TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/24 E11 312117-1/2008

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Veröffentlicht am 24.11.2008
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Spruch

E11 312.117-1/2008-10E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. KINZLBAUER als Vorsitzenden und den Richterin Dr. ZOPF als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Frau BIRNGRUBER über die Beschwerde des P.K., geb. am 00.00.1984, StA. von Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.04.2007, FZ. 06 09.678-BAI, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch BF genannt), ein Staatsangehöriger von Armenien, stellte am 13.9.2006 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte er im Wesentlichen vor, dass

 

seine Gründe mit den Problemen seines Vaters, P.V., Zahl: E11 311.911-1/2008, zusammenhängen würden. Der BF selbst sei gemeinsam mit seinem Bruder von zwei Mitarbeitern des Nationalen Sicherheitskomitees (ehem. KGB) von zuhause mitgenommen und zwei Tage in der Zentrale festgehalten worden. Während der Anhaltung sei der BF verhört und geschlagen worden. Der Geheimdienst wollte Informationen und ein belastendes Geständnis über den Vater des BF erzwingen. Nach der Entlassung sei der BF vom Arbeitgeber gekündigt worden und die Familie sei mit anonymen Drohanrufen und - briefen belästigt worden. Nachdem der Vater des BF aus der Ukraine angerufen hatte, habe der BF gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder das Heimatland mittels Flugzeug in die Ukraine verlassen, von wo aus die gesamte Familie nach Österreich weitergereist sei.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 19.4.2007, FZ. 06 09.678-BAI, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF als völlig unglaubwürdig zumal der BF zu zentralen, entscheidungsrelevanten Aspekten widersprüchliche Angaben gemacht habe. Die Angaben des BF zu seinen ausreiserelevaten Gründen konnten somit nicht der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt werden, da der BF keinesfalls in der Lage war, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus den in der GFK genannten Gründen glaubhaft zu machen.

 

Im Rahmen der Refoulementprüfung führte die Erstbehörde begründend aus, dass im Falle des BF - aus näher dargelegten, auch die "real risk"-Judikatur des EGMR und VwGH mit einbeziehenden Gründen - keine konkreten Anhaltspunkte vorlägen, die dafür sprechen würden, dass der BF bei einer Rückkehr nach Armenien, einerseits Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, oder andererseits in eine derart extreme Notlage geraten würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Artikel 3 EMRK darstellen würde.

 

Die Ausweisungsentscheidung wurde damit begründet, dass im Falle des BF die gesamte Familie von der Ausweisung betroffen sei und auch sonst keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet gegeben seien und daher kein Eingriff in deren Familienleben anzunehmen war. Aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer und mangels sonstiger Integrationsmerkmale in Österreich war auch kein schützenswertes Privatleben entstanden. Im Rahmen einer Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK konnte die Erstbehörde keinen unzulässigen Eingriff in das Familien- und Privatleben des BF erkennen und erachtete die Ausweisung daher als zulässig.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 8.5.2007 innerhalb offener Frist Berufung (jetzt: Beschwerde) erhoben. Am 16.4.2008 wurden vom rechtsfreundlichen Vertreter des BF ein Antrage auf Bewilligung der Verfahrenshilfe hinsichtlich der neu auszuschreibenden Verhandlung oder im Falle der Vernehmung des BF gestellt. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen in der Beschwerdeschrift moniert, dass es dem BF deswegen nicht möglich gewesen sei irgendwelche Wahrnehmungen hinsichtlich der Reise von der Ukraine nach Österreich zu machen, da sie in einem geschlossenen Wagen gereist seien und insgesamt nur dreimal ausgestiegen seien. In der unterschiedlichen Zeitangabe hinsichtlich der Angaben seines Bruder bezüglich des Auftauchens der Zivilbeamten könne der BF keinen Widerspruch erkennen. Dass der BF bei der Einvernahme den korrekten juristischen Begriff für die Beschwerde oder die Anzeige seiner Mutter nicht gewusst habe, könne dem BF nicht vorgeworfen werden, da er bei der Einvernahme einfach jenes Wort nannte, welches von der Allgemeinheit gebraucht werde. Im Zuge einer mündlichen Verhandlung könne der BF seine Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen und seine Fluchtgründe ausführlich und zusammenhängend darstellen. Aufgrund der Kündigung durch die Intervention von staatlichen Organen bei seinem Chef, könne der BF im Heimatland nicht mehr arbeiten und sei Sozialhilfe und auf die Hilfe seiner Großeltern angewiesen; aus diesen Gründen wäre eine Abschiebung rechtswidrig.

 

Hinsichtlich des weiteren Verfahrensherganges bzw. des Vorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) fest.

 

III. Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige Unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4. 10. 1995, 95/01/0045; VwGH 24. 11. 1999, 99/01/0280; auch VwGH 8. 3. 1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.

 

Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Auch der rechtlichen Beurteilung begegnet keine Bedenken.

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).

 

Der Beschwerdeführer vermochte den Asylgerichtshof mit seinen Erklärungsversuchen zu einzelnen im Bescheid der Erstbehörde aufgezählten Widersprüche in seine Angaben nicht zu überzeugen. Auch die Erklärung über die Beschwerdebriefe oder Anzeigen der Mutter des BF

 

erscheint in Anbetracht der völligen Unglaubwürdigkeit des Vorbringens für die erkennende Behörde nicht relevant, blieben doch die von der Erstbehörde in vorbildlicher Weise aufgezeigten Widersprüche in den Aussagen des BF ungenannt und unerklärt. Insbesondere erachtet es der Asylgerichtshof so wie auch das Bundesasylamt für die Beurteilung der Unglaubwürdigkeit des BF für ausschlaggebend, dass sich der BF bereits bei den Kernaussagen seines Fluchtvorbringens selbst widersprochen hatte. Der Asylgerichtshof weist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Angaben des BF zu seiner Anhaltung durch den armenischen Geheimdienst, die Verhöre und die Misshandlungen und die Vorfälle rund um die Drohanrufe und Drohbriefe nach der Entlassung. Auch dass der BF bei seiner Einvernahme - im völligen Widerspruch zu seinen Eltern - anfänglich angeben hatte, dass seine Großeltern bereits verstorben wären und diese Aussage nur unter Vorhalt der Aussagen der Eltern sowie Hinweis auf die Wahrheitsverpflichtung korrigierte, trägt nicht für die Glaubwürdigkeit der Person des BF bei. Der BF unterließ es auch in der Beschwerdeschrift zu all diesen genannten eklatanten Widersprüchen erklärende Ausführungen zu erstatten.

 

Zu den Vorwürfen in der Beschwerdeschrift, dass die Erstbehörde den Sachverhalt nicht ordentlich ermittelt und beurteilt habe, wird ausgeführt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum sie vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen des BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.

 

Dem Bundesasylamt ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

 

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen, erwachsenen, arbeitsfähigen Mann , die über einen Hochschulabschluss als Zahntechniker verfügt und es ist dem BF auch zumutbar, im Heimatland wieder diesem Beruf tätig zu werden. Überdies verfügt der BF in seinem Heimatland über ein soziales Netz in Form von Familienangehörigen (Eltern, Bruder, Großeltern), die den BF ebenfalls in der Anfangssphase bei der Gründung einer eigenen Existenz unterstützen könnten.

 

Es wäre dem Beschwerdeführer auch zumutbar, durch eigene und notfalls auch wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer 'Schatten- oder Nischenwirtschaft' stattfinden. Auf kriminelle Aktivitäten wird hiermit nicht verwiesen.

 

Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 67 AsylG 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in Armenien gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen

(http://www.caritas.at/hilfe-einrichtungen/fluechtlinge/beratung-und-vertretung/rueckkehrhilfe/).

 

Im Rahmen des Projekts ERSO (European Reintegration Support Organisations), einer Kooperation von zwölf europäischen NGOs, findet auch nach der Rückkehr ein entsprechendes Monitoring statt (www.erso-project.eu).

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

Aus dem Vorbringen des BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass diese vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.

 

Ebenfalls bestehen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise, dass durch eine Ausweisung in den Herkunftsstaat auf unzulässige Weise in das Privat- und Familienleben des BF gem. Art. 8 EMRK eingegriffen werden würde. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen.

 

Die Erstbehörde führte bezüglich ihrer Entscheidung zur Ausweisung zutreffend aus, dass die gesamte Familie von der Ausweisung betroffen ist und überdies keine familiäre Anknüpfung oder sonstige Integrationsmerkmale erkennbar sind. Der Asylgerichtshof schließt sich der Auffassung der Erstbehörde an, dass keine Anhaltspunkte für einen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK vorliegen und die Ausweisung des BF nach Armenien daher zulässig erscheint.

 

Gemäß § 41 Abs 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67 d AVG.

 

Im gegenständlichen Fall konnte der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden, da dieser nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde, nach schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt und dieser in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen.

 

Mit dieser Entscheidung des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag ist das gegenständliche Verfahren des Beschwerdeführers abgeschlossen, weshalb sich ein gesondertes Absprechen über das in der Beschwerde enthaltene Begehren auf Verfahrenshilfe "für das weitere Verfahren vor der Berufungsbehörde" erübrigt.

Schlagworte
Ausweisung, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, real risk
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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