D6 315759-1/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Christine AMANN als Beisitzerin über die Beschwerde deR I.L., geb. 00.00.1974, StA. Usbekistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.10.2007, FZ. 0610.576-BAE, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und I.L. gemäß § 3 Abs:1 Asylgesetz 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass I.L. kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Die Beschwerdeführerin, eine usbekische Staatsangehörige der uigurischen Volksgruppe und Angehörige der buddhistischen Glaubensgemeinschaft, reiste - gemeinsam mit ihrem Ehemann (dem Beschwerdeführer zu D6 315758-1/2008), ihrem Sohn (dem Beschwerdeführer zu D6 315760-1/2008) sowie ihrer Mutter (der Beschwerdeführerin zu D6 315757-1/2008) - am 4.10.2006 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 4.10.2006, 10.10.2006, 16.7.2007 und am 3.9.2007 wurde die Beschwerdeführerin vor der Polizeiinspektion Traiskirchen in der Erstaufnahmestelle-Ost bzw. vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.
1. Zu ihren Fluchtgründen gab die Beschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung an, auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur uigurischen Volksgruppe verfolgt worden zu sein. Ihr Ehemann und ihre Mutter sowie ihr Sohn seien am 25.9.2006 geschlagen worden; unbekannte Usbeken hätten auch ihr Haus angezündet. Es sei ihnen gedroht worden, getötet zu werden, wenn sie nicht verschwinden.
Im Rahmen ihrer Einvernahme am 10.10.2007 ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Fluchtgründe dahingehend, dass ihr im Jahr 2003 von unbekannten Männern auf die Nase geschlagen worden sei, sodass sie operiert werden musste. Ihrem Sohn sei die Rippe und die Nase gebrochen worden. Ihr Ehemann sei mit einem Messer attackiert und verletzt worden. Sie sei im zweiten Monat schwanger und habe Angst, länger in Usbekistan zu leben. Usbeken würde die Uiguren bedrängen; viele Uiguren seien bereits ausgereist.
Am 16.7.2007 führte die Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme aus, dass ihr Vater am 00.00.1994 tot in einem Brunnen gefunden worden sei. Auf seinem Körper habe man Spuren von Schlägen gefunden. Die Polizei habe dagegen von einem Unfall gesprochen. Am 25.9.2006 seien sie von 6 Personen geschlagen worden; zwei weitere Personen wären abseits gestanden.
2. Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom 30.10.2007 gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100 (im Folgenden: AsylG), ab und erkannte der Beschwerdeführerin den Status des Asylberechtigten nicht zu. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg. cit. wurde der Beschwerdeführerin auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Usbekistan nicht zuerkannt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Usbekistan ausgewiesen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht (als Berufung) eingebrachte Beschwerde.
4. Am 4.11.2008 führte der Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr Ehemann, ihre Mutter sowie ihr Beschwerdevertreter teilnahmen; das Bundesasylamt war nicht erschienen.
II. Der Asylgerichtshof hat durch den erkennenden Senat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin ist die Ehefrau des Beschwerdeführers zu D6 315758-1/2008, dessen Beschwerde der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag Folge gegeben und dem er den Status des Asylberechtigten zuerkannt hat.
2. Dies ergibt sich aus den Asylakten des Ehemannes der Beschwerdeführerin.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1 Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG idF BGBl. I 4/2008 sind am 1.7.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, vom Asylgerichtshof weiterzuführen. In den (diesbezüglich miteinander verbundenen) Verfahren der Eltern der Beschwerdeführerin wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und ein Senat gemäß § 24b Abs. 2 Asylgesetz 1997 gebildet; da im vorliegenden Verfahren jedoch keine Verhandlung stattfand, war der erkennende Senat gemäß § 4 Abs. 4 der (ersten) Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zu bilden.
3.2 Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 gilt. Da der Asylantrag nach dem 31.12.2005 gestellt wurde, ist das vorliegende Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 2005 zu führen.
Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Z 22 AsylG von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 2 aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Im vorliegenden Fall wurde dem Ehemann der Beschwerdeführerin gemäß § 3 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt: Der Beschwerdeführerin ist daher nach § 34 Abs. 4 AsylG der gleiche Schutzumfang, d.h. nach dem AsylG nunmehr der Status des Asylberechtigten nach § 3 AsylG zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl. dazu auch Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 [2006], 499). Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführerin die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit ihrem Ehemann in einem anderen Staat möglich wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.