TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/27 A5 237852-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2008
beobachten
merken
Spruch

A5 237.852-0/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. SCHREFLER-KÖNIG als Vorsitzende und die Richterin Mag. UNTERER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin

 

VB KUBJACEK über die Beschwerde des O.H., geb. 00.00.1967, Staatsangehöriger von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.5.2003,

 

Zl. 03 12.833- BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde des O.H. wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 6.5.2003 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 leg.cit. für zulässig erklärt.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung (ab 1.7.2008: Beschwerde).

 

I.3. Mit Einrichtung des Asylgerichthofes am 1.7.2008 ging gegenständliche Angelegenheit in die Zuständigkeit des nunmehr erkennenden Senates über.

 

I.5. Der Asylgerichtshof beraumte für den 17.11.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Beschwerdeangelegenheit an, zu der der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen wurde und ohne Angabe von Gründen nicht persönlich erschienen ist. Die Verhandlung wurde in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

II.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität konnte nicht festgestellt werden. Er reiste am 6.5.2003 illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag.

 

II.1.2. Am 6.5.2003 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, in Benin City geboren worden zu sein und dort auch - konkret in den Jahren 1972 bis 1979 - die Grundschule und in weiterer Folge bis 1987 die Höhere Schule besucht zu haben. Seine Eltern seien in den Jahren 1995 und 1997 verstorben. Von 2001 bis März 2003 habe er als Privatchauffeur für einen gewissen A.S. in K. gearbeitet. Zu seinem Reiseweg gab der Genannte an, am 24.3.2003

 

K. verlassen und sich mit dem Bus nach Lagos begeben zu haben. Lagos habe er um den 10.4.2003 herum mit dem Schiff verlassen und sich bei einem Freund seines Arbeitgebers aufgehalten. Sein Arbeitgeber S. habe drei Frauen gehabt und es sei die Aufgabe des nunmehrigen Beschwerdeführers gewesen, die dritte Frau S. zu chauffieren. Da S. diese Frau über alles geliebt habe, sei es immer wieder zu einem Streit mit den beiden anderen Frauen gekommen.

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer sei am 10.3.2003 von der dritten Frau am Abend in das Schlafzimmer gerufen worden, um dort eine Glühbirne zu wechseln. Dies hätten die beiden anderen Frauen gesehen und hätten S. gegenüber behauptet, den Beschwerdeführer beim Geschlechtsverkehr mit der dritten Frau beobachtet zu haben. S. habe daraufhin Moslems über den (vermeintlichen) Ehebruch informiert. Sein Arbeitgeber habe ihn zudem eingesperrt und sei der Beschwerdeführer vor ein Scharia - Gericht gebracht und dort zum Tod durch Steinigung verurteilt worden. Auch die dritte Ehefrau des Arbeitgebers sei zum Tode verurteilt worden. Einige Tage nach der Urteilsverkündung sei der nunmehrige

 

Beschwerdeführer von einem Torwächter freigelassen worden. Draußen sei er von einem Freund bereits erwartet worden und habe am 24.3.2003 K. vom Busbahnhof aus Richtung Lagos verlassen. Darüber hinausgehende Probleme habe der nunmehrige Beschwerdeführer in seiner Heimat nicht gehabt.

 

Über Nachfrage der belangten Behörde führte der Beschwerdeführer aus, er habe am

 

10.3.2003 die Glühbirne gewechselt und sei von seinem Arbeitgeber am selben Tag ins Wohnzimmer geführt worden, nachdem dieser von seinen beiden Frauen gehört hätte, dass der Beschwerdeführer mit der dritten Frau des Arbeitgebers geschlafen hätte. S. habe Moslems gerufen, die den nunmehrigen Beschwerdeführer dann eingesperrt hätten. Er könne nicht mehr angeben, wann er vor das Scharia - Gericht gebracht worden sei. Zu den Abläufen vor dem Gericht gab der Genannte zu Protokoll, nach Zeugen befragt worden zu sein, im Anschluss seien dann die beiden Frauen des S. befragt worden. Die Verhandlung habe mehrere Stunden, ca. zwischen 2 und 3 Stunden konkret, gedauert. Er könne nicht mehr angeben, wie viele Personen sich im Verhandlungssaal aufgehalten hätten. Ihm sei nur mitgeteilt worden, dass er gesteinigt würde und sei dann wieder weg gebracht worden. In Lagos sei der nunmehrige Beschwerdeführer nicht geblieben, weil er gehört habe, dass die dritte Frau von S. tatsächlich gesteinigt worden sei, dies habe ihm sein Freund erzählt. Er sei daher davon ausgegangen, dass das Urteil eines Gerichts in ganz Nigeria vollstreckt werden könne und äußerte sich nicht zum Vorhalt der belangten Behörde, wonach die Scharia nur in den nördlichen Bundesstaaten Nigerias Geltung habe. Abschließend wurde der nunmehrige Beschwerdeführer noch zu seinen Ortskenntnissen in K. befragt.

 

II.1.3. Die belangte Behörde wies den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab und begründete ihre Entscheidung zusammengefasst mit der fehlenden Glaubwürdigkeit von dessen Angaben. Abgesehen von den vagen und oberflächlichen Ausführungen, die trotz mehrmaliger Aufforderung der belangten Behörde nicht weiter konkretisiert worden seien, sei der geschilderte Sachverhalt zudem aus mehreren Gründen unplausibel und decke sich nicht mit den realen Gegebenheiten. So habe der Beschwerdeführer angegeben, Christ zu sein, so dass die Anwendung der Scharia- Gesetzgebung laut einem Bericht von AI ausgeschlossen sei. Weiters habe er entgegen der Realität behauptet, die Scharia gelte auch in Lagos. Die Unglaubwürdigkeit ergäbe sich außerdem aus den mangelhaften und teilweise falschen Angaben des Beschwerdeführers zu den örtlichen Gegebenheiten in K.. Gerade aber als Chauffeur - so die belangte Behörde - hätte der Betreffende imstande sein müssen, mehrere Straßenzüge der Stadt korrekt und vollständig wiederzugeben.

 

Die belangte Behörde traf umfassende Feststellungen zur Lage in Nigeria, konkret zur Frage der Religionsausübung und den Konflikten zwischen Moslems und Christen.

 

II.1.4. Der Beschwerdeführer bekämpfte die Entscheidung der belangten Behörde fristgerecht mittels Berufung (ab 1.7.2008: Beschwerde).

 

II.2. Zur Lage in Nigeria

 

Nigeria ist eine föderale Republik in Westafrika, bestehend aus 36 Bundesstaaten und mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 140 Millionen Menschen. 1960 wurde in Nigeria die Unabhängigkeit von Großbritannien proklamiert. Die nachfolgenden Jahre waren von interkulturellen sowie politischen Unruhen und Gewaltausbrüchen geprägt, als schließlich das Militär (durch Igbo- Offiziere) 1966 die Macht übernahm und die erste Republik beendete. Die ersten demokratischen Präsidentschaftswahlen - abgesehen von 1979 bis 1983, als Shehu Shagari mit der Hilfe von General Obasanjo die zivile Regierungsmacht übertragen bekam - fanden erst wieder im Jahr 1999 statt, bei denen Olusegun Obasanjo als Sieger hervorging und anlässlich der Wahlen 2003 als solcher bestätigt wurde. (1+2)

 

Gemäß der nach amerikanischem Vorbild entworfenen Verfassung von 1999, die am

 

29. Mai 1999 in Kraft trat, verfügt Nigeria über ein präsidiales Regierungssystem mit einem Senat (109 Abgeordnete) und einem Repräsentantenhaus (360 Abgeordnete). Darüber hinaus gewährleistet die Verfassung ein Mehrparteiensystem und alle 4 Jahre stattfindende Wahlen. Der Präsident verfügt generell über weit reichende Vollmachten und ist sowohl Staatsoberhaupt, Regierungschef als auch Oberbefehlshaber der Armee. (3)

 

Am 14. und 21. April 2007 fanden die letzten Wahlen statt, bei denen die amtierende

 

"People's Democratic Party (PDP)" überlegen als Sieger hervorging, und Umaru Yar'Adua zum Präsidenten gewählt wurde. Damit erfolgte erstmals seit der Unabhängigkeit Nigerias die Machtübergabe von einer zivilen Regierung auf die nächste. (4)

 

(1) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 1, von 11.03.2008 (www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2007/100498.htm).

 

(2) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 10-19, von 13.11.2007 (www.homeoffice.gov.uk/rds/country-report.html).

 

(3) IDMC, "Nigeria: Institutional mechanisms fail to address recurrent violence and displacement", S. 1-4, von 29.10.2007 (www.internal-displacement.org).

 

(4) Dt. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, tand September 2007, S. 5-7, von 06.11.2007

 

Generelle Menschenrechtslage

 

Die Menschen- und Bürgerrechte sind im Grundrechtskatalog der Verfassung gewährleistet. Die Realität sieht allerdings anders aus; schlechte Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit, Korruption sowie die größtenteils mangelnde Ausbildung, Ausrüstung und Bezahlung der staatlichen Organe führen zu regelmäßigen Verletzungen der verfassungsrechtlich garantierten Rechte. (1)

 

In der nigerianischen Gesellschaft ist Gewalt ein alltägliches Phänomen, welche zumeist auch von Politikern zur Zielerreichung bewusst eingesetzt wird. Willkürliche Verhaftungen und Folter, sowie politisch motivierte Auftragsmorde durch Polizei und Militär sind keine Seltenheit. Die harschen Haftbedingungen und die schlechten Zustände in den Gefängnissen können lebensbedrohende Ausmaße annehmen. Selbstjustiz stellt daher in verschiedenen Landesteilen ein gravierendes Problem dar. Zu diesem Zweck wird hauptsächlich auf sog. "Vigilante Groups" (private Milizen, oft auch ethnisch motiviert) zurückgegriffen, welche durch die Regierungen einiger Bundesstaaten toleriert oder sogar aktiv unterstützt werden. (3)

 

Obwohl eine Verbesserung der Menschenrechtslage hinsichtlich ziviler und politischer Rechte seit 1999 festzustellen ist, wird nach wie vor von willkürlichen Ausschreitungen und Gesetzesverletzungen ausgehend von den nigerianischen Sicherheitskräften berichtet. Die Beschneidung essentieller Grundrechte, häusliche Gewalt, Diskriminierung der Frauen, Kindesmissbrauch sowie ethnisch, regionale und religiöse Diskriminierungen stellen in Nigeria wohl die signifikantesten und bislang sanktionslosen Rechtsverletzungen dar. (2)

 

Religionsfreiheit - Problem Christen/Moslems

 

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und verbietet, eine bestimmte Religion als Staatsreligion einzuführen. Es besteht auch grundsätzlich die Möglichkeit zu einem anderen Glauben zu konvertieren, seinen Glauben öffentlich zu manifestieren und auch zu unterrichten. Die Anzahl der Christen und Moslems in Nigeria ist relativ gleichmäßig verteilt. Im Norden dominieren die Ethnien der Hausa-Fulani und die Kanuri, welche sich größtenteils zum moslemischen Glauben bekennen. Die Angehörigen der beiden größten Konfessionen lebten in den letzten 50 Jahren auch im Norden (außer in Kaduna State) meistens friedlich nebeneinander und vermischten sich zunehmend durch interreligiöse Ehegemeinschaften. In den südlichen und östlichen Bundesstaaten leben hauptsächlich Christen (oft zugehörig zu den Yoruba und Igbo). Traditionelle (Natur-) Religionen spielen nach wie vor eine große Rolle und werden landesweit praktiziert. (4)

 

Die Regierung achtet prinzipiell darauf, die unterschiedlichen Konfessionen gleich zu behandeln und finanziert unter anderem Gotteshäuser und Wallfahrten sowohl von Christen als auch Moslems. Dennoch werden bestimmte Glaubensausrichtungen in gewissen Bundesstaaten Nigerias - abhängig vom jeweiligen Bekenntnis der Mehrheit der Bewohner - von den dortigen Regierungen eindeutig favorisiert. Aus diesem Grund führte der neu gewählte Präsident Yar'Adua im Juni 2007 einen interreligiösen beratenden Ausschuss ein, in welchem hohe Repräsentanten sowohl von Moslems als auch von Christen repräsentiert sind. Dieser Ausschuss soll zukünftige Konflikte und Spannungen zwischen Angehörigen beider Religionen möglichst bereits im Vorfeld vermeiden. (4)

 

Die Verfassung bietet prinzipiell die Möglichkeit, die Gerichte in den einzelnen Bundesstaaten entweder nach dem Common Law oder nach dem Customary Law einzurichten. Im Jänner 2000 führten die nördlichen zwölf Bundesstaaten (Sokoto, Kebbi, Niger, Kano, Katsina, Kaduna, Jigawa, Yobe, Bauchi, Borno, Zamfara und Gombe) das Sharia-Strafrecht wieder ein, wodurch erstinstanzliche Sharia Gerichte somit auch strafrechtliche Befugnisse in unterschiedlichen Ausmaßen erhielten (von Folter bis zur Todesstrafe). Bisher ist seit der Einführung der Sharia Gesetzgebung ein Fall bekannt, bei dem die Todesstrafe (an einem Moslem) tatsächlich vollstreckt wurde. In Anbetracht der generellen Religionsfreiheit und als Gewährleistung des Rechtes ist das letztinstanzliche Rechtsmittel allerdings an das säkulare nigerianische Bundesberufungsgericht in Abuja zu richten. In der Realität wird dieser Instanzenzug aber zumeist von der lokalen Bevölkerung aus Unkenntnis und Tradition nicht ausgeschöpft. (1+2)

 

Christen unterliegen zwar generell der säkularen Gerichtsbarkeit und es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, die Sharia Gesetze an Christen anzuwenden; in einigen nördlichen Bundesstaaten wird aber dennoch eine unterschiedslose Anwendung der Sharia auf Moslems und Christen praktiziert. Dadurch kommt es naturgemäß auch bei Christen zu teilweise groben Einschnitten im öffentlichen Leben, wie etwa das Verbot des gemischten Schulunterrichts, Geschlechtertrennung in Bussen usw. In Kano wird öffentlicher Alkoholgenuss mit hohen Geld- und sogar Gefängnisstrafen sanktioniert. Es liegen allerdings keine Berichte vor, die eine entsprechende Bestrafung von Christen belegen würden. (2) Im Bundesstaat Kadina sind Christen systematischen Benachteiligungen z. B. beim Zugang zu öffentlichen Ämtern, sowie allgemein bei staatlichen Leistungen, ausgesetzt. (1)

 

Kritik an der Sharia Gesetzgebung wird zumeist als direkte Kritik am Islam verstanden. (3)

 

Andererseits wird berichtet, dass Christen sogar die Möglichkeit der Unterwerfung unter die Sharia Rechtssprechung eingeräumt wird, wenn die Anwendung des zivilen Rechts ein höheres Strafausmaß erwarten ließe. Ebenso haben auch nördliche Bundesstaaten Fonds eingerichtet, um christliche Wallfahrten nach Jerusalem oder die Errichtung von Kirchen zu ermöglichen. (2)

 

In den Jahren 2001 bis 2004 kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems in Plateau State und Kano State. 2001 forderten gewaltvolle Gefechte in Jos, der Hauptstadt von Plateau State, auf beiden Seiten mehr als 1000 Todesopfer. Ursprünglich handelte es sich um einen ethnischen Konflikt, der jedoch in eine Art Religionskrieg ausartete, so dass der damalige Präsident Obasanjo den Notstand ausrief. (3)

 

Am 11.05.2004 attackierten und verwüsteten in Kano Moslems Häuser und Kirchen von Christen, da diesen die Verantwortung für den Tod etlicher Moslems in Yelwa angelastet wurde. Das Einschreiten der Polizei forderte noch mehr Opfer, da sich die Sicherheitskräfte zum Teil aktiv an den Kämpfen beteiligten. (3)

 

Im Februar 2006 kam es im Zuge der Veröffentlichung der Mohammed Karikaturen im Norden und Südosten des Landes - Onitsha und Maiduguri (sowie in Enuga, Bauchi, Potiskum, Kotangora, Katsina und anderen) zu gewalttätigen, zumeist blutigen Protesten. Moslems und Christen attackierten einander wiederholt. Mehr als 900 Tote und Verletzte sowie enorme Sachschäden waren die Folge. Mehr als 100 Personen wurden verhaftet. (3)

 

Es ist aber nicht von einer generellen Diskriminierung auf Grund der religiösen Zugehörigkeit seitens der nigerianischen Regierung auszugehen. Religiöse Auseinandersetzungen wurzeln zudem hauptsächlich in wirtschaftlichen, sozialen und ethnischen Konflikten. (1+2)

 

(1) Dt. AA, S. 13-15 u. S. 21.

 

(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 12.

 

(3) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 42-50 u. S. 70-77.

 

(4) USDOS International Religious Freedom Report 2007, S.1-5.

 

Meinungs- und Pressefreiheit

 

Meinungs- und Pressefreiheit sind verfassungsrechtlich garantiert, dennoch kommt es teilweise zu staatlichen Maßnahmen sowie Einschüchterungsaktionen auf Grund der Veröffentlichung regierungskritischer Artikel beziehungsweise Fernsehausstrahlungen. Im Juni 2006 wurden mehrere Journalisten und Angestellte eines privaten Fernsehsenders kurzfristig festgenommen, nach zwei Tagen gegen Zahlung einer Kaution aber wieder entlassen. (1+3+4) Obwohl Journalisten immer wieder Attacken der Sicherheitskräfte ausgeliefert sind, liegen in den letzten Jahren keine Berichte über systematische Eliminierungen von kritisch eingestellten Pressemitgliedern (mit tödlichem Ausgang) vor. (2)

 

(1) Dt. AA, S. 10-11.

 

(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 10-11.

 

(3) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 61-63.

 

(4) AI Report 2008, Nigeria. S. 8.

 

Versammlungsfreiheit

 

Die nigerianische Verfassung gewährleistet auch das Recht, öffentliche Versammlungen einzuberufen und an solchen teilzunehmen. Teilweise wird dieses Recht allerdings dadurch beschnitten, dass oppositionelle Kundgebungen verboten werden.

 

Der 2005 erlassene "Public Order Act", der eine polizeiliche Genehmigung für jede öffentliche Versammlung (Prozession, Kundgebung) verlangte, wurde erfolgreich bekämpft und ist nun nicht mehr notwendige Voraussetzung. Es ist somit nur noch eine Anzeige der beabsichtigten Versammlung gesetzlich vorgesehen. Der endgültige Ausgang dieses Rechtsstreits bleibt abzuwarten, da der Fall in mittlerweile dritter Instanz Ende 2007 noch beim Höchstgericht anhängig war. Dennoch kommt es in der Praxis in einigen Bundesstaaten zu restriktiven Vorgehensweisen der Polizei, falls für eine Versammlung keine entsprechende Genehmigung vorliegt. Es kommt in diesem Zusammenhang immer wieder zu Festnahmen.

 

Die Regierung untersagte auch gelegentlich ethnisch, religiös oder politisch motivierte Versammlungen, um Unruhen zu vermeiden - vor allem in Kaduna State.

 

(1) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 11-12.

 

(2) Dt. AA, S. 11.

 

Medizinische Versorgung

 

In Nigeria existiert eine extreme Zwei-Klassen-Medizin. Private Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen sind oft auf amerikanischem Standard, während öffentliche Anstalten von Unterversorgung, schlechter Ausrüstung, Überlastung und hygienischen Mängeln geprägt sind. In der Regel sind öffentliche Krankenhäuser in Großstädten noch besser ausgestattet als jene in ländlichen Gebieten. Die oft hohen Behandlungskosten werden von den Patienten getragen. Es gibt zwar eine Kranken- und Pensionsversicherung; diese gilt aber nur für Beschäftigte im formalen Sektor, während die meisten Nigerianer als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner arbeiten. Die Möglichkeit der Behandlung von speziellen Erkrankungen (z.B. Krebs) ist auf bestimmte Krankenhäuser beschränkt. (1+2)

 

In jedem Bundesstaat Nigerias existieren zumindest ein psychiatrisches Krankenhaus sowie private Einrichtungen. Private Behandlung ist sehr teuer und Psychotherapien sind eher selten. Der Zugang zu Antidepressiva gilt aber als gewährleistet und erschwinglich. (1)

 

(1) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 164-176.

 

(2) ) Dt. AA, S. 23.

 

Innerstaatliche Fluchtalternative

 

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil Nigerias auszuweichen. Vereinzelt kann dies allerdings zu wirtschaftlichen Problemen führen, von denen vor allem Frauen betroffen sind. Der familiäre Rückhalt und die Dorfgemeinschaft spielen in Nigeria eine große Rolle, um wirtschaftlich Fuß zu fassen.

 

In Nigeria gibt es keine Bürgerkriegsgebiete und Bürgerkriegsparteien. (1)

 

(1) ) Dt. AA, S. 18.

 

Situation der Rückkehrer

 

Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass abgeschobene Asylwerber bei ihrer Rückkehr nach Nigeria auf Grund des Ersuchens um Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben. (1)

 

Ein Gesetz, welches die Ausreise nach Nigeria verbietet, existiert nicht. (2)

 

Für gewöhnlich werden die Rückkehrer nach dem Grund ihres Asylersuchens befragt. Die Befragung dauert in der Regel 15 bis 20 Minuten. Von längeren Anhaltungen - außer in Zusammenhang mit im Ausland verübten Drogendelikten - ist nichts bekannt.

 

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden, befinden sich aber zumeist in einem sehr desolaten Zustand. (1)

 

(1) ) Dt. AA, S. 23-24.

 

(2) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 179.

 

II.3. Rechtliche Beurteilung

 

II.3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl.I Nr. 2008/4 nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.

 

II.3.2. Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

II.3.3. Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

II.3.4. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

II.3.5. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

II.3.6. Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

II.3.7. Auf die oben zitierte Bestimmung des § 23 AsylGHG, derzufolge die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, wird hingewiesen.

 

II.3.8. Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 in Kraft getreten. Gemäß § 75 Abs.1 erster Satz AsylG 2005 sind alle am 31. 12. 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Die letztgenannte Übergangsbestimmung normiert in ihrem Absatz 1, dass Verfahren zur Entscheidung von Asylanträgen, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt werden.

 

II.3.9. Gemäß § 124 Abs.2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

II.3.10. Gegenständlicher Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz wurde am 6.5.2003 gestellt, so dass die Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. Nr. 126/2002 vollinhaltlich zur Anwendung gelangen.

 

II.3.11. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht und keiner der in Art.1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK idF des Art. 1 Abs.2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974 ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4. 1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr -Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Gemäß § 8 Abs.1 AsylG hat die Behörde, im Fall einer Abweisung des Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

II.3.12. § 8 AsylG verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs.2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.

 

Gemäß § 50 Abs.1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK, BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppen oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative

 

(§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß § 50 Abs.3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs.1 oder Abs.2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs.1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Beschwerdeführers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

II.4. Beweiswürdigung

 

Der Asylgerichthof gelangt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zum Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Asylrelevanz infolge fehlender Glaubwürdigkeit zu versagen ist.

 

Bereits die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zu Recht festgehalten, dass die Angaben des Betreffenden in hohem Maße oberflächlich und vage geblieben sind und vom Beschwerdeführer zu erwarten gewesen wäre, das angeblich Erlebte detailgetreu zu erzählen. Durch unentschuldigtes Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof hat der Beschwerdeführer sich nicht nur der Gelegenheit begeben, die Vorhalte des Bundesasylamtes durch substantiierte Ausführungen persönlich zu entkräften, sondern hat er dadurch auch insbesondere seiner Mitwirkungspflicht am Verfahren zuwider gehandelt.

 

Betrachtet man nun die Aussagen des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt im Detail, so ist auch für den Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar, warum der Genannte trotz mehrmaliger Aufforderung durch die belangte Behörde nicht imstande war, etwa die Verhandlung vor dem Schariagericht genau zu schildern.

 

Gerade in diesem Zusammenhang muss wohl von einem besonders einprägsamen Ereignis ausgegangen werden, dies umso mehr, als der Betreffende seinen eigenen Angaben nach dabei sogar zum Tod durch Steinigung verurteilt worden sein soll.

 

Es erscheint dem Asylgerichtshof weiters wenig glaubwürdig, dass der von einem Schariagericht angeblich zum Tode Verurteilte von einem Torwächter ohne Weiteres freigelassen worden sein sollte. Es ist kaum vorstellbar, dass sich dieser Angestellte durch die dargelegte Vorgangsweise in solche Schwierigkeiten gegenüber seinem Arbeitgeber brachte und durch diese Freilassung unter Umständen sogar selbst eine Verurteilung durch das Schariagericht herbeiführte.

 

Zu dem Vorhalt der belangten Behörde, dass die Scharia nicht auf Personen christlichen Glaubens angewendet wird, hat sich der Beschwerdeführer nicht geäußert und ist dem Umstand, dass die belangte Behörde dieses Wissen aus einem genau zitierten Bericht von Amnesty International bezogen hat, lediglich mit dem allgemeinen Hinweis begegnet, dass sich die belangte Behörde nicht mit der Situation auseinandergesetzt habe. Auch die diesem Erkenntnis zugrundeliegenden - aktuellen - Feststellungen (siehe oben) bestätigen, dass es keine Berichte über die Bestrafung von Christen durch die Scharia - Gerichtsbarkeit gibt.

 

Von Seiten des Beschwerdeführers wurden während des gesamten Verfahrens keine Beweismittel vorgelegt, die dieses Amtswissen zu entkräften geeignet gewesen wären.

 

Ebenso ist der belangten Behörde darin zu folgen, dass dem Beschwerdeführer - selbst bei hypothetischer Annahme des Wahrheitsgehaltes seiner Ausführungen - die Möglichkeit offen gestanden wäre, durch Niederlassung in einem anderen Landesteil Nigerias den Problemen wirksam zu entgehen. Dass Urteile der Scharia in jenen Bundesstaaten vollstreckt werden, in denen diese Gerichtsbarkeit nicht gilt, konnte aufgrund der vorliegenden Länderberichte nicht festgestellt werden und wurde auch vom Beschwerdeführer bloß allgemein in den Raum gestellt.

 

Zur Frage des Refoulementschutzes ist festzuhalten, dass während des gesamten Verfahrens keine Anhaltspunkte zu Tage getreten sind, die auf die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK oder darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in eine auswegslose und die Existenz bedrohende Lage geraten würde. Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen als gesichert angenommen werden. Ausgehend vom begründeterweise angenommenen fehlenden Wahrheitsgehalt der Ausführungen des Beschwerdeführers ist von einer jederzeitigen Rückkehr in seinen Familienverband bzw. gewohnten sozialen Verband auszugehen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten