B3 264.648-0/2008/5E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von R.M., geboren am 00.00.1966, iranischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. September 2005, Zahl: 04 14.835-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und R.M. gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BG BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG wird festgestellt, dass R.M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 21. Juli 2004 gemäß § 7 AsylG ab (Spruchteil I.), erklärte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Islamische Republik Iran für zulässig (Spruchteil II.) und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchteil III.).
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, die nunmehr als Beschwerde zu werten ist (vgl. dazu weiter unten). Am 27. Mai 2008 führte die Rechtsmittelbehörde in der Sache des Beschwerdeführers eine - gemäß § 39 Abs. 2 AVG mit den Verfahren seiner Ehefrau und Kinder verbundene - öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser wurden der Beschwerdeführer und seine Ehefrau ergänzend einvernommen. Weiters wurden der Bericht des (dt.) Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 18. März 2008 (Beilage 1 zur Verhandlungsschrift [VS]), die ACCORD - Anfragebeantwortung vom 22. Juni 2004 "Iran: Vertrieb/Besitz: verbotene Musik (Madonna, Metallica, Abba, Pink, Floyd), verbotene Literatur", Zahl: a-3857, (Beilage 2 zur VS), der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe "Iran: Sanktionen bei Verstoss gegen moralische Normen" (Beilage 3 zur VS), der von Freedom House im Jahre 2008 veröffentlichte Bericht von Saeed Paivandi "Discrimination and Intolerance in Iran¿s Textbooks" (Beilage 4 zur VS) und die Anfragebeantwortung von Country of Origin Research vom 14. Juni 2006 "Iran: Sanctions for possession and distribution of banned books and video cassettes; convictions for such offences (2004-2006)", Zahl: IRN101300.FE, (Beilage 5 zur VS), verlesen und erörtert.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zur hier relevanten Situation in der Islamischen Republik Iran:
1.1.1. Allgemeines:
Das konservative und radikal-konservative Lager konnte seine Machtposition durch personelle Neubesetzung sämtlicher strategisch wichtiger Posten festigen. Internationale Spannungen, wirtschaftliche Probleme, eine in Teilen zunehmend unzufriedene Gesellschaft und die im März 2008 anstehenden Parlamentswahlen setzen jedoch die Regierung Ahmadinejad unter Druck. Außenpolitisch wird eine Politik der Polarisierung verfolgt, die Innenpolitik ist durch verstärkte Repression geprägt.
Zivilgesellschaftliche Spielräume sind weiter eingeengt worden. Die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen wird schwieriger, die Situation für Menschenrechtsaktivisten hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Gegen diese sowie prominente Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die sich im Sinne der reformbereiten Kräfte politisch engagieren, geht die iranische Justiz unvermindert vor. Es besteht die Tendenz, jeglichen Einsatz für die Zivilgesellschaft und Kontakte mit dem westlichen Ausland gleich welcher Art zu kriminalisieren.
Die Medien sind zunehmend durch vom Regime erlassene Vorgaben in ihrer Berichterstattung eingeschränkt. Es ist eine verstärkte Selbstzensur der Medien zu beobachten. Kontakte iranischer Medienvertreter oder NRO-Mitarbeiter zu ausländischen Beobachtern werden behindert.
Grausame Strafen werden verhängt und vollstreckt. 2007 nahm die Zahl von Hinrichtungen deutlich zu; zum Teil werden diese weiterhin auch öffentlich durchgeführt.
[...]
Seelische und körperliche Folter bei Verhören, in der Untersuchungshaft und im Strafvollzug kommt vor. Es gibt weiterhin willkürliche Festnahmen und lang andauernde Haft ohne Anklage oder Urteil.
[...]
Eine nach außen wirksame aktive politische Betätigung, die erkennbar den Sturz des Regimes oder des islamischen Systems zum Ziel hat, wird strafrechtlich strikt verfolgt. Als Begründung werden dabei herangezogen die Artikel 183 bis 196 des iranischen Strafgesetzbuchs (iStGB) betreffend die Bestrafung wegen "Feindschaft gegen Gott" ("Mohareb") und "Korruption (Verderben schaffen) auf Erden" ("Mofzed bil Arz").
Gemäß Art. 183 iStGB ist ein "Feind Gottes" (Mohareb) jeder, der bewaffnet und in öffentlichkeitswirksamer Weise Angst und Schrecken bei den Menschen verbreitet und sie ihrer Freiheit und Sicherheit beraubt.
Gemäß Art. 186 iStGB sind Mitglieder und Unterstützer einer Organisation, die bewaffnet
gegen die iranische Regierung kämpft, "Feinde Gottes", selbst wenn sie nicht im militärischen
Zweig der Gruppe mitarbeiten.
Gemäß Art. 190 iStGB werden "Feinde Gottes" oder Personen, die sich der "Korruption auf Erden" schuldig gemacht haben, mit Körperstrafe oder dem Tod bestraft.
Auch einige zu den "Staatsschutzdelikten" zählende Straftatbestände (insbesondere Artikel 498 bis 515 iStGB) sehen z.T. harte Strafen für gegen das Regime gerichtete Aktivitäten vor, die bei Vorliegen der genannten Erschwerungsgründe ("Mofzed bil Arz" oder "Mohareb") bis zur Todesstrafe reichen. Hervorzuheben sind dabei Art. 513 und 514 iStGB, die die Beleidigung des Islam, des Propheten bzw. der Revolutionsführer Khomeini und Khamenei unter Haftstrafe und - falls der Tatbestand der Blasphemie ("Sab-on-Nabi") vorliegt - unter Todesstrafe stellen.
Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches - insbesondere das Prinzip der "Herrschaft des Rechtsgelehrten" - richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können wegen Spionage belangt werden. Grundlage für eine Strafverfolgung sind die Artikel 502, 503 und 505 iStGB in der Fassung vom 09.07.1996. Die Strafen liegen zwischen einem und zehn Jahren Freiheitsentzug, es sei denn, der Beschuldigte ist "mohareb" (Kämpfer gegen Gott); in einem solchen Fall ist auch die Todesstrafe möglich.
[...]
Die Strafverfolgungspraxis ist insbesondere in Bezug auf politische Überzeugungen diskriminierend. Dabei werden Beschuldigten bzw. Angeklagten nach westlichem Rechtsverständnis grundlegende Rechte vorenthalten, die teils auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge dürfen beim Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten werden. Oft erhalten Gefangene während der laufenden Ermittlungen keinen rechtlichen Beistand, teils weil ihnen das Recht dazu verwehrt wird, teils weil ihnen die finanziellen Mittel hierzu fehlen.
Insbesondere bei politisch motivierten Verfahren gegen Oppositionelle erheben Gerichte oft Anklage aufgrund konstruierter oder vorgeschobener Straftaten, z. B. Spionage für das Ausland, Sexualdelikte, Korruption. Die Strafen sind in Bezug auf die vorgeworfene Tat oft unverhältnismäßig. In mehreren dem Auswärtigen Amt bekannt gewordenen Fällen - insbesondere bei politischen Hintergründen - wurde den Angeklagten der Zugang zu ihren Anwälten über längere Zeit unmöglich gemacht oder erschwert. Mehrere Anwälte, die die Verteidigung regimekritischer Personen übernommen hatten, wurden anschließend selbst mit konstruierten Anklagen konfrontiert und zu Haftstrafen verurteilt.
Die derzeit prominentesten Beispiele für die Behinderung von Strafverteidigern sind die Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi und der Mitgründer des Zentrums für Menschenrechte Abdolfattah Soltani. Dieser hatte prominente Angeklagte wie den Journalisten Akbar Ganji und die unter ungeklärten Umständen in Haft verstorbene Fotojournalistin Zahra Kazemi vertreten. Sieben der Anwälte, die die Ahwazi-Araber in Zusammenhang mit Bombenanschlägen 2005 verteidigt hatten, wurden vor dem Revolutionsgericht wegen "Handlungen gegen die staatliche Sicherheit" angeklagt, nachdem sie in einem offenen Brief Defizite bei den Verfahren gegen ihre Mandanten geäußert hatten.
Daneben kommt es zu zahlreichen weiteren Verstößen gegen Verfahrensrechte. Anwälte werden in einigen Fällen durch Überreichen unvollständiger Gerichtsakten oder durch verspätete bzw. sehr kurze Überlassung der Akten an einer effektiven Verteidigung gehindert. Politische Prozesse finden oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, obwohl die Verhandlungen nach iranischem Recht frei zugänglich sein müssten. Zeugen werden durch Drohungen zu belastenden Aussagen gezwungen. Die Unschuldsvermutung gilt nicht immer. Berufungen werden dadurch erschwert, dass der Angeklagte bzw. sein Anwalt das Protokoll der Hauptverhandlung nicht einsehen können. Teils wird das Recht zur Berufung nicht gewährt.
[...]
Soweit staatliche Repressionen praktiziert werden, geschieht dies landesweit und unterschiedslos.
Quelle: Bericht des [dt.] Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 18. März 2008 (S 5, 11f, 22f, 29), Beilage 1 zur VS
1.1.2. Besitz von verbotener Literatur, Musik und Filmen:
Die iranische Verfassung sieht Meinungs- und Pressefreiheit vor, allerdings mit bestimmtenEinschränkungen. Beispielsweise werden Publikationen verboten, die den islamischen Prinzipien widersprechen oder die als Propaganda und feindliche Handlungen dem Staat gegenüber eingestuft werden. Da im Gesetz nirgendwo definiert wird, was mit Propaganda gemeint ist, bleibt auch hier für das Justizsystem ein großer Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum. Obwohl das Pressegesetz die Zensur verbietet, müssen die Autoren von Publikationen, die die staatlichen oder religiösen Führer des Landes beleidigen oder der Islamischen Republik Iran einen Schaden zufügen, mit hohen Strafen rechnen. Falls Bücher oder andere Schriften als eine Anstiftung zu Verbrechen gegen den Staat oder als Beleidigung des Islams eingestuft werden, kann dies sogar zur Todesstrafe führen. In den letzten Jahren wurden immer wieder Bücher verboten oder zensuriert. Es gibt Bücher, die nach einer Publikation nicht mehr verkauft werden dürfen. Viele stehen Monate auf der Warteliste, um eine Drucklizenz zu erhalten, da jedes Buch, das im Iran publiziert werden will, eine Erlaubnis des Kulturministeriums braucht. Es werden auch alle ausländischen Materialien kontrolliert, die in der früheren Zeit zugelassen wurden.
Ende 2005 kündigte der Minister für Islamische Kultur erhöhte Kontrollen von Büchern, Kinos und Theater an. Es wurde auch eine verstärkte Überwachung (von Hunderten) von kulturellen Vereinigungen angekündigt. Mehr als 30 Konzerte wurden abgesagt. Auch westliche Musik und Filme, die "Säkularisierung, Feminisierung, unmoralisches Verhalten, Drogenkonsum, Gewalt und Alkoholismus" fördern, sind im Iran verboten. Dabei lässt der Mangel an klaren Bestimmungen eine gewisse Willkür zu. Das Unmoralische am Besitz von bestimmten Büchern oder beim Hören von westlicher Musik wird darin gesehen, dass diese den Menschen vom Glauben ablenken und Werte verbreiten, die den islamischen Prinzipien nicht entsprechen. Die Kampagne gegen die lockeren Sitten richtet sich gegen "den moralischen Verfall und den Einfluss des korrumpierten Westens". Das Regime hat iranische Pop-Musik zugelassen. Das Verbot der westlichen Musik ist nicht völlig durchsetzbar, denn die Platten und Kassetten von westlichen Sängern und Sängerinnen sind auf dem Schwarzmarkt leicht zu erwerben oder können im Internet heruntergeladen werden. In Privathäusern, Autos, aber auch in vielen Cafehäusern und Geschäften wird die verpönte Musik ungeniert gespielt. Vor den Cafehäusern werden häufig von den Betreibern bezahlte Aufpasser postiert, die vor der zivil gekleideten "Moral-Polizei" warnen. Verhaftungen wegen Hörens oder Aufnehmens von westlicher Musik gibt es aber weiterhin und Lokale, die verbotene Musik abspielen, können geschlossen werden. Für Hochzeiten, an denen "moderne Musik" gespielt wird, wird eine Gebühr eingezogen, auch die Konfiszierung westlicher Musikinstrumente wird erwähnt. Menschen, die an Partys teilnehmen, an denen die verbotene Musik zu hören ist, können verhaftet werden.
Quelle: Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 30. Juni 2007 "Iran: Sanktionen bei Verstoß gegen moralische Normen"(S. 15f), Beilage 3 zur VS
1.2. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und ist ein iranischer Staatsbürger schiitischen Glaubens. Er ist der Ehemann von S.M. (GZ. 264.650) und der Vater von R.O. (GZ. 264.652) und von R.Z. (GZ. 264.653).
Der Beschwerdeführer betrieb in S. eine Buchhandlung mit Schreibartikel. Am 00.00.2004 wurde er von zwei iranischen Sicherheitskräften mit dem Vorwurf verhaftet, Schüler gegen das iranische Regime aufgehetzt zu haben, weil er regierungskritische Bücher verkauft hätte. Der Beschwerdeführer besaß zwar bei sich zu Hause regimefeindliche Karikaturen, doch verkaufte er diese nicht. Sein Geschäft wurde durchsucht und - obwohl keine regimefeindlichen Verkaufsartikel gefunden werden konnten - behördlich geschlossen und versiegelt. Während seiner Haft wurde der Beschwerdeführer körperlich und seelisch gefoltert. Ihm wurde in Verhören vorgeworfen, die Bevölkerung gegen das iranische Regime aufgehetzt und am Tag der Revolution sein Geschäft aufgesperrt zu haben, obwohl dies gesetzlich verboten ist. Am 00.00.2004 wurde er schließlich mit der Auflage entlassen, sich einmal pro Monat beim iranischen Kontrollamt zu melden. Nach seiner Entlassung musste der Beschwerdeführer psychiatrisch behandelt werden. Da iranische Sicherheitsbehörden va. im Bekanntenkreis des Beschwerdeführers weiterhin Ermittlungen führten, ob der Beschwerdeführer regierungsfeindliche Tätigkeiten ausübte bzw. Kontakte zu oppositionellen Aktivisten pflegte, flüchtete der Beschwerdeführer aus Angst vor einer weiteren Verhaftung mit seiner Familie am 26. Juni 2004 aus der Islamischen Republik Iran.
Auf Grund seiner psychischen Situation ist der Beschwerdeführer auch in Österreich in psychiatrischer Behandlung.
2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Situation in der Islamischen Republik Iran stützen sich auf die zitierten Quellen, die in der Verhandlung erörtert wurden. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen die Verfahrensparteien nicht entgegengetreten sind, besteht für den Asylgerichtshof kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.
2.2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinem glaubwürdigen Vorbringen und seiner vorgelegten iranischen Geburtsurkunde (AS 63ff).
2.2.2. Die Feststellungen zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers basieren auf folgenden Überlegungen: Bei Einbeziehung des persönlichen Eindrucks vom Beschwerdführer und seiner Ehefrau, der im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen werden konnte, ist deren Angaben zu den Geschehnissen in der Islamischen Republik Iran Glaubwürdigkeit zuzubilligen; die diesbezüglichen Angaben erweisen sich als detailreich, frei von Widersprüchen und stellen sich - vor dem Hintergrund iranischer Verhältnisse - auch als plausibel dar. Die Feststellungen zum psychischen Zustand des Beschwerdeführers ergeben sind überdies aus dem vorgelegten Bericht eines Facharztes für Psychiatrie. Zu den Ausführungen des Bundesasylamtes ist Folgenden festzuhalten: Das Bundesasylamt meinte, das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sei unglaubwürdig, weil dieses im Widerspruch zur Länderdokumentation stehe, wonach die private oder öffentliche Äußerung keine staatlichen Zwangsmaßnahmen auslöse, solange diese nicht erkennbar darauf abziele, das Regime als solches zu stürzen. Der Beschwerdeführer sei auch von keinem iranischen Gericht angeklagt worden. Dem ist entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer bereits verhaftet und mehrere Wochen lang gefoltert wurde; auch nach seiner Entlassung wurden weiterhin Ermittlungen geführt, ob der Beschwerdeführer regierungsfeindlich tätig war. Damit wurden bereits staatliche Zwangsmaßnahmen ausgelöst, denen sich der Beschwerdeführer durch seine Flucht entzog. Es ist somit nicht nachvollziehbar, wie das Bundesasylamt zu seinen Schlussfolgerungen gelangen konnte.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz BGBl. I 4/2008) ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Die Zuständigkeit des Asylgerichtshofes stützt sich auf § 38 AsylG 1997. Diese Bestimmung spricht zwar vom "unabhängigen Bundesasylsenat" und ist durch das AsylGH-EinrichtungsG nicht geändert worden; auch die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 ergeben insoweit nichts. Da jedoch gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 1 B-VG der unabhängige Bundesasylsenat am 1. Juli 2008 zum Asylgerichtshof geworden ist und dieses Gericht gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 B-VG die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängigen Verfahren weiterzuführen hat, ist davon auszugehen, dass sich § 38 AsylG 1997 nunmehr auf den Asylgerichtshof bezieht. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich jene Bestimmungen des AsylG 1997, die von "Berufungen" sprechen, nunmehr auf Beschwerden beziehen (vgl. AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).
3.2.1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
3.2.2. Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.
3.3.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen.
3.3.2. Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag nach dem 1. Mai 2004 gestellt; das Verfahren war am 31. Dezember 2005 anhängig; es ist daher nach dem AsylG idF der AsylG-Novelle 2003 zu führen.
3.4.1. Gemäß § 23 Abs. 1 AsylG ist auf Verfahren nach dem AsylG, soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG anzuwenden. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
3.4.2. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, 98/01/0352). Das einer "inländischen Fluchtalternative" innewohnende Zumutbarkeitskalkül setzt voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).
3.4.3.1. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur Situation in der Islamischen Republik Iran besteht für den Beschwerdeführer angesichts des zu seinen Asylgründen festgestellten Sachverhalts eine objektiv nachvollziehbare Verfolgungsgefahr:
Der Beschwerdeführer gelangte in das Blickfeld iranischer Sicherheitskräfte, weil ihm unterstellt wurde, die Bevölkerung gegen das iranische Regime aufzuhetzen (vgl. VwGH 24.3.1999, 98/01/0386;
16.6.1999, 98/01/0339; 6.7.1999, 99/01/0044; 8.9.1999, 98/01/0614;
16.2.2000, 98/01/0253). Deswegen wurde er verhaftet und mehrere Wochen lang gefoltert. Auch nach seiner Entlassung wurden weiterhin Ermittlungen geführt, ob der Beschwerdeführer regierungsfeindlich tätig war. Durch seine Flucht entzog er sich dem Zugriff iranischer Sicherheitskräfte. Aus diesem Grund ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die iranischen Sicherheitskräfte dem Beschwerdeführer - sollte er rückgeführt werden - besondere Aufmerksamkeit widmen würden und er Gefahr liefe, erneut massiven Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt zu werden.
Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass staatliche Repressionen landesweit praktiziert werden. Damit ist es dem Beschwerdeführer nicht möglich, sich anderwärts in der Islamischen Republik Iran niederzulassen. Dies wäre ihm auf Grund seiner psychischen Situation auch nicht zumutbar.
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit der Verquickung von Staat und Religion in der Islamischen Republik Iran das Erfordernis einer Prüfung auch dem Schutz religiöser Werte dienender Strafvorschriften unter dem Gesichtspunkt einer unterstellten politischen Gesinnung besteht (vgl. VwGH 17.9.2003, 99/20/0126, mwN.).
3.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht, wegen einer ihm unterstellten politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb der Islamischen Republik Iran aufhält und dass auch keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vorliegt. Gemäß § 12 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.