TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/18 C7 305765-2/2008

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Veröffentlicht am 18.11.2008
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Spruch

C7 305765-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde des S.B., geb. 00.00.1959, StA.

Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.10.2008, AZ:

08 05.433-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Bescheiderlassung ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt.

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Indien, stellte erstmals am 07.09.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher sowohl seitens der Erstbehörde wie auch seitens des Unabhängigen Bundesasylsenates negativ entschieden wurde.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.10.2008, Zahl 08 05.433-EAST Ost, wurde der dem Verfahren zugrunde liegende Asylantrag des Beschwerdeführers vom 24.06.2008 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG die Ausweisung der beschwerdeführenden Partei aus dem Bundesgebiet nach Indien verfügt.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt langte am 12.11.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet, durch einen Kammersenat.

 

Im vorliegenden Verfahren war gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 c AsylG durch Einzelrichtererkenntnis zu entscheiden.

 

2. Gemäß § 28 Abs. 1 AsylG ist das Verfahren zuzulassen, soweit das Verfahren nicht vor Zulassung inhaltlich entschieden wird und der Antrag voraussichtlich nicht zurückzuweisen ist. Die Zulassung erfolgt durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51); eines Bescheides bedarf es dann nicht. Die Zulassung steht einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.

 

§ 28 Abs 1 letzter Satz AsylG sieht keine schrankenlose Ermächtigung vor, eine Zurückweisungsentscheidung außerhalb des Zulassungsverfahrens zu treffen; dies würde unvorhersehbares behördliches Handeln ermöglichen und zu einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips führen. Die Norm soll nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 28 AsylG 2005 ausnahmsweise Fälle umfassen, in denen der Zurückweisungstatbestand erst nach dem Zulassungsverfahren zu Tage getreten ist (so auch UBAS 04.10.2006, 303.347-B1/E1-XVIII/59/06, Putzer-Rohrböck, Asylrecht, Rz 600). Ein weiterer Anwendungsbereich sind Fälle, in denen - nach einer Behebung eines im Zulassungsverfahrens ergangenen Bescheides gemäß § 5 AsylG 2005 oder § 68 AVG durch die Beschwerdeinstanz im Grunde des § 41 Abs 3 AsylG wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens (leg.cit. letzter Satz) und der damit in einem erfolgten Zulassung im Sinne des § 41 Abs. 3 2. Satz AsylG - die Erstbehörde nach Ergänzung des Verfahrens eine neue Unzulässigkeitsentscheidung treffen will. Beide Konstellationen liegen im gegenständlichen Fall aber nicht vor.

 

3. Gemäß § 28 Absatz 2 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz entscheidet, dass der Antrag zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Dublin - Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Führen solcher Konsultationen ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gilt die 20-Tages-Frist nicht. Diese gilt überdies nicht, wenn der Asylwerber am Verfahren nicht mitwirkt, dieses gegenstandslos wird oder er sich diesem entzieht. Ist der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage, am Verfahren mitzuwirken, ist der Lauf der Frist nach Satz 1 gehemmt.

 

Für Zurückweisungsentscheidungen gemäß § 68 AVG gilt sohin, dass der Antrag zuzulassen ist, sollte das Bundesasylamt nicht binnen 20 Tagen ab Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz einen Bescheid erlassen. Die Frist gilt keinesfalls, wenn der Asylwerber seine Mitwirkungspflicht verletzt (§ 15), das Verfahren gegenstandlos wird (§ 25) oder sich dem Verfahren entzieht (§ 24). § 28 Absatz 3 letzter Satz normiert eine Fortlaufhemmung für jene Fälle, in denen der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage war, mitzuwirken

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 24.06.2008 iSd § 17 Abs. 2 AsylG eingebracht; der diesen Antrag zurückweisende Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 22.10.2008 und dem Beschwerdeführervertreter am 17.10.2008 - sohin nicht innerhalb der 20-Tagesfrist gemäß § 28 Absatz 2 AsylG - zugestellt. Der Aktenlage ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass Konsultationen gemäß der Dublin II VO oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt wurden oder dass der Beschwerdeführer am Verfahren nicht mitgewirkt hat, das Verfahren gegenstandslos wurde oder er sich diesem entzogen hätte. Es ist aus dem Akt weiters nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage war, am Verfahren mitzuwirken.

 

Dass die Fristversäumnis dem Beschwerdeführer wegen seines Hungerstreits in der Schubhaft zuzurechen wäre, kann nicht erkannt werden, dies da der Beschwerdeführer am 04.07.2008 aus der Schubhaft entlassen wurde, der Bescheid des Bundesasylamtes jedoch erst am 17.10.2008/ 22.10.2008 erlassen wurde. Auch wenn man davon ausgehen würde, dass durch den Hungerstreik die Frist gehemmt worden wäre und danach weitergelaufen wäre, ist nicht ersichtlich, warum die Zustellung des angefochtenen Bescheides erst mehr als drei Monate nach der Entlassung aus der Schubhaft und zweieinhalb Monate nach der Einvernahme beim Bundesasylamt erfolgt ist.

 

Somit hat das Bundesasylamt innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von 20 Tagen keine Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrages nach § 68 Absatz 1 AVG getroffen, weshalb der Antrag kraft Gesetzes zugelassen ist.

 

Das Bundesasylamt hat folglich einen infolge Fristablaufes bereits zugelassenen Asylantrag im Grunde des § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Eine nähere Erörterung respektive Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erübrigt sich aufgrund der getroffenen Entscheidung.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG entfallen.

Schlagworte
Fristen, Fristversäumung
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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