S12 402.344-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des D. alias M.A. alias O., geb. 00.00.1982, StA. Iran, p.A. European Homecare GmbH, Otto-Glöckel-Straße 24, Hauptgebäude, 2514 Traiskirchen, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.10.2008, FZ. 08 07.260, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100/2005, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 15.08.2008 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Anfrage vom selben Tag ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am 16.06.2008 in Samos (Griechenland) erkennungsdienstlich behandelt wurde.
1.2. Bei der Erstbefragung am 15.08.2008 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen, Erstaufnahmestelle, in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Farsi gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe sein Heimatland im Winter 2006 illegal und ohne Reisedokument verlassen und sei in der Folge nach Afghanistan gereist, wo er sich ca. zehn Monate aufgehalten habe. Dann habe er sich einen gefälschten Reisepass lautend auf einen anderen Namen besorgt und sei mit diesem nach Neu Delhi geflogen. Nach ca. fünf Monaten sei er zurück nach Kabul geflogen und von dort aus wieder zurück in den Iran. Von Teheran aus sei er in der Folge schlepperunterstützt in die Türkei gereist und von Izmir aus mit einem Schlauchboot auf die griechische Insel Samos. Dort sei er von der Polizei aufgegriffen und zurück in die Türkei abgeschoben worden. Er habe versucht, nochmals auf diesem Weg nach Griechenland zu gelangen, sei jedoch wieder von der Polizei aufgegriffen und in die Türkei zurückgeschickt worden, wo er in der Folge für 40 Tage inhaftiert worden sei. Nach seiner Entlassung sei er von einem Schlepper mit einem Jet-Ski nach Samos gebracht worden. Dort sei er von der griechischen Polizei wieder aufgegriffen und in ein Flüchtlingslager gebracht worden. Danach habe er einen Landesverweis erhalten und sei über Athen nach Patras gefahren. Von dort aus sei er auf einem LKW versteckt mit der Fähre nach Ancona in Italien gebracht worden und drei Tage später mit dem Zug nach Wien gefahren. In Griechenland sei er ca. 50 Tage aufhältig gewesen. Er wolle nicht nach Griechenland, da sich dort einige Familienmitglieder von ihm aufhalten würden und er Angst habe, er müsse mit Repressalien rechnen, weil er zum Christentum konvertiert sei. Sein Heimatland habe er verlassen, weil er im Jahr 2001 an Demonstrationen gegen die iranische Regierung teilgenommen habe und in der Folge von den Sicherheitsorganen ausgeforscht und verwarnt worden sei. Danach sei er im Studentenheim mit einer Bibel angetroffen worden und bevor die Polizei gekommen sei, habe er die Flucht ergriffen, da er befürchte, festgenommen zu werden.
1.3. Am 21.08.2008 richtete das Bundesasylamt ein dringliches Aufnahmeersuchen gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO) an die zuständige griechische Behörde.
1.4. Am 25.08.2008 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5, 68 Abs. 1 AVG, § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG), da Dublin Konsultationen mit Griechenland seit dem 21.08.2008 geführt werden (vgl. AS 51f).
1.5. Mit Schreiben vom 22.09.2008 informierte das Bundesasylamt die zuständige griechische Behörde, dass aufgrund des Fristablaufes die Zuständigkeit zur Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO auf Griechenland übergangen sei.
1.6. Am 03.10.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters und eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, dass er in Griechenland keinen Asylantrag gestellt habe, da er nicht darauf geachtet habe, ob er um Asyl ansuche oder nicht. Das erste Mal als er auf dem Schiff gewesen sei, hätten ihm die Polizisten alles weggenommen und ins Meer geworfen. Zur Anzeige gebracht habe er den Vorfall nicht. Er sei in die Türkei zurückgeschickt und das Boot sei vernichtet worden. Er habe auch nicht in Griechenland bleiben wollen, da ihn die Polizei sehr schlecht behandelt habe. Er habe auch gar keine Möglichkeit gehabt, einen Antrag zu stellen. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesasylamtes, ihn nach Griechenland zu überstellen, gab er an, dass er, abgesehen von den oben genannten Gründen, auch familiäre Probleme in Griechenland habe. Er habe seine Religion in Indien gewechselt und einige seiner Familienmitglieder, die in Griechenland leben würden und sehr religiös seien, seien damit nicht einverstanden. In Griechenland gebe es auch keine Unterkünfte für Asylwerber. Zu den vom Bundesasylamt vorgehaltenen aktuellen Länderberichten zu Griechenland brachte er vor, Griechenland sei für ihn nicht sicher und Unterstützung würde er auch nicht erhalten.
Der Rechtsberater legte im Rahmen dieser Einvernahme den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Gießen vom 25.04.2008, das Petitionsschreiben von Pro Asyl an den Deutschen Bundestag betreffend Abschiebungen von Flüchtlingen nach Griechenland vom 21.02.2008, das UNHCR Positionspapier vom 15.04.2008 und den NOAS Bericht vom 25.01.2008 vor.
1.7. Mit Schreiben vom 12.09.2008, eingelangt beim Bundesasylamt am 21.10.2008, stimmte Griechenland nachträglich einer Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO mit der Garantie zu, dass er nach der Ankunft in Griechenland einen Asylantrag stellen könne.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.08.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 7 iVm Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Griechenland zuständig sei. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt und im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der Asylgerichtshof bereits ausgeführt habe, dass im Falle eines konkreten Vorbringens in Hinblick auf eine mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK dies seitens der Behörde näher hinterfragt und eine diesbezügliche Stellungnahme der griechischen Behörden einzuholen sei. Ferner seien das Aufnahmesystem und die Aufnahmekapazitäten in Griechenland nicht ausreichend und werde hierzu auf einen Bericht von Pro Asyl vom Oktober 2007, das UNHCR Positionspapier vom 15.04.2008 und den Bericht in einem Ö1 Journal Panorama vom 10.06.2008, verwiesen. Betreffend das griechische Asylverfahren wurde auf das UNHCR Positionspapier vom 15.04.2008 verwiesen, welches Mängel im griechischen Asylverfahren aufzeige. Aus diesem Grund sei - nach dem Beschwerdevorbringen - das Asylverfahren in Griechenland nicht als rechtstaatliches Verfahren zu bezeichnen und sei nicht geeignet Flüchtlinge bzw. schutzbedürftige Personen zu identifizieren. Es bestehe sohin eine große Gefahr, dass der Beschwerdeführer bei einer Ausweisung und Überstellung nach Griechenland den benötigten Schutz nicht erhalten werde. Zu den Länderfeststellungen im erstinstanzlichen Bescheid wurde - unter Zitierung von Quellen - ausgeführt, dass die Entscheidung des zuständigen norwegischen Ministeriums, wieder Abschiebungen nach Griechenland durchzuführen, keine Auswirkungen auf die norwegische Berufungsinstanz habe. Ferner gebe es vermehrt Entscheidungen von Asylgerichten in europäischen Ländern, die eine Ausweisung und Überstellung von Asylwerbern nach Griechenland derzeit als menschenrechtswidrig ansehen würden. Verwiesen wurde diesbezüglich auf einige Entscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte, insbesondere auf jene des Bayrischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23.09.2008, AN 14 E 08.30321, AN 14
S 08.30354. In Griechenland komme es weiters zu systematischen Misshandlungen von Asylwerbern und Fremden. Nach einem Bericht von Amnesty International vom 28.05.2008, habe sich die Lage in letzter Zeit noch verschlechtert. Ferner wurde auf einen Bericht des Antifolterkomitees vom 08.02.2008 verwiesen, demzufolge in Griechenland für Personen in Polizeigewahrsam ein reales Risiko bestehe, misshandelt zu werden.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Der Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem, dem Asylgerichtshof vorliegenden, Verwaltungsakt des Beschwerdeführers.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz mit einer Ausweisung zu verbinden. Diese gilt gemäß § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den bezeichneten Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen. Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würden und diese nicht von Dauer sind, ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Die Dublin II-VO sieht in den Art. 6 bis 14 des Kapitels III Zuständigkeitskriterien vor, die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO in der im Kapitel III genannten Reihenfolge Anwendung finden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt, von jenem (einzigen) Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin II-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Gemäß dem Zuständigkeitskriterium des Art. 13 Dublin II-VO ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig, wenn sich anhand der Kriterien dieser Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt.
In den Art. 5 ff Dublin-VO werden die Kriterien aufgezählt, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird.
Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach seiner Einbringung entscheidet, dass er zurückzuweisen ist, es sei denn, es werden Konsultationen gemäß der Dublin II-VO oder einem entsprechenden Vertrag geführt. Dass solche Verhandlungen geführt werden, ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen.
§ 41 Abs. 3 AsylG lautet: "In einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung ist § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
2.2. Es ist daher zunächst zu überprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach Kriterien der Art. 6 bis 12 bzw. 14 und Art. 15 Dublin II-VO zuständig ist oder die Zuständigkeit bei ihm selbst nach dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II-VO (erste Asylantragstellung) liegt.
Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt dahingehend zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit Griechenlands gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO besteht. Da Griechenland nicht binnen der vorgegebenen Frist geantwortet hat bzw. die Zustimmungserklärung erst nach Fristablauf eingelangt ist, besteht eine Zustimmung durch Zeitablauf gemäß Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO und ist daher die Zuständigkeit auf Griechenland übergegangen
Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II-VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22 ff).
2.3. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher - entsprechend den Ausführungen in der Beschwerde - noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11, festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten nicht kraft Gemeinschaftsrecht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei. Er hat dabei aber gleichzeitig ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zwingend geboten sei.
Bei einer entsprechender Häufung von Fällen, in denen aufgrund der Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen. Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II-VO geht davon aus, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-VO). Er hat dabei keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen. Diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der EMRK-konformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei einer Verletzung der EMRK durch die Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat keine Überstellung stattfinden darf. Auch der EGMR hat festgestellt, dass der Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entsprechen muss (30.06.2005, Bosphorus Airlines/Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer, vom Antragsteller bescheinigter, außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können.
2.3.1. Im gegenständlichen Verfahren ist nicht abschließend geklärt, ob Österreich verpflichtet wäre, von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen und erweist sich das Verfahren daher aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, dass er von der Polizei misshandelt und an der Stellung eines Asylantrags gehindert worden sei sowie dass er keine Unterbringung erhalten hätte. Vor dem Hintergrund der dem Bundesasylamt bekannten Berichten (z.B NOAS vom 9.4.2008), in denen die relativ häufige Misshandlung von Fremden durch griechische Staatsorgane und der nach wie vor gültigen Aufforderung des UNHCR vom 15.4.2008, auch angesichts der Versorgungsprobleme von einer Überstellung von Asylwerbern nach Griechenland abzusehen, kommt diesem Vorbringen des Beschwerdeführers allerdings erhöhte Relevanz zu. Eine adäquate beweiswürdigende Auseinandersetzung mit diesem daher nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Darlegungen des Beschwerdeführers hat nicht in ausreichendem Maße stattgefunden. Dabei sind auch die jüngsten Pressetexte (etwa der Ausführungen eines UNHCR-Vertreters in Athen) zu beachten, die von einer Verweigerung der Entgegennahme von Asylanträgen und einer völligen Überlastung des Aufnahmesystems berichten, und in die beweiswürdigende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers mit einzubeziehen. In diesem Rahmen wird eine aktuelle Prüfung der tatsächlichen Situation hinsichtlich einer Vorgabenkonformität der Asylverfahren in Griechenland in entscheidungsrelevanten Punkten unter Vornahme geeigneter weiterer Erhebungen zu erfolgen haben, wozu auch eine Stellungnahme der griechischen Behörden, allenfalls auch Zusicherungen im konkreten Fall, zweckmäßig erscheinen könnte. Es mag durch eine solche Anfrage auch möglich sein, die Glaubwürdigkeit der Behauptungen des Beschwerdeführers zu seinen tatsächlichen Erfahrungen in Griechenland zu überprüfen, die diesbezügliche Anführung einer Unplausibilität in den Ausführungen des Beschwerdeführers greift mangels Eindeutigkeit und näherer Befragung zu kurz.
Ferner ist darauf zu verweisen, dass es die Aufgabe des Bundesasylamtes ist, sich ein ständig aktualisiertes Bild der Situation für Asylwerber in Griechenland zu machen, wobei anzumerken ist, dass die letzte Aktualisierung der Länderfeststellungen offensichtlich aus Juli/August 2008 stammt. Dies kann jedoch im Falle Griechenlands - ein substantiiertes Vorbringen des Beschwerdeführers vorausgesetzt - nicht als ausreichend erachtet werden, da beispielsweise in - dem Asylgerichtshof vorliegenden - aktuellen Pressetexten von einer Verweigerung der Entgegennahme von Asylanträgen gesprochen wurde, was zumindest einer näheren Prüfung in Hinblick auf die Relevanz in Verfahren nach der Dublin II-VO bedarf.
2.3.2. Die notwendige Einzelfallprüfung macht es daher im gegenständlichen Fall erforderlich, das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Situation in Griechenland schlüssig und nachvollziehbar auf die Glaubwürdigkeit zu prüfen und das Verfahren wie oben ausgeführt durch weitere Erhebungen zu ergänzen. Dabei wird sich das Bundesasylamt insbesondere mit dem Bericht von NOAS, Norvegian Helsinki Committee und Greek Helsinki Monitor vom 09.04.2008 ("A gamble with the rights of asylum-seekers in Europe, Greek asylum-policy and the Dublin II regulation"), des Norwegian Helsinki Commitee (NHC), des Greek Helsinki Monitor (GHM) und den Richtlinien des Generaldirektors betreffend die Anwendung der Dublin II-VO im Verhältnis zu Griechenland vom 07.05.2008 des Schwedischen Migrationsamtes (Fact Finding Mission des Schwedischen Migrationsamtes im April 2008) sowie dem UNHCR Positionspapier vom 15.04.2008 "UNHCR Position on the return of asylum seekers to Greece under the ¿Dublin Regulation'" und mit den in der Beschwerde zitierten Berichten und Quellen - wie z.B. die genannten Entscheidungen der deutschen Verwaltungsgerichte - beweiswürdigend auseinanderzusetzen haben. Die Ermittlungsergebnisse sind sodann mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.
3. Der Sachverhalt, welcher dem Asylgerichtshof vorliegt, ist daher so mangelhaft, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unerlässlich ist. Der Gesetzgeber hat für das Verfahren über Berufungen (bzw. Beschwerden i.S. der Anordnung des § 23 AsylGHG) gegen zurückweisende Bescheide sehr kurze Fristen gesetzt (§ 41 Abs. 2, § 37 Abs. 3 AsylG 2005). Andererseits ist aber der Asylgerichtshof dazu verpflichtet, bei einem "mangelhaften Sachverhalt" der Beschwerde stattzugeben, ohne § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden (§ 41 Abs. 3 AsylG 2005). Das Ermessen, das § 66 Abs. 3 AVG dem Asylgerichtshof einräumt, allenfalls selbst zu verhandeln und zu entscheiden, besteht somit in einem solchen Verfahren nicht. Aus den Materialien (EB zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 66) geht hervor, dass "im Falle von Erhebungsmängel die Entscheidung zu beheben, das Verfahren zuzulassen und an das Bundesasylamt zur Durchführung eines materiellen Verfahrens zurückzuweisen" ist. Diese Zulassung stehe einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Daraus und aus den erwähnten kurzen Entscheidungsfristen ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Beschwerdebehörde im Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide von einer Ermittlungstätigkeit möglichst entlasten wollte. Die Formulierung im dritten Satz des § 41 Abs. 3 AsylG 2005 ("wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint"), schließt somit nicht aus, dass eine Stattgabe ganz allgemein in Frage kommt, wenn dem Asylgerichtshof - auf Grund erforderlicher zusätzlicher Erhebungen - eine unverzügliche Erledigung der Beschwerde unmöglich ist.
4. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG idF BGBl. I Nr. 2008/4 konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
5. Auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war aufgrund der gegenständlichen Entscheidung innerhalb der gesetzlichen Frist nicht einzugehen.
6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.