TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/11 E11 400583-1/2008

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Veröffentlicht am 11.11.2008
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Spruch

E11 400.583-1/2008-6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. KINZLBAUER als Vorsitzenden und den Richterin Dr. ZOPF als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. BIRNGRUBER über die Beschwerde der M.A., geb. am 00.00.1981, StA. von Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.06.2008, FZ. 08 03.484-BAT, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden auch BF genannt), eine Staatsangehörige von Armenien, stellte am 19.4.2008 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates im November 2007 brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie aufgrund der Ausreise ihres Gatten im Jahr 2005 mehrfach von unbekannten Personen belästigt und bedroht worden sei. Die unbekannten Personen hätten auf diese Weise den Aufenthaltsort des Gatten erfahren wollen. Auch sei mit der Entführung des Sohnes der BF gedroht worden.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 24.6.2008, FZ. 08 03.484-BAT, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der BF als völlig unglaubwürdig zumal sich die BF noch monatelang im Einflussbereich ihrer angeblichen Verfolger aufgehalten habe und nicht schon wesentlich früher das Heimatland verlassen hätte, wenn diese tatsächlich Furcht vor weiteren Übergriffen gehabt hätte. Zudem habe die BF zu zentralen, entscheidungsrelevanten Aspekten widersprüchliche Angaben gemacht und ihr fluchtkausales Vorbringen im Laufe der Einvernahmen mehrmals ausgewechselt bzw. gesteigert. Die Angaben der BF zu ihren ausreiserelevaten Gründen konnten somit nicht der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt werden, da die BF keinesfalls in der Lage war, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus den in der GFK genannten Gründen glaubhaft zu machen.

 

Im Rahmen der Refoulementprüfung führte die Erstbehörde begründend aus, dass im Falle der BF - aus näher dargelegten, auch die "real risk"-Judikatur des EGMR und VwGH mit einbeziehenden Gründen - keine konkreten Anhaltspunkte vorlägen, die dafür sprechen würden, dass die BF bei einer Rückkehr nach Armenien, einerseits Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, oder andererseits in eine derart extreme Notlage geraten würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikel 3 EMRK darstellen würde.

 

Die Ausweisungsentscheidung wurde damit begründet, dass im Falle der BF die gesamte Familie von der Ausweisung betroffen sei und auch sonst keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet gegeben seien und daher kein Eingriff in deren Familienleben anzunehmen war. Aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer und mangels sonstiger Integrationsmerkmale in Österreich war auch kein schützenswertes Privatleben entstanden.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 7.7.2008 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen das bereits vor der Erstbehörde vorgebrachte Geschehen wiederholt. Auch wies die BF auf die Nichteinhaltung der Ermittlungspflicht der Erstbehörde hin und stellte fest, dass die Länderfeststellungen des Bundesasylamtes die Angaben der BF bestätigen, dass die Polizei kein Vertrauen innerhalb der Bevölkerung genieße. Die BF räumte ein, dass sie mangels Vertrauen in die österreichischen Behörden, in Anlehnung der negativen Erfahrungen mit den Behörden in Armenien, anfangs ihre Fluchtgründe nicht gänzlich und ausführlich vorlegen konnte, sei ein Fehler gewesen. Weiters wurde beanstandet, dass die Bescheid erlassene Behörde gegenüber ihrer Person und ihren Fluchtgründen von Beginn an parteiisch gewesen sei und nur die Ablehnung ihres Antrages angestrebt habe. Die BF resümierte in ihrer Beschwerdeschrift, dass sie im Falle einer Rückverbringung ins Heimatland jedenfalls unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sei. Weiters erfülle sie die Voraussetzungen, Asyl zu erhalten und monierte, dass die Erstbehörde hätte feststellen müssen, dass die Abweisung, Abschiebung oder Zurückschiebung nicht zulässig sei. Gerügt wird auch, dass die Erstbehörde ihren Ehegatten gänzlich aus der Entscheidung über die Ausweisung ausgeklammert habe.

 

Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

III. Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige Unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation der BF gebracht. Auch der rechtlichen Beurteilung begegnet keine Bedenken.

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Sofern in der Beschwerdeschrift der BF gerügt wird, dass die Bescheid erlassene Behörde sich nicht an ihre Ermittlungspflicht gehalten habe und sich nicht ausreichend über die Fluchtgründe des Schwiegervaters informiert habe, wird ausgeführt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Der BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Von der BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum sie vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden. Wie aus den Ermittlungen auch ersichtlich ist, wurden die Fluchtgründe des Ehegatten, die sich ebenso auf die angeblichen Fluchtgründe des Schwiegervaters gestützt hatten, ebenfalls als unglaubwürdig eingestuft und der ablehnende Bescheid des Ehegatten wurde mit Beschluss des VwGH vom 4.3.2008, Zahl: VwGH 2008/19/0160-3, durch Ablehnung der Behandlung der Beschwerde, in 2. Instanz rechtskräftig. Für den Asylgerichtshof ist es aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse durchaus nachvollziehbar, dass die Angaben der BF über ihre Fluchtgründe, die sich auf die Fluchtgründe des Ehegatten und als Vorgeschichte auf die Fluchtgründe des Schwiegervaters stützen, konsequenter Weise auch die Angaben der BF als unglaubwürdig zu qualifizieren sind.

 

Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift, dass die Bescheid erlassenen Behörde von Beginn an gegenüber der Person der BF und ihren Fluchtgründen parteiisch gewesen sei und nur die Ablehnung ihres Antrages angestrebt habe, kann vom Asylgerichtshof nicht nachvollzogen werden. Die BF wurde laut Aktenlage nach ihrer Erstbefragung am 19.4.2008 noch am 23.4.08 und 24.4.08 bei der EAST-Ost des Bundesasylamtes und am 23.6.08 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen niederschriftlich einvernommen. Die Art der Einvernahmen erfolgten nach Ansicht des Asylgerichtshofes mit viel Umsicht und Professionalität und erwecken keineswegs den Eindruck von Befangenheit oder Voreingenommenheit des befragenden Organs. Auch aus dem Umfang und Inhalt der Befragungen lässt sich ableiten, dass für das Bundesasylamt keineswegs eine negative Entscheidung von Anfang an festgestanden hat, so wie es in der Beschwerdeschrift behauptet wird, und lediglich auf die Ablehnung des Asylantrages hingearbeitet worden sei; diesbezügliche Einwände der Beschwerdeführerin werden vom Asylgerichtshof als nicht gerechtfertigt zurückgewiesen.

 

Auch unter dem Gesichtpunkt des Gesundheitszustandes der BF vermag der AsylGH entscheidungsgegenwärtig nicht zu erkennen, warum dieser einer Überstellung nach Armenien entgegenstehen sollte. Laut medizinischem Gutachten von Fr. Dr. H. leidet die BF an einer Anpassungsstörung F.43.22, Angst und depressive Reaktion.

 

Selbst bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung bei der BF stellt dies für den Asylgerichtshof kein Hindernis für die Zulässigkeit der Ausweisung ins Heimatland der BF dar.

 

Der Asylgerichtshof erachtet es in diesem Zusammenhang nämlich für entscheidend, welche Haltung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zur Frage von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen und einer ausreichenden medizinischen Versorgung in den Zielstaaten unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 EMRK im Rahmen seiner authentischen Interpretation dieser Konventionsbestimmung einnimmt. Zu diesem Zweck ist auf die jüngere einschlägige Rechtsprechung des EGMR in den folgenden Judikaten abzustellen:

 

GONCHAROVA & ALEKSEYTSEV gg. Schweden, 03.05.2007, Rs 31246/06

 

AYEGH gg. Schweden, 07.11.2006, Rs 4701/05

 

PARAMASOTHY gg. NIEDERLANDE, 10.11.2005, Rs 14492/03

 

RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande, 10.11.2005, Rs 35989/03

 

HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05

 

OVDIENKO gg. Finnland, 31.05.2005, Rs 1383/04

 

AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04

 

NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03

 

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

 

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

 

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

 

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

 

In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

 

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

 

Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl. PARAMSOTHY gg. Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach neunjährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht den selben Standard haben sollten wie in den Niederlanden). Wörtlich führt der EGMR hiezu aus:

 

"[...] The Court reiterates that, according to established case-law, aliens who are subject to expulsion cannot in principle claim any entitlement to remain in the territory of a Contracting State in order to continue to benefit from medical, social or other forms of assistance provided by the expelling State unless such exceptional circumstances pertain as to render the implementation of a decision to remove an alien incompatible with Article 3 of the Convention owing to compelling humanitarian considerations (see D. v. the United Kingdom, cited above, § 54).[...] On the basis of the foregoing, and having regard to the high threshold set by Article 3 - particularly where the case does not concern the direct responsibility of the Contracting State for the infliction of harm -, the Court does not find that there is a sufficiently real risk that the applicant's expulsion in these circumstances would be contrary to the standards of that provision. In the view of the Court, the present case does not disclose the exceptional circumstances of D. v. the United Kingdom (cited above, § 52), where the applicant was in the final stages of a terminal illness, AIDS, and had no prospect of medical care or family support on expulsion to St. Kitts.[...]"

 

In besonderem Maße instruktiv für die Frage, ob eine posttraumatische Belastungsstörung oder andere schwere psychische Erkrankungen einer Abschiebung in den Herkunftsstaat entgegenstehen, sind die beiden erst jüngst ergangenen Entscheidungen AYEGH gg. Schweden, 07.11.2006, Rs 4701/05 und GONCHAROVA & ALEKSEYTSEV gg. Schweden, 03.05.2007, Rs 31246/06.

 

Im ersteren Fall ging es um eine iranische Asylwerberin, bei der von zwei psychiatrischen Gutachtern unabhängig von einander schwere psychische Störungen in Gestalt von schweren Depressionen, akuten Selbstmordgedanken und ein multikausales Trauma infolge diverser Erlebnisse diagnostiziert worden war. Ein Gutachter war zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Beschwerdeführerin im Falle einer Abschiebung in den Iran ein reales Risiko eines Selbstmordes bestand ("[...] Dr Hännerstrand concluded that the applicant suffered from a serious depression with anxiety symptoms, and that there was a real risk that she would try to commit suicide if she were to be deported[...]").

 

Die gegen die Abschiebung der Beschwerdeführerin in deren Herkunftsstaat Iran mit der Begründung eine solche verstoße infolge des schlechten Gesundheitszustandes der BW gegen Artikel 3 EMRK, wies der EGMR ab.

 

Aus den Entscheidungsgründen im englischen Original:

 

"[...]In the present case, the applicant has been diagnosed as suffering from a serious mental illness - depression - and an enduring crisis reaction with suicide plans for which she has been taking sleeping pills and antidepressants.

 

The Court accepts that the applicant is in poor mental health and suffers from the uncertain situation in her life. However, it observes that she has not been in regular contact with the Swedish health care system. Nor has she undergone specific treatment or ever been hospitalised in Sweden. Moreover, she has not claimed before the Court that medical treatment as such would not be available in Iran, should she be in need of it.

 

In any event, the fact that the applicant's circumstances in Iran would be less favourable than those enjoyed by her in Sweden cannot be regarded as decisive from the point of view of Article 3 (see, Bensaid v. United Kingdom, no. 44599/98, § 38, ECHR 2001-I; Salkic and others v. Sweden, (dec.), no. 7702/04, 29 June 2004).

 

Furthermore, the Court notes that the two doctors with whom the applicant has been in contact seem to agree that her vulnerable health, including her suicidal thoughts, is primarily due to her unstable living situation, her fear of returning to Iran and the anxiety about her future and that of her son. In this respect, the Court reiterates that the fact that a person, whose deportation has been ordered, threatens to commit suicide does not require the Contracting State to refrain from enforcing the deportation, provided that concrete measures are taken to prevent the threat from being realised (see Dragan and Others v. Germany, (dec.), no. 33743/03, 7 October 2004, and, mutatis mutandis, Ovdienko v. Finland, (dec.), no. 1383/04, 31 May 2005). In the present case, the Court notes that the two physicians who have examined the applicant have found that there is a risk that she might try to commit suicide if the deportation order were carried out. However, the Court observes that the applicant has never been committed to psychiatric care (either on a voluntary or compulsory basis). In fact, she has had little and irregular contact with the Swedish health care system on her own behalf as most contacts seem to have concerned her son.

 

The Court further takes note of the respondent Government's submission that no enforcement of the deportation order will occur unless the authority responsible for the deportation deems that the medical condition of the applicant so permits.

 

Thus, having regard to the high threshold set by Article 3, particularly where the case does not concern the direct responsibility of the Contracting State for the possible harm, the Court does not find that the applicant's deportation to Iran would be contrary to the standards of Article 3 of the Convention. In the Court's view, the present case does not disclose the exceptional circumstances established by its case-law (cf., among others, D v. United Kingdom, cited above, § 54).[...]"

 

Der Entscheidung GONCHAROVA & ALEKSEYTSEV gg. Schweden, 03.05.2007, Rs 31246/06 lag ua. der Fall zugrunde, dass der Zweitbeschwerdeführer - ein russischer Asylwerber, der drei(!) Selbstmordversuche begangen bzw. mehrere Aufenthalte in der Psychiatrie hinter sich hatte und dem von Gutachern einhellig ein schwere psychische Erkrankung ua. in Gestalt einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie eine akute Selbstmordgefährdung bescheinigt worden war - seine Abschiebung nach Russland mit dem Hinweis auf seinen schlechten und infolge aktueller Suizidgefahr lebensbedrohlichen Gesundheitszustand in Beschwerde zog. Auch diese Beschwerde wies der EGMR mit einer über weite Strecken identen Begründung wie in der Entscheidung AYEGH gg. Schweden ab.

 

Aus den Entscheidungsgründen im englischen Original:

 

"[...] The Court reiterates that, due to the fundamental importance of Article 3, it has reserved to itself the possibility of scrutinising an applicant's claim under Article 3 where the source of the risk of the proscribed treatment in the receiving country stems from factors which cannot engage either directly or indirectly the responsibility of the public authorities of that country, or which, taken alone, do not in themselves infringe the standards of that Article. In any such context, however, the Court is obliged to subject all the circumstances surrounding the case to rigorous scrutiny, especially the applicant's personal situation in the deporting State (see the D. v United Kingdom judgment of 2 May 1997, Reports 1997-III, § 49).

 

Consequently, the Court will examine whether deportation of the second applicant to Russia would be contrary to Article 3 having regard to all the material before it at the time of its consideration of the case, including the most recently available information on his state of health.

 

...

 

In the present case, the second applicant has been diagnosed as suffering from his insecure situation as an asylum seeker whose applications have been rejected. He has become depressed and lost his faith in the future and has, on two occasions, been hospitalised following suicide attempts by taking pills.

 

The Court accepts that the second applicant suffers from the uncertain situation in his life and that it has caused him mental distress. However, it observes that he has never been committed to closed psychiatric care or undergone specific treatment in Sweden. He has seen a counsellor to find solutions to cope with his situation but he has not been in regular contact with a psychiatrist, even though his counsellor has considered that it would be useful. In this respect, the Court notes that the second applicant had seen a doctor in Kaliningrad before going to Sweden and that he has not claimed before the Court that medical treatment as such would not be available in Russia. Thus, there is no reason to believe that he would not benefit from care in his home country, should he be in need of it.

 

In any event, the fact that the second applicant's circumstances in Russia will be less favourable than those enjoyed by him while in Sweden cannot be regarded as decisive from the point of view of Article 3 (see Bensaid v. the United Kingdom, no. 44599/98, § 38, ECHR 2001-I; Salkic and others v. Sweden (dec.), no. 7702/04, 29 June 2004).

 

Furthermore, concerning the risk that the second applicant would try to commit suicide if the deportation order were enforced, the Court reiterates that the fact that a person, whose deportation has been ordered, threatens to commit suicide does not require the Contracting State to refrain from enforcing the deportation, provided that concrete measures are taken to prevent the threat from being realised (see Dragan and Others v. Germany (dec.), no. 33743/03, 7 October 2004, and, mutatis mutandis, Ovdienko v. Finland, (dec.), no. 1383/04, 31 May 2005). In the present case, the Court observes that the second applicant has tried to commit suicide twice, in August 2004 and July 2006, and that a doctor, in September 2006, considered that there was a clear risk of suicide. However, the Court notes that he was deported together with his parents in November 2004 without any incidents and that, following his three days of hospitalisation in July 2006, he has not been in contact with the Swedish health care system except for occasional visits to his counsellor.

 

The Court further takes note of the respondent Government's submission that a deportation would be carried out in such a way as to minimise the suffering of the second applicant, having regard to his medical condition. Moreover, since the second applicant's father is living in Russia, the Court has no reason to doubt that he would help his son upon return.[...]"

 

Die dargestellten Entscheidungen zeigen deutlich, dass bei Vorliegen von Erkrankungen im Allgemeinen nur solche relevant sind, die bekanntermaßen zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen und grundsätzlich keine Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bestehen (Behandlungsmöglichkeiten beispielsweise für AIDS in Tansania sowie Togo, für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina, für psychische Erkrankungen im Iran und in Russland bejaht).

 

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR leitet sich der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab ab. Demzufolge würde eine Traumatisierung gemessen am hohen Eingriffsschwellenwert ("high threshold") von Artikel 3 EMRK einer Überstellung nach Armenien nicht einmal im Falle einer akuten Suizidalität der BF entgegenstehen. Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Artikel 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

 

Abschiebungsschutz als Realisierung der Rechte aus Artikel 3 EMRK soll einem Fremden nicht eine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes des Aufenthaltsstaates sichern, sondern vor gravierender Beeinträchtigung der Rechtsgüter Leib und Leben bewahren (vgl. hiezu zB. auch das Urteil des OVG NRW vom 20.9.2006, Zahl 13 A 1740/05.A). Diese Restriktion leuchtet nicht zuletzt aus der Absolutheit hervor, mit der Artikel 3 EMRK das Recht eines jeden, nicht gefoltert oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, garantiert. Dadurch, dass der EGMR in seiner Judikatur zur Artikel 3 EMRK regelmäßig auf den hohen Eingriffschwellenwert ("high threshold") dieser Bestimmung hinweist (und deshalb letztlich auch viele Beschwerden verwirft), bringt er unmissverständlich zum Ausdruck, dass Artikel 3 EMRK lediglich einen - aber dafür absoluten und unverbrüchlichen - Mindestschutzstandard garantiert, den er trotz der Fortentwicklungen in den modernen Gesellschaften und sich ändernder sozialer Bedürfnisse offenkundig nicht erweitert (siehe Premissl in migraLex 3/2008, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in Dublin-Verfahren, 54f.)

 

Wendet man die einschlägige Judikatur des EGMR auf den gegenständlichen Fall an, so kann der Asylgerichtshof trotz des Vorliegens einer psychischen Erkrankung bei der BF kein Abschiebehindernis erkennen.

 

Eben so wenig wie in den beiden zuletzt dargestellten EGMR-Entscheidungen handelt es sich bei der BF um eine Person, die regelmäßig und in einer intensiven Art und Weise medizinisch-psychiatrische Leistungen in Österreich in Anspruch genommen hat oder deren Erkrankung einen Aufenthalt in einer geschlossenen Psychiatrie notwendig gemacht hätte. Des Weiteren bestehen für den AsylGH keine Zweifel, dass die BF unter möglichster Schonung ihrer Person und Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes nach Armenien überstellt wird, wofür die zuständige Fremdenpolizeibehörde Sorge und Verantwortung tragen wird.

 

Auch im Hinblick auf die medizinische Versorgung lässt sich aus den im erstinstanzlichen Bescheid angefügten Länderfeststellungen zu Armenien entnehmen, dass in der Republik Armenien grundsätzlich alle gängigen Erkrankungen (mit Ausnahme von komplizierten Transplantationen) behandelbar sind und die medizinische Versorgung flächendeckend gewährleistet ist. Weiters besteht auch ein Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung im Gesundheitswesen. Bezüglich der Behandelbarkeit von psychischen Erkrankungen wird hier in den Länderfestestellungen zu Armenien ausgeführt, dass es psychiatrische Abteilungen in den Krankenhäusern gibt und Fachpersonal zur Verfügung steht. Die Behandlung von posttraumatischem Bealstungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist in Armenien auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos. Der BF steht es also frei, im Falle psychischer Probleme professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

 

In der Zusammenschau bestehen letztlich für den AsylGH keine Zweifel daran, dass die BF, die - gemessen an der EGMR-Judiaktur - an keiner

Artikel 3 EMRK-relevanten Erkrankung leidet, in Armenien eine ausreichende, medizinische und medizinisch-psychologische Basisversorgung erhalten wird, die weder zu einer im Lichte des Artikel 3 EMRK unzulässigen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes, noch zu einer Verelendung im Sinne einer existenzbedrohenden Notlage führen wird.

 

Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine, erwachsene, arbeitsfähige Frau, die über einen Universitätsabschluss als Juristin verfügt und es ist der BF auch zumutbar, im Heimatland wieder in einem juristischen Beruf tätig zu werden. Überdies verfügt die BF in ihrem Heimatland über ein soziales Netz in Form von Familienangehörigen (Eltern, zwei Schwestern, Bruder), die die BF ebenfalls in der Anfangssphase bei der Gründung einer eigenen Existenz unterstützen könnten.

 

Es wäre der Beschwerdeführerin auch zumutbar, durch eigene und notfalls auch wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer 'Schatten- oder Nischenwirtschaft' stattfinden. Auf kriminelle Aktivitäten wird hiermit nicht verwiesen.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in Armenien gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Im Rahmen des Projekts ERSO (European Reintegration Support Organisations), einer Kooperation von zwölf europäischen NGOs, findet auch nach der Rückkehr ein entsprechendes Monitoring statt (www.project-erso.eu).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

Aus dem Vorbringen der BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass diese vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in deren Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben der BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen.

 

Die Erstbehörde führte bezüglich ihrer Entscheidung zur Ausweisung zutreffend aus, dass die gesamte Familie von der Ausweisung betroffen ist und überdies keine familiäre Anknüpfung oder sonstige Integrationsmerkmale erkennbar sind. Das Asylverfahren des Gatten wurde ebenfalls in 2. Instanz rechtskräftig negativ entschieden und dieser nach Armenien ausgewiesen. Die Behandlung der Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4.3.2008 abgelehnt (s. VwGH 2008/19/0160-3). Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift wurde die negative Entscheidung über den Asylantrag des Gatten der BF, verbunden mit dessen Ausweisung, sehr wohl in ihrer Entscheidung berücksichtigt. Der Asylgerichtshof schließt sich der Auffassung der Erstbehörde an, dass kein ungerechtfertigter Eingriff in Art. 8 EMRK vorliegt und die Ausweisung der BF nach Armenien daher zulässig erscheint.

 

Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Im gegenständlichen Fall konnte der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde, nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

Schlagworte
Ausweisung, EMRK, medizinische Versorgung, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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