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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §248;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des KF in W, vertreten durch Dr. Reinhard Lauer, Wirtschaftsprüfer in 1050 Wien, Brandmayergasse 36/10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. November 2000, Zl. RV/280-11/2000, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für die Jahre 1981 bis 1985 der S GesmbH i.L., zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde im Instanzenzug als Geschäftsführer der S GmbH zur Haftung (u.a.) für Kapitalertragsteuer in Höhe des im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vom 13. Februar 1996 aushaftenden Betrages von S 465.319,97 herangezogen.
Aus Anlass seiner Haftungsinanspruchnahme hat der Beschwerdeführer gemäß § 248 BAO auch gegen die der Haftung zugrunde liegenden Sachbescheide (u.a. betreffend die der S GmbH vorgeschriebene Kapitalertragsteuer) Berufung erhoben. Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. Juni 1997 wurde die Berufung hinsichtlich der Kapitalertragsteuer als unbegründet abgewiesen. Im Zuge einer bei der S GmbH durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung seien verdeckte Gewinnausschüttungen für 1981 von S 524.039,--, für 1982 von S 2,182.540,-- für 1983 von S 1,365.336,--, für 1984 von S 1,672.125,-- und für 1985 von S 139.697,-- festgestellt worden. Die S GmbH habe in diesem Zusammenhang zwar erklärt, dass die auf die festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen entfallende Kapitalertragsteuer vom Gesellschafter eingefordert werde, tatsächlich sei eine entsprechende Forderung jedoch nicht in die Bilanz eingestellt worden. Da die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen an einen Gesellschafter nur dann mit einem Steuersatz in Höhe von lediglich 20 % vorzunehmen sei, wenn im unmittelbaren Anschluss an den Aufgriff der verdeckten Gewinnausschüttung der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter geltend gemacht werde, habe die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer im gegenständlichen Falle in Höhe von 25 % des Nettokapitalertrages zu erfolgen. Das Finanzamt habe die Kapitalertragsteuer daher zu Recht in Höhe von insgesamt S 1,470.934,-- festgesetzt.
Mit Vorerkenntnis vom 26. September 2000, 97/13/0140, hob der Verwaltungsgerichtshof diese Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf. Die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Feststellung verdeckter Gewinnausschüttungen erwiesen sich zwar aus den im hg. Erkenntnis vom 26. September 2000, 97/13/0141, angeführten Gründen als unbegründet; die Anwendung des Steuersatzes von 25 % auf die festgestellten Zuwendungen sei jedoch zu Unrecht erfolgt. Die S GmbH habe im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass sie die Kapitalertragsteuer vom Gesellschafter einfordern werde. Dem Umstand, dass eine Forderung an den Gesellschafter nicht bilanziert worden sei, komme keine Bedeutung zu. Entscheidend sei vielmehr, dass im Verwaltungsverfahren keine Umstände festgestellt worden seien, die an der Ernsthaftigkeit der bekundeten Absicht, die Kapitalertragsteuer vom Gesellschafter einzufordern, zweifeln ließen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Sachbescheide teilweise statt und änderte den Bescheid insoweit ab, als sie auf die festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen der Jahre 1981 bis 1985 in Höhe von insgesamt S 5,883.737,-- den Steuersatz von 20 % anwendete und die Kapitalertragsteuer demnach mit S 1,176.747,-- festsetzte.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.
Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch gemäß § 248 BAO gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch beruft, hat die Berufungsbehörde nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Berufung gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, 92/14/0138).
Dementsprechend hat die Abgabenbehörde im Beschwerdefall zunächst mit Berufungsbescheid vom 13. Februar 1996 über die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung entschieden. Die grundsätzliche Bejahung der Haftung des Beschwerdeführers für die von der S GmbH einzubehaltende und abzuführende Kapitalertragsteuer war nach dem Gesagten Voraussetzung für die Berufungslegitimation des Beschwerdeführers hinsichtlich der der S GmbH vorgeschriebenen Kapitalertragsteuer. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über die Haftung der S GmbH hinsichtlich der von ihr einzubehaltenden und abzuführenden Kapitalertragsteuer abgesprochen.
Der Beschwerdeführer wirft der belangte Behörde erkennbar vor, sie habe den angefochtenen Bescheid deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet, da sie außer Acht gelassen habe, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Berufungsentscheidung vom 13. Februar 1996 nur insoweit zur Haftung für die Kapitalertragsteuer herangezogen worden sei, als die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bei der S GmbH uneinbringlich gewesen sei, sohin mit einem Betrag von S 465.319,97. Ausgehend von diesem Betrag ergebe sich auf Grund des hg. Vorerkenntnisses vom 26. September 2000 eine Verminderung von 25 % auf 20 %, somit um S 93.063,99 auf S 372.255,96.
Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht über die Geschäftsführerhaftung des Beschwerdeführers abzusprechen hatte, sondern darüber ob und in welchem Umfang der S GmbH für die an ihren Gesellschafter geflossenen verdeckten Gewinnausschüttungen Kapitalertragsteuer vorzuschreiben war. Bei der im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen "Haftung für Kapitalertragsteuer" handelt es sich somit nicht um die gemäß §§ 9, 80 BAO geltend gemachte Geschäftsführerhaftung, sondern um die gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1972 bestehende Haftung der S GmbH als Schuldner der Kapitalerträge für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Die sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebende sonstige Gutschrift ist gemäß § 214 Abs. 8 BAO auf die Kapitalertragsteuerschuld der S GmbH zu verrechnen und führt daher insoweit zu einer Tilgung derjenigen Abgabenschulden der S GmbH, für die der Beschwerdeführer gemäß §§ 9, 80 BAO zur Haftung herangezogen worden ist. Die Frage, in welchem Ausmaß durch diese Herabsetzung der Kapitalertragsteuer noch eine Haftungsverpflichtung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer gegeben ist, wurde im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde zu Recht nicht behandelt. Darüber abzusprechen bleibt vielmehr - im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen Haftungsschuldner und Abgabenbehörde - einem gemäß § 216 BAO zu beantragenden Abrechnungsbescheid vorbehalten.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. April 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001130001.X00Im RIS seit
27.09.2001