B16 309.671-1/2008/8E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Nowak als Einzelrichter über die Beschwerde der H.D., geb. 00.00.2004, StA. nunmehr Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.01.2007, FZ. 04 22.580-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.06.2007 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997, BGBI. I Nr. 76/1997 idF. BGBI. I Nr. 101/2003, hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 8 AsylG 1997, BGBI. I Nr. 76/1997 idF. BGBI. I Nr. 101/2003, wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von H.D. in den Kosovo nicht zulässig ist.
III. Gemäß § 15 AsylG 1997, BGBI. I Nr. 76/1997 idF. BGBI. I Nr. 101/2003, wird H.D. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 19.11.2009 erteilt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I.
1. VERFAHRENSGANG:
1.1. Die minderjährige Beschwerdeführerin wurde am 00.00.2004 in Österreich geboren. Sie brachte, vertreten durch ihre Eltern als ihre gesetzlichen Vertreter, diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hochleitner, am 05.11.2004 einen Asylantrag ein.
1.2. Mit Bescheid der Erstbehörde vom 25.01.2007, Zahl 04 22.580-BAL, wurde der Asylantrag der minderjährigen Beschwerdeführerin im Spruchteil I. gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen. Im Spruchteil II. wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien Provinz Kosovo gemäß § 8 Absatz 1 Asylgesetz 1997 für zulässig erklärt und wurde die Beschwerdeführerin im Spruchteil III. gemäß § 8 Absatz 2 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien Provinz Kosovo ausgewiesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter, fristgerecht Berufung, nunmehr Beschwerde.
1.4. Am 26.06.2007 führte der damals zuständige Unabhängige Bundesasylsenat, nunmehr Asylgerichtshof, eine mündliche Verhandlung durch, zu der die Beschwerdeführerin, in Begleitung ihrer Mutter, sowie des Rechtsanwaltes, persönlich erschien. Die Erstbehörde entschuldigte ihr Fernbleiben. In dieser Verhandlung wurde die Mutter der Beschwerdeführerin ergänzend einvernommen und nachstehendes Länderdokumentationsmaterial verlesen und in elektronischer Form zum Akt genommen:
* Extract from the IHF Report Serbia (International Helsinki Federation for Human Rights, Report 2006, Events of 2005)
* Länderabriss Kosovo (Mag. Wolfgang Hochmüller, Bundesasylamt Staatendokumentation vom 31.01.2006)
* Serbia and Montenegro Country Reports on Human Rights Practices 2005 (Released by the Bureau of Democracy, Human Rights and Labor, U.S. Department of State, March 08, 2006)
* Kosovobericht 01. April 2006 (Österreichische Botschaft Aussenstelle Prishtina)
* Europa hat einen neuen Staat: Montenegro (APA0336 5 AA 0568 vom 03.06.2006)
* Serbien übernimmt offiziell Nachfolge des Staatenbundes (APA0245 5 AA 0544 vom 05.06.2006)
* Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (United Nations Security Council, 05 June 2006)
* UNHCR-Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo (Juni 2006)
* Operational Guidance Note Republic of Serbia (including Kosovo) (U.K. Home Office, 30 June 2006)
* Bericht zur Fact Finding Mission in den Kosovo 14. bis 19. Mai 2006 (Bundesasylamt, 16.06.2006)
* Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo), Stand Juni 2006 (Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland vom 29.06.2006)
Der Vertreter der Beschwerdeführerin ersuchte um Einräumung einer Frist zur Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme zum verlesenen Länderdokumentationsmaterial. Diese Frist wurde bis 1.10.2007 gewährt.
1.5. Am 01.10.2007 langte die Stellungnahme des Vertreters der Beschwerdeführerin beim damals zuständigen Unabhängigen Bundesasylsenat ein. Dem Schriftsatz wurden Meldebestätigungen, sowie eine Bestätigung des Bürgermeisters von H. beigelegt, aus welcher hervorgeht, dass die Familie der Beschwerdeführerin in der Ortschaft A. voll integriert sei. Der Vater würde einer regelmäßigen Arbeit nachgehen und sorge sehr gut für die junge Familie.
In der Stellungnahme wurde im Wesentlichen auf Berichte des Schwiegervaters der Mutter der Beschwerdeführerin aus dem Heimatland verwiesen. Ferner wurde darauf verwiesen, dass sich die wirtschaftliche Lage im Kosovo als sehr schlecht darstelle und eine hohe Arbeitslosigkeit herrsche. Eine Rückkehr sei für die Mutter der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht zumutbar, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie Mutter zweier kleiner Kinder sei. Die aktuellen Lebensbedingungen im Kosovo seien für eine alleinstehende Frau mit zwei Kleinkindern äußerst ungünstig. Weiters wurde auf die sehr weit fortgeschrittene Integration verwiesen.
2. SACHVERHALT
2.1. Zur Person der minderjährigen Beschwerdeführerin wird festgestellt:
Die Beschwerdeführerin ist nunmehr kosovarische Staatsangehörige.
Sie wurde am 00.00.2004 in Österreich als Tochter von H.B. und H.S. geboren.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.10.2004, Zahl 03 31.924-BAL wurde unter Spruchteil I der Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin vom 15.10.2003 gemäß § 7 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mutter der Beschwerdeführerin nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ausgesprochen und unter Spruchteil III gemäß § 8 Abs. 2 AsylG die Mutter der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.01.2007, Zl. 04 22.580-BAL wies das Bundeasasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Asyl gemäß §§ 7, 8 Abs 1 und Abs 2 AsylG ab.
Der Asylgerichtshof gab in seinem Erkenntnis vom 19.11.2008, Zahl B16 211.694-5/2008/8E, der gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Mutter der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerde gemäß § 7 AsylG statt und stellte gemäß § 8 AsylG 1997 fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mutter der Beschwerdeführerin in den Kosovo nicht zulässig ist. Ihr wurde gemäß § 15 AsylG 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 19.11.2009 erteilt.
Die soeben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Asylakt und den Angaben der Mutter der Beschwerdeführerin, dem gegenständlichen Akt sowie dem AIS.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung von dem nunmehr zuständigen Richter stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.
Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof - soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr.10, nichts anderes ergibt - die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, das an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 AsylG 2005 idF. BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 (idF. BGBI. I Nr. 101/2003) gilt.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. 101/2003 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Anträge die danach gestellt wurden nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes idF. BGBI. I Nr. 101/2003.
Alle übrigen Verfahren werden nach den Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (BGBl. 100/2005) geführt.
2. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG stellen Familienangehörige eines Asylberechtigten einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG hat die Behörde aufgrund eines Antrags eines Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) BGBl. Nr. 210/1958 mit den Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Gemäß § 1 Z 6 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.
Die Unmöglichkeit der Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat wird in der Regel dann gegeben sein, wenn kein anderer Staat ersichtlich ist, der dem Asylberechtigten und seinem Angehörigen Asyl oder eine dem Asylrecht entsprechende dauernde Aufenthaltsberechtigung gewährt. Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Damit liegt bei der Beschwerdeführerin das gemäß § 10 Abs. 2 AsylG zu erbringende Erfordernis, nämlich die einem Angehörigen im Sinne des Abs. 2 dieser Bestimmung betreffende Asylgewährung vor. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, wonach der Beschwerdeführerin mit ihrer Familie ein Familienleben in einem anderen Staat zumutbar ist oder möglich wäre, sodass Asyl im Zuge eines Familienverfahrens zu gewähren war.
Gemäß § 15 Abs. 2 AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für höchstens ein Jahr und nach der ersten Verlängerung für höchstens fünf Jahre zu bewilligen. Die Aufenthaltsberechtigung ist für höchstens ein Jahr und nach der ersten Verlängerung für höchstens fünf Jahre zu bewilligen.
Gemäß § 15 Abs. 3 AsylG ist die befristete Aufenthaltsbewilligung, die in Familienverfahren gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 erteilt wird, für alle Familienangehörigen mit der gleichen Gültigkeitsdauer zu erteilen.
Da der Mutter der Beschwerdeführerin eine bis zum 19.11.2009 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde, war im Sinne der soeben zitierten Bestimmung beim Berufungswerber ebenso vorzugehen.