E13 303.987-2/2008-4E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde des G.K., geb. 00.00.1996, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.09.2008, FZ. 08 08.067-East-Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs 1 AVG BGBl 51/1991 idgF, § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 BGBl I 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der minderjährige Beschwerdeführer brachte erstmals am 20.10.2005, - nach erfolgter gemeinsamer illegaler Einreise mit seinen Eltern und seinen beiden Geschwistern-, durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Diesen Antrag stützte die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers im Wesentlichen darauf, dass sie ihr Heimatland aus religiösen Gründen bereits im Jänner 2004 verlassen habe. Sie sei gemeinsam mit ihrer Familie nach Deutschland gereist und hätte sie dort zwei Asylanträge gestellt, welche aber in allen zwei Instanzen abgelehnt worden seien. Sie sei Zeugin Jehovas und sei deswegen stets von den Nachbarn und anderen Armeniern, bei welchen sie predigen wollte, schikaniert, beschimpft und belästigt worden. Auch habe es aufgrund des Glaubenswechsels im Jahr 1997 bzw. 1998 Probleme mit der Mutter ihres Mannes gegeben. Da ihr Asylantrag in Deutschland zweimal negativ entschieden worden sei und aus Angst vor der bevorstehenden Abschiebung nach Armenien, sei sie mit ihrer Familie nach Österreich weitergereist.
Mit Bescheid vom 6.7.2006, Zl. 05 17.565-BAI wies die belangte Behörde den Asylantrag zeitgleich mit dem Antrag der Mutter ab und stellte gleichzeitig fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien zulässig sei. Unter einem wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen.
Das Bundesasylamt stellte im damals gegenständlichen Verfahren unter anderem fest, dass ein Familienverfahren gemäß § 10 AsylG vorliege.
Einer dagegen erhobenen Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 17.10.2007, Zl. 303.987-C1/5E-XIX/62/06 nicht stattgegeben und folglich in allen Spruchpunkten abgewiesen.
Der Verfassungsgerichtshof wies mit Beschluss vom 29.11.2007, Zl. B 2110-2114/07-3 die Behandlung der Beschwerde ab und führte begründend aus, dass der Beschwerdeführer durch die Ausweisung nicht in seinen Grundrechten nach Art. 8 EMRK verletzt worden sei, weil aufgrund der kurzen Dauer des Inlandaufenthaltes, dass öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse an der Achtung des Privat und Familienlebens überwiege.
In weiterer Folge wurde die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 04.03.2008, Zl. 2007/19/1275 bis 1279-8, die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt, weil die Beschwerde keine für die Entscheidung dieses Falles maßgebliche Rechtsfrage aufwirft, denen grundsätzliche Bedeutung zukäme.
Mit Schreiben vom 6.6.2008 stellte die gesetzliche Vertreterin des BF gemäß § 69 AVG einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Begründet wird dies mit einem Amnesty International Bericht vom 23.5.2008, in dem ausgeführt wird, dass die Zeugen Jehovas in Armenien verfolgt werden. Der Bericht indiziere, dass die Polizei in Armenien nicht willig sei, Angehörigen von den Zeugen Jehovas "subsidiären" Schutz zu gewähren.
Der Unabhängige Bundesasylsenat hat mit Bescheid vom 23.06.2008, Zahl 303.987-C1/10Z-XIX/62/06 den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abgewiesen und begründend ausgeführt, dass der in Vorlage gebrachte Bericht über einen Einzelfall nicht geeignet sei, die seitens des UBAS herangezogenen Quellen - worin nicht festgestellt worden sei, dass die staatlichen Behörden den Zeugen Jehovas den Schutz verweigern würden - zu widerlegen.
Der Verfassungsgerichtshof wies mit Beschluss vom 14.08.2008, Zl B 1376-1380/08-7 den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mit der Begründung ab, dass unter Bedachtnahme auf den Inhalt der Akte kein Anhaltspunkt für die Annahme besteht, dass der Bescheid auf einer rechtswidrigen generellen Norm beruht oder dass bei der Gesetzeshandhabung ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen wäre. Da letztlich eine Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als offenbar aussichtslos erschien und bei der gegebenen Lage sogar die Ablehnung der Beschwerdebehandlung zu gewärtigen wäre, war der Antrag mangels Voraussetzungen gem. § 63 Abs. 1 ZPO (§35 Abs. 1 VfGG) abzuweisen.
Am 02.09.2008 stellte die gesetzliche Vertreterin des BF einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.
Am 03.09.2008 langte bei der Erstbehörde die Bekanntgabe der am 20.08.2008 von der Mutter als gesetzliche Vertreterin des BF an den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/RO1, 1090 Wien, erteilten Vollmacht ein.
Bei einer Einvernahme vor Organen des Bundesasylamtes brachte die gesetzliche Vertreterin des BF im Wesentlichen vor, dass sie aufgrund ihrer Religion Anfeindungen von öffentlichen und privaten Personen befürchte. Sie könne nicht nach Armenien zurückkehren, weil ihre psychische Krankheit dort nicht behandelbar sei und sie deshalb sterben werde. Einmal im Monat müsse sie einen Psychiater aufsuchen, der ihre psychische Krankheit mit Medikamenten behandle, die ¿ 150 kosten und die in Armenien nicht erhältlich seien. In Armenien sei die medizinische Behandlung kostenpflichtig. Zudem hätten sie dort keine Wohnmöglichkeit. In Armenien gebe es keine Gesetze bzw. werden diese nicht beachtet und sie fühle sich in Österreich integriert. Seit März 2006 sei sie in T. Mitglied bei den Zeugen Jehovas. Die Länderberichte zu Armenien hinsichtlich der medizinischen Versorgung würden nicht mit der Realität übereinstimmen. Der Erhalt einer kostenlosen psychiatrischen Behandlung in Armenien sei nicht möglich. Zudem hätten armenische Psychiater nicht das Ausbildungsniveau von europäischen Psychiatern.
Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers brachte einen Bericht von Amnesty International 2008 über den Berichtszeitraum von 2007 und in Vorlage.
Im Zuge der Einvernahme wurde der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers mit schriftlicher Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen.
In der gutachterlichen Stellungnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutische Medizin, Dr. I.H. vom 17.09.2008 wird ausgeführt, dass beim BF keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliege und dass einer Überstellung nach Armenien keine schweren psychischen Störungen entgegen stehen, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht bewirken würden.
In der am 22.9.2008 beim Bundesasylamt eingelangten schriftlichen Stellungnahme, wies der ausgewiesene Vertreter der gesetzlichen Vertreterin des BF unter anderem darauf hin, dass einem Zeugen Jehovas im Mai 2008 vom UBAS aufgrund der aktuellen Berichtslage Asyl gewährt worden sei. Zudem würde der Bescheid des UBAS die Stigmatisierung von psychisch Kranken in der Öffentlichkeit bestätigen.
Mit Bescheid vom 22.9.2008, Zahl 08 08.067-EAST Ost, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen (Spruchpunkt II.).
Begründend führte die Erstbehörde im Wesentlichen aus, dass im ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren alle bis zur Entscheidung desselben entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden seien und im gegenständlichen Verfahren kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden konnte.
Zu Spruchpunkt II. führte die Erstbehörde im Wesentlichen aus, dass kein relevantes Privat- und Familienleben zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich bestünde und deshalb, mangels Eingriff, auch keine Verletzung von Art 8 EMRK gegeben wäre, prüfte jedoch in Folge die Zulässigkeit der Ausweisung unter dem Aspekt des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Gemäß § 10 Abs 4 AsylG gelte die Ausweisung auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Ein dem entgegenstehender Sachverhalt habe nicht festgestellt werden können, zumal sich keine entscheidungsrelevante Lageänderung ergeben habe.
Gemäß § 10 Abs 3 AsylG habe sich auch kein Sachverhalt ergeben, wonach die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers liegen würden und die nicht von Dauer sind, für die notwendige Zeit aufzuschieben wäre.
Gegen diesen Bescheid erhob der ausgewiesene Vertreter des BF innerhalb offener Frist die hier gegenständliche Beschwerde.
Die Beschwerdevorlage an den AsylGH erfolgte am 14.10.2008 und langten bei der Aussenstelle Linz am 16.10.2008 ein.
Die im angefochtenen Bescheid bereits enthaltene Sachverhaltsdarstellung wird hiermit zum Inhalt dieser Entscheidung erklärt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das erkennende Gericht berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278).
Mit Schreiben vom 17.11.2008 wurde bekannt gegeben, dass die Familie G. am 4.11.2008 abgeschoben wurde. Aus dem "Abschubbericht" des Landespolizeikommandos Wien geht hervor, dass G.A. und L. am 13.11.2008, 22.05 Uhr einen neuerliche Asylantrag einbrachten, diesen jedoch nicht weiter konkretisierten.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte. Daraus ergibt sich auch der konkrete Verfahrensgang.
Gemäß § 61 Abs 3 lit c AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2008/4 entscheidet über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide des Bundesasylamtes wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG sowie über die mit dieser Entscheidung verbundenen Ausweisung der Asylgerichtshof durch Einzelrichter.
Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG am 01.01.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; es ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.
Gemäß 75 Abs. 4 AsylG begründen ab - oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).
Während eines anhängigen Berufungsverfahrens gestellter oder eingebrachter weiterer Antrag auf internationalen Schutz wird gemäß § 17 Abs. 8 AsylG 2005 im Rahmen des anhängigen Berufungsverfahrens mitbehandelt.
Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Zum Spruchpunkt I.:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG und wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft - der also für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen keine Asylrelevanz zukäme, sodass eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages von vornherein ausgeschlossen erscheint -, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 2004, Zl. 2002/20/0391).
Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen (vgl. VwGH 4. November 2004 sowie u.a. die Erkenntnisse vom 25. Oktober 2005, Zl. 2005/20/0372, vom 22. Dezember 2005, Zl. 2005/20/0556, sowie, Zl. 2005/20/0300).
Der Verwaltungsgerichtshof vertrat zum AsylG 1997 die Ansicht, dass nur Änderungen des für die Asylgewährung nach § 7 AsylG maßgeblichen Sachverhaltes zu einem neuerlichen inhaltlichen Asylverfahren führen könnten, während Änderungen den Refoulementschutz (§ 8 AsylG) betreffend, außer Betracht zu bleiben hätten. Die Kompetenz zur Wahrnehmung solcher Änderungen käme den Fremdenpolizeibehörden zu. Diese Rechtsauffassung kann mit Inkrafttreten des AsylG 2005 nun nicht mehr aufrecht erhalten werden, weil der Antrag auf internationalen Schutz nunmehr sowohl einen Antrag auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten als Eventualantrag umfasst. Somit sind nach dem AsylG 2005 nunmehr auch maßgebliche Änderungen im Bereich eines Refoulementsachverhaltes von den Asylbehörden im Rahmen der Beurteilung ob entschiedene Sache vorliegt mit zu berücksichtigen (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, Kommentar, S 626f).
Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes 1968, BGBl Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991 BGBl Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).
Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. die Erkenntnisse vom 10. Juni 1998, Zl. 96/20/0266, und vom 15. Oktober 1999, Zl. 96/21/0097).
Da die Erstbehörde mit dem angefochtenen Bescheid den Asylantrag zurückgewiesen hat, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst (vgl. hiezu zB. VwGH 30.10.1991, Zahl 91/09/0069; VwGH 30.05.1995, Zahl 93/08/0207).
Als Vergleichsbescheid ist im Falle mehrfacher Asylfolgeanträge derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem (unbeschadet des § 75 Abs 4 AsylG 2005) zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 26. Juli 2005, Zl. 2005/20/0226, mwN).
Wie aus dem gegenständlichen Verfahrensgang hervorgeht, ist der hier maßgebliche Vergleichsbescheid jener des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 17.10.2007, Zl. 303.987-C1/5E-XIX/62/06, welcher dem ausgewiesenen Vertreter der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers ordnungsgemäß zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen ist.
Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 22.9.2008, Zahl: 08 08.067-EAST Ost, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides.
Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers stützt ihren nunmehrigen Antrag auf internationalen Schutz auf Ereignisse, die bereits vor ihrer ersten Antragstellung vorgefallen sein sollen. Sie wiederholte in ihrer Erstbefragung vom 08.09.2008 im Wesentlichen die bereits im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe. Der Unabhängige Bundesasylsenat hat bereits im Bescheid vom 17.10.2007 eingehend dargelegt, dass das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers glaubhaft ist, aber dass der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers - mangels hinreichender Intensität der von ihr vorgebrachten Belästigungen und Drohungen durch Privatpersonen - weder eine spezifische Gefahr im Zusammenhang mit ihrer Glaubenszugehörigkeit, noch aus allgemeinen Gründen hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas droht (siehe Seiten 24 bis 25 des genannten Bescheides). Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des Asylwerbers im nunmehrigen Verfahren zur Gewährung von internationalem Schutz deckt sich solcherart im Wesentlichen mit dem Vorbringen, welches bereits im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zwar als glaubwürdig qualifiziert wurde, aber mangels hinreichender Intensität der von ihr vorgebrachten Belästigungen und Drohungen durch Privatpersonen - ihr weder eine spezifische Gefahr im Zusammenhang mit ihrer Glaubenszugehörigkeit, noch aus allgemeinen Gründen hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas droht. Das Bundesasylamt hat in Ermangelung zusätzlicher Elemente des Vorbringens der gesetzlichen Vertreterin des Asylwerbers, die für die Glaubwürdigkeit einer erhöhten Intensität sprechen könnten, zu Recht das diesbezügliche im neuerlichen Asylverfahren erbrachte Vorbringen nicht als neuen entscheidungsrelevanten Sacherverhalt gewertet. Der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz dient demzufolge der Überprüfung einer bereits rechtskräftigen Entscheidung und wurde vom Bundesasylamt daher prima facie rechtsrichtig wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.
Auch der Bericht von Amnesty International 2008 über den Berichtszeitraum von 2007stellt keinen Sachverhalt dar, welcher von dem erledigten Prozessgegenstand des ersten Asylverfahrens im wesentlichen Punkten abweicht (vergleiche grundsätzlich Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 8. Auflage, RZ 483), dies aus folgenden näheren Erwägungen:
Betrachtet man den Inhalt des Amnesty International Berichtes aus dem Jahre 2008 werden darin sechs konkrete Einzelfälle aufgeführt die im Zeitraum vom 21.08.2006 bis 1.6.2007, also zweifellos vor dem Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung im Berufungsverfahren zu dem ersten Asylantrag als auch insbesondere vor rechtskräftigem Abschluss dieses ersten Asylverfahrens statt gefunden haben. Die erwähnten Vorfälle in Armenien stehen in keinerlei direktem Zusammenhang mit dem Verfahren der Beschwerdeführerin und es ist nicht erkennbar, inwiefern sich daraus konkret für die Beschwerdeführerin eine Verschlechterung der allgemeinen Lage der Zeugen Jehovas in Armenien ergibt. Unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen der Erstbehörde zur Lage der Zeugen Jehovas in Armenien, die mit jenen des UBAS im Erstverfahren in Einklang stehen, kann auch nicht gesagt werden, dass sich aus der sonstigen allgemeinen Situation in Armenien seit Abschluss des Erstverfahrens neue Sachverhaltselemente ergeben hätten, die in Verbindung mit der fortdauernden behaupteten staatlich geduldeten Verfolgung durch Privatpersonen eine neue Sache konstituieren würden. Insgesamt ergibt sich durch diese Zusammenfassung von Berichten jedenfalls keine andere entscheidungsrelevante Lagebeurteilung, als durch die seitens der Erstbehörde getroffene Lagebeurteilung anhand der beigezogenen Quellen.
Zu der Befürchtung der Eltern betreffend der Wehrpflicht ihres nunmehr zwölfjährigen Sohn, also dem Beschwerdeführer ist zunächst auszuführen, dass wie die Erstbehörde zutreffend ausführte, dieses Vorbringen schon im Zeitpunkt der Entscheidung des UBAS vom 17.10.2007 vorgelegen hat und auch thematisiert worden ist, weshalb sie nicht geeignet sind, einen neuen Sachverhalt im Sinn eines "novum productum" zu begründen.
Zu der vom Vater des Beschwerdeführers übermittelten Videokassette mit der Zusammenfassung von Berichten der englischsprachigen Nachrichten des aserbaidschanischen Programms "Ictimal" ist auszuführen, dass diese an den bisher getroffenen Ausführungen insofern nichts zu ändern vermögen, da den behördlichen Feststellungen nicht in qualifizierter Form entgegengetreten wurde. Die Feststellungen zum Herkunftsstaat Armenien gründen sich auf die genannten als unbedenklich erachteten objektiven und aktuellen Quellen, die im übrigen im Ergebnis mit den im Erstbescheid herangezogenen Erkenntnisquellen in Übereinstimmung stehen. Zudem stellt sich dieses Vorbringen völlig vage dar und ist diese Befürchtung unter Berücksichtigung der derzeitigen Situation in Armenien jedenfalls nicht objektiv nachvollziehbar. Die Erstbehörde hat zurecht darauf verwiesen, dass eine Verschärfung der Konflikte bereits im Sommer 2007 bestanden habe und ist daher als im Erstverfahren entschieden anzusehen. Eine zwischenzeitlich eingetretene weitere Verschärfung ist nicht ersichtlich.
Abgesehen vom Länderbericht von Amnesty International vom Berichtszeitraum 2007 hat die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers kein neues Vorbringen erstattet und auch in den Einvernahmen vor der Erstbehörde ausdrücklich bekräftigt, dass ihre Fluchtgründe dieselben seien.
Im Ergebnis ist der vorgelegte Länderbericht und die Videokassette daher nicht geeignet, einen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu begründen. Es bleibt anzumerken, dass die Beschwerdeführerin im gesamten gegenständlichen Asylverfahren rechtsfreundlich vertreten war und sich daher auch keine Bedenken hinsichtlich einer diesbezüglich fehlenden ausdrücklichen Manuduktion durch die Erstbehörde ergeben. Daher war auch den Anträgen, von konkreten persönlichen Erhebungen und die Beiziehung eines Experten zu veranlassen nicht nachzukommen.
Insoweit das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers unter dem Blickwinkel des Refoulementschutzes (§ 8 AsylG) zu betrachten ist, ist auszuführen, dass sich zu den Ausführungen im rechtskräftigen Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.9.2008, in dem auch auf die Schutzfähigkeit der Sicherheitsorane vor privaten Bedrohungen hingewiesen wurde, keine neuen Aspekte ergeben haben. Wie das Bundesasylamt richtigerweise ausgeführt hat, ist der Bericht von Amnesty International 2008 nicht geeignet, eine Verschlechterung der Situation der Zeugen Jehovas in Armenien darzulegen. Aufgrund dessen, dass auch im zweiten Asylverfahren kein glaubwürdiges konkretes Vorbringen im Hinblick auf eine Bedrohung im Sinne des § 50 FPG erbracht wurde, ist demnach wiederum nur die allgemeine Situation in Armenien zu betrachten. Von Amts wegen sind seit dem rechtskräftigen Abschlusses des ersten Asylverfahrens keine Änderungen der allgemeinen Situation Armenien, insbesondere für Angehörige der Zeugen Jehovas, notorisch, welche die Annahme einer allgemeinen extremen Gefährdungslage gerechtfertigt erscheinen lassen würden.
Da auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, vorliegen, da sich die allgemeine Situation in Armenien, in der Zeit, bis der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, nicht wesentlich geändert hat, und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesasylamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des zweiten Asylantrages das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.
Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht der Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, die Entscheidung des BAA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II.:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Nach Abs. 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wird - um Wiederholungen zu vermeiden und im Hinblick darauf, dass weder im Vorbringen des gesetzlichen Vertreters der Beschwerdeführerin vor der Erstbehörde, noch in den Beschwerdeausführungen ein konkretes Vorbringen hiezu erstattet wurde - auf die Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und wird diese vollinhaltlich zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.
Da sohin im gegenständlichen Verwaltungsverfahren die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG, nämlich die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache, vorliegt, weiters keine Umstände hervorgekommen sind, die diese Ausweisung unzulässig erscheinen ließen, nämlich weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht noch familiäre Beziehungen, die eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirken könnten (§ 10 Abs. 2 leg. cit.), sowie auch kein Anhaltspunkt für einen Aufschub der Durchführung der Ausweisung vorliegt (§ 10 Abs. 3 leg. cit.), war auch der Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt der Erfolg versagt.
Im Hinblick auf die Frage nach einer etwaigen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die erstinstanzliche Ausweisungsentscheidung iSd § 37 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ergaben sich im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass die Beschwerdeführerin durch ihre Abschiebung nach Armenien, einer realen Gefahr iSd § 37 Abs. 1 AsylG 2005 ausgesetzt wäre.
III. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs 4 und Abs 7
1. Fall AsylG 2005 entfallen, da es sich hier um eine zurückweisende Entscheidung im Zulassungsverfahren handelt und andererseits auch der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden konnte und es daher keiner weiteren Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zur Entscheidungsfindung bedurfte.