TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/10 E4 401799-1/2008

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Veröffentlicht am 10.11.2008
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Spruch

E4 401799-1/2008-6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Margit GABRIEL als Vorsitzende und die Richterin Dr. Barbara HERZOG-LIEBMINGER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. SOVKA über die Beschwerde des A.M., geb. 00.00.1992, StA. unbekannt, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Baden - Jugendwohlfahrtsträger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.09.2008, FZ. 08 02.038-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt II. und III. zu lauten haben:

 

II. Gemäß § 8 Absatz 1 und Abs. 6 AsylG wird A.M. der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt.

 

III. Gemäß § 10 Absatz 1 Z 2 AsylG wird A.M. aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer (im Weiteren kurz "BF" genannt) brachte am 27.02.2008 beim Bundesasylamt, EAST-Ost, einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Im Zuge seiner Erstbefragung durch die Polizeiinspektion Traiskirchen EAST Ost am 27.02.2008 gab er an, die Personalien A.M., geb. am 00.00.1995 in Israel, zu führen. Sein Vater sei im Jahre 2000 verstorben. Als Heimatanschrift nannte er "XY". Er habe dieses Gebiet etwa zwei Wochen zuvor legal per PKW und in Besitz eines Reisepasses verlassen. Der Reisepass befinde sich nunmehr bei einem Schlepper in der Türkei. Identitätsnachweis legte er keinen vor. Von Gaza habe die Flucht über Ägypten nach Libyen zu seinem Onkel A.N. geführt. Mit diesem sei er in die Türkei geflogen und an einen LKW-Fahrer übergeben worden. Die Reisekosten hätten ¿ 1000,-- betragen. Befragt weshalb er ausgereist sei, sagte der BF, "wegen des Krieges".

 

2. Am 03.03.2008 erfolgte eine Ersteinvernahme durch die Erstaufnahmestelle-Ost des Bundesasylamtes in arabischer Sprache.

 

Der Beschwerdeführer gab im Zuge dessen an, dass seine im Rahmen der Erstbefragung getätigten Aussagen richtig, vollständig und wahrheitsgetreu gewesen seien. Sein Alter wisse er von seiner Mutter. Befragt, ob er nochmals den Fluchtweg schildern könne, gab der BF an, dass er vor ca. einer Woche mit einem PKW von Gaza nach Libyen gefahren sei. Dort sei er einen Tag geblieben und dann in die Türkei, genauer nach Istanbul, geflogen. Sein Onkel habe ihn begleitet. Nach zwei Tagen Aufenthalt in Istanbul sei er mit einem LKW nach Wien gefahren. Sein Onkel sei in Istanbul geblieben. Er wiederholte einen Reispass besessen, ihn aber bei seinem Onkel in Istanbul vergessen zu haben. Nach einer Erinnerung an die Wahrheitspflicht und einer 15-minütigen Unterbrechung der Einvernahme zwecks Unterredung des BF mit seinem gesetzlichen Vertreter, berichtigte der BF seine Aussage dahingehend, dass ihn nicht sein Onkel, sondern ein Schlepper begleitet habe. Das Geld für die Reise habe er von seiner Mutter erhalten. Einen gültigen Reisepass habe er nicht besessen, vielmehr sei er mit einem gefälschten Dokument geflüchtet. Es habe mehrere Kontrollen gegeben. Er habe sein Heimatland verlassen, weil es dort kein Leben gebe. Es sei dort Krieg und alle Leute seien geflüchtet. Es habe keine Vorfälle gegeben, in denen er selbst involviert gewesen sei. Es sei dort allgemein Kriegszustand und darunter habe auch er gelitten bzw. Angst verspürt. Befragt welche Probleme ihn bei der Rückkehr erwarten würden, erklärte der BF: "Leute sterben jeden Tag. Ich will nicht zurück." Auf die Frage, ob er sonst noch etwas sagen möchte, antwortete der BF, "Es gibt kein Dokument, welches beweisen könnte, dass ich Palästinenser bin. Aber ich Palästinenser."

 

3. In einem E-Mail vom 17.04.2008 wird das BAA-Erstaufnahmestelle Ost durch die Bezirkshauptmannschaft Baden darüber informiert, dass der BF gegenüber dem Leiter der Betreuungsstelle am 16.04.2008 bekanntgab, 16 Jahre alt zu sein. Hinsichtlich Tag und Monat seiner Geburt konnte der BF keine Angaben machen.

 

4. Laut Abschlussbericht der Polizeiinspektion M. zu GZ: B6/18231/2008 vom 00.04.2008 ist der BF verdächtig, aber nicht geständig, eine Körperverletzung begangen zu haben. Am 12.04.2008 um 14.00 Uhr habe er M.M. in der Diakonie mit der Faust geschlagen und mit dem Fuß getreten. Dadurch habe M.M. Verletzungen an der Schulter und am Knöchel erlitten.

 

5. Am 05.06.2008 erfolgte eine zweite Einvernahme durch die Erstaufnahmestelle Ost des Bundesasylamtes in arabischer Sprache.

 

Seine bisherigen Angaben würden der Wahrheit entsprechen. Er sei am 00.00.1995 in Gaza in Palästina geboren und 13 Jahre alt.

 

Auf Vorhalt, in der Vollmacht der Bezirkshauptmannschaft Baden werde sein Geburtsdatum auch mit 00.00.1992 angeführt. Wie er sich dies erkläre und, ob er gegenüber dieser Behörde einmal ausgeführt habe 1992 geboren zu sein, gab der BF an, "Nein. Ich habe nirgends angegeben, dass ich 1992 geboren bin."

 

Er habe seit seiner Geburt in der Stadt Gaza an der Adresse: XC gelebt. Das letzte Mal habe er sich vor vier Monaten an dieser Adresse aufgehalten. Das genaue Datum wisse er nicht, es sei im Februar 2008 gewesen.

 

Weiters gab er bekannt, dass sein Vater A.A. vor zwei Jahren verstorben sei. In welchem Jahr wisse er nicht. Es sei bei einem Autounfall gewesen. Seine Mutter heiße A.F. und wohne in der Stadt Gaza.

 

Auf Vorhalt bei der Erstbefragung angegeben zu haben, dass sein Vater im Jahr 2000 verstorben wäre, antwortete der BF, "Richtig ist, dass mein Vater 2000 verstorben ist und nicht erst vor zwei Jahren."

Es habe sich um eine Verwechslung zwischen 2000 und vor 2 Jahren gehandelt.

 

Er lebe an der Adresse seiner Mutter, sei Palästinenser und Moslem, nämlich Wahabite.

 

Zunächst erklärte der BF wieder keinen Reisepass zu besitzen, dann änderte er seine Angaben dahingehend, doch einen Reisepass besessen zu haben. Dieser sei von ihm in der Türkei zurückgelassen worden. Es sei ein palästinensischer Reisepass gewesen. Die Außenseite sei blau gewesen. Wie der Reisepass im Inneren bzw. verwendete Schrift ausgesehen habe, habe er vergessen. Dieses Dokument sei in Gaza ausgestellt worden, allerdings habe er den Namen der Behörde vergessen. Er sei nie im Besitz eines Personalausweises gewesen und könne keine mit einem Lichtbild versehenen Dokumente vorweisen, die beweisen würden, dass er Palästinenser sei.

 

Er sei von der Stadt Gaza über Ägypten und Libyen in die Türkei gereist. Zunächst sei er gemeinsam mit seinem Onkel in einem Privatfahrzeug nach Ägypten gefahren. Sein Onkel habe alles weitere geregelt. Er könne nicht sagen durch welche Städte oder Ortschaften die Reise geführt habe. Sein Onkel habe den Weg gekannt. Per Flugzeug und mit eigenem Reisepass sei es dann von Libyen in die Türkei weitergegangen. Er habe Palästina ohne Reisepass verlassen und nie einen palästinensischen Reisepass besessen. In die Türkei sei er mit einem libyschen Reisepass gelangt.

 

Mit dem Vorhalt konfrontiert zuvor davon gesprochen zu haben, einen palästinensischen Reispass besessen zu haben, gab der BF als Antwort, "Ich habe geglaubt ich solle nur einen palästinensischen Reisepass zeichnen, d.h. aber nicht, dass ich einen besessen habe."

Auf nochmaligen Vorhalt und der Frage welchen Reisepass er gehabt habe, erklärte der BF, "Einen palästinensischen." Der Pass sei in Gaza von einer Behörde ausgestellt worden, deren Name er vergessen habe.

 

Die Reise von Gaza nach Österreich sei von seinem Onkel A.N. finanziert worden.

 

Nochmals nach seinen Grund befragt, weshalb er die Stadt Gaza und Palästina verlassen habe, meinte der BF, " Krieg". Auf die Frage, wer gegen wen kämpfe, sagte der BF, "Gegenseitig". Befragt, wer die gegnerischen Seiten seien, antwortete der BF, "die Regierung". Auf Nachfrage, wer die anderen seien, lachte der BF und erklärte, "Alle kämpfen. Amerika und Palästina."

 

Zurzeit gebe es in Gaza keine amerikanischen Truppen, aber vor vier Monaten seien in der Stadt Gaza amerikanische Truppen gewesen. Vor 4 Monaten habe man die Grenzen geöffnet. Wehalb es jetzt keine amerikanischen Truppen in Gaza gebe, wisse er nicht, weil er nicht dort sei. Die Amerikaner seien dort gewesen, um zu kämpfen. Er selbst sei nicht in diesen Krieg involviert gewesen, sondern habe den Kranken geholfen. Der Anlass für das Verlassen der Stadt Gaza sei der Krieg gewesen, jeden Tag würden Leute sterben. Konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlungen habe es keine gegeben, alle seien dort in Gefahr und auf der Flucht.

 

Befragt in welchem Stadtteil in Gaza seine Wohnanschrift: XY gelegen sei, antwortete er, "Im westlichen Teil der Stadt Gaza". Diese Anschrift liege in einem Flüchtlingslager. Das Haus gebe es nicht mehr, da es zerstört worden sei.

 

Nachdem der BF zuvor angab, dass sein Wohnhaus in einem Flüchtlingslager gewesen sei, korrigierte er diese Angaben dahingehend, dass diese Gegend doch kein Flüchtlingslager gewesen sei. Das Wohnhaus befinde sich im Stadtteil 00 der Stadt Gaza.

 

In der Folge wurden dem BF verschiedene Fragen zu seinem behaupteten Herkunftsgebiet gestellt, etwa welche Stadtteile der Stadt Gaza ihm bekannt seien, wie das Gebiet bezeichnet werde, in dem die Stadt Gaza liege, aus welchen Teilen Palästina bestehe, welche in Palästina gelegenen Städte dem BF bekannt seien, welche Städte lägen in der Nähe der Stadt Gaza, wie weit entfernt von der Stadt Gaza liege Ramallah, ob es in der Nähe der Stadt Gaza große Gewässer gebe, wie weit die Stadt Gaza vom Meer entfernt liege, was die Begriffe Rafah, Fatah und Hamas bedeuten, wer in der Stadt Gaza "stärker" sei (Fatah oder Hamas), wer religiöser sei (Fatah oder Hamas), wie die Namen der Flüchtlingslager lauten würden, die sich in dem Gebiet befinden, in dem auch die Stadt Gaza liege, welche Staaten das Gebiet begrenzen, in dem die Stadt Gaza liege, wie weit Israel, von dem Gebiet entfernt sei, in dem die Stadt Gaza liege, wie der Name jener palästinensischen Stadt laute, die direkt an der Grenze zu Ägypten liege, wie die Landesfahne Palästinas aussehe, wie die Namen des derzeitigen bzw. der früheren palästinensischen Staatsoberhäupter lauten, von welcher Partei Mahmoud ABBAS sei, welche Währung in der Stadt Gaza in Verwendung sei, welche die bekannteste humanitäre Hilfsorganisation für die Palästinenser sei, was die Begriffe Jabalia oder Khan Younis bedeuten, wie weit die Stadt Khan Younis von der Stadt Gaza entfernt liege, ob Khan Younis nördlich, westlich, südlich oder östlich von Gaza liege, was die Begriff UNRWA, Erez oder Beit Hanoun bedeuten.

 

Der BF war nur in geringen Maße in der Lage, die oben angeführten Fragen zutreffend oder schlüssig zu beantworten, zum Großteil waren seine Erklärungen unzureichend bzw. gab er auf die Fragen als Antwort "ich weiß es nicht". Auf den Vorhalt der erstinstanzlichen Behörde, dass er zwar im Einzelnen Allgemeinwissen über Palästina, aber keinesfalls Detailwissen habe und das BAA daher angesichts dessen annehme, dass er keinesfalls Palästinenser aus Gaza sei, lächelte der BF und antwortete, "Ich bin Palästinenser".

 

6. Laut Meldung des Bundeskriminalamtes Wien (GZ: B5/283733/2008) vom 00.00.2008 wurde der BF auf frischer Tat bei Begehung eines (versuchten) gewerbsmäßigen Betruges betreten. Er habe im Zuge eines vermeintlichen Suchtgiftverkaufs als Schmierer fungiert und bei seiner Anhaltung eine Kugel mit eingeschweißter Serviette bei sich gehabt, welche zum Weiterverkauf bestimmt gewesen sei.

 

7. Mit Bescheid vom 16.09.2008 wurde in Spruchpunkt I der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. In Spruchpunkt II wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf dessen Herkunftsstaat Israel gem. § 8 Abs.1 und Abs. 6 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. In Spruchpunkt III wurde der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Diese Entscheidung wurde dem gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 22.09.2008 zugestellt.

 

Nach der einleitenden Wiedergabe der Einvernahmen des Beschwerdeführers kam die erkennende Behörde im Rahmen ihrer Entscheidungsgründe zur Feststellung, dass der Antragsteller Angehöriger der arabischen Volksgruppe sei. Seine Identität stehe nicht mit der im Asylverfahren erforderlichen Verlässlichkeit fest.

 

Hinsichtlich der Ausführungen betreffend des behaupteten Herkunftsstaates (der behauptete Herkunftsort sei die Stadt Gaza), der behaupteten palästinensischen Abstammung und den damit in Zusammenhang stehenden Fluchtgründen werde dem BF jede Glaubwürdigkeit abgesprochen.

 

Weiters konnten seitens des Bundesasylamtes keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF Gefahr liefe, im Fall einer Rückkehr nach Israel einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Schließlich habe mit der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kein unzulässiger Eingriff in das Privat- oder Familienleben festgestellt werden können.

 

Im Rahmen ihrer Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Einzelnen aus, wie sie zu den Feststellungen betreffend die Person, die Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates, die Situation im Fall der Rückkehr bzw. das Privat und Familienleben des BF gelangte.

 

Der BF sei unglaubwürdig, speziell habe er das BAA über seine wahre Identität und Herkunft zu täuschen versucht. Dies werde anhand der niederschriftlichen Einvernahmen bzw. der dort erfolgten "absolut unrichtigen und unzureichenden Antworten" des BF auf die (oben wiedergegebenen) Fragen des Organwalters betreffend Gaza und dessen Umgebung belegt. Insgesamt sei festzustellen gewesen, dass dieser über "nicht einmal ansatzweise hinreichendes Detailwissen" über seinen angeblichen Herkunftsstaat verfüge.

 

Trotz behaupteter palästinensischer Abstammung habe der BF auch "nicht einmal ansatzweise gewusst", was der Begriff "UNRWA" bedeute bzw. welche humanitäre Organisation den Palästinensern helfe. Weiters seien die Beschreibung der palästinensischen Flagge bzw. die Angaben bezüglich des palästinensischen Reisespasses unzutreffend gewesen. Für den BF sei es schließlich nicht möglich gewesen, den Namen des aktuellen palästinensischen Staatsoberhauptes zu nennen.

 

Die Behörde gehe daher wegen der Unkenntnis betreffend der angeblichen engeren Heimat bzw. zur palästinensischen Abstammung davon aus, dass der BF weder palästinensischer Abstammung sei, noch aus Israel bzw. der Stadt Gaza stamme.

 

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die erstinstanzliche Behörde aus, dass der BF nicht im Geringsten in der Lage gewesen sei, den von ihm behaupteten Herkunftsstaat Israel und somit die damit im Zusammenhang stehenden Fluchtgründe glaubhaft zu machen. Der Asylantrag entbehre eindeutig jeder Grundlage und sei daher abzuweisen.

 

Im Zuge ihrer rechtlichen Schlussfolgerungen stellte die belangte Behörde fest, angesichts der Unglaubwürdigkeit der Person des BF, könne diesem keine Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention drohen, sodass auch nicht vom Bestehen einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgegangen werden könne. In diesem Zusammenhang verweist das BAA auf das Erkenntnis des VwGH vom 18.02.1999, Zahl 98/20/0291-6, wonach gem. § 8 AsylG keine Feststellung in Bezug auf einen unbekannten "tatsächlichen" Herkunftsstaat, sondern nur eine solche in Bezug auf denjenigen Staat zu treffen sei, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft aufgrund des Antrages zu prüfen sei.

 

Von Seiten der belangten Behörde seien die Ausführungen des BF - aus Israel bzw. der Stadt Gaza zu stammen - als unglaubwürdig gewertet worden. Daher habe der Herkunftsstaat des Antragstellers nicht festgestellt werden können und demnach sei gemäß § 8 Abs. 6 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen gewesen.

 

Zu Spruchpunkt III wurde auf fehlende Eingriffe in Art. 8 EMRK im Zuge der Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet verwiesen, weshalb diese rechtskonform sei. Selbst bei einem möglichen Eingriff in das Privat- und Familienleben würden im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung die öffentlichen Interessen die Interessen des BF überwiegen und die Ausweisung daher zulässig sein.

 

8. Mit Schriftsatz vom 30.09.2008 erhob der Beschwerdeführer durch seinen gesetzlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde gegen sämtliche Spruchpunkte.

 

Unter anderem wurde angemerkt, dass sich zu Israel keine Feststellungen im Bescheid fänden. Weiters sei es auf Grund der derzeitigen Abwesenheit des BF für die Jugendwohlfahrt nicht möglich gewesen von diesem eine Stellungnahme einzuholen. Von Seiten des gesetzlichen Vertreters wird weiters ausgeführt, dass bei Durchführung einer Sprachanalyse und dem anschließenden Vorhalt des Ergebnisses der Herkunftsstaat des BF eruierbar gewesen wäre, was in Folge eine Beurteilung der Gefährdung des Minderjährigen bei einer allfälligen Rückführung ermöglicht hätte. Es sei nicht auszuschließen, dass dem BF der Grund seiner Flucht nicht mehr bekannt sei bzw. er diesen entwicklungsbedingt nicht angeben könne. Jede Außerlandesschaffung des BF würde einer reale Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK bedeuten, weil der BF ohne gesicherte verlässliche Anknüpfungspunkte im jeweiligen Land in eine auswegslose lebensbedrohliche Lage gebracht werden würde. Bereits allein die Minderjährigkeit sei in der Lage die geforderten "außergewöhnlichen exzeptionellen Umstände" zu erfüllen. Überhaupt sei der Aspekt der Minderjährigkeit nicht ausreichend berücksichtigt worden bzw. das Interesse des Kindeswohls nicht vorrangig behandelt worden. In diesem Zusammenhang sei auch auf die UN-Kinderrechtskonvention und das 90-seitige UNICEF-Rechtsgutachten "Kinderrechte sind einklagbar - Missachtung des Kindeswohls verstößt gegen Völkerrecht" vom Düsseldorfer Völkerrechtsprofessor Alexander Lorz hinzuweisen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dem BAA, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

 

Nach Ansicht des Asylgerichtshofes hat das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, sein ausreisekausales Vorbringen glaubhaft zu machen, da dieses in wesentlichen Punkten widersprüchlich bzw. nicht plausibel war.

 

Die belangte Behörde hat insbesondere schlüssig dargelegt, weshalb der Beschwerdeführer die Behauptung, sein "Herkunftsstaat" bzw. der "Staat" seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts seien die palästinensischen Autonomiegebiete, nicht glaubhaft machen konnte, und aus welchen Gründen sie auch zur Feststellung gelangte, der BF habe versucht sie über seine wahre Identität und Herkunft zu täuschen.

 

Ergänzend - zu den Ausführungen des BAA - sind folgende weitere Widersprüche in den Aussagen des BF zu nennen. Bei der zweiten Einvernahme am 05.06.2008 vor der Erstaufnahmestelle Ost gab der BF an, dass sein Vater vor zwei Jahren bei einem Autounfall getötet worden sei (AS 93). Auf Vorhalt, bei der Erstbefragung am 27.02.2008 vor der PI Traiskirchen angegeben zu haben, dass sein Vater im Jahr 2000 verstorben sei (AS 5), antwortete der BF: "Richtig ist, dass mein Vater 2000 verstorben ist und nicht vor 2 Jahren." Es habe sich um eine Verwechslung von 2000 und vor 2 Jahren gehandelt (AS 95). Eine weitere Ungereimtheit ist darin zu erblicken, dass der BF zunächst davon sprach, dass seine Mutter die Reise finanziert habe (S 29). Später bei der zweiten Einvernahme sprach der BF aber von seinem Onkel als Finanzierer der Flucht (AS 99). Auch im Hinblick auf den Reispass des BF wurden von diesem widersprüchliche und sich laufend ändernde Aussagen getätigt. So erklärte er in der zweiten Einvernahme, einen palästinensischen Reisepass besessen zu haben. Dann änderte der BF seine Aussage und sprach von einem libyschen Pass, um wenig später wieder von einem palästinensischen Reisepass zu sprechen (AS 97 und 99).

 

Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des BF ist abschließend auch darauf hinzuweisen, dass selbst der gesetzliche Vertreter des BF Bedenken äußerte, auf die Angaben des BF hinsichtlich seiner Herkunft und seines Alters zu vertrauen. In der Beschwerde wird davon gesprochen, dass beim zuständigen Bearbeiter bereits beim Erstgespräch mit dem BF Zweifel über dessen Herkunft und Alter auftraten. Auch später gab es weitere Hinweise, dass der BF "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" nicht aus Palästina, sondern einem der Maghreb-Staaten stamme (AS 277).

 

Die seitens des Bundesasylamtes vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert.

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Dass die belangte Behörde trotz ihrer Feststellungen zum (unbekannten) Herkunftsstaat des BF länderkundliche Feststellungen zu den palästinensischen Autonomiegebieten traf, erweist sich als nicht nachvollziehbar. Dies wäre nicht nötig gewesen, dem BF gereichte es aber in keinster Weise zum Nachteil. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in der Beschwerde ausgeführt wurde, dass sich keine Länderfeststellungen zu Israel im Bescheid befänden. Derartige Feststellungen sind genauso wenig notwendig, wie Feststellungen zu den palästinensischen Autonomiegebieten. Dies ist nur eine logische Konsequenz aus der Tatsache, dass weder ein Herkunftsstaat noch ein Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthalts festgestellt werden konnte.

 

Soweit die Jugendwohlfahrt der Bezirkshauptmannschaft Baden darauf verweist, dass der BF keine Stellungnahme abgeben konnte, weil es ihr nicht möglich war, dem BF den erstinstanzlichen Bescheid zukommen zu lassen, ist dies für den Asylgerichtshof kein Hindernis zu einer Entscheidung zu gelangen. Die Jugendwohlfahrt hat als gesetzlicher Vertreter eine umfassende Vertretungsbefugnis und kann dementsprechend im Namen des BF auftreten und alle für den BF notwendigen Handlungen setzen.

 

In der Beschwerde wurde moniert, dass das BAA eine Sprachanalyse durchführen und dem BF das Ergebnis vorhalten hätte müssen, um eventuell das Herkunftsland des BF zu eruieren. Hierbei ist aber auf die Mitwirkungspflicht des BF zu verweisen. Dieser hatte im Laufe des Verfahrens mehrfach die Gelegenheit sein Herkunftsland bekanntzugeben, er blieb jedoch bei seiner Aussage, aus den palästinensischen Autonomiegebieten zu stammen.

 

Dem Hinweis des gesetzlichen Vertreters, wonach nicht auszuschließen sei, dass dem BF der Fluchtgrund nicht bekannt sei bzw. er diesen entwicklungsbedingt noch nicht angeben könne, ist folgendermaßen zu begegnen. Auch hier ist wieder auf die Mitwirkungspflicht des BF zu verweisen. Einer Person im Alter von zumindest dreizehn Jahren ist es sicherlich möglich, die Gründe seiner Flucht zu nennen. Eine gegenteilige Annahme widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen vollständig und umfassend zu ermitteln, sich nur auf solche asylrechtlich relevanten Umstände bezieht, die vom Asylwerber auch vorgetragen werden. Die Aussage des Asylwerbers ist das zentrale Bescheinigungsmittel und Ausgangspunkt für die die Behörde treffende Ermittlungspflicht. Finden sich in den Aussagen eines Asylwerbers keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Asylgrundes, so bedarf es in der Regel keiner weitergehenden amtswegigen Ermittlungen. Es besteht keine Verpflichtung der Behörde, Asylgründe zu ermitteln, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat (vgl. hg Erkenntnis vom 21. November 1995, Zl. 95/20/0329, mwN). (VwGH 23. 1. 1997, 95/20/0303, 95/20/0304; vgl. auch VwGH 2. 3. 1988, 86/01/0187; B 30. 11. 2000, 2000/20/0445)

 

Soweit im Beschwerdeschriftsatz auf die UN-Kinderrechtskonvention und das Rechtsgutachten "Kinderechte sind einklagbar - Missachtung des Kindeswohls verstößt gegen Völkerrecht" verwiesen wird, ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die UN-Kinderrechtskonvention in Österreich unter Erfüllungsvorbehalt steht. Dieser schließt eine direkte Anwendbarkeit durch Gerichte oder Behörden aus. Trotzdem haben alle Gesetze wegen des Grundsatzes der völkerrechtskonformen Interpretation der UN-Kinderrechtskonvention zu entsprechen. Dabei ist aber zu beachten, dass die Konvention keinem Fremden - auch nicht einem Kind - ein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat garantieren könne. Andernfalls würde dies zur Umgehung der Einwanderungsregeln führen.

 

Soweit in der Beschwerde moniert wird, dass jede Außerlandesschaffung des BF eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder Art. 3 EMRK bedeuten würde, ist anzumerken, dass im konkreten Fall eine entsprechende Überprüfung durch den Asylgerichtshof überhaupt nicht vorgenommen werden kann, da es an einem überprüfbaren Zielstaat fehlt. Die Überprüfung der Rechtskonformität der allfälligen Durchsetzung dieser Entscheidung ist vielmehr Aufgabe der fremdenpolizeilichen Behörden.

 

Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. z.B. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

2. Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Zu Spruchpunkt I.:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

 

Zutreffend führte die belangte Behörde aus bzw. ist auch aus Sicht des Asylgerichtshofs festzustellen, dass es dem BF nicht möglich war seinen Herkunftsstaat bzw. das Land seines gewöhnlichen Aufenthaltes und somit die mit diesem in Zusammenhang stehenden Fluchtgründe glaubhaft zu machen. In rechtlicher Hinsicht ist lediglich der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, das sich im allgemeinen Verweis auf die Lage der Palästinenser in Israel bzw. eine behauptete Kriegslage im Herkunftsland erschöpfte, jedenfalls kein Indiz für eine zu befürchtende Verfolgungsgefahr in seinem Herkunftsstaat aus den in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK genannten Gründen liefern konnte. Insbesondere fehlte seinem Vorbringen damit ein Anknüpfungspunkt an eine seiner Person aus individuellen Gründen drohende Verfolgungsgefahr, die über die alle Bewohner im Herkunftsland treffende allgemeine Lage hinausgeht.

 

Zu Spruchpunkt II:

 

Im Hinblick auf die Frage, ob dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre, da er im Falle seiner Abschiebung in den Herkunftsstaat eventuell der realen Gefahr einer Rechtsverletzung iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt wäre, verwies die belangte Behörde zutreffend auf § 8 Abs. 6 AsylG.

 

Wie Satz 1 leg cit ausdrücklich besagt, ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten - ohne Prüfung weiterer Voraussetzungen - abzuweisen, wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann.

 

Diesfalls ist eine Ausweisung aus dem Bundesgebiet zu verfügen, wenn diese gemäß § 10 Abs. 2 nicht unzulässig ist (§ 8 Abs. 6 Satz 2 AsylG).

 

Diese Bestimmung soll nach den EB zur RV dann zur Anwendung kommen, wenn Asylwerber einen offensichtlich falschen Herkunftsstaat angeben und ihren tatsächlichen Herkunftsstaat verschleiern. Es soll verhindert werden, dass Asylwerber durch falsche Behauptungen über die Staatsangehörigkeit einen Vorteil gegenüber jenen Asylwerbern erlangen, die den Herkunftsstaat wahrheitsgemäß angeben.

 

In Anwendung dieser hier einschlägigen Bestimmung war somit auch der Antrag auf Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt III:

 

In Anwendung des § 8 Abs. 6 Satz 2 ASylG war die Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet zu verfügen, zumal sich im Verfahren keine dem entgegenstehenden Umstände ergeben haben. Weder kommt dem BF gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 AsylG ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu, noch ist gemäß Z. 2 dieser Bestimmung eine Verletzung der durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers durch seine Ausweisung erkennbar.

 

Wie den Erläuterungen in der Regierungsvorlage zum AsylG 2005 in diesem Punkt auch zu entnehmen ist, sollte ein Asylwerber, der die Behörde über seinen wahren Herkunftsstaat im Unklaren lässt, einem anderen, der diesbezüglich wahre Angaben macht, nicht besser gestellt werden. In diesem Sinne war eine (asylrechtliche) Ausweisungsentscheidung (auch) ohne "Zielstaatsbezogenheit" derselben zu treffen, und obliegt die Prüfung der weiteren Rechtskonformität der allfälligen Durchsetzung dieser Entscheidung - bei faktischer Durchführbarkeit - wohl den zuständigen fremdenpolizeilichen Behörden.

 

Im Hinblick auf die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zum § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF Novelle 2003, der zufolge sich die asylbehördliche Ausweisung stets auf den (behaupteten) Herkunftsstaat zu beziehen hat, auf den sich auch die zuvor durchgeführte Refoulmentprüfung iSd § 8 Abs. 1 AsylG bezog, weshalb diese Ausweisungsentscheidung zielstaatsbezogen, auf den behaupteten Herkunftsstaat gerichtet, zu erfolgen hat, ist festzuhalten, dass der (neue) § 8 Abs. 6 AsylG 2005 offenbar eine lex specialis schuf, welche eine Refoulment-Entscheidung

 

bereits auf der Grundlage der fehlenden Feststellbarkeit des Herkunftsstaates mangels Mitwirkung des Antragstellers vorsieht, weshalb konsequenter Weise auch die daran anschließende Ausweisungsentscheidung ohne Ziel- bzw. Herkunftsstaatsbezug auskommen muss.

 

Die erstinstanzliche Entscheidung begegnete somit in keinem ihrer Spruchpunkte wesentlichen Bedenken seitens des Asylgerichtshofes. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

III. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen der mündlichen Verhandlung auf die 1. Fallvariante gestützt werden. Der Sachverhalt konnte aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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