TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/21 A14 317793-1/2008

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Veröffentlicht am 21.11.2008
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Spruch

A14 317.793-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Lassmann als Vorsitzende und die Richterin Dr. Singer als Beisitzer über die Beschwerde des O. D. alias A. K. geb. 00.00.1989, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.02.2008, Zahl: 07 10.302-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit Bescheid vom 05.02.2008, Zahl: 07 10.302-BAT, hat das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.11.2007 gem. § 3 AsylG 2005 abgewiesen und ihm den Status des Asylberechtigten ebenso wie den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Heimatstaat Nigeria nicht zuerkannt und diese Entscheidung mit einer Ausweisung verbunden.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Die gegenständliche Beschwerdeangelegenheit wurde dem nunmehr erkennenden Senat des Asylgerichtshofes zur Entscheidung zugewiesen.

 

3. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gem. § 41 Abs. 7 AsylG 2005 aufgrund des aus der Aktenlage als geklärt anzusehenden Sachverhaltes Abstand genommen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer trägt nach eigenen Angaben den im Spruch angeführten Namen und ist Staatsangehöriger von Nigeria. Mangels Vorlage entsprechender Dokumente kann seine genaue Identität jedoch nicht festgestellt werden.

 

Er reiste am 02.11.2007 illegal mit dem Flugzeug in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.11.1007 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Bei seinen Einvernahmen im erstinstanzlichen Verfahren (am 23.11.2007 Ersteinvernahme EAST Ost und am 29.01.2008 Einvernahme Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Kern an, er hätte mit seinen Eltern und seinem Bruder in seinem Heimatland in einem Dorf gelebt. Es gäbe 2 Dörfer, die von einem König regiert würden. Sein Dorf hätte den König bestimmen sollen, damit wäre das andere Dorf nicht einverstanden gewesen und hätten die Leute des anderen Dorfes eines Tages ihr Dorf überfallen und das Haus seiner Familie niedergebrannt. Sein Vater und sein Bruder seien ermordet worden, seine Mutter sei weggelaufen, er sei geflohen. Er sei in eine Kirche zu einem Priester gerannt, der ihm gesagt hätte, er solle die Stadt verlassen und ihm einen Reisepass gegeben habe. Sein Vater habe für den König gearbeitet. Man habe seinen Vater umgebracht und wolle auch ihn umbringen, weil er der erste Sohn seines Vaters sei, dies deswegen, um zu verhindern, dass er später einmal gegen sie kämpfe.

 

Zu seiner Fluchtroute gab er im Wesentlichen an, Nigeria mit einem gefälschten Reisepass mittels Flugzeug verlassen zu haben.

 

2. Die belangte Behörde wies den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf Gewährung von internationalem Schutz ab und begründete ihre Entscheidung zusammengefasst mit der fehlenden Asylrelevanz seiner Angaben. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe für das Verlassen des Heimatlandes seien unglaubwürdig. Selbst wenn man dem Antragsteller jedoch auch nur ansatzweise Glauben schenken würde, käme eine Gewährung des Status des Asylberechtigten nicht in Betracht, zumal in seinem Vorbringen eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht erblickt werden könne, da die von ihm geschilderten Übergriffe von Privatpersonen und nicht von nigerianischem Staat ausgegangen seien, wobei auch nicht davon auszugehen gewesen wäre, dass der nigerianische Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, derartige Übergriffe strafrechtlich zu verfolgen bzw. den Antragsteller aus GFK-Gründen nicht vor diesen Personen zu schützen. Es könne nicht festgestellt werden, dass der vorgebrachte Fluchtgrund ausschlaggebend für das Verlassen seines Heimatlandes gewesen wäre und bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria einer Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesasylamt aus, dass mangels Vorbringen einer glaubhaften Gefährdungssituation im Heimatstaat Nigeria die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ausgeschlossen wäre.

 

Bezugnehmend auf Spruchpunkt III. verwies die belangte Behörde auf den Umstand, dass mangels Familienangehöriger in Österreich die Ausweisung keinen Eingriff in sein Familienleben darstelle. Zum Privatleben wurde festgestellt, dass die Angaben des Antragstellers seit 2 Wochen eine Freundin in Österreich zu haben, nicht ausreichen, daraus eine Bindung an Österreich abzuleiten. Aufgrund des erst etwa 3-monatigen Aufenthaltes des Antragstellers in Österreich könne keine soziale Bindung an Österreich abgeleitet werden, sodass der Eingriff in sein Privatleben, welche die Ausweisung mit sich bringen würde, ein geringeres Gewicht habe, als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen. Der Eingriff in das noch in keinster Weise verfestigte Privatleben des Antragstellers wäre daher im Hinblick auf das öffentliche Interesse als gerechtfertigt anzusehen und stelle keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung fristgerecht Beschwerde und brachte hiezu im Wesentlichen vor, Englisch sei nicht seine Muttersprache, Zahlen und genaue Daten hätten in seinem Kulturkreis nicht denselben Stellenwert wie hier. Bei entsprechender Würdigung hätte das Bundesasylamt zu einer anderen Einschätzung kommen müssen. In Nigeria handle es sich bei einem König um eine Art Bürgermeister und somit sei eine staatliche Verfolgung im Sinne der GFK gegeben. Sollte die Verfolgung dennoch als private Angelegenheit gewertet werden, werde vorgebracht, dass laut eines zitierten Länderberichtes des Homeoffice November 2007 die nigerianische Polizei nicht schutzwillig und an der Wahrheit interessiert, sondern bestechlich sei. Auch würden Gerichte regelmäßig zugunsten der zahlungskräftigeren Partei entscheiden. Er hätte daher nicht die Möglichkeit gehabt, in Nigeria Schutz bei der Polizei zu finden.

 

4. Zur Lage in Nigeria:

 

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen zur Lage in Nigeria decken sich mit dem Amtswissen des Asylgerichtshofes und werden zum Gegenstand dieses Erkenntnisses erklärt.

 

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5. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:

 

5.1. Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl.I Nr. 2008/4 nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gemäß § 41 Abs.7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.

 

Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 haben das Bundesasylamt und der Asylgerichtshof in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amtswegen beizuschaffen. Gemäß Abs. 2 ist im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß § 15 AsylG 2005 hat ein Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Weiters hat er bei Verfahrenshandlungen und Untersuchungen durch einen Sachverständigen persönlich und rechtzeitig zu erscheinen, und an diesen mitzuwirken sowie unter anderen auch dem Bundesasylamt oder dem Asylgerichtshof alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente und Gegenstände am Beginn des Verfahrens, oder soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, unverzüglich zu übergeben, soweit diese für das Verfahren relevant sind.

 

5.2. Im gegenständlichen Fall liegen die genannten Voraussetzungen des § 41 Abs.7 AsylG 2005 für den Entfall einer mündlichen Verhandlung vor. Das Bundesasylamt hat ein im beschriebenen Sinne ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und enthält der Beschwerdeschriftsatz zudem kein Vorbringen, das geeignet wäre, die in der schlüssigen Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheids zum Ausdruck kommende Beurteilung der belangten Behörde zu entkräften oder in Zweifel zu ziehen. Der verfahrensrelevante Sachverhalt ist daher nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes als aus der Aktenlage als geklärt anzusehen.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. VwGH vom 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533, VwGH vom 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317, kann nur dann angenommen werden, dass ein Sachverhalt nicht aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung (nunmehr Beschwerde) als geklärt anzusehen ist, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in einem entscheidenden Punkt nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will.

 

Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Beschwerdeführers nicht vor.

 

Der Asylgerichtshof erachtet es des Weiteren im gegenständlichen Fall nicht für notwendig, die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes um zusätzliche (über bloße Zusatzbemerkungen oder Eventualausführungen hinausgehende) eigene Argumente zu ergänzen.

 

Nach der Rechtssprechung des VwGH widerspräche lediglich diese Notwendigkeit der Annahme eines hinreichend geklärten Sachverhaltes mit der Folge, dass von einer mündlichen Verhandlung nicht Abstand genommen werden dürfte (vgl. VwGH vom 30.9.2004, Zl 2001/20/0140).

 

Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Auf die oben zitierte Bestimmung des § 23 AsylGHG, demzufolge die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, wird hingewiesen.

 

Der Beschwerdeführer hat den Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz am 05.11.2007 gestellt. Daher gelangen im gegenständlichen Verfahren die Bestimmungen des AsylG 2005 vollumfänglich zur Anwendung.

 

5.3. Zu Spruchpunkt I:

 

Gemäß § 3 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich eine Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist und glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (idF des Art. 1 Abs.2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4. 1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr -Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Der Asylgerichtshof schließt sich mit Abstandnahme einer mündlichen Verhandlung der Beurteilung der belangten Behörde an und kommt zu dem Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers bereits aufgrund der fehlenden Glaubwürdigkeit seiner Angaben die Asylrelevanz zu versagen ist.

 

Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Angaben des Beschwerdeführers vage, unkonkret und nicht ansatzweise ins Detail gehend und somit als nicht glaubwürdig anzusehen waren. Weiters wird im erstinstanzlichen Bescheid darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer von den vergangenen Ereignissen wenig beeindruckt schien, keinerlei Details schildern konnte, sodass zwangsläufig der Eindruck erweckt worden wäre, dass er die geschilderten Ereignisse nicht erlebt habe. Seine Erklärungen hätten sich bloß auf abstrakte und allgemein gehaltene Darstellungen beschränkt, und er hätte keine konkreten oder detaillierte Angaben machen können.

 

Wenn die belangte Behörde daher das Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig erachtet, ist ihr zuzustimmen. Die Durchsicht der Aussagen des Beschwerdeführers während des Verfahrens vor der belangten Behörde zeigt deutlich, dass die Angaben des Genannten stets oberflächlich waren, keine persönliche Betroffenheit seiner Person zum Ausdruck brachten und er oft ausweichend antwortete bzw. wesentliche Fragen zu Details nicht beantworten konnte. So konnte er weder Tag noch Jahr des aus seiner Sicht fluchtauslösenden Vorfalles im Dorf schildern und auch den Namen des amtierenden Königs nicht nennen.

 

Verwunderlich ist auch, dass er sich offenbar um seine Mutter, die seinen Angaben nach ebenfalls fliehen konnte, nicht mehr weiter gekümmert hat.

 

Erwähnenswert ist weiter, dass das Datum, in welchem sich der fluchtauslösende Vorfall ereignete, nach seinen Angaben gleichzeitig das Todesdatum des Vaters des Beschwerdeführers ist und er dezidiert nicht angeben konnte, wann sein Vater starb (siehe hiezu Einvernahme vom 29.01.2008: "Konkret befragt gebe ich an, dass ich nicht weiß, ob es ein Jahr oder mehrere Jahre her ist. Ich weiß, dass es nicht sehr lange her ist, aber an das genaue Jahr kann ich mich nicht erinnern."). Kinder haben in sämtlichen Kulturkreisen starke Bindungen zu ihren Eltern und ist es völlig unglaubwürdig, dass ein 18-jähriger Sohn dessen Vater, angeblich seit kurzem verstorben ist, keine genaueren Angaben hiezu tätigen kann.

 

Genauso wenig konnte der Beschwerdeführer nähere Angaben zu seinem Fluchtweg tätigen. Er konnte weder angeben, wo das Flugzeug zwischengelandet wäre und wusste bei seiner Einvernahme vor der EAST Ost auch nur, dass er vor ca. 3 Wochen nach Österreich gekommen sei. Es ist doch davon auszugehen, dass sowohl fluchtauslösende Ereignisse, wie der angebliche Vorfall im Dorf, der Tod des eigenen Vaters, die erste Reise ins Ausland mit einem Flugzeug und das Leben in einem anderen Kontinent derart einschneidende und wichtige Ereignisse, insbesonders auch für junge Menschen sind, dass sie hiezu detaillierte Angaben machen können.

 

Selbst wenn man aber rein hypothetisch, im Kern vom Wahrgehalt der Angaben des Beschwerdeführers ausgehen wollte, ändert dies nichts an der Beurteilung der fehlenden Asylrelevanz. Es konnte unter Berücksichtigung der im Verfahren getroffenen Länderfeststellungen, zu denen der Beschwerdeführer sich äußern konnte, hierauf jedoch verzichtete, nicht festgestellt werden, dass ihm im Fall einer konkreten Bedrohung durch Privatpersonen behördliche Hilfe versagt geblieben wäre. Weder sind die - äußerst vage gebliebenen - "Verfolgungshandlungen" vom Staat ausgehend oder diesem - und sei es nur durch mangelnde Schutzwilligkeit und mangelnde Schutzfähigkeit - in irgendeiner Form zurechenbar.

 

Zu der in der Beschwerde aufgestellten, durch keinerlei Quellenangaben belegte Behauptung, bei dem König handle es sich um eine Art Bürgermeister und somit sei eine staatliche Verfolgung im Sinn der GFK gegeben ist auszuführen, dass dies nicht den Tatsachen entspricht. Es ist notorisch, dass es sich bei den Chiefs oder auch Könige genannten Dorfchefs in Nigeria keineswegs um von staatlichen Stellen eingesetzte "Beamte" handelt, diese verkörpern keinerlei eine Staatsgewalt. Solches ergibt sich auch gar nicht aus dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren. Würde es sich um eine staatliche Macht handeln, würde jemand von staatlicher Seite her eingesetzt werden und müsste es hiezu keine angeblichen Streitigkeiten und Kämpfe zwischen den Dörfern geben, wer nunmehr König werden solle.

 

Die Erstbehörde verweist in ihrem Bescheid auch zu Recht auf die dem Beschwerdeführer mögliche innerstaatliche Fluchtalternative, welche ihm ebenfalls vorgehalten wurde und von ihm unwidersprochen blieb.

 

Es gelang ihm im gesamten Verfahren nicht, eine konkrete Gefährdung seiner Person durch staatliche Stellen, bzw. die Unmöglichkeit für ihn, an einem anderen Ort unbehelligt zu leben, glaubhaft zu machen bzw. zu widerlegen.

 

Auch in der Beschwerde wird kein neuer Sachverhalt vorgebracht und werden den Ausführungen des Bundesasylamtes keine konkreten stichhaltigen Argumente entgegengesetzt. Zudem traf das Bundesasylamt im bekämpften Bescheid auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhende Feststellungen zur Situation in Nigeria, wobei die Berichte in den Kernaussagen ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darboten.

 

Insgesamt sind somit - unabhängig von der Beurteilung des Wahrgehaltes des Vorbringens der Beschwerdeführerin - die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall nicht erfüllt.

 

5.4. Zu Spruchpunkt II

 

Gemäß § 8 Abs.1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung der Beschwerdeführerin in ihr Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Im Sinne der Judikatur des EGMR und jener des darauf in seiner Rechtssprechung Bezug nehmenden VwGH - vgl. etwa VwGH vom 23.09.2004, Zl. 2004/21/0134 mit weiteren Nachweisen - hat die entsprechende Prüfung von Refoulementschutz dahingehend zu erfolgen, ob im Herkunftsstaat des Antragstellers eine derart extreme Gefahrenlage herrscht, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße droht, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den der Fremde abgeschoben werden soll, genügt nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH (vgl. E. vom 01.07.1999, Zl. 97/21/0804; E. vom 09.05.2003, Zl. 1998/18/0317), nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde.

 

Im Fall des Beschwerdeführers konnten keine derart exzeptionellen Umstände festgestellt werden, die der Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK gleichzuhalten wären.

 

Auch seine diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde sind nicht geeignet, derartige Umstände in Hinblick auf den Beschwerdeführer. abzuleiten.

 

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann somit nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde.

 

Der Beschwerdeführer behauptet oder bescheinigt auch keinen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand", der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.

 

Soweit von der Glaubwürdigkeit seiner Angaben auszugehen ist, ergibt sich für den Asylgerichtshof überdies kein Anhaltspunkt, der gegen eine Rückkehr des Antragstellers in seinen Familienverband spricht, da seine Mutter, offenbar noch in Nigeria aufhältig ist.

 

Aus den getroffenen Länderfeststellungen ergibt sich auch, dass in Nigeria junge Menschen, relativ gute Chancen auf dem nigerianischen Arbeitsmarkt haben bzw. auch in verschiedenen selbständigen Erwerbsarten. Dem Beschwerdeführer wäre es daher selbst im Fall des Nichtbestehens jeglichen sozialen und familiären Netzes möglich, in seiner Heimat eine Erwerbsmöglichkeit zu finden und sich selbst erhalten zu können. Es kann nicht generell davon ausgegangen werden, dass sozial schwache Bevölkerungsschichten wie beispielsweise der Beschwerdeführer, asylrelevanter Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt sind.

 

5.5. Zu Spruchpunkt III

 

Gemäß §10 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Im konkreten Fall kommt dem Beschwerdeführer weder ein solches Aufenthaltsrecht zu, noch konnte festgestellt werden, dass der Genannte im Fall seiner Ausweisung in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Privat- und Familienleben verletzt würde.

 

In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer seit November 2007 in Österreich aufhältig ist und während dieses knapp einjährigen Aufenthaltes keine Verfestigungs- oder Integrationstatbestände verwirklicht wurden.

 

Es liegen daher insgesamt betrachtet keine Gründe im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG vor, die einer Ausweisung entgegenstehen. Die Ausweisungsentscheidung der belangten Behörde steht somit in Einklang mit den gesetzlichen Voraussetzungen und war somit zu bestätigen.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, innerstaatliche Fluchtalternative, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, private Verfolgung, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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