C8 307999-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Felseisen als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Filzwieser-Hat als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde der T.Y., geb. 00.00.1966, StA. China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.11.2006, FZ. 06 02.116-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBL I Nr. 4/2008, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesasylamtes. Die Beschwerdeführerin stellte am 20.02.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde noch am selben Tag einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, bei welcher sie bezüglich ihrer Fluchtgründe vorbrachte, dass sie Buchhalterin in einem staatlichen Betrieb gewesen sei, welcher viele Angestellte entlassen habe. Als sie sich für diese Personen eingesetzt habe, habe sie selbst Schwierigkeiten bekommen und sei schließlich entlassen worden. Sie habe daraufhin eine eigene Firma gegründet und sei immer wieder von den Behörden schikaniert worden. Als sich schließlich auch noch ihr Mann von ihr scheiden habe lassen, habe sie beschlossen, das Land zu verlassen.
Am 23.02.2006 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen und gab an, dass sie sich für die Leute, die in ihrem Betrieb entlassen worden seien, eingesetzt habe. Sie habe einen Brief an eine übergeordnete Dienststelle geschrieben und sei wegen dieses Briefes schikaniert und Repressalien ausgesetzt worden. Als sie sich dagegen gewehrt habe, sei sie entlassen worden. Auch darüber habe sie sich ohne Erfolg beschwert. Da die Rechtsmittel, die sie eingesetzt habe, sehr teuer gewesen seien, musste sie ihre Wohnung verkaufen, um das Geld aufzutreiben. Um wirtschaftlich wieder Fuß zu fassen, habe sie außerdem ihre eigene Firma gegründet. Dabei sei sie von der Behörde schikaniert worden und schließlich habe sie die Firma zusperren müssen. Dann habe sie auch noch ihr Mann verlassen und das gemeinsame Kind mitgenommen. Daher habe die Beschwerdeführerin das Land verlassen.
Gegen die Beschwerdeführerin sei kein Gerichtsverfahren anhängig. Darüber hinaus sei sie weder vorbestraft noch im Gefängnis gewesen. Mit der Polizei habe sie nie Probleme gehabt. Es würden Probleme mit der Wirtschaftsabteilung der Stadtverwaltung bestehen.
Dublin-Konsultationen mit Deutschland (seit 24.03.2006) und Frankreich (23.02.2006) ergaben keine Zuständigkeiten dieser beiden Länder. Dieses Ergebnis der Konsultationen wurde der Beschwerdeführerin am 03.04.2006 zur Kenntnis gebracht.
Bei einer am 08.11.2006 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie sich bezüglich der Entlassung ihrer Arbeitskollegen bei der Behörde beschwert habe. Die Behörde habe nicht darauf reagiert und dann sei sie von ihrem Vorgesetzten schikaniert worden und habe ihren Arbeitsplatz verloren. Danach sei sie von der Aufsichtsbehörde und auch von Leuten aus der Unterwelt schikaniert worden. Befragt, ob sie abgesehen vom erwähnten Beschwerdebrief weitere Aktivitäten gesetzt habe, brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie nach ihrer Entlassung noch einen weiteren Brief an die Gewerkschaft sowie danach noch einen Brief an die Stadtregierung geschrieben habe. Weitere Aktivitäten habe sie keine gesetzt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.11.2006, Zahl: 06 02.116-BAW, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Zugleich wurde der Beschwerdeführerin in Spruchpunkt II gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III wurde sie gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach China ausgewiesen.
Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben (u.a. AA, Oktober 2004; UK Home Office, Oktober 2004; US Departement Of State, Februar 2005) zur allgemeinen Lage in China. Die Aussagen der Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen wurden als nicht glaubwürdig gewertet (Seiten 13 bis 15 des Bescheides): Das Vorbringen lasse sich nicht nachvollziehen, zumal es von der Beschwerdeführerin in der Substanz völlig widersprüchlich dargelegt wurde. Einerseits habe die Beschwerdeführerin die Einbringung derart teurer Rechtsmittel, aufgrund welchen sie selbst ihre Wohnung hätte verkaufen müssen, behauptet und habe dann andererseits jeglicher Lebenserfahrung widersprechend angegeben, dass sie ein selbstständiges Unternehmen gegründet habe, um wirtschaftlich wieder Fuß zu fassen. Diese Aussagen würden in völligem Widerspruch zueinander stehen und sich nicht vereinbaren lassen. Davon abgesehen sei ergänzend dazu auch festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin den Einsatz von Rechtsmitteln, die ihre finanzielle Grundlage bedroht hätten, in einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt nicht genannt habe. Weiters sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt behauptet habe, dass sie zuletzt als Buchhalterin gearbeitet habe. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Beschwerdeführerin einerseits als "Beschützerin" von gekündigten unbekannten Personen ausgibt, und andererseits über langjährige Schulbildung verfügt und aufgrund ihres Berufes den Umgang mit Zahlen und Daten gewohnt sein müsste, konnte die Beschwerdeführerin nicht einmal ihren konkreten Kündigungszeitpunkt nennen.
Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass bei der Beschwerdeführerin keine individuellen Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass sie bei ihrer Rückkehr nach China in eine extreme Notlage geraten würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 2 oder 3 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten darstellen würde.
Zu Spruchpunkt III legte die Erstbehörde dar, dass die Beschwerdeführerin über keine familiären Beziehungen in Österreich verfüge und auch sonst keine Umstände ersichtlich seien bzw. vorliegen würden, welche gegen eine Ausweisung der Beschwerdeführerin sprechen würden.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde).
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.
II. Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:
1. Anzuwenden war das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet, durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es hat insgesamt drei Einvernahmen der Beschwerdeführerin durchgeführt und sie konkret und ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
In der Beschwerde werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes, insbesondere in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Vorbringens, keine konkreten Argumente entgegengesetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen der Beschwerdeinstanz geboten hätte.
3. Der Asylgerichtshof geht wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist, dies insbesondere aufgrund der widersprüchlichen, nicht einheitlichen und nicht plausiblen Darstellung ihrer Fluchtgründe.
So schließt sich der Asylgerichtshof der Meinung des Bundesasylamtes an, wonach es außerhalb jeglicher Lebenserfahrung liegt, dass die Beschwerdeführerin einerseits behauptete, dass sie aufgrund der kostspieligen Rechtsmittel, welche sie einsetzte, sogar ihre Wohnung verkaufen musste und aber andererseits angab, dass sie zum etwa gleichen Zeitpunkt ein eigenes Unternehmen gegründet habe, um wieder an Geld zu kommen. Weiters erscheint die Tatsache, dass sich die Beschwerdeführerin aufgrund der von ihr eingebrachten Rechtsmittel finanziell verausgabt hat, schon im Hinblick darauf, dass sie ihre finanziellen Probleme in einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt gar nicht mehr erwähnte und nur angab, drei Beschwerdebriefe verfasst zu haben, nicht glaubhaft.
Weiters geht auch der Asylgerichtshof davon aus, dass von einer gebildeten und als Buchhalterin erfahrenen Frau, als die sich die Beschwerdeführerin ausgibt, durchaus zu erwarten gewesen wäre, dass sie ihren konkreten Kündigungszeitpunkt nennen kann.
Selbst bei Zutreffen des Fluchtvorbringens, aufgrund ihres Einsatzes für andere Arbeitnehmer und letztlich auch für sich selbst Probleme mit der Wirtschaftsabteilung der Stadtverwaltung zu haben, ist dieses nicht geeignet, Asylrelevanz zu entfalten, kann daraus pro futuro keine auf einem Konventionsgrund beruhende Verfolgungsgefahr asylrelevanter Intensität in China abgeleitet werden. Auch hat die Beschwerdeführerin keine konkreten (drohenden) Verfolgungshandlungen in China geltend gemacht.
Die Beschwerdeführerin hat weiters selbst angegeben, nie Probleme mit der Polizei gehabt zu haben, sondern lediglich mit der Wirtschaftsabteilung der Stadtverwaltung. Gegen eine Verfolgung der Beschwerdeführerin spricht außerdem auch ihre problemlose legale Ausreise aus China.
4. Auch die Erwägungen des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt II. sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, warum der Beschwerdeführerin eine Existenzsicherung in China nicht möglich und zumutbar sein sollte, wie es ihr auch vor ihrer Ausreise möglich war. Aufgrund der mangelnden Glaubhaftmachung der Fluchtgründe kann auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgegangen werden. Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen. Auch sonst haben sich keine Art. 3 EMRK relevanten Hindernisse, nach China zurückzukehren, ergeben bzw. wurde kein Art. 3 EMRK relevantes Hindernis geltend gemacht.
5. Ebenso ist die Ausweisungsentscheidung in Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides zu bestätigen. Die Beschwerdeführerin verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunke, ihr Ex-Ehemann und ihr Kind leben in China. Eine nähere Prüfung des Privatlebens der Beschwerdeführerin als Asylwerberin ist nach der jüngsten EGMR Judikatur in der Regel nicht erforderlich, da das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher zu bewerten ist und die Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff begründen kann (vgl. zur Interessensabwägung zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Selbst bei Prüfung des Vorliegens eines Privatlebens im Sinne der bisherigen Judikatur der österreichischen Höchstgerichte (vgl. VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07, VfGH vom 01.10.2007, Zl. G 179, 180/07) wären im Fall der Beschwerdeführerin keine Hinweise auf eine sonstige außergewöhnliche schützenswerte Integration in Österreich erkennbar, dass allein aus diesem Grunde die Ausweisung für unzulässig zu erklären wäre, dies unter Berücksichtigung einer zum Entscheidungszeitpunkt etwa zweieinhalbjährigen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 wonach ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet regelmäßig keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet).
6. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Auch entspricht das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wie dargelegt, offenkundig nicht den Tatsachen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.