C15 303.967-1/2008/6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Maurer-Kober als Einzelrichterin über die Beschwerde des P.D., geb. 00.00.1997, StA.
Türkei, gesetzlich vertreten durch: P.I., dieser vertreten durch:
Mag. Paul ZEITLHOFER, Caritas Flüchtlings- und Migrantenhilfe, Wichnergasse 22, 6800 Feldkirch, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.07.2006, FZ. 05 13.858, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.11.2006 und am 02.04.2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und P.D. gemäß § 10 Abs. 2 AsylG idF BGBl I Nr. 101/2003 Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG idF BGBl I Nr. 101/2003 wird festgestellt, dass P.D. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 01.09.2005 im Rahmen eines Familienverfahrens (§ 10 AsylG) gestellten Asylantrag (Antrag auf Gewährung desselben Schutzes) gemäß § 7 AsylG abgewiesen, festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der minderjährigen Asylwerberin in die Türkei gem. § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei und sie gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Berufung erhoben.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin ist die minderjährige, unverheiratete Tochter von P.I., dessen Asylantrag der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 18.11.2008, Zahl: C15 303.965-1/2008/8E, gem. § 7 AsylG idF BGBl I Nr. 101/2003 Folge gegeben und gem. § 12 AsylG idF BGBl I Nr. 101/2003 Herrn P.I. Asyl gewährt hat. Der Asylantrag der Beschwerdeführerin wurde im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß § 10 AsylG eingebracht.
2. Dies ergibt sich aus den Asylakten der Beschwerdeführerin und ihres Vaters.
3. Rechtlich ergibt sich folgendes:
3.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten und ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; es ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde tritt.
3.2. § 10 AsylG lautet:
"§ 10. (1) Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines
1. Asylberechtigten;
2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 in Verbindung mit 15) oder
3. Asylwerbers
stellen einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid den gleichen Schutzumfang zu gewähren, es sei denn, dem Antragsteller ist gemäß § 3 Asyl zu gewähren. Abs. 2 gilt.
(4) Befindet sich der Familienangehörige eines subsidiär Schutzberechtigten im Ausland, kann der Antrag auf Gewährung desselben Schutzes gemäß § 16 drei Jahre nach Schutzgewährung gestellt werden.
(5) Die Behörde hat Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid."
Gemäß § 1 Z 6 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.
3.3. In Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Behörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
3.4. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, wurde dem Vater der Beschwerdeführerin, P.I., mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18.11.2008, Zahl: C15 303.965-1/2008/8E, Asyl gewährt. Bei der minderjährigen Beschwerdeführerin handelt es sich somit, wie in § 10 Abs. 1 AsylG gefordert, um die Familienangehörige eines Asylberechtigten. Da überdies keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführerin die Fortsetzung ihres Familienlebens mit dem asylberechtigten Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war der Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 2 AsylG Asyl zu gewähren.
Gemäß § 12 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.