch viele andere Verwandte zu haben, wodurch sich auch ein familiäres Netz für ihn ergäbe. Ebenso wird er in geringem Ausmaß auch von seinen in Österreich lebenden Brüdern finanziell unterstützt und sind keine Umstände erkennbar, dass dies nicht auch nach seiner Rückkehr, zB durch Überweisung von Geldbeträgen oder Warensendungen, in den Herkunftsstaat möglich wäre.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in der Türkei gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren auch nicht hervor, dass konkret für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

4.4. Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren, die diesbezügliche Entscheidung der Erstbehörde zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.

 

5. Zu Spruchpunkt III.:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

(...)

 

Z 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

(...)

 

Gemäß § 10 Abs 2 AsylG ist eine Ausweisung nach Abs 1 leg cit unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde.

 

Der Gesetzgeber wollte durch diese - im Gegensatz zur fremdenpolizeilichen Ausweisung keinem Ermessen zugängliche - zwingende asylrechtliche Ausweisung eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Asylwerber, die bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung sich im Bundesgebiet aufhalten durften, verhindern (vgl. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen und auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten war nicht zuzuerkennen. Ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Die Beschwerdeführerin hält sich daher nach Erlassung dieses Erkenntnisses nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Bei Erlassung einer Ausweisung kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs 1 EMRK). Ein unverhältnismäßiger Eingriff würde eine Ausweisung unzulässig machen.

 

5.2. Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).

 

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere "de facto Beziehungen" ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

 

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26.01.2006, 2002/20/0423, und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26.01.2006, 2002/20/0235; 08.06.2006, 2003/01/0600; 22.08.2006, 2004/01/0220; 29.03.2007, 2005/20/0040: 26.06.2007, 2007/01/0479).

 

Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).

 

Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.

 

5.2.1. Neben dem erwachsenen Beschwerdeführer leben von seiner Familie noch vier seiner ebenfalls erwachsenen Brüder in Österreich, wobei der Beschwerdeführer hier nur zeitweise mit diesen zusammenlebte bzw. zusammenlebt. Wie bereits oben ausgeführt, wird der Beschwerdeführer finanziell vorwiegend von seinem Vater aus der Türkei unterstützt, während er von seinen in Österreich lebenden Brüdern zwanzig Euro in der Woche bekommt, sodass auch von einer Unterhaltsgewährung nicht die Rede sein kann.

 

Zu beachten ist auch, dass sich die Brüder des Beschwerdeführers teilweise bereits seit 1999 in Österreich aufhalten, also im Wesentlichen auch keine Fortsetzung des im Herkunftsstaat geführten Familienlebens mit dem erst 2006 eingereisten Beschwerdeführer vorliegt. Es kam im Verfahren nicht hervor, dass er zum Zeitpunkt seiner Einreise - wo sich seine Brüder bereits mehrere Jahre in Österreich befanden - oder aktuell von einem Zusammenleben mit diesen unüberwindlich abhängig wäre.

 

Nach Ansicht des erkennenden Senats liegt daher kein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich vor. Selbst wenn man ein solches annehmen würde, käme man im Rahmen einer Abwägung (siehe unten Punkt 5.4.) zu einer Zulässigkeit der Ausweisung.

 

5.3. Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

5.3.1. Die Beschwerdeführer hält sich zum Entscheidungszeitpunkt - den monatelangen illegalen Aufenthalt vor der Antragstellung eingerechnet - seit weniger als 3 Jahre in Österreich auf, wobei sich sein Aufenthaltrecht lediglich auf seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung aufgrund der Asylantragstellung gründet, ihm jedoch zu keinem Zeitpunkt ein (dauerndes) Aufenthaltsrecht (zB. eine Niederlassunsbewilligung) zukam.

 

Nach der Judikatur des EGMR, insbesondere NNYANZI gg. das Vereinigte Königreich vom 8.4.2008, zu Asylwerbern und dem Recht auf Privatleben ist auch hier davon auszugehen, dass sein ungesicherter Aufenthalt in Österreich von vornherein nic

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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