TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/13 E10 318141-2/2008

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Veröffentlicht am 13.11.2008
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Spruch

E10 318.141-2/2008-11E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Hermann LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Reinhard ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. DUTZLER über die Beschwerde des T.G. (vertreten durch: Mag. Bernhard GRÖSEL), geb. am 00.00.1980, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.09.2008, FZ. 08 00.928-BAT, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1, 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Armenien, brachte am 24.01.2008 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Dazu wurde er erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte er im Wesentlichen vor, er wäre im Rahmen der Präsidentenwahl Wahlhelfer für die Partei "H.H.SCH", welche den Kandidaten Ter Petrosian nominierte, gewesen. Da er mit den Mitteln, mit welchen die Partei für die Unterstützung dieses Kandidaten warb, nicht einverstanden gewesen wäre, hätte er sich folglich geweigert, weiterhin für die Partei tätig zu sein, worauf er den in den erstinstanzlichen Einvernahmeprotokollen beschriebenen Übergriffen ausgesetzt gewesen wäre. Ebenso gab der BF an, sich in Österreich in ärztlicher Behandlung zu befinden (z. B. AS 279). Konkret nehme er Medikamente wegen Herzbeschwerden, sowie Beruhigungs- und Schlafmittel. Auch nehme er Schmerzmittel, weil er [seit Juli 2008] Probleme mit den Nerven an den Beinen hätte (AS 357).

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 03.03.2008, Zahl: 08 00.928-BAT, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Gegen den o.a. Bescheid wurde rechtzeitig eine Berufung in deutscher Sprache eingebracht, wobei der BF hierbei offensichtlich von der Caritas Wien, Asylzentrum unterstützt wurde, bzw. diese Berufung von dieser Organsiation verfasst wurde (der BF spricht nicht deutsch, verfügt nicht über die Rechtskenntnisse, welche zum Verfassen einer derartigen Berufung notwendig sind; darüber hinaus wurde die Berufung von der Caritas an das BAT gefaxt.[siehe AS 203 - 211). In der Berufung wurde insbesondere das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren gerügt und vorgebracht, dass das BAA in rechtlicher Hinsicht falsche Schlüsse zog. Hinsichtlich des Inhaltes der Berufungsschrift im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Der BF legte weiters eine Bescheinigung des Landesklinikums vom 15.3.2008 vor, aus dem hervorgeht, dass der BF vom 13. - 15- 3. 2008 dort aufhältig war und anschließend das Krankenhaus ohne Entlassungsbrief verließ.

 

Mit im Akt ersichtlichen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates wurde der erstinstanzliche Bescheid vom damals zuständigen Senatsmitglied Mag. Liebminger gem. § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

 

Nach weiteren Ermittlungen, welche die neuerliche Einvernahme des BF sowie Erhebungen vor Ort über den Ländersachverständigen Dr. A. umfasste und dem BF die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich zum Ermittlungsergebnis im engeren Sinne ebenso wie zu den vom BAA getroffenen Feststellungen zur asyl- und Abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien, einschließlich der diesen Feststellungen zu Grunde liegenden Quellen zu äußern, wurde der Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid des BAA vom 16.09.2008, Zahl: 08 00.928-BAT, neuerlich gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF als unglaubwürdig, fußend insbesondere auf den Umstand, dass basierend auf eine Anfrage an Dr. A. Erhebungen vor Ort getätigt wurden, welche eine Befragung des engsten Verwandtschaftskreises, namentlich der Eltern des BF mitumfassten, welche das Vorbringen des BF nicht bestätigten. Einerseits gaben die Eltern des BF an, dieser hätte Armenien aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Andererseits konnten sonstige Details des Vorbringens, insbesondere die Umstände rund um den Tot des dem BF nahe stehenden D.A., nicht bestätigt werden. Hinsichtlich des Inhaltes der Anfrage im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 24.09.2008 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

In der Berufungsschrift wurden wiederum die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes, sowie die vom BAA gezogenen rechtlichen Schlüsse gerügt. Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen ua. vorgebracht, dass der Dolmetscher sein Armenisch nicht gut verstanden hätte, da er einen anderen Dialekt gesprochen hätte.

 

In Bezug auf die Recherche von Dr. A. wurde gerügt, dass die Eltern des BF unter Druck stünden, S.A aufgrund der in der Berufungsschrift genannten Erwägungen überaus mächtig und einflussreich wäre, ebenso wäre die Partei von Levon Petrossian sehr einflussreich und aktiv. Der BF wäre nicht krank, sondern grundsätzlich kerngesund. Weiters wurde die Anfragebeantwortung wegen laut Ansicht des BFs mangelnder Nachvollziehbarkeit in Bezug auf die eingesetzten Recherchemethoden und nicht ersichtlicher Qualifikation von Dr. A. gerügt. Weiters wäre laut Ansicht des BF das Parteiengehör verletzt worden. Darüber hinaus wurde vorgebracht, aufgrund der Verständigungsschwierigkeiten wäre seine Schilderung rund um den Tot von D.A. falsch protokolliert worden. Weiters kündigte der BF an, mit seiner Familie in Kontakt zu treten, um dem Erhebungsergebnis von Dr. A. entgegentreten zu können.

 

Mit Berfungsergänzung vom 13.10.2008 wurde schließlich ein Brief vorgelegt, der laut Angaben des BF von dessen Eltern stamme.

 

In Bezug auf den Inhalt der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen

 

Angeführt wird weiters, dass die Beschwerde offenkundig wiederum von der Caritas Wien, Asylzentrum verfasst wurde, bzw. diese Organisation den BF beim Verfassen der Berufung unterstützte, was wiederum insbesondere aus dem Inhalt der Beschwerde und der Faxkennung hervorgeht (seihe bereits getätigte Ausführungen zur seinerzeit eingebrachten Berufung, welche hier sinngemäß gelten).

 

Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

Die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung ist im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Rahmen der freien Beweiswürdigung in sich schlüssig und stimmig

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich daher diesen beweiswürdigenden Argumenten an.

 

Soweit der BF in seiner Beschwerde nun erstmalig und neu Beweisanträge stellt bzw. sich über das erstinstanzliche Vorbringen hinaus zum ausreiskausalen Vorbringen äußert, insbesondere, indem der BF in der Berufungsschrift erstmal dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens entgegentritt, bzw. Vorbringt, dass in seinem Fall aufgrund der einzelfallspezifischen Umstände eine besonders qualifizierte Gefährdungssituation vorliegen würde, wird festgestellt, dass - ungeachtet der Prüfung der Glaubwürdigkeit - diese neue Tatsache dem Neuerungsverbot gemäß (§ 40 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung) unterliegt. Aus dieser Behauptung und dem sonstigen Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, "nach" der Entscheidung erster Instanz entscheidungsrelevant geändert hätte (Z 1); das Verfahren erster Instanz wurde ordnungsgemäß durchgeführt und ist nicht zu beanstanden (Z 2); ungeachtet der (Un-)Glaubwürdigkeit dieses nunmehrigen Vorbringens wäre diese Tatsache bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz dem BF zugänglich gewesen (Z 3); es ergaben sich auch keine Hinweise das der BF nicht in der Lage gewesen wäre diese Tatsache schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, zumal er in wiederholt stattgefundenen Einvernahmen dazu Gelegenheit hatte (Z 4).

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist dem Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen vorzubeugen, auch dadurch Rechnung getragen, dass die Ausnahmen vom Neuerungsverbot "auf jene Fälle beschränkt" werden, in denen der Asylwerber "aus Gründen, die nicht als mangelnde Mitwirkung" am Verfahren zu werten sind, "nicht in der Lage war", Tatsachen und Beweismittel bereits in erster Instanz vorzubringen. Somit bleibt vom Neuerungsverbot ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht (VfGH 15. 10. 2004, G 237/03 ua).

 

Aus dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist demnach abzuleiten, dass nicht jede Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer Durchbrechung des Neuerungsverbotes führt, sondern nur jene, welche "kausal" dafür ist, dass der Asylwerber "nicht in der Lage war" die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen. Hierzu ist im gegenständlichen Fall Folgendes festzustellen:

 

Der BF bringt vor, es hätten Verständigungsschwierigkeiten bestanden, indem der Dometsch [sein] armenisch nicht immer gut verstanden" hätte. Hierzu wird angeführt, dass der BF insgesamt 5 mal angehört wurde, und hierbei insgesamt zwei verschiedene Dolmetscher eingesetzt wurden, wobei beide Dolmetscher bereits in jenem Verfahrensstadium zum Einsatz kamen, bevor der bereits genannte Bescheid gem. § 66 (2) AVG behoben wurde. In allen Fällen wurden Niederschriften angefertigt, denen die Beweiskraft des § 15 AVG zukommt und in denen die Fragen und Antworten dermaßen inhaltlich korrespondieren, dass davon ausgegangen werden muss, dass eine einwandfreie Verständigung zwischen dem BF und den Dolmetschern existierte. Darüber hinaus unterfertigte der BF in allen 6 Anhörungen die Niederschriften eigenhändig, welche ihm auch rückübersetzt wurden und der BF monierte in keinem einzelnen Fall, dass seine Aussagen falsch protokolliert worden seien, was wohl der Fall sein müsste, wenn der Dolmetsch den BF nicht einwandfrei verstanden hätte, da der Absurde Fall, der Dolmetsch hätte aufgrund der Verständigungsschwierigkeiten einerseits falsch übersetzt, was zu einer falschen Protokollierung geführt hätte, dann hätte er aber diese protokollierte Falschübersetzung dem BF wiederum richtig rückübersetzt, sodass sie von diesem nicht beanstandet wurde, ausgeschlossen werden kann.

 

Auch brachte der BF in keiner einzigen Anhörung auch nur andeutungsweise vor, dass er das Gefühl hätte, der Dolmetsch würde ihn nicht einwandfrei verstehen. Hier ist auch besonders auf den Umstand hinzuweisen, dass ein derartiger Umstand nicht einmal in der Berufung vom "17.8.2006" (gemeint wohl: 7.3.2008), welche offensichtlich mit Unterstützung der Caritas verfasst wurde, vorgebracht wurde, obwohl der BF zu diesem Zeitpunkt bereits mit beiden verwendeten Dolmetschern Kontakt hatte. Selbst wenn man den unwahrscheinlichen Umstand heranzieht, dass sich der BF zuvor nicht getraute, diesen Umstand beim BAA anzusprechen, wäre davon auszugehen, dass er dies spätestens zum Zeitpunkt der Verfassung der Berufung vom 17.8.2006 getan hätte, da er der Caritas offensichtlich vertraut, ansonsten hätte er sich nicht im Rahmen der Beschwerdevorlage an diese gewandt.

 

Darüber hinaus ist anzuführen, dass die eingesetzten Dolmetscher, welche beide wiederholt sowohl beim Bundesasylamt, als auch beim Unabhängigen Bundesasylsenat und erwartbar zukünftig auch beim AsylGH zum Einsatz kommen und nichts darauf hindeutet, dass deren fachliche Qualifikation in Zweifel zu zeihen wäre. Auch ist auf den Umstand zu verweisen, dass diese -falls sich tatsächlich nicht fachlich aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten nicht in der Lage gewesen wären, die Dolmetscherdienste auszuführen und dies dennoch taten ein qualifiziert rechtswidriges Verhalten -mit zivil- und allenfalls strafrechtlichen Folgen gesetzt hätten, welches diesen ho. als integer bekannten Personen ohne weiteres unterstellt werden kann.

 

Auch ist darauf hinzuweisen, dass der BF -abgesehen von dem in der Berufungsschrift genannten Einzelfall- nicht konkret darlegte, bei welchem Dolmetscher er bei welchen Einvernahmen bzw. an welchen Stellen der Einvernahme davon ausging, dass er nicht einwandfrei verstanden worden wäre.

 

Aufgrund der o.a. Ausführungen geht der AsylGH letztlich davon aus, dass es sich bei den behaupteten Verständigungsschwierigkeiten mit einem mit der Tatsachenwelt nicht in Übereinstimmung befindlichen Vorwand handelt, welcher letztlich dazu dienen soll, die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens im Hinblick auf den vom BF erhofften Verfahrensausgang zu verleiern, bzw. in missbräuchlicher Weise dazu führen soll, das Verfahren und damit den Aufenthalt in Österreich in die Länge zu ziehen.

 

Es ist auch davon auszugehen, dass den Einvernahmeprotokollen unwiderlegt die Beweiskraft des § 15 (1) AVG zukommt. Soweit Falschprotokollierungen aufgrund der behaupteten Verständigungsschwierigkeiten behauptet werden ist daher letztlich davon auszugehen, dass dieser Behauptung kein Glaube geschenkt werden kann.

 

Wenn das Qualifikationsprofil von Dr. A. bzw. der Inhalt der Anfragebeantwortung nunmehr in Zweifel gezogen werden, ist festzustellen, dass die Anfragebeantwortung und auch der Umstand, dass diese von Dr. A. stammt, dem BF zur Kenntnis gebracht wurde (AS 357, 359). Der BF hätte auch ausreichend Gelegenheit gehabt, sich hierzu zu äußern, etwa indem er seine Zweifel zur Richtigkeit oder zum Qualifikationsprofil von Dr. A. geschildert bzw. hierzu Fragen gestellt hätte. Wäre er tatsächlich davon ausgegangen, dass etwa seine Eltern aus Angst nicht die Wahrheit gesagt hätten, wäre es dem BF ebenfalls frei gestanden, dies spontan kundzutun. Ebenso wäre es ihm schon im erstinstanzlichen Verfahren möglich gewesen, die Recherchemethoden anzuzweifeln und seinerseits Bescheinigungsmittel bekannt zu geben, bzw. solche der Behörde anzubieten und die Gewährung einer angemessenen Frist zu deren Herbeischaffung zu beantragen. Auch wenn es sich beim BF um einen einfachen Landwirten handelt, wäre ihm dies möglich gewesen, die vorher beschriebenen Schritte bereits im erstinstanzlichen Verfahren zu setzen, zumal es sich hierbei um Schritte handelt, welchen auch einem juristischen Laien mit dem Wissen und den Fähigkeiten des BF möglich und zumutbar sind.

 

Hier ist auch auf den Umstand hinzuweisen, dass der BF der Durchführung von Recherchen vor Ort zustimmte (AS 283) und der BF nicht einmal andeutungsweise vorbrachte, gegen solche Erhebungen aufgrund der in der Berufungsschrift angeführten Gründe Bedenken zu haben.

 

Zum nunmehr vorgelegten Brief der Eltern wird angeführt, dass es sich hierbei offensichtlich um eine auf Betreiben des BF herbeigeführte schriftliche Aussage von Sympathiepersonen aus der Sphäre des BF handelt, welche durch die Vorlage des gegenständlichen Schriftstückes dem BF nützen wollen. Der Wortlaut und gewählte Erzählstil deuten jedenfalls darauf hin, dass sich der Brief viel mehr an einen dritten Leser richtet ("Wieso wärst du geflohen, wenn dein Leben nicht in Gefahr wäre. Wir hätten nicht zugelassen, dass du in ein anderes Land gehst."), da die teilweise Umstände beschrieben werden, die dem BF ohnehin bekannt sein müssten und andererseits der BF nicht unerheblichen Einfluss auf den gewünschten Inhalt des Briefes nahm ("Hier gibt es keinen Staat der dich beschützt"), da von den Eltern des BF, welche offensichtlich aus dem ländlich-landwirtschaftlichen Milieu stammen, kaum anzunehmen ist, dass sie sich in einem Brief an ihrem im Ausland weilenden Sohne spontan über den Willen und die Fähigkeit des Staates, Schutz zu gebieten auseinandersetzen würden. Aufgrund der o.a. Umstände ist daher anzuführen, dass dem Brief der Eltern jedenfalls verminderte Beweiskraft zukommt und die bisher angeführten Erwägungen in Beweis würdigender Hinsicht nicht zu erschüttern vermögen. Der Vollständigkeit wird aber auch darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn man die vom BF bekämpfte Aussage der Eltern in die Beweiswürdigung nicht mit einbezieht aufgrund der verbleibenden Unplausibilitäten das Vorbringen immer noch als unglaubwürdig zu qualifizieren wäre.

 

Wenn nunmehr in der Berufung die Anfragebeantwortung von Dr. A. - welcher übrigens auch vom erkennenden Gericht wiederholt mit der Durchführung von Recherchen beauftragt wird, dem vorsitzenden Richter persönlich bekannt ist und dieser über jeden Zweifel einerseits in Bezug auf seine fachliche Qualifikation sowie andererseits in Bezug auf die Sorgfältigkeit hinsichtlich der Auswahl seiner Recherchemethoden bzw. Ausführungsgehilfen erhaben ist- aufgrund der dort genannten Gründe in Zweifel gezogen wird, dient dies offensichtlich ebenfalls missbräuchlich der Verfahrensverzögerung.

 

Wenn der BF nunmehr das vorgebrachte Bedrohungsszenario dadurch zu steigern versucht, indem er vorbringt, er wäre von äußerst einflussreichen Polizisten bedroht worden, ist ebenfalls auf den Umstand hinzuweisen, dass er bereits beim Bundesasylamt die Möglichkeit hatte, sich hierüber zu äußern (AS 91, 273) und der BF hierzu nichts vorbrachte. Zum einen gab er an, der eine wäre Dorfpolizist im Nachbardorf gewesen, der andere wäre gelegentlich bei der Passbehörde gewesen, zum anderen meinte er dass es "Polizisten halt" im Rang von Kapitänen gewesen wären (zu den Rängen der armenischen Polizei siehe den öffentlich zugänglichen Link http://www.armeniaemb.org/DiscoverArmenia/armpol.htm (Zugriff am 20.10.2008), woraus sich folgendes Ranking in englischer Sprache ergibt "Police Colonel General, Lieutenant General, Major General, Colonel, Lieutenant Colonel, Major, Captain, Senior Lieutenant, Lieutenant, Junior Lieutenant, Senior Corporal, Corporal, Senior Sergeant, Sergeant, Junior Sergeant". Es ist im gegenständlichen Fall von allenfalls mittleren Rängen auszugehen.) Auch der BF brachte von sich aus nicht einmal ansatzweise vor, dass es sich um einflussreiche Polizisten gehandelt hätte, was auch bei einem einfachen Landwirt der Fall sein müsste, wenn es so wäre. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, warum der BF einerseits beim BAA nicht, bei der Caritas aber sehr wohl in der Lage sein soll, einen derartigen Umstand vorzubringen. Dass der BF dies jedoch in der hier vorfindbaren Weise im fortgesetzten Verfahrensstadium vorbrachte, deutet wiederum zweifelsfrei auf ein in rechts-missbräuchlicher Absicht erstattetes Vorbringen hin.

 

Auch in Bezug auf die in der Berufungsschrift behauptete qualifizierte Bedrohungssituation aufgrund des Einflusses der hinter den vom BF genannten Mann namens Armen stehenden Personen ist anzuführen, dass der BF bereits beim BAA die Gelegenheit hatte, sich zur Gefährlichkeit dieses Armen und seines Umkreises zu äußern (AS 273) und auch hier der BF nicht einmal ansatzweise auf die Gefährlichkeit der hinter Armen stehenden Personen hinwies.

 

Ebenso ist im gegenständlichen Fall darauf hinzuweisen, dass der BF Bedrohung seitens eines Personenkreises rund um Levon Ter Petrosian behauptet, welcher in erklärter Gegnerschaft zum herrschenden Regime steht. Levon Ter Petrosian war der prominenteste Gegner in der Präsidentenwahl des nunmehrigen Präsidenten S. und Galionsfigur in den darauffolgenden Protesten. Diesem Personenkreis Regierungsnähe nachsagen zu können wäre sicherlich gänzlich verfehlt, weshalb auch nicht plausibel und in nachvollziehbarer Wiese davon ausgegangen werden soll, dass die armenischen Behörden nicht willens und fähig sein sollten, dem BF Schutz zu gewähren. Es wäre wohl eher davon auszugehen, dass sich der vom BF beschriebene Personenkreis in Armenien gegenwärtig gegenüber den staatlichen Behörden eher in der Defensive befindet.

 

Auch wenn der BF in der Beschwerde nunmehr vorbringt, er wäre grundsätzlich Kerngesund, wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf das vom BF vorgelegten Bescheinigungsmittel, nämlich den Bericht des Landesklinikums und dessen Ausführungen vor dem Bundesasylamt hingewiesen, wo der BF ebenfalls nicht einmal ansatzweise vorbrachte, dass die dort genannten Beschwerden mit den behaupteten Misshandlungen im Zusammenhang stünden. Ebenfalls brachte der BF nie vor, kerngesund zu sein, viel mehr deutet die Vorlage dieses Schreibens darauf hin, dass der BF damit implizit vorbringt, sein Gesundheitszustand wäre für das Verfahren relevant [aus seiner Sicht wohl im Lichte des Art. 3 EMRK]. Wenn der BF sein diesbezügliches Vorbringen nunmehr revidiert bzw. relativiert, dient dies offensichtlich Opportunitätserwägungen in Bezug auf den erhofften Verfahrenshergang.

 

Dem BF war es auch möglich, sich bereits beim Bundesasylamt zu den Feststellungen zur asyl- und Abschiebungsrelevanten Lage in Armenien zu äußern (AS 359) und trat diesen Ausführungen nicht konkret und substantiiert entgegen. Hier ist auch anzuführen, dass dies in der Berufungsschrift nicht der Fall war. Wenn hier angeführt wird, die Feststellungen wären unvollständig und unrichtig bzw. das BAA hätte die ihm zugänglichen Quellen nicht vollständig ausgewertet, ist anzuführen, dass diese pauschale Behauptung nicht geeignet ist, die unter der Nennung der unbedenklichen Quellen seitens des Bundesasylamtes getroffenen Feststellungen als unvollständig und unrichtig zu qualifizieren, da es der BF völlig unerlassen hat, anzugeben, welcher Teil der Feststellung aufgrund der unterlassenen Heranziehung welcher Quelle als unvollständig und unrichtig zu qualifizieren wäre. Das erkennende Gericht geht viel mehr davon aus, dass das BAA einen repräsentativen Querschnitt ausreichend aktuellen Quellenmaterials heranzog. Bei einem Land mit einer derartig hohen Berichtsdichte wie Armenien -wo schon alleine aufgrund der vielfältigen Medienlandschaft praktisch ständig eine weitere und aktuellere Quelle entsteht- kann auch von einer Spezialbehörde nicht verlangt werden, dass sie sämtliche Quellen berücksichtigt, weil dies in Uferlose ausarten und das BAA praktisch lahm legen würde.

 

Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass die letzte Einvernahme vor dem BAA am 4.9.2008 stattfand und der Bescheid wurde erst am 18.9.2008 erlassen wurde. Wäre es dem BF trotz bereits fünfmaliger Durchführung einer Befragung nicht möglich gewesen, alles so zu schildern wie er es wollte, bzw. hätte es auch seiner Sicht Unstimmigkeiten gegeben und dem BF tatsächlich ein ernsthaftes Bedürfnis gewesen, sich in der o.a. Art zum Ermittlungsergebnis bzw. seinem Ausreisegrund zu äußern, wäre ihm dies somit auch noch nach Beendigung der letzten Einvernahme bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides möglich gewesen. Von einem durchschnittlich sorgfältigen Asylwerber mit dem Wissen und Fähigkeiten des BF wäre daher ein solches Verhalten zu erwarten gewesen, etwa durch die ehest mögliche Einbringung eines Schriftsatzes beim BAA, allenfalls unter Beiziehung einer in Asylfragen versierten Person oder Organisation. Dass der BF zur Kontaktaufnahme zu einer solchen Person oder Organisation befähigt ist, beweist etwa die Konzeption der Berufung gegen den Behobenen Bescheid, sowie der Beschwerde gegen den nunmehr vorliegenden erstinstanzlichen Bescheid, welche nur unter Beiziehung einer solchen Person oder Organisation zustande kommen konnte.

 

Der BF brachte auch nicht ansatzweise vor, dass er sich im Rahmen der Einvernahmen nicht in der Lage gesehen hätte, zum Ermittlungsergebnis Stellung zu nehmen, bzw. bekannt zu geben, sich hierzu innerhalb einer angemessenen Frist etwa unter Beiziehung einer kompetenten Person oder Organisation äußern zu wollen, weshalb für das BAA auch nicht der geringste Anlass bestand, anzunehmen, dass ein solcher nicht erfüllter Bedarf seitens des BF vorgelegen wäre.

 

Da das im vorgenannten Absatz geschilderte, dem BF mögliche und zumutbare Verhalten unterblieb, geht der AsylGH aufgrund der hier getätigten Überlegungen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung davon aus, dass der BF durch diese Beschwerdeangaben lediglich seinen - durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten - Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313).

 

In Bezug auf den in der Berufungsschrift gestellten Beweisantrag, es mögen weiters aktuelle Berichte zur Wahl als Beweismittel herangezogen werden, wird festgehalten, dass hier kein tauglicher Beweisantrag vorliegt. Ein tauglicher Beweisantrag liegt nach der Rsp des VwGH nur dann vor, wenn darin sowohl das Beweisthema wie auch das Beweismittel genannt sind und wenn das Beweisthema sachverhaltserheblich ist (VwGH 24.1.1996, 94/13/0152; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 174, zu Beweisanträgen in Bezug auf die allgemeine Lage in Ländern mit hoher Berichtsdichte vgl. auch Erk. d. VwGH vom 7.9.2007, Zahl 2005/20/0507). Der Asylgerichtshof ist daher nicht verhalten, dem Beweisantrag zu entsprechen. Im gegenständlichen Fall können die aktuellen Berichte zur Wahl mangels genauer Bezeichnung der Berichte nicht als ausreichend konkret bezeichnetes Beweismittel betrachtet werden. Darüber hinaus ist festzustellen, dass sich der Beweisantrag auf ein Thema bezieht, welches ohnehin als wahr unterstellt wurde, da das BAA im erstinstanzlichen Bescheid die nach den Präsidentschaftswahlen stattgefundenen Unruhen schildert (AS 371, 373).

 

In Ergänzung zu den o.a. Ausführungen ist festzustellen, dass der Asylgerichtshof weiters nicht verhalten ist, dem Beweisantrag zu entsprechen, zumal es sich hier auch um einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis handelt. Dies gilt auch im Hinblick auf die begehrten nachträglichen Ermittlungstätigkeiten in Bezug auf S.A.. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp. des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren - und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde/der Asylgerichtshof einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs. 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN). Nichts anderes beabsichtigt aber der Beschwerdeführer jedoch mit dem hier erörterten Beweisantrag, da er in keiner Weise konkret dargetan hat, inwieweit er aufgrund der nach den Wahlen stattgefundenen Unruhen auf seine Person abfärbende negative Konsequenzen zu befürchten hätte.

 

Sofern in der Beschwerde seitens des Beschwerdeführers moniert wird, dass die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes mangelhaft sei, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum er vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht, was jedoch unterblieb. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen des BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

 

Zur behaupteten Verletzung des Parteiengehörs wird einerseits angeführt, dass dem BF sämtliche relevanten Ermittlungsergebnisse durch das Bundesasylamt zur Kenntnis gebracht wurden und ihm auch die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich hierzu zu äußern. Wenn dem BF nicht zur Kenntnis gebracht wurde, wie das BAA zu entscheiden beabsichtigte bzw. welche Schlüsse es aus den Erkenntnisquellen ziehe, wird angeführt, dass die Behörde nicht verpflichtet ist, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560). Kommt die Behörde nun aufgrund der vorgenommenen Beweiswürdigung zum Schluss den Antrag abzuweisen, handelt es sich um eine Rechtsfrage, welche nicht dem Parteiengehör unterliegt (VwSgl. 16.423 A/1930; VwSlg. 6580 A/1961; VwSlg. 7509 A/1969; VwGH 16.11.1993, 90/07/0036; 9.11.1994, 92/13/0068). Die Einträumung des Parteiengehörs im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG bezieht sich nämlich ausschließlich auf die materielle Stoffsammlung, d. h. auf die Beweisergebnisse, welche die Sachverhaltsgrundalge für die von der Behörde anzuwendenden Rechtslange bilden sollen. Eine Verletzung des Parteiengehörs durch Unterlassung der Anhörung der Partei zu der von der Behörde vertretenen Rechtsansicht kann daher begrifflich nicht vorliegen (VwGH 28.3.1996, 96/20/0129; auch VwGH 13.5.1986, 83/05/0204/0209). Die Behörde ist nicht verhalten, der Partei mitzuteilen, welche vorgangsweise sie in rechtlicher Hinsicht sie ins Auge fasst (VwGH 9.3.1992, 91/19/0391; 5.7.2000, 2000/03/0019) oder in welcher Richtung sie einen Bescheid zu erlassen gedenkt (VwGH 20.5.1992, 92/01/0306) bzw. wie sie den maßgeblichen Sachverhalt rechtlich zu beurteilen und ihren Bescheid zu begründen beabsichtigt, einschließlich der Frage, auf welche Bestimmungen sie ihren Bescheid stützen wird (vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar Rz 26 zu § 45 mwN).

 

Der Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs im gegenständlichen Fall durch die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den AsylGH in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen gewesen wäre (vgl. für viele:

VwGH vom 11.9.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.2.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.2.2002, 98/21/0299).

 

Letztlich ist im gegenständlichen Verfahren aufgrund der hier getroffenen Ausführungen die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde nicht substantiiert bekämpft anzusehen, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

Artikel 151 Abs. 39 Z 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1 erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs.. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Aufgrund der ozit. Ausführungen hat im gegenständlichen Fall der Asylgerichtshof im Senat zu entscheiden.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 73 (1) Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) tritt dieses Gesetz mit der Maßgabe des § 75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des AsylG 2005 idgF zu führen war.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden.

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Der Umstand, dass Armenien gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete welche Österreich bietet (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964, oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99) ist jedenfalls irrelevant. Sonstige außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände, welche im Rahmen einer Außerlandeschaffung zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964) führen, kamen ebenfalls nicht hervor, auch nicht in Hinblick auf den Gesundheitszustand des BFs vor dem Hintergrund der Behandlungsmöglichkeiten in dessen Herkunftsstaat. Jedenfalls ist aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat (vgl. VfSlg. 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984; ebenso: kein Hinweis auf die Existenz einer allgemein existenzbedrohenden Notlage im Sinne einer allgemeinen Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige Elementarereignisse) in Verbindung mit den individuellen Situation des BFs (junger, nicht invalider, mobiler Mann, der bisher sein Leben im Herkunftsstaat meistern konnte [vgl. Erk. d. VwGHs vom 22.8.2007, Zahlen 2005/01/0015-6, 2005/01/0017-8]) kein Hinweis hierauf ableitbar, welche zur gegenteiligen Feststellung führen könnte. Ein Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen in Bezug auf das Territorium der von Armenien ist nicht feststellbar. Hinweise auf einen Sacherhalt Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe scheiden schon aufgrund der Ausgestaltung des armenischen Strafrechts aus.

 

Zur hilfsweise herangezogenen Argumentation, der armenische Staat sei nicht willens und fähig, den BF zu schützen wird Folgendes erwogen:

 

Grundsätzlich kann die vom Bundesasylamt angewandte Methodik der hilfsweisen Argumentation im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nicht beanstandet werden (vgl.VwGH 24.1.2008. Zl. 2006/19/0985).

 

Ebenso ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass -rein hypothetisch betrachtet ohne hierdurch den behaupteten ausreiskausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen es dem BF möglich und zumutbar wäre, sich im Falle der behaupteten Bedrohungen an die Polizei bzw. Armen staatliche Stellen zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren.

 

Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die vom BF geschilderten Übergriffe in der Türkei offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren in der Türkei Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des türkischen Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus: "Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

 

Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" Abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.

 

... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist um so eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.").

 

Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zu treffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitskalkül.

 

Auf den hier vorliegenden Fall ist vor dem Hintergrund der Verhältnisse in Armenien Folgendes festzustellen: Grundsätzlich existiert in Armenien ein Rechtssystem, welche das vom BF geschilderte Verhalten unter Strafe stellt (zum armen. Strafgesetzbuch und der Strafprozessordnung siehe www.legislationline.org; dort sind englischsprachige Ausführungen veröffentlicht) und auch Strafverfolgungsbehörden vorhanden sind. Darüber hinaus existieren andere Rechtsschutzorgane (etwa der Ombudsmann oder die in der vom BAA zitierten FFM beschriebenenen Institutionen). Im gegenständlichen Fall wird der BF von Gegnern des amtierenden Präsidenten bzw. Oppositionellen bedroht. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum der BF nicht durch die Anrufung staatlicher Stellen, etwa der Präsidentschaftskanzlei Schutz und Hilfe finden sollte, zumal die Bedrohungen aus der Sphäre einer Person stammt, welcher in erklärter Gegnerschaft zum herrschenden Regime steht. Es wäre viel mehr davon auszugehen, dass es für den Kreis rund um den Präsidenten ein nicht unwillkommener Anlass wäre, um gegen Widersacher vorgehen zu können. Selbst wenn man davon ausginge, dass die hinter den genannten Mann namens Armen stehenden Personen äußerst mächtig und einflussreich wären und sich letztlich Strafverfolgung entziehen könnten, wäre davon auszugehen, dass sie auf die den BF bedrohenden Personen insoweit einwirken würden, dass sie den BF in Ruhe ließen, um sich nicht wegen einer wie dem BF für sie unbedeutenden Person Ärger mit dem doch überaus mächtigen Präsidenten einzuhandeln.

 

Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Präsidentenwahlen in Armenien vorüber sind, Ter Petrosian nicht Präsident wurde, die vom BF behaupteten Dienste von der Partei H. H. SCH. nicht mehr benötigt würden und der BF kein für die Partei qualifiziert nachhaltig schädigendes Verhalten gesetzt hätte bzw. in exponierter Stellung die Partei geschädigt hätte bzw. weiter schädigen würde. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum der BF bei hypothetischer Annahme seines Vorbringens in einer dermaßen untergeordneten und unbedeutenden Rolle noch immer gesucht und verfolgt werden sollte.

 

Letztlich ist festzustellen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden kann, dass der BF vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) befürchten müsste, in dessen Herkunftsstaat Armenien mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt zu sein.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde. Hier wird besonders auf die jüngste Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6), sowie des EGMR (Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06) verwiesen, bei deren umfassender Beachtung kein Hinweis zu Tage kommt, dass eine Auseisung des BF in unzulässiger Weise in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privatund/oder Familienleben eingreift. Dies kann aufgrund der hier vorliegenden Aktenlage, aus der weder das Vorliegen eines relevanten Privat- noch eines solchen Familienlebens erkennbar abgeleitet werden kann, festgestellt werden. Insbesondere zeigt ein Vergleich der Verweildauer in Österreich mit jener in Armenien, sowie des Umstandes der Sozialisation in der armenischen Gesellschaft, und des Fehlens qualifizierter Anknüpfungspunkte in Österreich, dass allenfalls geknüpfte -jedenfalls im Stadium der Unsicherheit [der BF musste als Asylwerber erkennen, dass sein unbegründeter Asylantrag ihn nur zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigte] entstandene- private Anknüpfungspunkte vor dem Hintergrund der bereits vom BAA genannten erheblichen öffentlichen Interessen nicht beachtlich sind, weshalb auch die vom BF vorgebrachte Behauptung, das Privatleben des BF wurde nicht ausreichend berücksichtigt, ins Leere geht.

 

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde zum Beweis der darin vorgebrachten Umstände die (nochmalige) persönliche Einvernahme beantragt, wird festgestellt, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon wiederholt stattgefundenen persönlichen Einvernahmen (vgl. hierzu auch die hier getroffenen Ausführungen zum Beweiskraft deren Inhaltes und der Möglichkeit des BFs den Sachverhalt auf den er seinen Antrag stützt, vorzubringen) - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit er die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung seiner ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtigte. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung, der sich der Asylgerichtshof anschließt, nicht substantiiert entgegen getreten wird.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden,

 

dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe des Beschwerdeführers. Auch tritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde den seitens der Behörde erster Instanz getätigten Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, Neuerungsverbot, non refoulement, private Verfolgung, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
05.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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