S13 402.347-1-/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde des A.A., geb. 00.00.1991, StA.
Marokko, gesetzlich vertreten durch RB Mag. Ölsböck, p.A.:
Erstaufnahmestelle Ost, Otto Glöckel Straße 24, 2514 Traiskirchen, gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 23.10.2008, FZ. 08 06.460, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 AsylG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt, Verfahrensgang und Beschwerde:
1. Der Sachverhalt, soweit er sich aus dem Akt des Bundesasylamts und dort insbesondere aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren ergibt, sowie das Verfahren vor dem Bundesasylamt stellen sich für den Asylgerichtshof wie folgt dar:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Marokkos, reiste nach Österreich ein und stellte am 23.07.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Abfrage und eine darauf erfolgte, von den italienischen Behörden am beantwortete Anfrage ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am 08.07. oder spätestens am 19.07.2007 in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden war und dabei als Geburtsdatum den 00.00.1983 angegeben hatte (AS 19, 31).
In der am 24.07.2008 erfolgten Erstbefragung durch die PI Traiskirchen, EAST, die unter Beteiligung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und in Anwesenheit des Rechtsberaters und gesetzlichen Vertreters, Mag. ÖLSBÖCK, erfolgte, hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er am 00.00.1991 geboren sei (AS 23).
A 29.07.2008 erfolgte nach einer Rechtsberatung eine niederschriftlichen Einvernahme in Anwesenheit des Rechtsberaters und gesetzlichen Vertreters des Beschwerdeführers und unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch. Der Beschwerdeführer wurde im Zuge dieser Einvernahme informiert, dass Konsultation mit Spanien und Italien geführt werden, weshalb die in § 28 Abs. 2 AsylG festgelegte Entscheidungsfrist von 20 Tagen für sein Verfahren nicht mehr gelte. In Bezug auf das Alter des Beschwerdeführers hat er seine Angabe, er sei am 00.00.1991 geboren, wiederholt. Der Beschwerdeführer hat weiters ausgesagt, dass er Dokumente, die sein Alter hätten beweisen können, verloren habe. Seinen marokkanischen Personalausweis habe er auf der Flucht weggeworfen. Auf die Ankündigung, er werde eine Ladung zu einer ärztlichen Untersuchung betreffend sein Alter erhalten, hat der Beschwerdeführer ausgesagt, er werde dort rechtfertigen, dass er älter als 17 Jahre aussehe (AS 37).
Mit Schreiben vom 04.08.2008, vom Beschwerdeführer (ohne Gegenzeichnung durch seinen gesetzlichen Vertreter) am 07.08.2008 übernommener Verfahrensanordnung wurde ihm schriftlich gemäß § 28 Abs.2 AsylG mitgeteilt, dass seit dem 30.07.2008 Konsultationen mit Spanien und Italien gemäß der der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (im Folgenden: Dublin II-VO) geführt werden (AS 81).
Der Beschwerdeführer wurde einer Untersuchung in Bezug auf sein Alter unterzogen, die durch Dr. A.K.K. (Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Kinder und Jugendheilkunde, Facharzt für Pädriatische Intensivmedizin und Allg. beeideter gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Diplom für Ernährungsmedizin und Ganzheitsmedizin, Diplomierter Sportarzt, EEG Diplom) durchgeführt wurde.
Der mit 11.08.2008 datierte und Bericht von Dr. K. lautet (vollständige Wiedergabe):
"Betrifft: Gutachten bezüglich der Alterangabe des Herrn A.A., St.A.: Marokko
Prot. Nr. AS 878
Anwesend bei der Untersuchung: Herr F.M. (Dolmetscher, den zu Untersuchenden über den Untersuchungsvorgang aufklärt und die Befragung durch den Sachverständigen übersetzt)
Sachverständigengutachten
Vorstellig wird Herr A.A. in Anwesenheit des oben genannten Dolmetschers. Bei der Untersuchung findet eine 172 cm große, 66,0 kg schwere, männliche Person mit kaffeebrauner Hautcolorit. Der Kopfumfang beträgt 56 cm.
Haupthaar: Haar schwarz, kurz
Behaarung: Brust und Bauch stark behaart, Unterarme und untere Extremitäten starke männliche Körperbehaarung, männlicher Bartwuchs
Zähne: 32 inklusive Weisheitszähne
Nägel: rosig
Sonographie der Nieren: Rechte Niere: Länge 12,48 cm, Volumen 152,2 cm³, linke Niere: Länge 9,97 cm, Volumen 151,6 cm³.
Sonographie der Schilddrüse: Volumen 17,5 cm³
Zusammenfassung:
Aufgrund der äußeren Inspektion, des äußeren Eindruckes, sowie der somatischen Messgrößen dem Ergebnis der ausführlichen Befragung über den Dolmetscher wird das Alter von Herrn A.A. auf 23-25 Jahre, jedoch deutlich über dem 18. Lebensjahr eingeschätzt. Unterstützt wird diese Befundung durch die sonographischen Messgrößen von Nieren und Schilddrüse, welche sämtlich innerhalb der Erwachsenennorm liegen.
Mit freundlichen Grüßen
(UNTERSCHRIFT und STEMPEL)
MR Dr. A.K.
NB: Dokumentation der Sonographiebilder vorhanden
Dokumentation der Befragung vorhanden." (AS 83)
Dem Schreiben beigelegt ist ein Auszug aus dem Buch "Ultraschalldiagnostik in Pädiatrie und Kinderchirurgie - Lehrbuch und Atlas" von Volker HOFFMANN, Karl-Heinz DEEG und Peter F. HOYER, 3. Auflage. Dieser Auszug enthält u.a. Diagramme betreffend die Nierenlänge im Verhältnis zur Körpergröße, dem Nierenvolumen im Verhältnis zum Körpergewicht sowie des Schilddrüsenvolumens im Verhältnis zum Körpergewicht (AS 87).
Weiters ist diesem Schreiben ein allgemein mit "Juli 2008" datierte und als "Stellungnahme" bezeichnetes, nicht individualisierendes Schreiben von Dr. K. beigefügt, in dem er Angaben zu seiner Person und seiner Berufserfahrung, insbesondere im Bereich der Kinderheilkunde und der Ultraschall-Untersuchungen macht und zu seiner Methode betreffend die Altersfeststellung von Asylwerbern mittels "Begutachtung somatischer Merkmale, Verhaltensbeobachtung und Untermauerung der Ergebnisses mittels Ultraschall von Niere und Schilddrüse" im Wesentlichen angibt, dass die genannten Vermessungen eine "standardisierte Methode" in der Medizin mit festgelegten Mittelwerten und Standardabweichungen" sei. Zu der Durchführung der Altersfeststellung und angewandten Methode zur Gewinnung der des festgestellten Alterskorridors werden darüber hinaus "Begutachtung des Körperbaus und anderer somatischer Merkmale" sowie "Verhaltsbeobachtung zur Bewertung psychologischer und sprachlicher Komponenten mit Hilfe des Dolmetschers ..." angeführt. (AS 93).
Schließlich ist dem Bericht dem Bericht betreffend den Beschwerdeführer ein weiteres, nicht individualisiertes Schreiben von Dr. K. mit unbekannten Datum beigefügt, aus dem sich im Wesentlichen ergibt, dass nach Ansicht des Verfassers die Messgrößen der Ultraschalldiagnostik seit mehr als 10 Jahren zur medizinischen Standardnorm gehören, was sich nach seiner Ansicht aus der von ihm angeführten Literatur aus den Jahren 1985 bis 1996 ergibt (AS 95).
Dem Akt der Verwaltungsinstanz ist schließlich ein gut erkennbares Farbfoto-Porträt des Beschwerdeführers beigefügt (AS 97).
Mit Bescheid vom 23.10.2008, Zl.: 0806.460- EAST-Ost (im Folgenden: angefochtener Bescheid), wies das Bundesasylamt (Erstaufnahmestelle Ost) den Antrag des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück.
Das Bundesasylamt stellt in Spruchpunkt I des Bescheides fest, dass gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO Italien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei.
In Spruchpunkt II wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen wird und dass demzufolge gemäß § 10 Abs. 4 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der minderjährigen Beschwerdeführerin nach Italien zulässig sei.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 03.11.2008 beim Asylgerichtshof ein.
In der Beschwerdeschrift wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Rückführung nach Italien die reale Gefahr entgegenstehe, dass der Beschwerdeführer kein rechtsstaatliches Asylverfahren und keine menschwürdige Grundversorgung zur Verfügung stehen würden.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Anwendbares Recht
Gemäß § 73 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 (im Folgenden: AsylG), ist die geltende Fassung mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten. Es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Das vorliegende Verfahren ist seit 29.07.2008 anhängig; es ist daher nach der geltenden Fassung zu beurteilen.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO) zuständig ist, wobei die dort geregelten Zuständigkeitskriterien nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.
Nach Art. 6 Satz 2 Dublin II-VO ist im Fall unbegleiteter Minderjähriger, die im Staat des Antragstellung keine Familienangehörigen haben, dieser Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Gemäß § 41 Abs. 3 AsylG ist in einem Verfahren über eine Berufung gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Berufung gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Berufung gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Der Gesetzgeber hat einerseits für das Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide in Asylangelegenheiten sehr kurze Fristen vorgesehen (siehe §§ 41 Abs. 2 und 37 Abs. 3 AsylG), andererseits aber den Asylgerichtshof dazu verpflichtet, bei einem "mangelhaften Sachverhalt" der Beschwerde stattzugeben, ohne § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden (vgl. § 41 Abs. 3 AsylG). Das Ermessen, das § 66 Abs. 3 AVG der Berufungsbehörde einräumt, allenfalls selbst zu verhandeln und in der Sache zu entscheiden, besteht somit in einem solchen Verfahren nicht. Aus den Materialien (Erläuterungen zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 66) geht weiters hervor, dass "im Falle von Erhebungsmängeln die Entscheidung zu beheben, das Verfahren zuzulassen und an das Bundesasylamt zur Durchführung eines materiellen Verfahrens zurückzuweisen" ist. Diese Zulassung stehe einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Daraus und aus den erwähnten kurzen Entscheidungsfristen ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Asylgerichtshof im Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide von einer Ermittlungstätigkeit möglichst entlasten wollte.
Die Formulierung des § 41 Abs. 3 AsylG ("wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint"), schließt somit nicht aus, dass eine Stattgabe ganz allgemein in Frage kommt, wenn dem Asylgerichtshof - auf Grund erforderlicher zusätzlicher Erhebungen - eine unverzügliche Erledigung der Beschwerde unmöglich ist.
Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückweisung an das Bundesasylamt
Der angefochtene Bescheid ist gemäß § 41 Abs 3 AsylG zu beheben und an das Bundesasylamt zur weiteren Sachverhaltsermittlung zurückzuweisen.
Im vorliegenden Fall hat das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass der Beschwerdeführer entgegen seinen eigenen Angaben volljährig ist. Dabei stützt sich das Bundesasylamt ausschließlich auf die "augenscheinliche Volljährigkeit" des Beschwerdeführers, die "im Einklang mit dem durch Dr. A.K. erstellten schlüssigen Sachverständigengutachten steht, wonach ... (das Alter des Beschwerdeführers) auf 23 bis 25 Jahre, jedoch deutlich über dem 18. Lebensjahr eingeschätzt wird." Das Bundesasylamt führt weiter aus, dass "(e)ntsprechend der Rechtsprechung des VwGH ... die Untersuchung durch einen
medizinischen Sachverständigen (erfolgte) und ... die fachliche
Eignung des Gutachters (daher) außer Frage (stehe)".
Der Asylgerichtshof ist der Ansicht, dass dem angefochtenen Bescheid keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen im Hinblick auf das Alter (Minderjähriger oder Volljähriger) des Beschwerdeführer zu Grunde liegen und dass das Bundesasylamt dementsprechend vorschnell von der Volljährigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen ist und die Anwendbarkeit des Art. 6 Satz 2 Dublin II-VO (Zuständigkeit Österreichs für Asylanträge alleinstehender Minderjähriger) daher nicht geprüft hat.
Das Bundesasylamt hat sich nämlich, erstens, ohne eine weitere Erklärung auf seinen eigenen Augenschein bezogen.
Die Verwaltungsinstanz hat sich außerdem, zweitens, zu Unrecht auf das "Sachverständigengutachten" von Dr. K. gestützt.
Dieses Gutachten ist nämlich ausgesprochen kursorisch gehalten und besteht im Wesentlichen aus einer der schlichten Auflistung sonographischer Werte und von Teilen der Physis des Beschwerdeführers wie Körpergröße, Gewicht, Kopfumfang und "Hautcolorit", wobei insbesondere letztere für die Bestimmung des Alters wohl kaum von Bedeutung sein kann. Die Auswertung der aufgelisteten Daten erschöpft sich in dem fünfzeiligen Hinweis darauf, dass der Gutachter eine äußere Inspektion vorgenommen hat, und einen "äußeren Eindruck" gewonnen hat, eine "ausführliche Befragung über den Dolmetscher" durchgeführt hat und dies Alles mit den somatischen und sonographischen Messungen zusammengebracht hat. Es finden sich jedoch keinerlei Angaben darüber, in welcher Form die Daten miteinander in Zusammenhang gebracht wurden, welchen Inhalt die Befragung gehabt hat und welche Ergebnisse sie hatte und auch nicht, welche Bedeutung eine solche Befragung für die Bestimmung des physischen Alters hätte haben können. Des Weiteren fehlen Angaben über die spezifische Qualifikation des Gutachters in Bezug auf Altersfeststellungen und die Verlässlichkeit der von ihm verwendeten Methoden sowie die Gewichtung der verschiedenen Methoden untereinander.
Insoweit der Gutachter zu diesem Behufe ein als "Stellungnahme" bezeichnetes allgemeines Schreiben beigefügt hat, ist festzustellen, dass sich aus diesem, zum einen, allenfalls ergibt, dass er als Kinderarzt langjährige Erfahrungen im Bereich therapeutischen Untersuchung von Kindern und Jugendlichen hat, aber nicht welche Erfahrungen er in der genauen Altersbestimmung (Abgrenzung von Kind und Erwachsenem) hat, also von Methoden, die für therapeutische Zwecke der Pädiatrie im Allgemeinen eher von untergeordneter Bedeutung sind. Der Gutachter beschränkt sich dazu im Wesentlichen auf die Behauptung, er selbst habe einen "Jahrzehnte langen beruflichen Erfahrungsschatz" und ein Wissen über die "Unterschiedlichkeit der körperlichen Ausprägung in einem bestimmten Alterskorridor" und nehme daher diesen Alterskorridor "tatsächlich interpersonell aber auch in Hinblick auf unterschiedliche Herkunftsländer differenziert ... wahr ..." (sic). Seine Erfahrung im Hinblick auf die "unterschiedlichen Herkunftsländer" der in Asylverfahren zu begutachtenden Personen stützt Dr. K. in diesem allgemeinen Schreiben darauf, dass sich seine Arztpraxis im Burgenland (!) befindet, das "dem Osten sehr offen ist".
Zum anderen wird von Dr. K. in Bezug auf die angewandte Methode der Vermessung von Länge und Volumen der Nieren und vom Volumen der Schilddrüse zwar hervorgehoben, dass er der Entdecker dieser Methode ist. Es wird jedoch nicht angegeben, wieso diese Werte einen Alterskorridor ergeben, mit dem eine Minderjährigkeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Es wird vielmehr zugestanden, dass Überschneidungen der einschlägigen Messdaten aus dem Kinder- und Jugendalter mit jenen und aus dem Erwachsenenalter möglich sind. Eine genaue Feststellung des chronologischen Alters mit der Methode der Vermessung von Nieren- und Schilddrüsenvolumen sei nicht möglich, sondern nur mit einem Handwurzelröntgen und Bestimmung des Knochenalters möglich, was aber "nach Auskunft der Menschenrechtskommission" wegen der Strahlenbelastungen gegen die Menschenrechte verstoßen würde.
Insoweit der Gutachter zur Untermauerung seiner Diagnose der Vermessung von Nieren und Schilddrüsen einen unkommentierten Auszug aus einem Lehrbuch über Ultraschalldiagnostik in der Kinderheilkunde beifügt, ist festzustellen, dass sich aus den dort angeführten Diagrammen lediglich Normwerte für gesunde Kinder-Organe ergeben. Daraus kann man zwar offenbar Schlüsse auf krankhafte Veränderungen dieser Organe bei Kindern ziehen. Es wird jedoch an keiner Stelle dieses Auszugs auf eine Verwertbarkeit solcher Daten für die Frage des physischen Alters der Untersuchten Bezug genommen.
Es ist, drittens, festzustellen, dass sich das Bundesasylamt neben dem Gutachten von Dr. K. nicht etwa auch auf sonstige Umstände, die die Feststellung der Volljährigkeit decken könnten - wie beispielsweise widersprüchliche Aussagen zu Lebensgeschichte - gestützt hat. Zwar hatte der Beschwerdeführer bei der erkennungsdienstlichen Behandlung im Jahr 2007 in Italien nach Angaben der italienischen Behörden als Geburtsjahr 1983 angegeben. Dies wurde nicht berücksichtigt, kann aber ohnehin auch für sich genommen nicht ausreichen, um die abweichende Angabe des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren vollständig in Zweifel zu ziehen.
Da die Verwaltungsinstanz sohin eine entscheidungsrelevante Vorfrage hinsichtlich der Zuständigkeit Italiens nicht hinreichend geklärt hat, war gemäß § 41 Abs 3 AsylG vorzugehen.
So die Erlassung einer neuerlichen Unzuständigkeitsentscheidung beabsichtigt ist, werden zum Thema des Alters des Beschwerdeführers ergänzende Entscheidungsgrundlagen dem Verfahren zugrunde zulegen und dem Parteiengehör zu unterwerfen sein.
3. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.