B7 208.333-3/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (AsylG 2005) und § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Beisitzerin über die Beschwerde des K.N., geb. 00.00.1984, StA. Republik Kosovo, vom 21.08.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.08.2008, Zahl: 03 27.820-BAT, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde von K.N. vom 21.08.2008 wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 und § 7 Abs. 3 AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Beschwerdeführer beantragte erstmals am 22.11.1998 in Österreich die Gewährung von Asyl. Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.02.1999, Zl. 98 10.926-BAG, abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Mit Schreiben vom 22.11.1999 zog der damals noch minderjährige Beschwerdeführer, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie, seinen Asylantrag vom 02.11.1998 zurück. In Erledigung der Berufung hob der Unabhängige Bundesasylsenat den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.02.1999, Zl. 98 10.926-BAG, auf. Dieser Bescheid datiert vom 24.11.1999. Am 13.09.2003 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Asylantrag. Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.01.2004, Zl. 03 27.820-BAT, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen; gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo, gemäß § 8 AsylG zulässig ist. Am 23.06.2004 stellte der Asylwerber neuerlich einen Asylantrag. Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Zl. 04 12.273-EAST Ost, vom 12.07.2004 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Erledigung der gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid vom 12.07.2004 erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 21.04.2005, Zl. 208.333/5-VII/20/04, der bekämpfte Bescheid behoben, dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.01.2004, Zl. 03 27.820-BAT, sei mangels rechtswirksamer Zustellung nicht rechtswirksam erlassen worden, weshalb das mit 13.09.2003 vom Beschwerdeführer initiierte Asylverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und sohin nicht entschiedene Sache vorliegen könne.
In weiter Folge wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.07.2005, Zl. 03 27.820-BAT, dem Asylantrag des Beschwerdeführers vom 13.09.2003 nunmehr gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben, dem Beschwerdeführer in Österreich Asyl gewährt und weiters gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 06.07.2005 zugestellt. Aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer Asyl gewährt wurde, ist diesem erstinstanzlichen Bescheid nicht zu entnehmen, begründend wurde lediglich ausgeführt, da dem Antrag auf Asylgewährung vollinhaltlich Rechnung getragen worden sei, könne gemäß § 58 Abs. 2 AVG eine nähere Begründung entfallen.
Mit dem - nunmehr angefochtenen - Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.08.2008, Zl. 03 27.820-BAT, wurde - nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren - dem Beschwerdeführer der ihm mit Bescheid vom 04.07.2005 gewährte Schutz gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 3 AsylG die Flüchtlingseigenschaften nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.); gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kosovo abgewiesen (Spruchpunkt II.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Rechercheergebnis der durchgeführten Ermittlungen des Verbindungsbeamten im Kosovo vom 03.11.2007 betreffend den Bruder des Beschwerdeführers, welcher am 13.07.2007 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, habe - in Bezug auf den Beschwerdeführer - ergeben, dass zum einen das Vorbringen des Beschwerdeführers, welches zur Anerkennung des Asylstatus geführt habe, widerlegt sei, zum anderen könne diesem Rechercheergebnis entnommen werden, dass sich der Beschwerdeführer regelmäßig in seinem Heimatstaat, Republik Kosovo, aufhalte; dem Ermittlungsergebnis zu Folge komme der Beschwerdeführer laut Auskunft seiner Mutter jedes Jahr auf Urlaub bzw. Besuch in den Kosovo und habe sich letztmalig im August 2007 im Kosovo aufgehalten, wo er ein Wochenende in Pristina verbracht habe.
Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 14.08.2008, erhob der Beschwerdeführer mit Anwaltsschriftsatz vom 21.08.2008 eine als "Berufung" bezeichnete Beschwerde an den Asylgerichtshof (vgl. diesbezüglich § 23 Asylgerichtshofgesetz [Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008]).
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 Abs.1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes oder soweit in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4,
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG und die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
§ 7 AsylG 2005 lautet:
"§ 7 (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
(2) Das Bundesasylamt kann einem Fremden den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesasylamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesasylamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesasylamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.
(3) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen."
Das Bundesasylamt stützte seine aberkennende Entscheidung auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005.
Gemäß Art. 1 Abschnitt C FlKonv wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt,
"nicht mehr angewendet werden, wenn sie
1. sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes (of the country of his nationality; du pays dont elle a la nationalite) gestellt hat; oder
2. die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder
3. eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz ihres neuen Heimatlandes genießt; oder
4. sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder
5. wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiter ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
(...);
6. staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren. (...)"
Das Bundesasylamt hat die Aberkennung des dem Beschwerdeführer gewährten Asyls auf die Verwirklichung des Endigungsgrundes nach Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK gestützt. Es ist vom Eintritt dieses Endigungsgrundes primär deshalb ausgegangen, weil sich der Beschwerdeführer regelmäßig zu Urlaubszwecken im Herkunftsstaat aufhalte. Darüber hinaus hätten sich die Gründe, auf Grund derer dem Beschwerdeführer mit erstinstanzlichen Bescheid vom 04.07.2005, Zl. 03 27.820-BAT, Asyl gewährt worden sei, als unwahr erwiesen, dieses damals erstattete Vorbringen sei durch das Rechercheergebnis betreffend den Bruder des Beschwerdeführers widerlegt worden.
Es ist im gegenständlichen Fall strittig, ob nun das damalige Vorbringen des Beschwerdeführers, auf Grund welchem ihm Asyl gewährt wurde, den Tatsachen entsprach und ob der Beschwerdeführer tatsächlich regelmäßig einmal im Jahr zu Urlaubszwecken in seinen Herkunftsstaat reist. Die Ermittlungsergebnisse des erstinstanzlichen Verfahrens legen dies nahe, vom Beschwerdeführer wird dies allerdings bestritten im Wesentlichen mit der Begründung, seine Stiefmutter habe wissentlich falsche Angaben über seine Person gemacht, dies wegen des schlechten Verhältnisses zwischen ihr und dem Beschwerdeführer; der Beschwerdeführer beantrage deshalb die Einvernahme seines Vaters.
Es kann aber für die Beurteilung des gegenständlichen Falles dahin gestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer im Verfahren, welches zur Asylgewährung führte, nicht den Tatsachen entsprechende Angaben getätigt hat bzw. ob der Beschwerdeführer tatsächlich einmal im Jahr zu Urlaubszwecken in den Herkunftsstaat reist, dies aus folgenden Gründen:
Was zunächst den Verdacht betrifft, der Beschwerdeführer könnte die mit Bescheid vom 04.07.2005, GZ. 03 27. 820-BAT, ausgesprochene Asylgewährung durch das Tätigen unwahrer Angaben erlangt haben, so wäre ein solcher Umstand nicht im Wege einer Asylaberkennung nach § 7 AsylG 2005 aufzugreifen. Was in diesem Zusammenhang den einzig in Betracht kommenden Tatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK ("wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiter ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatstaates zu stellen") betrifft, so kann dieser Endigungsgrund entsprechend seinem Wortlaut nicht auf Fälle zur Anwendung gebracht werden, in welchen die Flüchtlingseigenschaft niemals bestanden hat und diese erschlichen wurde. Für einen solchen Fall käme allerdings die Möglichkeit einer amtswegigen Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.07.2005, Zl. 03 27.820-BAT, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 AVG in Betracht.
Was nun die Frage jährlicher Urlaubsaufenthalte im Herkunftsstaat in Zusammenhang mit der Frage der Verwirklichung des Endigungsgrundes nach Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK betrifft, so tätigte der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 03.12.2003, Zl. 2001/01/0547 und vom 28.01.2005, Zl. 2005/01/0354, folgende Ausführungen:
"Sieht man von der - in den Bescheiden wiederholt erwähnten - Besonderheit der bloß "temporären" Unterschutzstellung durch Besuchsreisen in den Herkunftsstaat ab, so scheinen sich diese Fälle von denjenigen der erfolgreichen Beantragung eines Reisepasses zunächst dadurch zu unterscheiden, dass aus der bloßen Anwesenheit auf dem Territorium des Herkunftsstaates nicht ohne Weiteres auf die Inanspruchnahme von "Schutz" geschlossen werden kann (vgl. in dieser Hinsicht die Bezugnahme auf die Nichtumgehung der Grenzkontrolle in dem zitierten Erkenntnis vom 4. Oktober 1995 und die Erwägungen in dem Erkenntnis vom 16. Jänner 1996). Unter dem Gesichtspunkt der "Freiwilligkeit" - der in Bezug auf die Rückkehr in den Herkunftsstaat in der Regel im Zusammenhang mit Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv erörtert wird - scheiden zunächst etwa Auslieferungen oder Abschiebungen (vgl. zur Rechtslage nach dem Asylgesetz 1991 das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1996, Zl. 95/20/0101), aber auch - soweit es auf die Aufenthaltsdauer ankommt - durch Erkrankung oder ähnliche Hindernisse erzwungene Aufenthaltsverlängerungen aus (vgl. in der zuletzt genannten Hinsicht den Sachverhalt des Erkenntnisses vom 16. Jänner 1996; zur Inhaftierung im Herkunftsstaat Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law I (1966) 373). Davon abgesehen stellen sich Fragen nach den Motiven der Reise in den Herkunftsstaat, die mit denjenigen nach den Gründen für die Beantragung eines Reisepasses - sofern dieser für eine solche Reise Verwendung finden soll - identisch sein können.
Misst man im Sinne des zitierten Erkenntnisses vom 15. Mai 2003 der dritten Voraussetzung für die Annahme einer "Unterschutzstellung" - nämlich dem Erfordernis des Willens, die Beziehungen zum Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen - Bedeutung bei, so erübrigt es sich aber in der Regel, auch unter dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit auf die Erfüllung familiärer Verpflichtungen und ähnliche Beweggründe für das Verhalten einzugehen (vgl. in diesem Sinn Fitzpatrick in dem im Vorerkenntnis vom 15. Mai 2003 zitierten Papier und jetzt Fitzpatrick/Bonoan in Feller/Türk/Nicholson (Hrsg.), Refugee Protection in International Law (2003) 525 und 540; zur Unterscheidung von Unterschutzstellungsabsicht und Freiwilligkeit in der deutschen Rechtsprechung BVerwGE 89, 231 (236 ff)). Aus der erwähnten dritten Voraussetzung folgt auch das Erfordernis einer gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung zum Heimatstaat (vgl. die Bezugnahmen auf eine "veränderte Einstellung zum Heimatstaat" und die "dauerhafte" Wiederherstellung der Beziehungen zu ihm in der zitierten deutschen Entscheidung; gegen die Einbeziehung etwa des bloßen Besuchs eines alten oder kranken Elternteils auch das UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Abs. 125).
6. Die Anwendung des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv auf vorübergehende Aufenthalte im Herkunftsstaat stößt darüber hinaus - im Gegensatz zur erfolgreichen Beantragung eines Reisepasses, die stets als Hauptfall einer "Unterschutzstellung" galt - auf den prinzipiellen Einwand, dass die freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat in Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv geregelt ist, weshalb sich etwa Hathaway (The Law of Refugee Status (1991) 198 f) mit der allenfalls schädlichen Wirkung länger dauernder oder regelmäßiger Heimatbesuche im Zusammenhang mit diesem Beendigungstatbestand und nicht im Hinblick auf eine Subsumtion unter Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv auseinandersetzt. Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv setzt allerdings voraus, dass sich der Flüchtling wieder im Herkunftsstaat "niedergelassen" hat. Nach Hathaway (a.a.O., m.w.N.) wurde diese Formulierung bewusst gewählt, um in den Fällen einer bloß temporären Rückkehr keine Beendigungswirkung eintreten zu lassen. Hathaway hebt hervor, dass es auch ein Hindernis für freiwillige Repatriierungen wäre, wenn kurze Heimataufenthalte den Verlust des Flüchtlingsstatus zur Folge hätten (ähnlich jetzt Fitzpatrick/Bonoan, a.a.O., 529 und 541).
Hinzu kommt, dass sich die Schlüsse, die aus der - kürzeren oder längeren, ein- oder mehrmaligen - Rückkehr in den Herkunftsstaat zu ziehen sind, in Bezug auf Flüchtlinge mit der Staatsangehörigkeit des Herkunftsstaates einerseits und staatenlose Flüchtlinge andererseits nicht zu unterscheiden scheinen. Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv gilt aber - im Gegensatz zu Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv - nur für Flüchtlinge mit der Staatsangehörigkeit ihres Herkunftsstaates. Dies hängt mit dem weiteren Umstand zusammen, dass nur Staatsangehörige in den Genuss diplomatischen Schutzes gelangen können und bei der "Unterschutzstellung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv vor allem an die Inanspruchnahme der Auslandsvertretung des jeweiligen Heimatlandes gedacht war (so - unter ausdrücklicher Ausklammerung der Rückkehr in den Heimatstaat - die zitierte Entscheidung des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes; vgl. etwa auch Hathaway, a.a.O., 192 ff). Die fehlende Möglichkeit oder der fehlende Wille zur Inanspruchnahme dieser Art von "Schutz" außerhalb des Herkunftsstaates war auch mit der für Staatenlose gleichfalls nicht geltenden Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft in Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv, auf deren Wegfall sich Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv bezieht, gemeint (vgl. zu Entstehung und Funktion der "protection clause" Grahl-Madsen, a.a.O., 254 ff, 261, 379 ff, 402 ff; Grahl-Madsen, The Yale Journal of International Law, Vol. 11 No. 2 (1986) 362 ff; Kälin, Non-State Agents of Persecution and the Inability of the State to Protect (2001), abrufbar unter www.oefre.unibe.ch/oe-forsc.htm; Fortin, International Journal of Refugee Law, Vol. 12 No. 4 (2001) 548 ff; gegen Letzteren - in diesem Punkt zu Unrecht - Hathaway/Foster in Feller/Türk/Nicholson, a. a.O., 357 (372 ff)).
Die grundsätzliche, in Abs. 125 des UNHCR-Handbuches als Meinung "einiger Staaten" referierte Annahme, Aufenthalte im Herkunftsstaat könnten die Flüchtlingseigenschaft bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv auch gemäß Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv erlöschen lassen, liegt bei Bedachtnahme auf diese Zusammenhänge - entgegen der oben dargestellten Vorjudikatur zum Asylgesetz 1991 - nicht nahe."
Unter diesen vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Gesichtspunkten, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass eine wesentliche Vorraussetzung für die Annahme einer "Unterschutzstellung" das Erfordernis des Willens sei, die Beziehungen zum Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen, woraus sich die Notwendigkeit einer gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung zum Heimatstaat ergebe, kann - selbst bei Zutreffen der durch die Behörde erster Instanz getroffenen Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer regelmäßig zu Urlaubszwecken im Herkunftsstaat aufhält - aus diesem Umstand noch nicht der Wille abgeleitet werden, dass der Beschwerdeführer die Beziehungen zum Herkunftsstaat normalisieren wolle und dass sich daraus eine gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung des Herkunftsstaat ergibt. Ausdrücklich darauf hingewiesen wird in diesem Zusammenhang nochmals, dass der im Raum stehende Umstand, dass sich der Beschwerdeführer durch das Tätigen falscher Angaben seine Asylgewährung erschlichen haben könnte und sohin im Ergebnis die Beziehungen zum Herkunftsstaat in Wahrheit niemals belastet gewesen wären - und daher auch nicht "normalisiert" werden können -, nicht in einem Verfahren betreffend die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG 2005, sondern allenfalls im Rahmen einer amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 AVG zu behandeln ist.
Es ist daher im gegenständlichen Fall nicht mit einer Aberkennung des Status des Asylberechtigten vorzugehen.
Da im gegenständlichen Fall Spruchpunkt I. des angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides zu beheben ist, ist im Sinne der Bestimmung des § 8 Abs. 1 bzw. § 8 Abs. 2 AsylG 2005 - da dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht abzuerkennen ist - auch Spruchpunkt II. des angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides zu beheben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.