TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/13 S5 402558-1/2008

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Veröffentlicht am 13.11.2008
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Spruch

S5 402.558-1/2008/2E

 

13.11.2008

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde der B.T., geb. 00.00.1978, StA. von Weißrussland/Belarus, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.10.2008, Zahl: 08 05.086-EAST Ost, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die Asylwerberin ist Staatsangehörige von Weißrussland und beantragte sie am 11.06.2008 nach illegaler Einreise per Bahn aus der Tschechischen Republik kommend die Gewährung internationalen Schutzes.

 

Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor der Behörde erster Instanz gab die Antragstellerin unter anderem zu Protokoll, dass sie sich ursprünglich mit einem für sechs Monate gültigen Visum, ausgestellt durch die tschechische Botschaft in Minsk, in der Tschechischen Republik aufhielt und anschließend sie dieses Visum einmal verlängerte. Sie habe sich von Juli 2004 bis Juni 2008 legal in Tschechien aufgehalten. Bereits im Februar 2004 habe sie versucht illegal nach Österreich zu gelangen, sei jedoch von der tschechischen Grenzpolizei aufgegriffen worden und habe sie daraufhin einen Asylantrag gestellt.

 

Vor ca. einem Monat - gemeint vor der nunmehrigen Asylantragstellung - sei sie von der tschechischen Polizei aufgefordert worden, Tschechien zu verlassen, woraufhin sie nach Wien gereist sei, wo ihre leibliche Mutter als anerkannter Flüchtling lebe (vgl. Einvernahmeprotokoll AS. 15 f).

 

Mit E-mail vom 13.06.2008 ersuchte Österreich Tschechien um Übernahme der Asylwerberin. Tschechien hat sich mit Schreiben vom 03.07.2008 (Aktenseite 59) bereit erklärt, die Asylwerberin gem. Art. 16-1-e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) rückzuübernehmen.

 

Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 25.07.2008 erklärte die Antragstellerin nach Vorhalt, dass Tschechien zur Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass ihre Mutter bereits in Österreich den Flüchtlingsstatus genieße und ihre eigenen Fluchtgründe mit jenen der Mutter ident seien. Es bestünden weiters, erstens die Gefahr der Kettenabschiebung, da das Verfahren der Beschwerdeführerin in Tschechien negativ abgeschlossen sei, sowie zweitens eine familiäre Bindung, insbesondere aufgrund der Krankheit der Mutter sowie der Asylwerberin selbst und bestehe ein gemeinsamer Wohnsitz mit der Mutter.

 

Des Weiteren wies der gewillkürte Vertreter der Antragstellerin darauf hin, dass er selbst im Internet über den Fall der Mutter berichtet habe, was dazu geeignet sei, die Aufmerksamkeit der weißrussischen Behörden zu erregen, was die Fluchtgründe der Asylwerberin verstärken würde.

 

Auf weiteren Vorhalt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, sowie dass ein Konsultationsverfahren mit Tschechien geführt worden sei, welches mit der Zustimmung Tschechiens zur Rückübernahme geendet habe, führte die Antragstellerin wörtlich aus:

 

"Ich möchte erwähnen, dass es in Tschechien keine Möglichkeit für Asylwerber gibt, zu Studieren oder eine Ausbildung zu machen. Ich habe mein Studium selbst finanziert, ich sehe keine Zukunft in Tschechien. Ich habe in Tschechien ein Visum wegen des Asylverfahrens, deshalb darf ich dort nichts machen. Das betrifft auch Arbeit, es steht im Gesetz, dass man nach einem Jahr Aufenthalt das Recht auf Arbeit hat, aber dafür braucht man das Einverständnis des Arbeitgebers. Andererseits braucht man als Arbeitnehmer die Erlaubnis der Asylbehörden. Es dreht sich im Kreis, die Arbeitgeber haben Angst Asylwerber zu beschäftigen. Nach ärztlicher Untersuchung bekam ich keine Behandlung, obwohl es von den Sozialarbeitern versprochen wurde. Ich konnte mit diesen Asylpapieren nicht ins Spital gehen, sie wollten mich nicht aufnehmen, nachdem sie diese gesehen haben. Einmal wurde mir schlecht, ich habe einen Rettungswagen gerufen, wofür ich zahlen musste, auch für die Medikamente. Das war das einzige Mal, dass mich der Doktor gründlich angeschaut hat. Diejenigen, die in Tschechien waren, sprechen alle wie ich. Alle wissen wie es dort läuft. Es gibt auch keinen Doktor in den Flüchtlingslagern. Man bekommt keine finanzielle und soziale Unterstützung. Ich war mehrmals bei Behörden und musste alle Wege selbst finanzieren. Ich war schockiert und psychisch am Ende."

 

Im Rahmen einer eingebrachten ergänzenden Stellungnahme seitens des gewillkürten Vertreters wurde darauf verwiesen, dass die Antragstellerin die oppositionelle Tätigkeit ihrer Mutter unterstützt habe, weshalb sie im Falle ihrer Abschiebung von selbigen Strafen wie die Mutter bedroht sei und sei dies Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Da die tschechischen Asylbehörden über ihren Asylantrag negativ entschieden haben, sei sie im Falle ihrer Abschiebung nach Tschechien von dort weiter nach Weißrussland der Kettenabschiebung und sohin unmenschlicher Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt. Des Weiteren verwies der Vertreter auf den Fall einer der Asylwerberin bekannten weiteren weißrussischen Antragstellerin, welche nach freiwilliger Zurückziehung des Asylantrages in Tschechien und der Rückkehr nach ihrem Herkunftsstaat sofort von weißrussischen Behörden verhaftet und sechs Monate lang unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert worden sei.

 

Die Mutter der Antragstellerin sei zwar wahrheitsgemäß krank, jedoch nicht pflegebedürftig; ungeachtet dessen, liegen eine enge familiäre und emotionale Bindung sowie ein gemeinsamer Haushalt vor.

 

Mit Schreiben vom 27.09.2008, gerichtet an Herrn Michael GENNER, per Adresse Asyl in Not, Währingerstraße 59/2, 1090 Wien, löste die nunmehrige Beschwerdeführerin das bestehende Vollmachtsverhältnis mit der zentralen Begründung auf, dass die letzten ihr bekannt gewordenen Ereignisse in Weißrussland zeigen würden, dass ihr Vater und ihre Großmutter einer Gefahr ausgesetzt seien; dies aufgrund der Berichterstattung des Vertreters im Internet.

 

So führte die nunmehrige Beschwerdeführerin wörtlich aus: "Ihre Mitteilung im Internet (gemeint: Fakten betreffend die oppositionelle Tätigkeit der Mutter der Antragsteller durch die Organisation Asyl in Not) über den Fall meiner Mutter (sie haben auch über mich geschrieben, obwohl ich im Februar 2008 in einem anderen Land war) wurde dem Geheimdienst (KGB) bekannt, weil einer der KGB-Mitarbeiter mit meinem Vater über unseren Aufenthalt gesprochen hat. Weder ich noch meine Mutter haben ihnen eine Erlaubnis gegeben, diese Informationen im Internet zu veröffentlichen und sie hatten kein Recht, ohne Erlaubnis Informationen über die Person, die um das politische Asyl gebeten hat, offen zu machen."

 

Der vorliegende Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.10.2008, Zahl: 08 05.086-EAST Ost, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und die Antragstellerin gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tschechien ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei gerügt, dass die Erstbehörde den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe. So habe es die Asylbehörde verabsäumt, die Mutter der Beschwerdeführerin zeugenschaftlich zu befragen und verwies die Beschwerdeführerin auf ein der Beschwerdeschrift beigefügtes handschriftliches Schreiben der Mutter, in welchem dargelegt werde, dass eine Rücküberstellung der Beschwerdeführerin nach Tschechien eine Gefahr für diese bedeute, in gesundheitlicher Hinsicht und aufgrund der drohenden Kettenabschiebung.

 

Des Weiteren rügte die Beschwerdeführerin, dass die Erstbehörde keine relevanten, familiären oder privaten Bindungen im österreichischen Bundesgebiet festgestellt habe und sei die Erstbehörde nicht darauf eingegangen, dass die Beschwerdeführerin nunmehr in Tschechien ein abgeschlossenes Asylverfahren habe, weshalb ihr eine Überstellung nach Weißrussland drohe. Des Weiteren verwies die Beschwerdeführerin auf vorliegende Herzprobleme sowie Panikattacken und Hyperventilation sowie das Mutter und Tochter (Beschwerdeführerin) einander gegenseitig psychisch und physisch Unterstützung leisten würden. Unter einem wurden der vorliegenden Beschwerde medizinische Unterlagen bzw. ein Situationsbericht (Entlassung, Transfer, Verlegung) des Kaiserin-Elisabeth-Spitals der Stadt Wien vom 00.00.2008 inklusive Beilagen beigeschlossen. Letztgenanntem Schreiben ist entnehmbar, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Entlassung einer Unterstützung durch professionelle Pflege bedarf. Dem der Beschwerdeinstanz übermittelten Verwaltungsakt des Bundesasylamtes ist überdies entnehmbar, dass aufgrund einer vormaligen Anfrage österreichischer Asylbehörden seitens der Dublin Behörde der Tschechischen Republik am 13.11.2007 in Einklang mit Art. 21 der Dublin-VO mitgeteilt wurde, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin bereits am 04.04.2007 vor tschechischen Behörden die Asylgewährung beantragt hatte und dass (bezogen auf den Auskunftszeitpunkt 13.11.2007), ein seitens tschechischer Behörden geführtes Asylverfahren anhängig sei bzw. zum damaligen Zeitpunkt noch keine inhaltliche Entscheidung ergangen war. Des Weiteren wurde seitens tschechischer Behörden bestätigt, dass die Beschwerdeführerin für die Jahre 2004, 2005 und 2006 gültige Aufenthaltsvisa für die Tschechische Republik hatte.

 

Des Weiteren wurde seitens tschechischer Behörden am 04.12.2007 schriftlich bekannt gegeben, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin ungeachtet des Ausganges ihres Asylverfahrens im engeren Sinne, ihr gestattet werden würde, sich im Territorium der Tschechischen Republik aufzuhalten, was eine Art von "subsidiary Protection" in Einklang mit dem tschechischen Fremdengesetz - bedeute.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

II.1. Tschechien hat auf Grundlage des Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, die Asylwerberin wiederaufzunehmen. Die notwendige Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist diese im Verfahren nicht bestritten worden.

 

Hervorgehoben wird, dass die Antragstellerin ursprünglich mit gültigem tschechischen Visum von Weißrussland sich nach der Tschechischen Republik begeben hat und sie nach Ablauf der bestehenden Visakette die Asylgewährung vor tschechischen Behörden beantragte. Das vor tschechischen Behörden geführte Asylverfahren wurde - so die Auskunft tschechischer Behörden - negativ finalisiert. Des Weiteren wurde seitens tschechischer Behörden zugesichert, dass ungeachtet des Ausganges des Asylverfahrens unter allfälligem Nichtzuerkennen des Flüchtlingsstatus im Sinne der Genfer Konvention der nunmehrigen Beschwerdeführerin jedenfalls nicht die Abschiebung nach ihrem Herkunftsstaat Weißrussland droht, sondern sie vielmehr eine Art Subsidiärschutz in Anspruch nehmen könne bzw. ihr ebensolcher gewährt werden wird.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wären, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.

 

Den vorliegenden Aktenunterlagen ist entnehmbar, dass die Antragstellerin vor tschechischen Asylbehörden einen Asylantrag eingebracht hat, dieser akzeptiert wurde und dass das Vorbringen der Antragstellerin durch niederschriftliche Einvernahmen ihrer Person jedenfalls aufgenommen worden ist (siehe Beilagen zur Information der tschechischen Dublin-Behörde vom 13.11.2007).

 

Für den Fall, dass allenfalls durch die mediale Berichterstattung des vormaligen gewillkürten Vertreters neue Tatsachen entstanden sind, ist sohin davon auszugehen, dass es der Antragstellerin jedenfalls möglich wäre, neuerlich nunmehr unter geänderten Umständen und aufgrund neuer Sachlageentwicklung die Asylgewährung vor tschechischen Behörden zu beantragen und ist davon auszugehen, dass ihr diesbezüglicher Antrag inhaltlich geprüft wird.

 

Von einer Kettenabschiebung ist die Antragstellerin - wie oben dargelegt - offensichtlich nicht bedroht.

 

II.2 Weiters ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin durch eine Verbringung nach der Tschechischen Republik einer lebensbedrohlichen medizinischen Situation überantwortet wäre.

 

Die vorliegenden medizinischen Unterlagen liefern keinen diesbezüglichen Hinweis auf eine psychische oder physische Beeinträchtigung, welche lebensgefährdend bzw. lebensbedrohlich wäre.

 

Insbesondere die seitens der Beschwerdeführerin vorgelegte Entlassungsbescheinigung des Kaiserin-Elisabeth-Spitals bietet keinen Hinweis auf eine allenfalls vorliegende Beeinträchtigung oder Gefährdung der Vitalinteressen oder eine besondere Pflegebedürftigkeit nach stationärer Behandlung der Beschwerdeführerin. Das Vorliegen von begründeten Indizien, dass in casu der Beschwerdeführerin für eine die Vitalinteressen akut beinträchtigende Gefährdung gerade für den Fall der Verbringung nach Tschechien besteht, kann daher nicht erkannt werden.

 

Ungeachtet dessen ist in diesem Zusammenhang auf das jüngste diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

 

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

 

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

 

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt...

 

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

 

Aus der Aktenlage sind keine schlüssig nachvollziehbaren Hinweise auf einen aktuellen existenzbedrohenden Zustand im Falle der Überstellung nach Tschechien hervorgetreten.

 

II.3 Des Weiteren ist in Hinblick auf Art. 8 EMRK im Verfahren hervorgetreten, dass die Antragstellerin offenbar seit mehreren Jahren von ihrer in Österreich lebenden leiblichen Mutter getrennt lebt bzw. sie auch über mehrere Jahre hinweg nicht versucht hat, nach Österreich zu gelangen. So reiste die Mutter der Berufungswerberin B.N., 00.00.1952 geb., StA. von Weißrussland - anerkannter Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention durch Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 31.01.2008 - bereits im März 2006 aus der Schweiz kommend illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und beantragte sie unmittelbar darauf die Asylgewährung.

 

Nach Angaben der Beschwerdeführerin sah sich diese nach Erlangung eines Aufenthaltsvisums für die Tschechische Republik im Juli 2004 nicht gehalten, sich zu ihrer zum vormaligen Zeitpunkt in der Schweiz weilenden Mutter zu begeben, sondern hielt sie sich unter mehrmaliger Verlängerung ihres Visums letztlich bis zur letztmaligen Einreise in das österreichische Bundesgebiet im Jahre 2008 in der Tschechischen Republik auf.

 

In diesen genannten Jahren bestand jedenfalls kein gemeinsamer Wohnsitz zwischen der obgenannten Mutter der Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführerin selbst.

 

Des Weiteren ist im Verfahren nicht hervorgetreten, dass zwischen der Mutter der Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführerin allenfalls ein auf medizinischen Gründen basierendes gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis aufgrund von Pflegebedürftigkeit etc. besteht. Ein aus dem (behaupteten) gleichen politischen Engagements von Mutter und Tochter kann nicht auf ein hinreichend intensives Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK geschlossen werden.

 

Dass die Mutter der Antragstellerin aufgrund eines allenfalls vorliegenden dergestalt schlechten psychischen oder physischen Status der dringenden Nähe, Betreuung und Pflege der Beschwerdeführerin bedarf, ist im Verfahren nicht hervorgetreten.

 

Ausdrücklich wurde eine Pflegebedürftigkeit der Mutter der Beschwerdeführerin im Erstverfahren verneint.

 

Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Ausweisung nach Tschechien in seinen Rechten gem. Art. 8 EMRK verletzt werden könnte, war die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes gem. Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates nicht in Betracht zu ziehen.

 

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin vor der Behörde erster Instanz - wie oben dargestellt - ist vielmehr tendenziell zu entnehmen, dass diese sich überwiegend nicht nach der Tschechischen Republik zurückbegeben möchte, da ihr in Österreich offenbar erhöhte Chancen einer ausbildungsmäßigen sowie beruflichen Fortentwicklung offenstehen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, gesundheitliche Beeinträchtigung, Lebensgrundlage, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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