TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/13 D7 310409-1/2008

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Veröffentlicht am 13.11.2008
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Spruch

D7 310409-1/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Stark als Einzelrichterin über die Beschwerde der E.B., geb. 00.00.2006, Staatsangehörigkeit Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.02.2007, Zahl 07 00.483-BAW, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 20.11.2007 und 04.06.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides wird gemäß

 

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) und

 

§ 34 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 8 Abs. 1 Z 1 und 34 AsylG 2005 wird E.B. der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien zuerkannt.

 

III. Gemäß § 8 Abs. 4 und 5 AsylG 2005 wird E.B. eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiärer Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt.

 

IV. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des Bescheides wird stattgegeben und dieser gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

I.1. Der (nunmehrige) Beschwerdeführer wurde in Österreich geboren, nachdem zuvor seine Eltern illegal in das Bundesgebiet gereist waren. Die Mutter des Beschwerdeführers brachte am 15.01.2007 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz für den Beschwerdeführer ein.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.02.2007, Zahl 07 00.483-BAW, in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen und dem Antragsteller der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde ausgesprochen, dass dem Antragsteller gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg. cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zuerkannt werde und der Antragsteller in Spruchpunkt III. des Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 31 bis 67).

 

I.2. Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.02.2007, Zahl 07 00.483-BAW, zugestellt am 15.02.2007, richtet sich gegenständliche fristgerecht am 23.02.2007 eingebrachte Berufung (nunmehr Beschwerde, erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 71 bis 73).

 

Am 17.10.2007 langte eine Vollmacht von Herrn Rechtsanwalt Dr. Peter Zawodsky beim Unabhängigen Bundesasylsenat, der damals zuständigen Berufungsbehörde, ein (siehe Akt der Mutter, Zahl D7 256238-7/2008).

 

Für den 20.11.2007 wurde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes vom damals zur Entscheidung berufenen Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt, an welcher die Eltern des Beschwerdeführers und deren Vertreter teilnahmen. Das Bundesasylamt wurde ordnungsgemäß geladen, entschuldigte sich jedoch mit Schreiben vom 09.05.2007 und beantragte zugleich gegenständliche Beschwerde abzuweisen. Die Verhandlung wurde zwecks Einholung eines psychiatrisch-neurologischen Gutachtens im Verfahren des Vaters des Beschwerdeführers auf unbestimmte Zeit vertagt.

 

Mit Bescheid vom 12.02.2008, Zahl 256.239/7/14Z-VIII/40/06, wurde Herr Universitätsprofessor Dr. med. G.P., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, ÖAK Diplom Psychosomatische Medizin, ÖÄK Diplom Psychotherapeutische Medizin, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, im Verfahren des Vaters des Beschwerdeführers zum Sachverständigen bestellt und mit Schreiben vom selben Tag ersucht ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten für den Vater des Beschwerdeführers zu erstellen (siehe Akt des Vaters, Zahl D7 256239-7/2008).

 

Am 08.04.2008 langte ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten von Herrn Universitätsprofessor Dr. med. G.P. vom 15.03.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein (siehe Akt des Vaters, Zahl D7 256239-7/2008).

 

Am 04.06.2008 wurde die am 20.11.2007 vertagte öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat fortgeführt. An der Verhandlung nahmen die Eltern des Beschwerdeführers und deren Vertreter teil. Das Bundesasylamt wurde ordnungsgemäß geladen, entschuldigte sich jedoch mit Schreiben vom 14.04.2008 und beantragte zugleich gegenständliche Beschwerde abzuweisen. In der Verhandlung wurden nach Erörterung des Vorbringens der Eltern des Beschwerdeführers die im Verfahren herangezogenen Erkenntnisquellen zur Kenntnis gebracht anschließend die Beweisaufnahme und danach die Verhandlung geschlossen. Die Verkündung des Bescheides entfiel und es wurde angekündigt, dass den Parteien eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides zugestellt werden würde.

 

Die Verhandlungsschrift vom 04.06.2008 wurde dem Bundesasylamt am selben Tag per E-Mail übermittelt (siehe Akt des Vaters, Zahl D7 256239-7/2008).

 

I.3. Mit 01.07.2008 wurde die ursprünglich zuständige Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, aufgelöst und an seine Stelle trat der neu eingerichtete Asylgerichtshof. Nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes wurde gegenständlicher Verwaltungsakt der nunmehr zuständigen Richterin zur Weiterführung des Beschwerdeverfahrens zugewiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

 

II.1. Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005, Art. 2 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gegenständliches Verfahren war am 30.06.2008 bzw. 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig und ist daher vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Es handelt sich um ein Beschwerdeverfahren gegen einen abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes, in dem zwei mündliche Verhandlungen vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat stattgefunden haben. Das ursprünglich zur Entscheidung berufene Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates wurde zur Richterin des Asylgerichtshofes ernannt, ihr wurde nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes das Beschwerdeverfahren zugeteilt und sie hat daher dieses Verfahren gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

II.2. Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006 in Kraft.

 

Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG), BGBl. I. Nr. 76/1997 tritt mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft

 

(§ 73 Abs. 2 AsylG 2005).

 

Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde am 15.01.2007 beim Bundesasylamt eingebracht, weshalb dieses Verfahren nach den Bestimmungen Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, zu führen ist.

 

II.3. Der Asylgerichtshof geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

 

II.3.1. Der Beschwerdeführer, dessen Identität festgestellt werden konnte, ist Staatsangehöriger von Armenien und gehört der armenischen Volksgruppe an.

 

II.3.2. Es konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer der Sohn von Frau A. alias A.M. alias B. auch B., geb. 00.00.1985, Staatsangehörigkeit Armenien, deren Identität nicht festegestellt werden konnte und von Herrn R. alias R.B. alias H. alias T., geb. 00.00.1981, Staatsangehörigkeit Armenien, dessen Identität ebenfalls nicht festgestellt werden konnte, ist.

 

Der Asylantrag der Mutter des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.08.2006, Zahl 04 19.326-BAW, in Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, abgewiesen. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Asylwerberin nach Armenien gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. zulässig sei und die Mutter des Asylwerbers wurde in Spruchpunkt III. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen. Der Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.08.2006, Zahl 04 19.329-BAW, in Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, abgewiesen. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Vaters des Asylwerbers nach Armenien gemäß

 

§ 8 Abs. 1 leg. cit. zulässig sei und der Vater des Asylwerbers wurde in Spruchpunkt III. des Bescheides aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen.

 

II. 3.3. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.01.2007 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.02.2007, Zahl: 07 00.483-BAW, in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. In Spruchpunkt II. wurde dem Antragsteller der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg. cit. nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III. wurde der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen.

 

II.3.4. Die gegen die Bescheide der Eltern des Beschwerdeführers eingebrachten Beschwerden gegen Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesasylamtes wurde in den Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 13.11.2008, Zahl: D7 256238-6/2008/16E und D7 256239-7/2008/20E gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG) in Verbindung mit § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG 1997) abgewiesen. Den Beschwerden gegen Spruchpunkte II. der Bescheide wurde stattgegeben. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, in Verbindung mit § 50 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), Art. 3 Fremdenrechtspaket 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Eltern nach Armenien nicht zulässig ist (Spruchpunkte II.). Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 AsylG 1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 wurden den Eltern befristete Aufenthaltsberechtigungen bis zum 13.11.2009 erteilt (Spruchpunkte III.) und den Beschwerden gegen Spruchpunkte III. der Bescheide stattgegeben und Spruchpunkte III. gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben (Spruchpunkte IV.).

 

II.4.1. Die Identität des Beschwerdeführers (II.3.1.) konnte auf Grund der Vorlage einer Geburtsurkunde vor dem Bundesasylamt festgestellt werden. Die Staatsangehörigkeit (II.3.1.) wurde auf Grund des Vorbringens und der Sprache der Eltern des Beschwerdeführers festgestellt. Die Eltern des Beschwerdeführers haben vor dem Bundesasylamt angegeben, der armenischen Volksgruppe anzugehören (erstinstanzlicher Verwaltungsakt der Mutter, Seite 19).

 

II.4.2. Die in der Beschwerde nicht angefochtenen Feststellungen hinsichtlich der Verwandtschaft (II.3.2.) wurden nachvollziehbar im Bescheid des Bundesasylamtes getroffen.

 

II.4.3. Der Verfahrensgang in den Asylverfahren der Eltern des Beschwerdeführers (II.3.2. und II.3.4.) und der Verfahrensgang im Asylverfahren des Beschwerdeführers (II.3.3.) ergeben sich aus den Akten des Bundesasylamtes, Zahlen 04 19.326-BAW, 04 19.329-BAW, 07 00.483-BAW und den Akten des Asylgerichtshofes Zahlen D7 256238-6/2008,

 

D7 256239-7/2008 und D7 310409-1/2008.

 

II. 5.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des

 

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich infolge von vor dem 01. Jänner 1951 eingetretenen Ereignissen aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Stellt gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von

 

einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist (§ 34 Abs. 2 AsylG 2005).

 

Gemäß § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Die gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 4 AsylG 2005 geforderten Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall nicht erfüllt.

 

Der Beschwerdeführer ist in Österreich geboren. Die Eltern des im österreichischen Bundesgebiet geborenen Kindes konnte eine Verfolgungsgefahr für sich oder ihre minderjährigen Kinder aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Grund in den Asylverfahren nicht glaubhaft machen. Die Eltern des Antragstellers haben keine über ihre Person hinausgehende konkret nur gegen die Person des Antragstellers gerichtete Verfolgung in Armenien geltend gemacht. Wie bereits ausgeführt (siehe II.3.2.), wurden die Asylanträge der Eltern des Beschwerdeführers zunächst mit Bescheiden des Bundesasylamtes in Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, abgewiesen. Die dagegen eingebrachten Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG) in Verbindung mit § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG 1997) abgewiesen (siehe II.3.4.).

 

Da somit die in § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

II.5.2. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder

 

dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 34 Abs. 3 AsylG 2005 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn,

 

dass die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist oder

 

dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Die Bestimmungen des Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshofe (§ 34 Abs. 5 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008).

 

Die gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 3 AsylG 2005 geforderten Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Wie bereits ausgeführt (siehe II.3.2.) wurde den Eltern der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien in Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesasylamtes nicht zuerkannt. Den gegen Spruchpunkt II. der Bescheide der Eltern eingebrachten Beschwerden wurde mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes stattgegeben und gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003, in Verbindung mit § 50 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), Art. 3 Fremdenrechtspaket 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Eltern nach Armenien nicht zulässig ist (siehe II.3.4.).

 

Im Ergebnis war daher der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesasylamtes stattzugeben.

 

II.5.3. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, von der erkennenden Behörde gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen.

 

In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das recht abgeleitet wird, endet (§ 8 Abs. 5 AsylG 2005).

 

Die Behörde hat Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid (§ 34 Abs. 4 AsylG 2005).

 

Die Bestimmungen des Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshofe (§ 34 Abs. 5 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008).

 

Den Eltern des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes gemäß

 

§ 8 Abs. 3 AsylG 1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 AsylG 1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 befristete Aufenthaltsberechtigungen bis 13.11.2009 erteilt, weshalb auch im Fall des Beschwerdeführers ("gleicher Schutzumfang") spruchgemäß zu entscheiden war.

 

II.5.4. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des

 

Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär

 

Schutzberechtigten abgewiesen wird;

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es

 

zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes

 

Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerber liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben (§ 10 Abs. 3 AsylG 2005, in der Fassung Erkenntnis des VfGH vom 01.10.2007, G 179, 180/07).

 

Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG 2005).

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung uns seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979).

 

Der Asylgerichtshof geht in Übereinstimmung mit den österreichischen Höchstgerichten und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass bei einer Ausweisung Art. 3 EMRK beachtlich ist (vgl. VfGH vom 06.03.2008, B 2400/07-9, und die darin wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte; vom 29.09.2007, B 328/07 und B 1150/07; VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995 und 14.998/1997).

 

Der Beschwerde gegen die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers wurde stattgegeben (Spruchpunkt II. dieses Erkenntnisses) und dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt III. dieses Erkenntnisses gemäß

 

§ 8 Abs. 4 und 5 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt.

 

Da somit die Vorsaussetzungen für eine Ausweisung in den Herkunftsstaat nicht mehr vorliegen war Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesasylamtes zu beheben.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren, subsidiärer Schutz
Zuletzt aktualisiert am
09.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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