B13 402.785-1/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Maga. Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde der N.M., geb. 00.00.2005, StA. Kosovo, vertreten durch ihre Mutter N.N., vom 13. 11. 2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. 11. 2008, Zl 08 10.019-EWEST, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1. Z 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
Beg r ü n d u n g :
Die durch ihre Mutter vertretene minderjährige Beschwerdeführerin hat am 7. 6. 2006 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. 7. 2006, Zl 06 06.007-BAG, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen (Spruchpunkt III).
Dieser Bescheid wurde der Mutter der Beschwerdeführerin am 29. 8. 2006 rechtswirksam zugestellt. Da gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel ergriffen wurde, ist dieser Bescheid rechtskräftig geworden.
Die Beschwerdeführerin stellte am 14. 10. 2008 gemeinsam mit ihren Eltern und ihren Geschwistern beim Bundesasylamt neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 3. 11. 2008, Zl 08 10.019-EWEST, den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und sie aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt II). Dieser Bescheid wurde der Mutter der Beschwerdeführerin am 3. 11. 2008 beim Bundesasylamt persönlich ausgefolgt.
Gegen diesen Bescheid erhob die durch ihre Mutter vertretene Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 13. 11. 2008 Beschwerde.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG), BGBl. I 4/2008, tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 -VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 22 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005), ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.
Gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 lit c und Z 2 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG und die mit dieser Entscheidung verbundenen Ausweisung.
Da das Bundesasylamt mit dem angefochtenen Bescheid den Asylantrag zurückgewiesen hat, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung des Asylgerichtshofes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst (vgl. VwGH 30.10.1991, Zl. 91/09/0069; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Die Rechtskraft eines ergangenen Bescheides steht der meritorischen Entscheidung über einen neuerlichen Antrag nur dann nicht entgegen und berechtigt daher die Behörde nur dann nicht zur Zurückweisung des Antrages, wenn in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt eine Änderung eingetreten ist. Dabei kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 24.03.1993, Zl. 92/12/0149; 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", das heißt durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt. Die durch den Bescheid entschiedene Sache (i.S.d. § 8 AVG) wird konstituiert durch die Relation bestimmter Fakten (die den Sachverhalt bilden) zu bestimmten Rechtsnormen (die den Tatbestand umschreiben) [vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, (1998), Anm 12 zu § 68 AVG]. Die Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564). Eine Modifizierung des Vorbringens, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern.
Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann.
Der Asylgerichtshof tätigte in seinem den Vater der Beschwerdeführerin betreffenden Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl B13 300.754-2/2008/3E, folgende Ausführungen, welche in inhaltlicher Hinsicht auch für die minderjährige Beschwerdeführerin selbst gelten:
"Der Beschwerdeführer hat in seinem nun zu behandelnden (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz kein neues Vorbringen erstattet, sondern das oben zitierte Vorbringen ist als Bezugnahme auf sein Vorbringen zum ersten Asylantrag zu sehen. Darüber wurde aber bereits mit dem am 20. 6. 2006 erlassenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates rechtskräftig abgesprochen. Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach er bei einer Rückkehr in den Kosovo mit seiner Familie keine Unterkunft vorfinden würde, ist auf die beweiswürdigenden Ausführungen des Bescheides des Bundesasylamtes (AS 95) zu verweisen, welche zum Inhalt gegenständlichen Erkenntnisses erhoben werden.
Die Aufrechterhaltung derselben Verfolgungsbehauptung und die Bezugnahme darauf, stellen sich somit nicht als wesentlich geänderter Sachverhalt, sondern als Bekräftigung (bzw. als Behauptung des "Fortbestehens und Weiterwirkens", VwGH 20.3.2003, 99/20/0480) eines Sachverhalts dar, über den bereits rechtskräftig abgesprochen wurde. Sollten im Verfahren neue Tatsachen vorgebracht werden, die nach der Erlassung des Erstbescheides entstanden sind, so müssten diese, um Asylrelevanz zu besitzen, einen glaubhaften Kern beinhalten.
Da somit weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, steht die Rechtskraft des am 20. 6. 2006 erlassenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates dem neuerlichen Antrag entgegen. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn
(...)
Z 1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;
(...)
Gemäß § 10 Abs 2 AsylG ist eine Ausweisung nach Abs 1 leg cit unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde.
Der Gesetzgeber wollte durch diese - im Gegensatz zur fremdenpolizeilichen Ausweisung keinem Ermessen zugängliche - zwingende asylrechtliche Ausweisung eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Asylwerber, die bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung sich im Bundesgebiet aufhalten durften, verhindern (vgl. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).
Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz war wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor.
Darüber hinaus werden die zu Spruchpunkt II getätigten Ausführungen des Bundesasylamtes zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.
Im Zusammenhang mit der Frage des Eingriffes in das Familienleben des Beschwerdeführers ist darauf hinzuweisen, dass mit dem Beschwerdeführer auch bei seiner Ehefrau und seinen drei Kindern mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag inhaltlich gleich lautende Entscheidungen, verbunden mit einer Ausweisung in die Republik Kosovo, ergehen und eine Ausweisung nur hinsichtlich aller Familienmitglieder gemeinsam erfolgen darf; insofern ist nicht von einem Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen.
Selbst wenn man im gegenständlichen Fall davon ausgehen sollte, dass ein Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers vorliegt, so erscheint dieser zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (wirtschaftliches Wohl des Landes - Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Kriminalität und das öffentliche Interesse an der Verhinderung einer über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehenden Aufenthaltsverfestigung) zulässig und geboten, zumal der illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer seinen bisherigen Aufenthalt in Österreich lediglich auf Asylantragstellungen stützt, wovon sich bereits die erste - wie rechtskräftig festgestellt - als unbegründet erwies und auch der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen ist. Dem Beschwerdeführer musste bereits bei seiner ersten Asylantragstellung bekannt sein, dass die so genannte vorläufige Aufenthaltsberechtigung ein Aufenthaltsrecht nur für die Dauer des Asylverfahrens gewährt; es war demnach voraussehbar, dass es im Falle einer negativen Asylentscheidung zu einer Aufenthaltsbeendigung kommt.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände wird ein allfälliges persönliches Interesse des Beschwerdeführers an einen Verbleib in Österreich gegenüber den erwähnten öffentlichen Interessen erheblich herabgemildert. Die Ausweisung stellt daher im gegenständlichen Fall keinen - bzw. jedenfalls keinen ungerechtfertigten - Eingriff in Art. 8 EMRK dar."
Diese Ausführungen gelten, wie bereits erwähnt, im Ergebnis auch für die minderjährige Beschwerdeführerin selbst.
Da weiters auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ersichtlich sind, erweist sich auch die Beschwerde gegen Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet.
Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf den in der Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.