A9 260.887-0/2008/12E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Vorsitzende und den Richter Dr. Pipal als Beisitzer über die Beschwerde von U.I., geb.00.00.1986, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.05.2005, GZ. 03 26.340-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.10.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 und § 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat wie folgt:
"Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 wirdU.I. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen."
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. 1. Der Beschwerdeführer (StA: Nigeria) reiste illegal in Österreich ein und stellte am 01.09.2003 den gegenständlichen Asylantrag.
In seiner Einvernahme vor der Erstinstanz vom 01.09.2003 brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen folgendes vor (Seite 21 ff des erstinstanzlichen Aktes):
"F: Warum haben Sie Nigeria verlassen und bringen einen Asylantrag ein?
A: Mein Vater hatte ein Problem mit seinem älteren Bruder. Es war ein familiäres Problem. Bei den Ibo¿s gilt immer nur das, was der älteste Bruder sagt. Mein Onkel wies uns unserem Haus. Nach einiger Zeit ist mein Vater verstorben. Das war im März. Nein im Jänner, nein das war im Februar, vor sechs Monaten.
F: Wissen Sie das genaue Sterbedatum ihres Vaters?
A: Am 25. Februar 2003.
Nach einiger Zeit ging ich zu meinem Onkel und sprach mit ihm, da ich die Erbschaft meines Vaters antreten wollte. Mein Onkel wollte mir aber nichts geben. Er sagte, dass ich ja nicht mehr darüber sprechen sollte, sonst würde er mich töten. Er sagt ich sei nicht volljährig, um irgendwelche Ansprüche zu stellen. Daraufhin habe ich mich zur Flucht entschlossen.
Mein Vater hatte ein großes Stück Land und ein Haus zurückgelassen. Das ist der Grund, warum ich mein Heimatland verlassen habe und um Asyl ansuche.
F: Waren Sie jemals aktiv politisch tätig oder einer Partei zugehörig?
A: Nein.
F: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden in Nigeria?
A: Nein.
F: Wurden Sie aus Gründen der Religion, der Rasse, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt (Der/Die AW wird bezüglich der Begriffe umfassend manuduziert)?
A: Nein.
F: Was hätten Sie zu befürchten, wenn Sie nach Nigeria zurückkehren würden?
A: Ich weiß nicht was mich dort erwartet. Mein Onkel könnte mir etwas antun. Ich will nicht lange hier bleiben, vielleicht ein Jahr oder so. Ich habe große Sehnsucht nach meiner Mutter und meinem jüngeren Bruder.
Vorhalt: Sie haben bei der Befragung nach etwaigen Geschwistern angegeben, dass Sie keine haben. Jetzt erwähnen Sie einen jüngeren Bruder. Erklärten Sie das?
A: Ich habe einen jüngeren Bruder, der heißtJ.. Vielleicht habe ich Ihre Frage nicht verstanden.
F: Könnten Sie in einem anderen Ort in Nigeria leben und arbeiten?
A: Nein, weil ich dort niemanden habe.
F: Haben Sie jemanden in Österreich?
A: Das hat sich so ergeben. Hier kann ich wenigstens eine Arbeit finden.
F: Sie haben heute beim Ausfüllen ihres schriftlichen Asylantrages hier im Hause eine handgeschriebene Vorlage benützt, die dem Akt beiliegt. Woher haben Sie diese?
A: Diese Vorlage fand ich auf der Straße vor dem Gebäude (vor dem Asylamt). Ich habe einen schwarzen Mann auf der Straße um Hilfe gebeten. Ich erzählte ihm meine Probleme und er schrieb sie für mich auf diesem Zettel auf.
F: Wie haben Sie die Dolmetscherin verstanden?
A: Gut."
Am 11.05.2005 wurde der Beschwerdeführer neuerlich einvernommen, wobei er zu seinen Fluchtgründen folgendes ausführte (Seite 155 ff des erstinstanzlichen Aktes):
"Mein Vater heißt P., er ist gestorben 1996. Meine Mutter heißt J., sie verstarb vor sechs Monaten. Befragt gebe ich an, dass ich einen kleinen Bruder habe, der J. heißt. Er wird 9 Jahre alt.
Ich gehöre der Ethnie der Ibo an und spreche ich neben Englisch, die Sprache Igbo.
Frage: Bitte geben Sie ihre Wohnadresse in Nigeria an.
Antwort: Ich lebte nach Beendigung meiner Schulzeit in Lagos. Lagos verließ ich jedoch und ging ins Dorf zurück. Ich ging 2002 von Lagos ins Dorf U. zurück und blieb dann dort bis zu meiner Ausreise aus Nigeria im Jahre 2003.
Frage: Bitte nennen Sie Ihre Fluchtgründe. Tun Sie dies bitte konkret und detailgenau.
Antwort: Mein Vater hat einen Bruder. Nach meinen Berufslehrjahren ging ich zu meinem Onkel und wollte, dass er mir etwas vom Eigentum meines Vaters, der ja verstorben war gibt, damit ich damit ein eigenständiges Leben beginnen kann. Er wollte davon aber nichts hören. Er hat sogar meine Mutter mit Gewalt genommen, obwohl sie nach den Ibogesetzen nach dem Tod des Ehemanns ein Jahr hätte unverheiratet bleiben sollen. Mein Onkel ist sehr reich und setzte alles daran gegen mich zu sein.
Frage: Aus welchem Grund flüchteten Sie im Jahre 2003.
Antwort: Mein Onkel wollte mich umbringen. Meine Mutter hat er auch schon umgebracht. Jetzt habe ich niemanden mehr.
Frage: Sie betreiben gegenständliches Asylverfahren, wegen ihrer Probleme mit ihrem Onkel. Ist das richtig?
Antwort: Ja, nur wegen der Probleme mit ihm. Meinen Bruder nahm man jetzt in der Kirche auf.
Frage: Was befürchten Sie im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria?
Antwort: Ich müsste sterben. Dazu erkläre ich, dass mein Onkel mich durch Rituale umbringen würde.
Frage: Was bezweckt der Onkel, wenn er ihnen nach dem Leben trachtet?
Antwort: Er weiß, dass ich das Eigentum einfordern würde. So lange mein Onkel lebt, kann ich nicht nach Nigeria zurück.
Frage: Haben Sie die Probleme mit ihrem Onkel den Behörden, Sicherheitsbehörden oder Gerichten zur Kenntnis gebracht und um Hilfe ersucht.
Antwort: Ich ging den traditionellen Weg das Problem zu lösen. An die Behörden wandte ich mich nicht. Damit meine ich, dass ich mich um Hilfe und um Lösung des Problems an den Dorfältesten wandte. So sieht es die Tradition vor.
Frage: Wann brachten Sie ihr Problem vor den Dorfältesten?
Antwort: Bevor ich floh im Jahre 2003. Er konnte mir nicht helfen, weil der Onkel ein Anführer im Dorf ist und daher sein Einfluss zu groß ist.
Frage: Ihr Onkel versuchte Sie umzubringen. Bitte beschreiben Sie konkret und detailgenau wie er versuchte Sie umzubringen.
Antwort: Als ich das Eigentum meines Vaters von meinem Onkel einfordern wollte, sagte er mir, dass ich das Dorf verlassen solle, ansonsten er mich umbringen würde. Er brachte ja auch meinen Vater um, und jetzt auch meine Mutter.
Frage: Wann schlossen Sie denn ihre Berufslehrjahre ab?
Antwort: Im Jahre 2002. Ich lernte meinen Beruf in Lagos.
Frage: Wann beendete sie ihre Schule.
Antwort: 1989. Nein, doch nicht, 1996 oder 1997. Fünf Jahre war ich in der Schule.
Frage: Wann wurden sie von ihrem Onkel wie angegeben bedroht?
Antwort: Ich kann mich an alle Daten nicht mehr erinnern. Vor allem seit ich von dem Tod meiner Mutter gehört habe.
Frage: Wieviel Zeit verging denn von ihrer Bedrohung bis zu ihrem Fluchtantritt.
Antwort: Zirka drei Monate lagen zwischen der Bedrohung und meinem Fluchtantritt.
Frage: Möchten Sie noch etwas angegeben in ihrem Asylverfahren?
Antwort: Ich habe alles angegeben, ich ersuche um Hilfe.
Frage: Hatten Sie in ihrem Heimatland Probleme mit den staatlichen Behörden, Sicherheitsbehörden oder den Gerichten?
Antwort: Nein.
Frage: In ihrer ersten Einvernahme gaben sie an, dass ihr Vater am 25.02.2003 verstarb. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Nein, er verstarb 1996.
Frage: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden und haben sie die Wahrheit angegeben?
Antwort: Ja."
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Asylwerbers unter Hinweis auf § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 ab (Spruchpunkt I.); weiters wurde mit diesem Bescheid gemäß § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. wies das Bundesasylamt den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt III.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II. Der Asylgerichtshof führte am 16.10.2008 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die englische Sprache einvernommen wurde. Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen folgendes vor ("VR"= vorsitzende Richterin, "BF" = Beschwerdeführer;
Verhandlungsniederschrift "VN" OZ 10):
"VR: Schildern Sie bitte die Gründe, warum Sie Nigeria verlassen haben!
BF: Ich habe die Gründe schon zweimal angegeben. Als ich noch sehr klein war, wurde ich nach Lagos gebracht. In Lagos ist mein Vater verstorben. Ich bin daraufhin in das Dorf zurückgekehrt, um zu sehen, was mein Vater für mich hinterlassen hat. Der ältere Bruder meines Vaters war in der Zwischenzeit Chief der Gemeinde geworden. Er hat mir einiges erzählt und mir gedroht, mich umzubringen.
VR: Wie heißt das Dorf, in das Sie zurückkehrt sind?
BF: U..
VR: Was haben Sie dann gemacht?
BF: Es ist so, dass wenn der Vater stirbt, die Kinder einen Anspruch auf einen Teil seines Besitzes haben. Der ältere Bruder meines Vaters hat sich aber geweigert, mir diesen Teil zu geben. Er wollte dann meine Mutter als Frau nehmen. Sie hat sich damals geweigert. Später als ich im Gefängnis saß, erfuhr ich, dass meine Mutter diesen Antrag angenommen hat. Das bedeutet für mich, dass ich keine Familie mehr habe.
VR: Haben Sie sonst noch Verwandte in Nigeria?
BF: Nein. Wir sind eine kleine Gemeinde, ich hatte nur meinen Mutter und meinen Vater. Ich hatte nur einen jüngeren Bruder, ich weiß aber nicht, wo er sich jetzt befindet.
VR: Wann sind Sie nach Lagos gebracht worden?
BF: Als ich klein war.
VR: Wann ist Ihr Vater gestorben?
BF: Das war schon vor fast 11 Jahren.
VR: Bedeutet das, dass er 1997 / 1998 gestorben ist?
BF: Nein, das war 1996 oder 1997.
VR: Wie lange sind Sie dann noch in Lagos geblieben nach dem Tod Ihres Vaters?
BF: 3 Jahre bin ich dort geblieben.
VR: Wo haben Sie die Schule besucht und welche?
BF: Ich bin drei Jahre lang in die Grundschule in Lagos gegangen, und zwar von 1991 bis 1993 glaube ich.
VR: Was haben Sie danach gemacht?
BF: Ich habe dann als Bauarbeiter gearbeitet.
VR: Wie lange?
BF: 6 Monate oder sogar weniger.
VR: Wann sind Sie dann nach U. gegangen?
BF: 1998 und dann bin ich geflüchtet.
VR: Wann sind Sie geflüchtet?
BF: Ich bin im Jahr 1998 zurück nach Lagos gegangen. Dort bin ich einige Zeit geblieben, hatte aber keine Beschäftigung und bin dann zurück in mein Dorf gefahren. Der Druck in meiner Familie war aber noch immer sehr hoch, deswegen bin ich geflüchtet.
VR: Lebt Ihr Mutter noch?
BF: Nein sie ist verstorben, wie ich schon vorher sagte.
VR: Sie sagten, dass Sie den Antrag angenommen hätte!
BF: Sie hat Selbstmord begangen, sie hat sich erhängt. Das war Ende des Jahres 2005.
VR: Was würden Sie heute für den Fall der Rückkehr fürchten?
BF: Ich bin mir sicher, zu hundert Prozent, das sie mich umbringen werden.
VR: Wer und aus welchem Grund?
BF: Ich muss um den Besitz meines Vaters kämpfen. Diese Menschen sind aber stärker als ich und haben auch mehr Einfluss. Ich weiß, dass sie mich umbringen werden und möchte deswegen nicht zurückkehren.
VR: Sie haben in der Erstinstanz ausgesagt, Ihr Vater sei kurz vor Ihrer Ausreise am 25.02.2003 gestorben (Seite 25)!
BF: Nein, so etwas habe ich nicht gesagt, sie haben mich vielleicht nicht gut verstanden. Ich sagte, dass ich im Jahr 2003 Nigeria verlassen habe. Mein Vater ist im Jahr 1996 oder 1997 gestorben.
VR: Das haben Sie in der zweiten Einvernahme gesagt, nämlich dass er 1996 gestorben sei (Seite 157)!
BF: Nein, das habe ich nicht gesagt.
VR: Was spricht dagegen, sich in einen anderen Teil Nigerias, wo Ibos leben, zurückzuziehen?
BF: Hier ist mein Leben besser als in Nigeria.
VR: Die Frage ist, ob Sie sich dieser Gefahr durch den Onkel entziehen können?
BF: Ich kann noch immer einige meiner Leute treffen. Nigeria ist Nigeria.
VR: Nach Ihrer ganzen Schilderung geht es um Ihren Onkel nur um das Eigentum Ihres Vaters bzw. Ihrer Familie. Warum sollte er Ihnen dann in Nigeria nachstellen?
BF: Ich würde dieses Eigentum brauchen, um ein Leben zu haben.
VR: Sie haben hier in Österreich auch dieses Eigentum nicht!
BF: Das ist mir bewusst, aber es ist trotzdem besser für mich.
VR: Was haben Sie, seit Sie in Österreich eingereist sind, für Bindungen hier und welche Umstände liegen, die für Ihre Integration in Österreich sprechen, vor?
BF: Es gibt zwei österreichische Männer die mir helfen.
VR: Welche Männer sind das?
BF: Sie bilden Hunde aus und ich helfe ihnen dabei. Es handelt sich um Bulldoggen, die dann verkauft werden. Sie trainieren sie als Sicherheitshunde.
VR: Wollen Sie von sich aus noch was vorbringen?
BF: Ich habe ein Problem mit den Augen, ich sehe nicht gut und auch mit der Lunge. Für die Behandlung brauche ich Geld, das ich aber nicht habe. Ich muss aber immer wieder zum Arzt gehen.
VR: Welche Behandlung macht dieser Arzt? Gehen Sie jetzt zurzeit auch gerade zum Arzt?
BF: Ich muss jeden Monat zur Kontrolle gehen. Ich habe Probleme mit der Lunge und ich sehe auch nicht gut, ich kann nicht fernsehen.
VR: Wieso haben Sie Ihre Tätigkeit als Bauarbeiter aufgegeben?
BF: Wegen den Problemen mit den Augen und der Lunge.
Über Befragen legt der BF zwei Schriftstücke vor: das eine betrifft einen Patientenbrief vom 09.09.2008 vom KH Wien bezüglich Schmerzen im linken Bein zwischen Leiste und Kniekehle. Der Befund ergibt "im Wesentlichen unauffällige Verhältnisse an Zwerchfell, Herz und Lungen bis auf zarte Strukturverdichtungen im linken posterioren Oberlappen mit Verkalkungen, am ehesten postspezifisch" (Befund Seite 3). Der zweite betrifft eine Aufforderung zur Röntgenkontrolle der MA 15 an den BF, die offenkundig an alle Bewohner des Wohnhauses für Flüchtlinge Volkshilfe gerichtet war, die bei der Röntgenbusuntersuchung vom 14.08.2008 nicht anwesend waren (Beilagen I und II).
Die VR bringt dem BF nachfolgende - vorläufige - Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat des BF unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Asylgerichtshof vorliegenden Informationsunterlagen zur Kenntnis (Beilage A) und es werden folgende Erkenntnisquellen ins Verfahren eingeführt:
Quellen: United States Department of State, Nigeria. Country Report on Human Rights Practices 2007, 11.03.2008; Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007.
VR fragt den BF, ob er hiezu etwas vorbringen will.
BF: Ich kann nicht zurück nach Nigeria gehen. Hier geht es mir gut. Ich brauche auch Hilfe.
VR: Nach unserem Informationstand besteht kein Risiko für abgelehnte Asylwerber im Falle einer Rückkehr aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung im Zusammenhang mit Drogendelikten.
BF: Ich werde nicht zurückkehren. Ich möchte lieber hier sterben."
III. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und gehört der Volksgruppe der Ibo an. Die vom ihm vorgebrachten Fluchtgründe (Bedrohung vom Onkel infolge eines Erbstreites im gesamten Staatsgebiet von Nigeria) werden mangels Glaubwürdigkeit nicht festgestellt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre. Es konnten auch keine konkreten Gründe festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im gesamten Staatsgebiet Nigerias einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Im Beschwerdefall können keine Umstände festgestellt werden, die für eine besondere Integration des Beschwerdeführers in Österreich sprächen. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00.2005, (wegen § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 1. Fall SMG, § 15 StGB) zu einer (teilbedingten) Freiheitsstrafe von 8 Monaten rechtskräftig verurteilt, mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00.2006, (wegen § 27 Abs. 1 SMG; § 269 Abs. 1, § 15, § 83 Abs.1, § 84 Abs. 2 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, sowie mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.00.2007, (wegen § 27 Abs. 1 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten rechtskräftig verurteilt (siehe im Detail den im Akt befindlichen Strafregisterauszug, Anhang zum VP).
1.2. Zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:
Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (z. B. in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Zuge der Gouverneurs- und Präsidentenwahlen 2007 kam es in einzelnen Landesteilen zu mittlerweile beendeten Unruhen, es herrscht kein Bürgerkriegszustand.
Die im Mai 1999 in Kraft getretene nigerianische Verfassung verfügt im Kapitel V über einen Grundrechtskatalog, der sich an den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten orientiert. Die nigerianische Regierung bekennt sich auch politisch zum Schutz der Menschenrechte und zählt diesen zu den Prioritäten des Regierungshandelns. Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, definiert Nigeria als säkularen Staat und verbietet es dem Bundesstaat oder einzelnen Staaten, eine Religion zur Staatsreligion zu machen.
Grundsätzlich kann, insbesondere wegen des fehlenden Registrierungswesens, örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegend begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten" können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden.
Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land mit staatlichen Repressionen zu rechnen hätten. Außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise (z. B. Verhaftung) von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylwerbern sind bisher nicht bekannt geworden. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln ist zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben, es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.
2.1. Die Feststellungen zum Fehlen einer individuellen Bedrohungssituation des Beschwerdeführers gründen sich auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens, insbesondere die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers. Zunächst verwickelte er sich im Verlauf der Einvernahmen in Widersprüche über den chronologischen Ablauf der Geschehnisse (Ersteinvernahme: Tod des Vaters am 25.2.2003, Vorsprache beim Onkel: "nach einiger Zeit", AS 25 unten; Zweiteinvernahme: Tod des Vaters 1996, Vorsprache beim Onkel in U.: 2002, Verbleib dort bis zu seiner Ausreise 2003", AS 157 oben; Beschwerdeverhandlung: Tod des Vaters 1996 oder 1997, weiterer Verbleib in Lagos: 3 Jahre, Vorsprache beim Onkel in U. nach dem Tod des Vaters: 1998, Rückkehr nach Lagos: 1998, Aufenthaltnahme in U., weil er "keine Beschäftigung" hatte, wobei zu diesem Zeitpunkt der Druck seiner Familie "noch immer sehr hoch" gewesen sei, Seite 3 VN)
Weiters war deutlich erkennbar, dass der Beschwerdeführer seine Bedrohung von einer Einvernahme zur nächsten massiv steigerte:
Während er bei seiner Ersteinvernahme noch angab, sein Onkel habe auf seine Forderung nach dem Erbteil des Vaters geantwortet, der Beschwerdeführer sei "nicht volljährig, um irgendwelche Ansprüche zu stellen" und der Beschwerdeführer wisse nicht, was ihn "dort erwartet. Mein Onkel könnte mir etwas antun. Ich will nicht lange hier bleiben, vielleicht ein Jahr oder so......" (AS 27), führte er in seiner Zweiteinvernahme bereits aus, im Falle der Rückkehr müsse er "sterben, ....dass mein Onkel mich durch Rituale umbringen würde", und weiters, der Onkel " brachte ja auch meinen Vater um, und jetzt auch meine Mutter" (AS 157 Mitte, 159 oben).
Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung den Selbstmord der Mutter einräumte, von der Ermordung seines Vaters durch den Onkel nicht mehr sprach und weiters angab, (selbst) "um den Besitz meines Vaters kämpfen" zu müssen, wobei "diese Menschen stärker" seien, "auch mehr Einfluss" hätten und "sie mich umbringen" würden (Seite 3 unten VN), er "würde dieses Eigentum brauchen, um ein Leben zu haben" (Seite 4 Mitte VN), bleibt bei Würdigung des Gesamtvorbringens als glaubhafter Kern, dass der Beschwerdeführer mit seiner Forderung um Ausfolgung des Erbteiles seines vor längerer Zeit in Lagos verstorbenen Vaters (mangels aktueller Beschäftigung in Lagos und um "ein eigenständiges Leben zu beginnen") an seinen Onkel, den älteren Bruder des Vaters, herantrat, dort mit seiner Forderung aber nicht durchdrang. Eine konkrete Gefahr geht indes nicht vom Onkel, sondern vom Beschwerdeführer selbst aus, und zwar nur dann, wenn er im Heimatort einen Kampf beginnen würde. Eine ernste Bedrohung durch den Onkel ohne weiteres Zutun des Beschwerdeführers ist hingegen unplausibel.
Auch sprechen die Äußerungen des Beschwerdeführers auf die Frage nach dem Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative dafür, dass er sich letztlich aus wirtschaftlichen Gründen außerhalb Nigerias befindet ("Hier ist mein Leben besser als in Nigeria", Seite 4 oben VN), bzw. gelang es dem Beschwerdeführer nicht, plausible Gründe darzulegen, die - im Falle des Zutreffens seines Bedrohungsvorbringens - gegen das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprächen (die Erklärung, "Ich kann noch immer einige meiner Leute treffen. Nigeria ist Nigeria." Seite 4 oben VN, überzeugt nicht).
Insgesamt kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im gesamten Staatgebiet Nigerias bedroht wäre.
2.2. Die Feststellungen zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria stützen sich auf die in der Verhandlung erörterten - vom Asylgerichtshof für unbedenklich und aussagekräftig erachteten - Quellen, nämlich: United States Department of State, Nigeria. Country Report on Human Rights Practices 2007, 11.03.2008; Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Gemäß § 75 Abs. 1 erster und zweiter Satz AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Nach § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe näherer Bestimmungen weiterzuführen.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr.101/2003 sind Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 zu führen.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.
Da der im Berufungsfall zu beurteilende Asylantrag vor dem 30. April 2004 gestellt wurde, wird das gegenständliche Berufungsverfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Hinsichtlich des Abspruches über den subsidiären Schutz wird - wie bereits von der Erstbehörde - § 8 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 angewendet.
3.2. Zu Spruchpunkt I. (Asylgewährung):
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. z.B. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.09.1998, 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (vgl. zur der Asylentscheidung immanenten Prognose z.B. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352).
Abgesehen davon, dass einer Bedrohung wegen eines Erbstreites durch private Dritte an sich die Asylrelevanz fehlte, wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Bestehen der konkreten individuellen Bedrohungssituation durch den Onkel zudem als unplausibel beurteilt. Auch sind im Verfahren keine anderen, konkret den Beschwerdeführer betreffenden, auf Konventionsgründen beruhenden Gefahren in Nigeria hervorgekommen.
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher der Erfolg versagt.
3. 3. Zu Spruchpunkt II. (Ausspruch über den subsidiären Schutz):
Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.
Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.
Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).
Zur Auslegung des § 57 FrG ist im Wesentlichen weiterhin die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die bloße Möglichkeit einer solchen Gefahr in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Zu diesem Punkt wird auf die getroffenen Feststellungen (Punkt III. 1.1.) verwiesen, wonach eine konkrete Bedrohung des Beschwerdeführers nicht festgestellt wurde. Dazu kommt, dass er sich der behaupteten Gefahr durch den Onkel - sollte sie entgegen den getroffenen Feststellungen im Heimatdorf des verstorbenen Vaters tatsächlich bestehen - durch Aufenthaltnahme in einem anderen Teil Nigerias entziehen könnte. Letztlich ist auch nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr auf exzeptionelle Umstände träfe, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortung liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, zumal er an keiner schweren Krankheit leidet und zudem in Nigeria bereits - wenn auch durch Bauarbeiten als Hilfskraft und somit auf niedrigem wirtschaftlichen Niveau - ein Erwerbseinkommen erzielt hat. Dementsprechend liegt insgesamt gesehen keine dem Beschwerdeführer drohende Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG vor.
3. 4. Zu Spruchpunkt III. (Ausspruch über die Ausweisung):
Ist ein Asylantrag abzuweisen und hat die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ergeben, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 AsylG mit der Ausweisung zu verbinden.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 31.07.2008, 265/07, Omoregie; 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 20.06.2008, 2008/01/0060; 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219; 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423;
Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention², 194;
Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005³, S. 282ff).
Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria angesichts seines mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich an sich einen Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellt. Denn selbst bei Bejahung dieser Frage führte eine Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens (vgl. VwGH 08.09.2000, 2000/19/0043), aber auch der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie die Verhinderung von strafbaren Handlungen zu dem Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen überwiegen und dass dieser Eingriff in das Grundrecht notwendig und verhältnismäßig ist: Der Beschwerdeführer lebte bis 2003 in Nigeria, reiste illegal in Österreich ein und stützte seinen Aufenthalt von Anfang an ausschließlich auf den vorliegenden - missbräuchlichen - Asylantrag. Dem Beschwerdeführer musste daher sein bloß vorläufiger Aufenthaltsstatus klar gewesen sein. Dazu kommt, dass er in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes in Österreich wiederholt straffällig wurde und auch nicht zu erkennen ist, dass in Ansehung des Beschwerdeführers - mit Ausnahme der Mithilfe bei der Ausbildung von "Sicherheitshunden" bei zwei "österreichischen Männern" - in Österreich besondere integrationsbegründende Umstände vorlägen. Die von der Erstbehörde ausgesprochene Ausweisung als solche begegnet daher auch zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt keinen Bedenken. Der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war allerdings der seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2005, Zahl 2005/20/0108, ständigen Rechtsprechung folgend im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG dahin abzuändern, dass die Ausweisung zielstaatsbezogen ausgesprochen wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Es ergeht der Hinweis, dass gegen dieses Erkenntnis innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden kann. Diese muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Bei Einbringung einer solchen Beschwerde ist eine Gebühr von EUR 220 zu entrichten.
An ordinary remedy is not admissable against this recognition under the applicable law. It is possible to file an appeal against this recognition within six weeks after receipt at the Constitutional Court. Appeals should be signed by an attorney. A fee of EUR 220 is required when submitting such an appeal.
Asylgerichtshof
Abteilung A9, 10.11.2008
Dr. SCHNIZER-BLASCHKA
F.d.R.d.A.: