B2 306.389-2/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat gemäß §§ 61, 75 Abs. 4 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 durch die Richter Mag. Magele als Einzelrichterin über die Beschwerde des B.B., geb. 00.00.2005, StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.10.2008, FZ. 08 08.804 EWest, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde von B.B. vom 22.10.2008 gegen Spruchteil II des Bescheides des Bundesasylamtes vom 03.10.2008, FZ. 08 08.804 EWest, wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo albanischer Volkszugehörigkeit, wurde am 00.00.2005 in Österreich geboren. Am 08.05.2006 stellte seine Mutter als gesetzliche Vertreterin für ihn erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei sie im Verlauf ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21.09.2006 erklärte, der Beschwerdeführer selbst sei (grundsätzlich) gesund und habe keine eigenen Fluchtgründe. Sie selbst habe den Asylantrag ausschließlich deshalb gestellt, weil ihre Aufenthaltsberechtigung nicht verlängert worden sei. Sie sei im Kosovo nie verfolgt worden.
2. Das Bundesasylamt wies den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 28.09.2006, Zahl: 06 04.909-BAL, gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz ab und erkannte dem Asylwerber den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchteil I). Weiters wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zuerkannt (Spruchteil II) und wurde der Asylwerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG nach Serbien Provinz Kosovo ausgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei offensichtlich nur gestellt worden, um den Zusammenhalt der Kernfamilie zu wahren. Auch für eine existenzielle Gefährdung für den Fall einer Rückkehr in den Kosovo gebe es keinerlei Anhaltspunkte.
3. Dagegen erhob die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers das Rechtsmittel der Berufung (in Form einer Mitanfechtung anlässlich der Berufung in ihrem eigenen Verfahren) und brachte neuerlich vor, im Kosovo keine Existenz zu haben. Insbesondere werde es kaum möglich sein, eine Arbeit zu finden. Zudem habe ihr Gatte beinahe sein gesamtes Geld verbraucht um sich in Österreich eine Existenz aufzubauen. Konkrete Ausführungen zum minderjährigen Beschwerdeführer waren der Berufung nicht zu entnehmen.
4. Der Unabhängige Bundesasylsenat hat mit Bescheid vom 29.04.2008, Zl. 306.389-C1/2E-VIII/23/06, diese Berufung gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs 1 Z 1 AsylG abgewiesen, Spruchteil III des bekämpften Bescheides jedoch ersatzlos behoben. Begründend wurde zunächst ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine Umstände aufzeigen können, warum die rechtliche Beurteilung der Erstbehörde hinsichtlich der Prüfung des Asylantrages unrichtig sein sollte. Auch eine allgemeine extreme Gefährdungslage sei im Kosovo nicht ersichtlich gewesen. Hinsichtlich der ersatzlosen Behebung der Ausweisung wurde unter Bezugnahme auf die nicht ausgesprochene Ausweisung im ersten Asylverfahren des Vaters ausdrücklich (und ausschließlich) auf die Judikatur des VwGH zur Ausweisung von Mitgliedern einer Kernfamilie - explizit genannt "VwGH 16.01.2008, 2007/19/0851-5" - verwiesen.
5. Am 19.09.2008 stellte die Mutter als gesetzliche Vertreterin für den Beschwerdeführer (wie auch für sich selbst) einen zweiten (den nunmehr verfahrensgegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz. Dazu gab sie im Verlauf der niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in ihrem eigenen Verfahren am 22.09.2008 hinsichtlich ihrer Sprachkenntnisse lediglich "albanisch" an. Ihre Mutter würde im Kosovo leben, ihr Mann und die Kinder in Österreich. Seit dem ersten Asylantrag habe sie das Bundesgebiet nicht mehr verlassen, die damaligen Gründe seien noch immer aufrecht. Zudem müssten sie bei einer Rückkehr von der Sozialhilfe in Höhe von 70 ¿ leben und könnten so die Familie nicht ernähren.
6. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 26.09.2008 gab die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers zunächst an, im Februar 2005 in Österreich als Landarbeiterin tätig gewesen zu sein. Befragt zu den Gründen ihres Antrages auf internationalen Schutz gab sie an, sie sei bereits über vier Jahre in Österreich, ihr Gatte sogar seit über 10 Jahren. Sie möchte ihre Kinder in Österreich in die Schule schicken und wisse nicht, wovon die Familie im Kosovo leben sollte.
7. Im Verlauf einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 30.09.2008 erklärte die Mutter des Beschwerdeführers zunächst, ihre Angaben würden auch für die gemeinsamen Kinder gelten. Anschließend gab sie an, sie habe ihren bisherigen Aussagen nichts mehr hinzuzufügen.
Hinsichtlich des unmündig minderjährigen Beschwerdeführers wurde im gesamten Verfahren keinerlei individualisiertes Vorbringen erstattet.
8. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 03.10.2008, Zl. 08 08.804 EWest, den Antrag auf internationalen Schutz des Asylwerbers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und den Asylwerber gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt II).
Im angefochtenen Bescheid wurde zunächst ausgeführt, dass nie individuelle Asylgründe des Asylwerbers behauptet worden seien und der erste Asylantrag der gesetzlichen Vertreterin - in den jener des Asylwerbers später integriert wurde - lediglich gestellt worden sei, da ihre Aufenthaltsberechtigung abgelaufen sei. Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers habe nie ein asylrelevantes Vorbringen (weder für sich noch für den Beschwerdeführer) erstattet und insbesondere auch keine (wesentliche) Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts oder der anzuwendenden Rechtsnormen darlegen können. Für das Vorliegen einer solchen gebe es auch sonst - bei amtswegiger Prüfung - keinerlei Hinweise.
Betreffend der Ausweisung wurde zunächst festgehalten, dass auch die Anträge der übrigen Mitglieder der Kernfamilie gemäß § 68 AVG zurückzuweisen seien. Sonstige Bindungen zu Österreich würden nicht bestehen. Nach der Rechtsprechung des VwGH sei "das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist", was auch auf die Verfahren der Eltern zutreffe. Auch sei der Asylwerber selbst in einem "anpassungsfähigen Alter".
9. Gegen diesen Bescheid wurde lediglich gegen Spruchteil II (Ausweisung) Beschwerde erhoben. Inhaltlich befasst sich diese Beschwerde jedoch ausschließlich mit der Aufenthaltsdauer und beruflichen Integration des Vaters der Beschwerdeführerin. Zudem habe der Asylgerichtshof - etwa im Erkenntnis C3 247.409 vom 18.09.2008 - bei bereits gut integrierten Familien gegen die Ausweisung entschieden. Es werde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und "die bekämpften Bescheide nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde insofern abzuändern, als die Ausweisung in die Republik Kosova aufgehoben wird".
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt des Beschwerdeführers und seiner Eltern.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
2.1. Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.
Gemäß Abs. 3 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen 1. zurückweisende Bescheide a) wegen Drittstaatsicherheit gemäß § 4; b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5; c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und 2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
2.2. Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetztes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entscheidenden Sache (§ 68 AVG).
2.3. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 23 AsylG (bzw. § 23 Abs. 1 AsylG idF der AsylGNov. 2003) ist auf Verfahren nach dem AsylG, soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG anzuwenden.
2.4. Da lediglich gegen Spruchteil II des angefochtenen Bescheides Beschwerde erhoben wurde, erwuchs Spruchteil I des angefochtenen Bescheides in Rechtskraft.
2.5. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Nach Abs. 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Die gegenständliche Beschwerde nimmt auf den Beschwerdeführer selbst keinerlei inhaltichen Bezug, sondern befasst sich ausschließlich mit der sozialen und beruflichen Integration seines Vaters in Österreich, die einer Ausweisung entgegenstehen soll (was im Zuge des anhängigen Familienverfahrens Auswirkungen auf den Beschwerdeführer hätte). Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tage betreffend den Vater sei verwiesen.
Ergänzend sei lediglich angemerkt, dass der knapp dreijährige Beschwerdeführer jedenfalls im anpassungsfähigen Alter ist (überdies die Muttersprache der Eltern albanisch ist) und eine eigenständige Integration des Beschwerdeführers in Österreich (nicht zuletzt angesichts seines Alters) ausgeschlossen werden kann.
Da sohin im Berufungsfall die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG, nämlich die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache, vorliegt;
weiters keine Umstände hervorgekommen sind, die diese Ausweisung unzulässig erscheinen ließen, nämlich weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht noch familiäre Beziehungen, die eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirken könnten (§ 10 Abs. 2 leg. cit.), sowie auch kein Anhaltspunkt für einen Aufschub der Durchführung der Ausweisung vorliegt (§ 10 Abs. 3 leg. cit.), war auch der Berufung gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides der Erfolg zu versagen.
Schlussendlich ist noch darauf hinzuweisen, dass mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom heutigen Tage auch die Beschwerden der restlichen Mitglieder der Kernfamilie des Beschwerdeführers abgewiesen wurden.
Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG Abstand genommen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.