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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der V GmbH in W, vertreten durch Dorda, Brugger & Jordis, Rechtsanwälte - Partnerschaft in Wien I, Dr. Karl Lueger Ring 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat XI) vom 9. März 1998, Zl. RV/149-06/09/97, betreffend Umsatzsteuer 1993 und 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gegenstand des Unternehmens der mit Gesellschaftsvertrag vom 25. Oktober 1993 gegründeten beschwerdeführenden GmbH ist die Gründung und der Erwerb von Beteiligungen an bestehenden oder neu zu errichtenden in- und ausländischen Gesellschaften und deren Verwaltung, sowie die Geschäftsführung und Vertretung anderer Gesellschaften, sowie überhaupt die Ausübung der Holding-Funktion hinsichtlich anderer Gesellschaften. Der Unternehmensgegenstand umfasst nach Punkt 2. des Gesellschaftsvertrages daneben sämtliche Geschäfte und Maßnahmen, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes notwendig oder nützlich sind, sowie die Erbringung von Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung.
Strittig ist im Beschwerdeverfahren der in den Jahren 1993 und 1994 geltend gemachte Vorsteuerabzug (aus Beratungsleistungen und Erfolgshonorar) im Zusammenhang mit dem 100 %igen Beteiligungserwerb (Kaufpreis 1,030.000 S für Aktien im Nennbetrag von insgesamt 1,000.000 S) an der A Holding AG (im Folgenden: A. AG). Dieser Vorsteuerabzug (1993 insgesamt 2,212.374,66 S und 1994 204.672 S) ist in den Erstbescheiden vom Finanzamt im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung (Prüfungsbericht vom 4. Oktober 1995) unter Hinweis auf § 12 Abs. 3 Z. 2 iVm § 6 Z 8 lit d UStG 1972 versagt worden.
In der (den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1993) betreffenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 12. August 1997 wird die Nichtanerkennung der Vorsteuerbeträge im Wesentlichen folgendermaßen begründet:
In der Berufung werde geltend gemacht, dass unecht umsatzsteuerbefreite Umsätze nach § 6 Z. 8 UStG 1972 nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von der die Aktien emittierenden A. AG erzielt worden seien. Der Vorsteuerabzug bzw. der Ausschluss vom Vorsteuerabzug stelle immer nur eine Korrelat zu den erbrachten Umsätzen dar. Die Unternehmereigenschaft der Beschwerdeführerin sei durch den Einfluss auf die Geschäftsleitung der Untergesellschaft und durch die dieser gegenüber erbrachten Dienstleistungen gegeben (= geschäftsführende Holding). Zur Unternehmereigenschaft werde zusätzlich auf das Urteil des EuGH vom 20. Juni 1991, Rs C-60/90, hingewiesen. Nach diesem Urteil sei zwar eine reine "Beteiligungsholding" nicht mehrwertsteuerpflichtig. Etwas anderes gelte jedoch, wenn die Beteiligung mit einem unmittelbaren oder mittelbaren Eingreifen in die Verwaltung der Gesellschaft einher gehe. Durch die maßgebliche Einflussnahme auf die Geschäftsleitung sowie durch die Erbringung von Dienstleistungen für die Untergesellschaft bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang der erbrachten Leistungen mit dem Halten und Verwalten der Beteiligung. Dadurch werde zur Gänze ein unternehmerischer Bereich begründet.
Den Berufungsausführungen werde - so die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung - entgegen gehalten, dass das Finanzamt auf dem Standpunkt stehe, dass der Erwerb der Beteiligung dem nichtunternehmerischen Bereich (Beteiligungsverwaltung, Holdingfunktion) zuzuordnen sei. Insoweit sei keine Unternehmereigenschaft vorgelegen und der Vorsteuerabzug nach § 12 UStG 1972 ausgeschlossen gewesen. Da zur Beteiligungsverwaltung nicht nur das Abhalten von Hauptversammlungen und Aufsichtsratssitzungen, sondern alle "beteiligungsstrategischen Belange" (wie insbesondere der Erwerb, die Umstrukturierung und die Veräußerung von Beteiligungen) gehörten, sei zusätzlich im Erstbescheid darauf hingewiesen worden, dass auch die Veräußerung dieses Wirtschaftsgutes, d.h. das Erzielen eines Umsatzes nach § 6 Z. 8 UStG 1972, zum Vorsteuerausschluss führte. Die Unternehmereigenschaft durch die gegenüber der A. AG erbrachten Dienstleistungen sei nie in Abrede gestellt worden. Insoweit die Beschwerdeführerin als Holding auch eine Unternehmertätigkeit ausgeübt habe, sei sie nur insoweit steuerpflichtig und nur insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die mit dem unternehmerischen Bereich im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge (Anm.: 1993 144.385,34 S, 1994 450.979,47 S) seien auch anerkannt worden. Eine "gänzliche Anerkennung aller Vorsteuern" sei auch nicht aus dem Urteil des EuGH vom 20. Juni 1991, Rs C-60/90, das außerdem für die Rechtslage vor dem 1. Jänner 1995 in Österreich noch nicht maßgebend sei, abzuleiten. Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit iSd
6. Mehrwertsteuerrichtlinie sei nur auf den Bereich des unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffs in die Verwaltung des Beteiligungsunternehmens zu beziehen. Die mit diesem unternehmerischen Bereich im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge seien vom Finanzamt - wie erwähnt - berücksichtigt worden. Die Bereiche "Vermögensverwaltung" (Nichtunternehmerbereich) und "Beratungsleistungen für Beteiligungsunternehmen" (Unternehmensbereich) seien abzugrenzen. Die Vorsteuern im Zusammenhang mit dem nichtunternehmerischen Bereich seien nicht abzugsfähig.
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde die Versagung des strittigen Vorsteuerabzuges (von einer noch in einem Vorhalt vom 4. Februar 1998 in Aussicht gestellten zusätzlichen Nichtanerkennung auch der Vorsteuerbeträge von 144.385 S bzw. 450.979 S - weil die "operativen" Tätigkeiten innerhalb des Konzerns möglicherweise auch mit der Vermögensverwaltung zusammen hingen - nahm die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid Abstand). Dem Sachverhaltsteil des angefochtenen Bescheides ist zu den dem Unternehmensbereich zugerechneten Umsätzen zu entnehmen, dass es sich dabei 1993 um einen Erlös von 95.000 S aus "Einschulung von Mitarbeitern und Know-how Transfer i.S. Abfallverbrennung" gegenüber einer 100%igen Tochtergesellschaft der A. AG und 1994 um zwei Ausgangsrechnungen von jeweils 889.375 S betreffend "div. Dienstleistungen" gegenüber der A. AG sowie eine Ausgangsrechnung betreffend die Weiterverrechnung von Vermittlungsprovisionen an die Minderheitsgesellschafterin der Beschwerdeführerin handelte. Bei den "div. Dienstleistungen", für die ein Entgelt in Form einer Konzernumlage laut Hauptversammlungsprotokoll der A. AG vom 23. März 1994 bezahlt wurde, handelte es sich u.a. um die Vorbereitung von Sitzungen der A. AG, das Eingreifen in die Organisation und die Funktionsmechanismen der A. Gruppe, das Eingreifen in das Rechnungswesen, die Steuerpolitik und das Investitionsbudget, die Analyse neuer Investitionsvorhaben und Studien betreffend Verfahren zur Abfallverwertung. Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde u.a. auf die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 12. August 1997, der sich auch die belangte Behörde anschließe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach den Ausführungen in der Beschwerde habe die belangte Behörde die aus den Vorleistungen der laufenden Tätigkeit der Beschwerdeführerin resultierenden Vorsteuern für die Jahre 1993 und 1994 anerkannt. Der Rechtsstreit reduziere sich somit darauf, ob die anlässlich des Beteiligungserwerbes erbrachten Vorleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigen oder nicht.
Nur im unternehmerischen Bereich erbrachte Leistungen sind umsatzsteuerbar und nur die mit diesen Leistungen - unmittelbar - zusammenhängenden Vorsteuern gelten als für das Unternehmen ausgeführt und berechtigen iSd § 12 Abs. 1 erster Satz UStG 1972 zum Vorsteuerabzug (vgl. Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Tz 152 zu § 12 UStG 1972).
Eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, die sich auf den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen beschränkt und hierbei lediglich Rechte wahrnimmt, die sich aus ihrer Stellung als Gesellschafterin ergeben, ist nicht Unternehmer, weil sie insoweit im Wirtschaftsleben nicht mit Leistungen in Erscheinung tritt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1998, 96/13/0162, zur so genannten "gemischten Holdinggesellschaft"). Ob das Halten und Verwalten einer Beteiligung nach dem Vorbringen in der Beschwerde der Struktur einer Kapitalgesellschaft "inhärent" ist oder nicht zum wesentlichen Betriebsgegenstand der Beschwerdeführerin gehört, ändert nichts daran, dass die lediglich mit Beteiligungserträgen verbundene Gesellschafterstellung keine Unternehmereigenschaft verschafft. "Beteiligungsstrategische Belange" in Form der Umstrukturierung und Veräußerung von Beteiligungen hat die Beschwerdeführerin, wie sie in der Beschwerde selbst betont, nicht durchgeführt, sodass der strittige Beteiligungserwerb auch insoweit nicht dem Unternehmensbereich der Beschwerdeführerin zugeordnet werden könnte (auf den in diesem Fall eintretenden Vorsteuerausschluss über § 12 Abs. 3 iVm § 6 Z 8 lit d UStG 1972 hat das Finanzamt im Übrigen in der Berufungsvorentscheidung hingewiesen).
Dass die Beschwerdeführerin innerhalb des Konzernverbundes mit ihren oben geschilderten "div. Dienstleistungen" zumindest auch eine mittelbare geschäftsleitende Funktion gegenüber der A. AG durchgeführt habe, bedeutet ebenfalls noch nicht, dass das der Gesellschaftersphäre zuzurechnende Halten der Beteiligung dem - allein - durch die erwähnten Dienstleistungen gebildeten Unternehmen der Beschwerdeführerin zugerechnet werden könnte (vgl. dazu auch Weiss, UR 1993, 121 f, der in seiner Kommentierung des von der Beschwerdeführerin angesprochenen, für Streitjahre vor dem Beitritt Österreich zur EU allerdings noch nicht ausschlaggebenden, Urteils des EuGH vom 20. Juni 1991, Rs C-60/90, "Polysar", Slg I-3111, u.a. von einer bei Wahrnehmung der Geschäftsleitung der Untergesellschaft nur "insoweit" gegebenen unternehmerischen Betätigung der Beteiligungsgesellschaft gegenüber der Untergesellschaft spricht).
Die Beschwerde zeigt damit im Ergebnis keine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998130087.X00Im RIS seit
27.09.2001Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013