TE AsylGH Erkenntnis 2008/12/02 A12 308293-1/2008

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Veröffentlicht am 02.12.2008
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Spruch

A12 308.293-1/2008/8E

 

A12 308.294-1/2008/8E

 

A12 308.295-1/2008/2E

 

A12 308.296-1/2008/2E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des 1. M.A., 00.00.1962 geb., 2. der M.M., 00.00.1969 geb., 3. der M.I., 00.00.1992 geb., sowie 4. der M.E., 00.00.1999 geb., alle StA. der Republik Kosovo, vertreten durch RA Dr. Mario ZÜGER, Favoritenstraße 217/37, 1100 Wien, gegen die Bescheide des Bundesasylamtes vom 04.12.2006, Zlen. 06 05.912-BAE (ad 1.), 06 05.913-BAE (ad 2.), 06 05.914-BAE (ad 3.) und 06 05.915-BAE (ad 4.), nach Durchführung zweier öffentlicher mündlicher Beschwerdeverhandlungen am 23.05.2007 sowie 26.11.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerden werden gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 (AsylG) abgewiesen und den Beschwerdeführern der Status des Asylberechtigten jeweils nicht zuerkannt.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wird den Beschwerdeführern der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kosovo nicht zuerkannt.

 

III. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG werden die Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach der Republik Kosovo ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin (dessen Ehegattin) sowie deren gemeinsame Kinder, Dritt- und Viertbeschwerdeführerin, sind Staatsangehörige der Republik Kosovo, goranischer Volksgruppenzugehörigkeit, und beantragten sie am 04.06.2006 vor der Erstbehörde die Gewährung internationalen Schutzes.

 

Vor der Behörde erster Instanz führte der Erstbeschwerdeführer zentral ins Treffen, Angehöriger der goranischen Volksgruppe aus der kosovarischen Gemeinde X zu sein sowie zum vormaligen Zeitpunkt im Rahmen der serbischen Bundesarmee mobilisiert gewesen zu sein. Insbesondere gab der Antragsteller an, im Dorf B. stationiert gewesen zu sein. Aufgrund dieser Mobilisierung seiner Person sei er in der Folge jahrelang von verschiedenen Albanern bedroht worden und habe diese Art der Bedrohung im Jahre 2000 bereits begonnen. Die Zweitbeschwerdeführerin bezog sich zentral auf den Fluchtvortrag ihres Ehegatten.

 

Das detaillierte Vorbringen des Erstbeschwerdeführers sowie jenes der Zweitbeschwerdeführerin zum Sachverhalt wurde bereits in den nunmehr bekämpften Bescheiden hinlänglich dargestellt und werden die bezughabenden Passagen der beiden Erstentscheidungen (Aktenseite 2 bis 15 des Erstbescheides) (ad 1.), sowie Aktenseite 2 bis 11 des Erstbescheides (ad 2.) zum Inhalt der gegenständlichen Entscheidung erklärt.

 

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 04.12.2006, Zlen. 06 05.912-BAE (ad 1.), 06 05.913-BAE (ad 2.), 06 05.914-BAE (ad 3.) und 06 05.915-BAE (ad 4.) wurden die Anträge auf internationale Schutzgewährung gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, den Beschwerdeführern der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg.cit. wurde den Beschwerdeführern der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat "Serbien (Provinz Kosovo)" (sic!) nicht zuerkannt.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurden die Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Serbien (Provinz Kosovo)" ausgewiesen.

 

Der erstinstanzlichen Entscheidung wurde ein umfangreiches Erhebungsergebnis durch Analyse vorliegender Länderdokumentationsunterlagen zugrunde gelegt und wurde würdigend ausgeführt, dass einerseits keine sogenannte Gruppenverfolgung von Angehörigen der goranischen Volksgruppe vorliege sowie dass andererseits die vom Erstbeschwerdeführer vorgetragene Verfolgung von Seiten dritter Personen durch die staatlichen Autoritäten im Kosovo nicht billigend geduldet würde bzw. dass die die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechterhaltende "Staatsgewalt" auch tatsächlich in der Lage und Willens ist, derartige Übergriffe hintanzuhalten bzw. den Bewohnern Schutz zu bieten.

 

3. Gegen diese Entscheidungen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

Im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes vom 07.12.2006 wurde zentral gerügt, dass die Feststellung der Erstbehörde, wonach gemäß dem zitierten UNHCR-Positionspapier Angehörige der Goraner nicht mehr als schutzbedürftig anzusehen seien, den Bericht verfälscht wiedergeben würden. Personen, die zum vormaligen Zeitpunkt mobilisiert gewesen seien, könnten sehr wohl wohlbegründete Furcht vor Verfolgung haben.

 

Des Weiteren verwiesen die Beschwerdeführer auf ein dem Unabhängigen Bundesasylsenat zum vormaligen Zeitpunkt vorgelegtes Gutachten von Mag. H.H., wonach aufgrund vermehrter Zwischenfälle und krimineller Übergriffe ein Ausbruch neuerlicher Gewalttätigkeiten für 2006 (!) nicht ausgeschlossen werden könne, sowie dass gemäß UN-Generalsekretariat sowie OSZE keine sichtlichen Verbesserungen der inter-ethnischen Beziehungen zu verzeichnen seien.

 

Mit Berufungsergänzung vom 17.05.2007 wurde auf ein bereits eingebrachtes seitens Dris. Stefan Müller erstelltes Sachverständigengutachten vom 27.03.2006 (am 03.04.2006 vorgelegt) in Hinblick auf eine aktuell bestehende Verfolgungsgefahr eines während des Kosovo-Krieges auf Seiten der jugoslawischen Armee mobilisierten Goraners sowie auf eine fehlende Fluchtalternative im restlichen Staatsgebiet von Serbien hingewiesen. So sei seitens des Sachverständigen schlüssig dargelegt worden, dass Angehörige der goranischen Minderheit, die während des Kosovo-Konfliktes 1999 in der jugoslawischen Volksarmee "mobilisiert" waren, bei Rückkehr nach dem Kosovo einer Gefahr für Leib und Leben bzw. bestimmten Racheaktionen ausgesetzt seien. Gemäß dem "neuersten" UNHCR-Papier über die fortdauernde Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom Juni 2006 würden Goraner nach wie vor zum gefährdeten Personenkreis zählen, wenn sie (unter anderem) der Zusammenarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt würden. Auch nach mehr als sechs Jahren nach Ende des Krieges im Kosovo sei die Situation immer noch nicht ungefährlich für Angehörige der goranischen Volksgruppe die zum vormaligen Zeitpunkt bei der serbischen Armee mobilisiert waren. Des Weiteren wurden dem Beschwerdeschriftsatz mehrere Medienartikel zu einzelnen Sprengstoffanschlägen im Goraner-Wohngebiet beigelegt.

 

Des Weiteren wurde im genannten Schriftsatz darauf hingewiesen, dass der Erstbeschwerdeführer im goranischen Dorf B., in seiner Heimatgemeinde X, eingesetzt gewesen sei. In der Folge sei er einer kleinen, hauptsächlich aus serbischen Soldaten gebildeten Brigade zugeteilt worden, die nach O. (heute der albanisch besiedelte Teil der Gemeinde X, damals eine eigenständige Gemeinde) abkommandiert worden sei. Seine Aufgabe habe darin bestanden, die Machtbesetzung dieser Ortschaften zu verhindern, dass die zu Kriegsbeginn nach Albanien vertriebenen Albaner wieder in deren Häuser zurückkehren könnten. So versah der Erstbeschwerdeführer im Gegensatz zu anderen mobilisierten Goranern die als Reservisten Tätigkeiten wie Grabungsarbeiten oder zur Grenzbewachung im goranischen Gemeindeteil einberufen gewesen seien, seinen Dienst seit seiner Verlegung zur kämpfenden Truppe in albanischen Dörfern.

 

Sinngemäß wurde des Weiteren darauf hingewiesen, dass der Erstbeschwerdeführer nun deshalb aufgrund dieser spezifischen Tätigkeit bzw. seines spezifischen Einsatzgebietes nunmehr Verfolgung befürchten müsse.

 

Im Rahmen der abgeführten Beschwerdeverhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat - als vormals zuständiger Rechtsmittelinstanz nach dem Asylgesetz 1997 - vom 23.05.2007 wurde insbesondere dem Erstbeschwerdeführer umfassend Gelegenheit geboten, neuerlich seine Fluchtgründe darzulegen sowie wurde auf die Wichtigkeit einer umfassenden und detaillierten Berichterstattung hingewiesen. Zur allgemeinen Lageentwicklung wurde dem Antragsteller unter Hinweis auf vorliegende aktuelle Länderdokumentationsunterlagen ein Abriss der aktuellen spezifischen Entwicklung, insbesondere zur Sicherheitslage der Angehörigen der goranischen Volksgruppe geboten.

 

So wies der Antragsteller hiebei zentral darauf hin, zuerst mit der Bewachung der Grenze betraut gewesen zu sein und sei er sodann durch seine Vorgesetzten nach O. geschickt bzw. versetzt worden. Die (serbischen) Soldaten hätten die Häuser der Albaner geplündert und hätten ihn gezwungen, die Tiere aus dem Stall zu lassen und in die fremden Häuser zu gehen, um Lebensmittel zu organisieren. Nach Beendigung seines "Militärdienstes" habe er sich nach R., seinem Heimatort, begeben.

 

Auf Befragen, wann die von ihm ins Treffen geführten Bedrohungen begonnen hätten bzw. wann die erstmalige Bedrohung stattgefunden habe, führte der Antragsteller aus, dass diese Bedrohungen 2003 (!) begonnen hätten. Unter anderem führte der Antragsteller auf Befragen weiters aus, dass er nach der Aufforderung sich bei der TMK (Kosovarische Streitkräfte) zu melden, seine Heimatregion verlassen habe.

 

Im Rahmen der abgeführten Beschwerdeverhandlung vom 26.11.2008 wurde auf die aktuelle Sicherheitslage im Kosovo in Hinblick auf die Spezialsituation der Angehörigen der Volksgruppe der Goraner in der Herkunftsgemeinde der Beschwerdeführer X Bezug genommen.

 

Seitens des nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters des Erstbeschwerdeführers wurde im Rahmen der Zweitbeschwerdeverhandlung speziell auf die spezifische Gefährdungslage des Erstbeschwerdeführers hingewiesen; dies mit der Begründung, dass gerade er - im Unterschied zu anderen mobilisierten Goranern - im vom ausschließlich von Albanern bewohnten Nordteil der Gemeinde X eingesetzt gewesen sei.

 

Im Rahmen der Zweitbeschwerdeverhandlung wurde auf die aktuelle Situation der Volksgruppe der Goraner sowie der spezifischen Situation der mobilisierten Goraner aufgrund aktuellerer vorliegender Länderdokumentationsunterlagen verwiesen.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die erstinstanzlichen Aktenunterlagen unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor der Behörde erster Instanz, die jeweiligen nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheide des Bundesasylamtes sowie die Beschwerdeschriftsätze inklusive dem nachgereichten ergänzenden Schriftsatz vom 17.05.2007, inklusive Beilagen. Weitere Berücksichtigung fanden die seitens des Erstbeschwerdeführers überreichten Unterlagen zum Beweis seiner Militärdienstleistung sowie Bestätigungen der goranischen Initiative der Gemeinde X sowie die im Rahmen der aufgenommenen niederschriftlichen Protokolle der beiden Beschwerdeverhandlungen notifizierten spezifischen Länderdokumentationsunterlagen; sowie durch niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen zweier abgeführter Beschwerdeverhandlungen.

 

Sachverhalt:

 

Entscheidungswesentlich wird individuell festgestellt, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sowie deren minderjährige Kinder, kosovarische Staatsangehörige goranischer Volksgruppenzugehörigkeit sind.

 

Angehörige der Volksgruppe der Goraner in der Gemeinde X sind grundsätzlich keinerlei Verfolgung oder Diskriminierung aufgrund ihrer ethnischen Herkunft ausgesetzt. Die Grundversorgung aller Einwohner der betreffenden Gemeinde sowie deren medizinische Versorgung sind gewährleistet.

 

Goraner, welche während des Krieges in der Armee mobilisiert waren, sind in keiner Weise einem erhöhten Gefährdungspotential ausgesetzt und waren bzw. sind diese keinen konkreten

 

Verfolgungshandlungen ausgesetzt.

 

Die Situation in der Gemeinde X, welche einen hohen Anteil Angehöriger der goranischen Volksgruppe aufweist, ist stabil bzw. sind nunmehr eingerichtete Sicherheitsstrukturen der Republik Kosovo effizient tätig.

 

Aus der gutachterlichen Äußerung Dris. Demaj vom April 2008 (S. 16 bis 23) wird entscheidungswesentlich zur individuellen Situation der Angehörigen der Volksgruppe der Goraner in der Gemeinde X sowie zur Spezialsituation vormals in der jugoslawischen Bundesarmee bzw. serbischen Armee mobilisierten Goraner wie folgt festgestellt:

 

"5. Sicherheitslage

 

Die Sicherheitslage in der Gemeinde Dragash/Draga¿ ist stabil. Die OSCE, die seit 1999 in

 

der Gemeinde ständig präsent ist, vertritt die Ansicht, dass die goranische Volksgruppe

 

keinem Sicherheitsrisiko aufgrund ihrer ethnischen Herkunft ausgesetzt ist. "Gorani

 

community does not face any security problem in Dragash/Draga¿ municipality.

 

Dragash/Draga¿ and particularly the Gora area is peaceful since 2001. However, economical

 

22 Die einheitlichen serbischen Lehrpläne müsen auch in Südserbien angewendet werden, wo 90% der

 

Bevölkerung Albaner sind. Albanische Geschichte und Kultur wurde 1990 aus dem Unterrichtplan

 

ausgeklammert. Eine dringende Revision des Unterrichtsmaterials steht noch aus. Trotz der unterschiedlichen

 

Schulsysteme anerkennen die kosovarischen Behörden die Zeugnisse Serbiens an, um Albanern aus Südserbien

 

ein Studium in Prishtina zu ermöglichen, da keine Möglichkeit in Serbien besteht. Serbien könnte im Konflikt

 

mit den Goranern einlenken und die kosovarischen Zeugnisse der Goraner anerkennen, wenn diese ein Studium

 

in Belgrad anstreben. Es ist nicht zu erwarten, dass die Kosovaren die serbischen Lehrpläne akzeptieren werden.

 

Vgl.mehr zur Bildungssituation in Serbien, ICG Report, Southern Serbia¿s fragile peace, 1.1.2003.

 

underdevelopment and lack of infrastructure should be named as the main hinder for a mass

 

return of Gorani from former Yugoslavia and West European countries.23

 

Der UNHCR bewertet die Situation ebenfalls positiv. Seit 2001 konnten keine ethnisch

 

motivierten Übergriffen mehr dokumentiert werden.

 

Illegaler Grenzübertritt und Holzdiebstahl bleiben weiterhin jene Delikte, die häufig auftreten

 

und die Polizei und die KFOR am meisten beschäftigen. Diese Delikte betreffen alle

 

Bewohner der Gemeinde Dragash/Draga¿ im gleichen Ausmaß, ungeachtet ihrer ethnischen

 

Herkunft.

 

Die OSCE führt dazu aus,24: "Some of the major problems faced by KFOR and KPS/UNMiK

 

Police are illegal woodcutting and illegal border crossings. Frequently, people come across

 

the Albanian border, steal property, and return unpunished. Hereby, the close location to the

 

border of an economically less developed area can be regarded as a motivation of the

 

perpetrators. An alleged inter ethnic intent of the offenders that are repetitive throughout the

 

centuries could not be substantiated as their type is economically motivated".

 

Zudem genießen die Goraner im Kosovo volle Bewegungsfreiheit.

Mangelnde

 

Albanischkenntnisse führen unter einzelnen Minderheitenangehörigen zu einem subjektiven

 

Gefühl der Unsicherheit, wenn sie ihren Wohnort verlassen und in andere Teile des Kosovos

 

reisen. Zu Übergriffen, die dieses Gefühl objektiv bestärken könnten, ist es allerdings nicht

 

gekommen. Die kosovarische Polizei führte im April 2006 eine kosovoweite Umfrage zur

 

Bewegungsfreiheit unter Minderheitenangehörigen durch. 99% der Befragten gaben an,

 

regelmässig ihr Wohngebiet zu verlassen und in andere Teile des Kosovo zu fahren. 80%

 

gaben an sich dabei sicher zu fühlen, keiner der Befragten gab an, Opfer eines Übergriffes

 

geworden zu sein. Nennnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass eine grosse Anzahl an

 

Goraner in Serbien25 lebt bzw arbeitet. Viele Goraner pendeln zwischen dem Kosovo und

 

Serbien und es gibt reguläre Busverbindungen zwischen Pizren, Gora und Belgrad.26 Da

 

UNMIK Dokumente von den serbischen Behörden nicht anerkannt werden, haben Goraner

 

sich serbische Reisepässe in Kragujevac27 ausstellen lassen, dies ermöglicht es ihnen

 

zwischen Serbien und dem Kosovo zu reisen.

 

23 Municipal Profile, December 2007.

 

24 Municipal Profile, December 2007.

 

25 Laut serbischen Angaben etwa 10 000

 

26Anschläge auf diese Busse wurden zunächst als Anschläge der albanischen Mehrheit gegenüber dieser

 

Volksgruppe interpretiert. Ermittlungen der Polizei ergaben jedoch, dass es sich um ordinäre Kriminalakte

 

rivalisierender Busunternehem handelte. Um das Sicherheitsgefühl der Passagiere zu stärken, eskortiert die KPS

 

diese Busse regelmässig bis zur serbischen Grenze.

 

27 Die serbische Regierung unterhält im Kosovo parallele Strukturen, zur Verwaltung des Kosovo.

 

Die Gemeinde hat im April 2006 den "Municipal Safety Council" etabliert. Dies ist ein

 

Gremium das sich aus Vetretern der Polizei, der KFOR, der Gemeinde sowie aus Vertretern

 

der einzelnen Volksgruppen der Gemeinde zusammensetzt. Aufgabe dieses Rates ist es über

 

die Sicherheitslage und speziellen Bedürfnisse der Volksgruppen zu beraten. Der Rat wertet

 

die Lage positiv und kommt zum Schluss, die Bevölkerung Goras ist keiner

 

Gefährdungssituation aufgrund der ethnischen Herkunft ausgesetzt.

 

Es gab zwei kritische Phasen für Minderheiten im postconflict Kosovo. Die erste betrifft die

 

Zeit unmittelbar nach Ende des Krieges im Juni 1999, konkret zwischen Abzug der serbischen

 

Polizei und des serbischen Militärs und vor bzw. während der Stationierung der KFOR

 

Truppen. Während dieser Zeit kam es kosovoweit zu zahlreichen Übergriffen und Morden,

 

insbesondere auf Serben und serbisch sprechende Roma.28. Die Lage in der Gemeinde

 

Dragash/Draga¿ blieb hingegen relativ ruhig. Während dieser Zeit wurde kein einziger

 

Goraner ermordet.

 

Eine weitere kritische Zeit war im März 2004. Vom 17. bis 19. März 2004 kam es kosovoweit

 

zu Ausschreitungen und Angriffen auf Minderheiten. Auch wenn in erster Linie Kosovo-

 

Serben Ziel dieser Angriffe waren, waren vielerorts auch andere Minderheiten betroffen,

 

darunter Roma und Ashkali, aber auch Albaner in Minderheitensituationen. Insgesamt starben

 

19 Menschen, darunter auch Kosovo-Albaner. Insgesamt wurden 993 Häuser zerstört, der

 

überwiegende Teil wurde mittlerweile mit Mitteln aus dem Kosovo Budget wieder errichtet29.

 

Die Gemeinde Dragash/Draga¿ bliebt vollkommen von den Unruhen verschont. Kein einziger

 

Goraner wurde angegriffen oder gar getötet.

 

Ethnisch motivierte Übergriffe auf Goraner blieben auch in der sehr kritischen Phase

 

zwischen Anfang und Ende der Statusverhandlungen aus.

 

Im Bericht des Ombudsperson wurde die Lage im Kosovo während der Statusverhandlungen

 

folgendermassen umschrieben: "In the current phase of status talks, the political situation is

 

getting increasingly heated and this trend is expected to continue as these talks proceed, since

 

different communities in Kosovo hope for different outcomes of theses talks". (...)As regards

 

smaller minority communities, they feel they need to more or less choose between the two

 

sides, depending on where they live and where their affiliations lie. In some cases, different

 

28 Siehe dazu mehr, im OSCE Report As Seen, As Told, Part I von 2000.

 

29 Siehe dazu mehr im bericht der OSCE, You are displaced, your rights are not, S. 66 ff.

 

members of the same community choose different sides, as in the case of Gorani community,

 

which is evently divided.30

 

Der Ombudsperson Bericht enthält keinerlei Angaben über Zwischenfälle in Dragash/Draga¿,

 

sehr wohl aber Berichte zu anderen Regionen, insbesondere Übergriffe auf Serben und Roma,

 

aber auch auf Albaner, wo sich diese in der Minderheit befinden, was dafür spricht, dass die

 

Sicherheitslage in Dragash/Draga¿ allgemein ruhig blieb und es zu keinen ethnisch

 

motivierten Ausschreitungen kam.

 

Obgleich seit 2001 ethnisch motivierte Konflikte nicht auftraten, wurde die Ruhe in der

 

Region durch 7 Sprengstroffanschläge, die im Jahre 2006 verübt wurden, erschüttert31.

 

1. Jänner 2006: Granatangriff auf einen aus Dragash/Draga¿ kommenden Bus.

 

2. 18. Februar 2006: Sprengstoffanschlag auf die serbische Bank in

 

Dragash/Draga¿ welche ohne Lizenz der UNMIK Behörden bzw.

 

kosovarischen Behörden im Kosovo operiert.

 

3. Mai 2006: Handgranate in den Hof des Hauses des kosovo-albanischen

 

President des Gemeinderates von Dragash/Draga¿,

 

4. 11. Juni 2006: Handgranate in das Haus eines kosovo-albanischen

 

Geschäftsmannes, der ein Busunternehmen betreibt.

 

5. 19. Juni 2006: Bombe unter dem Auto eines Angehörigen der Volksgruppe

 

der Goraner plaziert. Die Bombe wurde unter dem Auto während einer

 

Sportveranstaltung, welche von Albanern und Goranern besucht wurde,

 

entdeckt und konnte entschärft werden.

 

6. 27. Juli 2006: Granate vor dem Haus des ehemaligen goranischen (bis

 

1999) Polizeikommandanten von Dragash

 

7. Oktober 2006: Im Dorf Gornjia Rapca explodiert eine Bombe vor dem

 

Haus und zugleich Büros des lokaler Vertreters des Kosovo

 

Koordinationszentrum der Serbischen Regierung

 

Im Jahre 2006 ereigneten sich insgesamt 7 Sprengstoffanschläge (+ 1 Versuch). 3 Anschläge

 

richteten sich gegen Albaner bzw. deren Eigentum, 2 Anschläge gegen Goraner bzw. deren

 

Eigentum, 1 Anschlag gegen die serbische Bank in Gora, 1 Anschlag richtete sich gegen

 

einen Reisebus, der mit Goraner und Albanern besetzt war. Keiner dieser Anschläge war

 

ethnisch motiviert.

 

Die Anschläge auf die Bank und das serbischen Koordinierungsbüro lassen zweifelsfrei den

 

Schluss zu, dass Personen, die in serbischen bzw. für serbische Institutionen ( serbische Bank,

 

serbisches Koordinierungszentrum) arbeiten, sich einer besonderen Gefahr ausgesetzt sehen

 

können. Diese stellt eine individuelle Gefährdung der betreffenden Personen dar, aufgrund

 

30 Ombudspersonbericht, Juni 2007

 

20

 

ihres politischen Engagements. Diese Vorfälle können aber keineswegs als Ausdruck einer

 

Gruppenverfolgung der Goraner, durch die Albaner bzw. durch die kosovarischen

 

Institutionen und der UNMIK erachtet werden, wie dies etwa Müller in seinem Gutachten dar

 

zu legen versucht32. Anderfalls müsste man auch für die albanische Bevölkerung von

 

Dragash/Draga¿ eine Gruppenverfolgung bejahen, da sich Sprengstoffanschläge gezielt auch

 

gegen Albaner gerichtet haben.

 

Eine weitere kritische Phase stellte die Zeit nach der Unabhängigkeitserklärung (17.2.2008)

 

und der Anerkennung Kosovos als unabhängigen Staat durch andere Staaten, darunter auch

 

Österreich.

 

Auch nach der Unabhängigskeitserklärung vom 17.2.2008 blieben ethnisch motivierte

 

Konflikte aus. Viele Bewohner Goras nahmen an den Unabhängigskeitsfeierlichkeiten der

 

Gemeinde Dragash/Draga¿ teil, organisierten ihrerseits in vielen Ortschaften feiern und luden

 

zu traditioneller Musik und Essen ein.

 

Als Ausdruck der sich seit dem Juni 200133 stetig verbessernden Sicherheitslage ist die

 

freiwillige Rückkehr von Intern Vertriebenen Personen (IDPs) zu werten. Von 2000 bis Ende

 

2007 kehrten gemäß Angaben des UNHCR insgesamt 807 Goraner nach Dragash/Draga¿

 

zurück. Jene Personen gehörten allen Kategorien von Flüchtlingen an, welche in den

 

Rückkehrstrategien der Gemeinden von 2006, 2007 und nunmehr 2008 angeführt werden.

 

Die Rückkehrstrategie führt konkret folgende Kategorien von Flüchtlingen bzw. IDPs an34:

 

-

First category are refugees who left this region escaping from the mobilization and at present

 

are displaced throughout places in former Yugoslavia or abroad.

 

-

Second category are refugees - internally displaced persons - people who left this region

 

because they were mobilized during the NATO intervention in Kosovo

 

-

Third category of IDP's are emigrants who left because of economical situation, and the

 

biggest part of emigrants belong to this category. Commercial properties have been taken from

 

the majority of these citizens in entire Kosovo. They were earning for existence and that that

 

was the biggest reason of their migration.

 

In der Rückkehrstrategie der Gemeinde von Dragash/Draga¿ vom Februar 2008 wird darauf

 

verwiesen, dass sich die Sicherheitslage in der Gemeinde seit 2002 stetig verbessert hat, was

 

sich in Besuchen Rückkehrwilliger äußert.

 

32 Siehe dazu seine Gutachten von 2006 und 2007.

 

33Seit dem Juni 2001 verzeichnete das UNHCR keine ethnisch motivierten Übergriffe, wie bereits angeführt teilt

 

die OSCE, die seit 1999 in der Gemeinde ständig präsent ist, die gleiche Ansicht.

 

34 Dies ist eine nichtamtliche englische Übersetzung. Siehe das Original in Albanisch und Serbisch im Anhang.

 

Zitat: "Postwar period was marked with very frequent incidents and threats, but since the year 2002

 

the incidents decreased and the security situation improved which is seen in more frequent visits of

 

displaced persons to their own villages expressing willingness to return.35

 

Die Statistiken des UNHCR belegen, dass es nicht nur bei Besuchen rückkehrwilliger

 

verblieb, sondern viele Goraner sich auch tatsächlich zu einer Rückkehr entschieden haben

 

und nunmehr in Gora leben. Gemäß UNHCR erhöhte sich die Zahl der Rückkehrer

 

im Jahre 2007. Während von 2000-2006 insgesamt 598 Personen nach Gora zurück kehrten,

 

waren es insgesamt 209 Personen allein im Jahre 2007.36 Die freiwillige Rückkehr einer

 

immer größeren Anzahl Goraner ist Ausdruck eines gestärkten Sicherheitsgefühls der

 

Bevölkerung und ist ein Trend zu erkennen, dass immer mehr Goraner bereit sind in ihre

 

Heimat zurück zu kehren. Die vermehrte Rückkehr im Jahre 2007, zeigt dass die

 

Sprengstoffanschläge von 2006 das Sicherheitsgefühl der Goraner nicht gemindert haben.

 

Es kehrten Personen aller drei in der Rückkehrstrategie genannten Kategorien in den Kosovo,

 

konkret nach Gora zurück. Sie leben nach wie vor im Kosovo und sehen sich keinerlei

 

Verfolgung ausgesetzt. Dies spricht dafür, dass selbst Goraner, die in der jugoslawischen

 

Volksarmee mobilisiert waren, zurück kehren können, ohne Gefahr zu laufen, verfolgt zu

 

werden. Eine Ausnahme besteht lediglich für Personen, die schwerer Verbrechen beschuldigt

 

werden, wie der Anschlag auf den ehemaligen Polizeikommandanten im Jahre 2006 belegt.

 

Diese laufen Gefahr gerichtlich verfolgt zu werden, in einzelnen Fällen können Übergriffe

 

durch Opfer von Verbrechen auf diese Rückkehrer nicht ausgeschlossen werden. Eine Person,

 

die für das serbische Regime nach 1990 und bis 1999 gearbeitet hat, ist allerdings nur dann

 

gefährdet, wenn diese einer konkreten Tat beschuldigt wird. Ein Polizist, ein Angehöriger der

 

Armee, ein Richter, ein Staatsanwalt, etc. muss sich an schweren

 

Menschenrechtsverletzungen beteiligt haben, sprich persönlich dafür verantwortlich gemacht

 

werden, dass Menschen verfolgt, misshandelt oder gar umgebracht wurden. Nur dann kann

 

die Gefahr bestehen, von dem Opfer bzw. der Opferfamilie erkannt und verfolgt zu werden.

 

Es gibt einige Albaner, die selbst bis 1999 bei der Polizei oder Armee rekrutiert waren, bzw.

 

die deklarierte Anhänger der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) waren und auch an den

 

serbischen Wahlen teilnahmen. Diese Personen leben nach wie vor im Kosovo und werden

 

35 Die authentische Fassung der Rückkehrstrategi ist in Albanisch und Serbisch und wird als Anhang dem

 

Gutachten beigelegt.

 

36 UNHCR Statistic, Minority Return to Kosovo by Community and Region, January 2008.

 

nicht verfolgt, weil ihnen kein konkretes Verbrechen bzw. Vergehen vorgeworfen werden

 

konnte.

 

Die schlechte Wirtschaftslage verhindert eine Rückkehr im hohen Ausmaß. Diese

 

wirtschaftliche Not veranlasste im Februar 2007 das Volksgruppenamt der Gemeinde von

 

Dragash/Draga¿ einen Hilfsappel an europäische Staaten zu richten, mit der Aufforderung

 

Goraner nicht in den Kosovo abzuschieben. Im Appell wird ausdrücklich darauf verwiesen,

 

dass die Goraner nicht vertrieben wurden. Demgemäß sind sie auch keinem Sicherheitsrisiko

 

ausgesetzt, im Falle einer Rückkehr. Die wirtschaftliche Perspektivlosigkeit, die seit 200

 

Jahren zu einem Abwandern der Bevölkerung führt, biete ihnen allerdings keine

 

Existenzmöglichkeit wird im Schreiben der Behörde angeführt.

 

Im folgenden Zitat der nichtamtlichen (zudem schlechten) Übersetzung des Appells der

 

Gemeinde.37

 

6. Schlussfolgerung

 

37 Vgl. Die Originalfassung in serbisch im Anhang.

 

Die in meinem Gutachten von 2006 "Lage der Goraner/Bosniaken in Dragash/Draga¿ und

 

vom September 2007 "Sicherheitssituation von Angehörigen der goranischen Volksgruppe

 

aus der Gemeinde Dragash, welche während des Kosovo-Krieges (März bis Juni 1999) zur

 

jugoslawischen Bundesarmee eingezogen waren", gemachten Feststellungen behalten

 

weiterhin ihre Gültigkeit.

 

Die Volksgruppe der Goraner ist keiner Verfolgung aufgrund ihrer ethnischen Herkunft

 

ausgesetzt. Dies trifft auch auf jene Personen zu, die in der jugoslawischen Armee (JVA)

 

während des Krieges rekrutiert waren. Nach wie vor leben Goraner in Dragash/Draga¿, die bei

 

der JVA gedient haben, ohne dass sie einem Sicherheitsrisiko ausgesetzt sind. Seit 1999

 

wurde kein einziger Übergriff auf einen ehemaligen Angehörigen der JVA dokumentiert. In

 

dem oben zitierten Hilfsappell wird die Mitgliedschaft bei der JVA mit keinem Wort

 

thematisiert.

 

Die UNHCR Statistiken belegen, dass es freiwillige Rückkehr gibt, wenn auch nicht in hohem

 

Ausmaß aufgrund der schlechten Wirtschaftslage. In weiten Teilen des Kosovo beherrscht der

 

Kampf ums wirtschaftliche Überleben den Alltag der Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen

 

Volkszugehörigkeit. Nach Angaben der Weltbank leben 37% der Bevölkerung Kosovos

 

unterhalb der Armutsgrenze (Einkommen unter 1,37 Euro pro Tag und Erwachsener) 15%

 

unterhalb der Grenze extremer Armut (Einkommen unter 0,93 Euro pro Tag und

 

Erwachsener. Die Situation der Goraner und Bosniaken wie auch der albanischen

 

Bevölkerung der Gemeinde Dragash/Draga¿ ist geprägt von einer hohen Arbeitslosigkeit und

 

wirtschaftlicher Not. Der Mangel an Arbeitsplätzen zwingt viele Bewohner, Goraner und

 

Bosniaken gleichermaßen wie Albaner, die Gemeinde Dragash/Draga¿ zu verlassen. Die

 

prekäre wirtschaftliche Situation veranlasste im Februar 2007 das Volksgruppenamt der

 

Gemeinde von Dragash/Draga¿ einen Hilfsappell an europäische Staaten zu richten, mit der

 

Aufforderung Goraner nicht in den Kosovo abzuschieben. Im Appell wird ausdrücklich

 

darauf verwiesen, dass die Goraner nicht vertrieben wurden, die wirtschaftliche Notlage

 

zwinge die Menschen aus dem Gebiet abzuwandern, und dies seit 200 Jahren."

 

Hervorgehoben wird, dass gemäß den vorliegenden, der erkennenden Behörde zugänglichen Länderdokumentationsunterlagen, in den letzten Jahren vor der gegenständlichen Entscheidung keinerlei eingriffsintensive Übergriffe gegen Goraner aus ethnischen Gründen überhaupt sowie auch nicht gegen Angehörige der genannten Volksgruppe, die zum vormaligen Zeitpunkt in der jugoslawischen Bundesarmee zwangsmobilisiert waren, stattgefunden haben.

 

Des Weiteren wird festgestellt, dass für das vorliegende (behauptete) spezifische Risikopotential keinerlei spezifische Anknüpfungspunkte und Indizien für eine Verfolgungsgefährdung verifizierbar sind.

 

Die seitens des Erstbeschwerdeführers seine Person betreffenden Ausführungen, welche seiner Darstellung nach zum Verlassen seines Herkunftsstaates und Asylantragstellung vor österreichischen Behörden führten, können nicht positiv festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

Insbesondere kann nicht positiv festgestellt werden, dass der Antragsteller seinen Herkunftsstaat, die Republik Kosovo, aufgrund des wachsenden bzw. sich steigernden Gefährdungspotentials verlassen hat.

 

Beweiswürdigend wird ausgeführt:

 

Zum Vorbringen des Antragstellers hinsichtlich der ins Treffen geführten Verfolgungsgefährdung bzw. eines allenfalls vorliegenden Bedrohungspotentials von Seiten albanischer Volkszugehöriger wird würdigend hervorgehoben, dass der Antragsteller insbesondere hinsichtlich des Zeitraumes der an ihn herangetragenen Bedrohungen vor beiden Instanzen des Verfahrens grob unterschiedliche Aussagen tätigte:

 

So führte der Antragsteller im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vom 23.05.2007 auf Befragen aus, dass die unbekannten, ihn bedrohenden Personen, beginnend mit dem Zeitraum 2003/2004, bis zu seiner Ausreise monatlich einmal zu ihm nach Hause gekommen seien.

 

Demgegenüber hatte der Antragsteller in klarer und unmissverständlicher Weise vor der Erstbehörde am 08.06.2006 ausgesagt, dass er bereits im Jahre 2000 (!) erstmals, und sodann ca. einmal monatlich heimgesucht und bedroht worden sei.

 

Auf diesbezüglichen ausdrücklichen Vorhalt im Rahmen der zitierten Beschwerdeverhandlung vermochte der Antragsteller auf die diesbezüglich aufgetretene krasse Diskrepanz in den Angaben zu einem zentralen Punkt seines Vorbringens keine plausible Erklärung zu bieten (siehe S. 8 des Protokolls des UBAS v. 23.05.2007).

 

Ein weiterer unterschiedlicher Aussagestand ergab sich in den Angaben des Antragstellers vor beiden Instanzen des Verfahrens in Bezug auf seine Tätigkeit in jener von ihm ins Treffen geführten Konditorei in U.: So hatte der Antragsteller vor dem Bundesasylamt noch angegeben, von 1983 bis 2000 dort gearbeitet zu haben; wohingegen er vor der Berufungsinstanz angab, in der genannten Konditorei bis zum Jahre 2001 tätig gewesen zu sein. Auch für diese Widersprüchlichkeit vermochte der Antragsteller keine nachvollziehbare bzw. plausible Erklärung zu bieten.

 

Weitere Unstimmigkeiten im Vorbringen ergeben sich aus der Aussage des Antragstellers vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat, dass Leute von der TMK zu ihm nach Hause gekommen seien und er im Rahmen eines bestimmten Vorfalls am 09.10.2006 zur Polizeistation vorgeladen worden sei.

 

Im Rahmen seiner umfassenden und detaillierten niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde hatte der nunmehrige Erstbeschwerdeführer keinen diesbezüglichen konkreten Vorfall ins Treffen geführt und ist diesbezüglich hervorzuheben, dass insbesondere ein Unterschied im Bedrohungsbild dadurch zu erkennen ist, ob der Antragsteller von ihm unbekannten Personen albanischer Herkunft heimgesucht und bedroht worden sei, oder von dem nunmehr eingerichteten Wachkörper der TMK unter gleichzeitiger gleichsam offizieller behördlicher Vorladung. Das Vorbringen des Antragstellers stellt sich diesbezüglich gegenüber seinem Vorbringen vor der Erstbehörde als ansatzlos gesteigert und sohin ebenfalls nicht homogen dar.

 

Bei tatsächlichem Gegebensein dieses konkreten erst im zweitinstanzlichen Verfahren ins Treffen geführten Vorfalls, hätte der Beschwerdeführer jenen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund der doch als nicht zu gering einschätzenden Bedeutung für ihn selbst bereits im Rahmen des umfänglichen erstinstanzlichen Verfahrens ins Treffen geführt. Dem diesbezüglichen Vorbringen war sohin ebenfalls keinerlei Glaubhaftigkeit beizumessen.

 

Im Rahmen der nunmehr gebotenen Gesamtsicht der Angaben des Antragstellers stellt sich sohin aufgrund der dargelegten groben Unstimmigkeiten in zentralen Punkten des Fluchtvorbringens dieses als gänzlich nicht glaubhaft bzw. wahren Gegebenheiten entsprechend, dar.

 

Hinzu tritt, dass es generell bei einer gebotenen Gesamtschau nicht maßgeblich wahrscheinlich erscheint, dass der Antragsteller - gemäß seiner Darstellung - über etwa sechs Jahre hinweg regelmäßig monatlich ernsthaft bedroht worden sein soll, woraus er ohne Intensivierung der Drohungen oder Steigerung des Bedrohungspotentials nunmehr im Jahre 2006 sich erstmalig gehalten sah, das Land zu verlassen.

 

Den Angaben des Antragstellers zu den genannten Ereignissen und Heimsuchungen ist insbesondere weder eine Verdichtung der Bedrohungen noch ein sich steigerndes, allenfalls vorliegendes Gewaltpotential, wenn auch gleich nur sprachlich ausgedrückt zu entnehmen.

 

Die Annahme, dass der Erstbeschwerdeführer sechs Jahre lang von unbekannten albanischen Personen massiv bedroht und eingeschüchtert worden wäre, kann nicht als plausibel und nachvollziehbar erkannt werden.

 

Hätte der Antragsteller die von ihm nunmehr ins Treffen geführten Drohungen jeweils ernst genommen, hätte er schon zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt das Land verlassen müssen bzw. versuchen müssen, sich den allenfalls ernsthaften Drohungen dauerhaft zu entziehen. Der Umstand, dass der Antragsteller nach seiner Darstellung, sechs Jahre lang monatlichen bzw. regelmäßigen Drohungen ausgesetzt war, und er in keinster Weise darauf reagierte bzw. insbesondere nicht durch fluchtvorbereitende Maßnahmen oder ähnliches, zeigt, dass der Antragsteller offenbar selbst die allenfalls tatsächlich stattgefundenen Drohungen nicht ernst genommen hat.

 

Wären die Drohungen seit dem Jahre 2000 einerseits dergestalt ernsthaft ausgesprochen worden bzw. hätte sich deren Intensität in irgendeiner Weise durch bestimmte Anzeichen verstärkt, so ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt in allenfalls wohlbegründete Furcht vor tatsächlicher Verfolgung geraten wäre und er das Weite gesucht hätte.

 

Umstände, dass ihm ein Verlassen seines Herkunftsortes zu einem früheren Zeitpunkt aus verschiedenen Umständen oder aufgrund verschiedener Faktoren nicht möglich oder zumutbar gewesen sein soll, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Allgemein ist des Weiteren zur Situation der Goraner auszuführen:

 

Die getroffenen Feststellungen zur Spezialsituation von Angehörigen der goranischen Volksgruppe, welche zum vormaligen Zeitpunkt zwangsmobilisiert waren, basieren zentral auf dem zugrunde gelegten Gutachten Dris. DEMAJ vom September 2007 sowie dem ergänzenden Gutachten Dris. DEMAJ - in Replik auf ein erstattetes Gegengutachten Dris. MÜLLER - vom April 2008. Hervorgehoben wird beweiswürdigend, dass die beiden erstatteten Gutachten Dris. DEMAJ eine umfassende, strukturierte und detaillierte Analyse sowie spezifische Auseinandersetzung mit einerseits der Situation der Angehörigen der goranischen Volksgruppe im Kosovo allgemein, sowie andererseits der Spezialsituation und Gefährdungslage von Angehörigen der goranischen Volksgruppe, welche im sogenannten Kosovo-Konflikt auf serbischer Seite militärisch zwangsmobilisiert waren, darstellen.

 

Beiden gutachterlichen Stellungnahmen ist schlüssig sowie unter spezifizierter Darlegung von Statistikmaterial sowie Bewertung von Einzelereignissen, insbesondere in der Gemeinde Dragash, nachvollziehbar entnehmbar, dass einerseits Angehörige der genannten Minderheit generell keinem Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind sowie sich die Situation in der Gemeinde Dragash stabilisiert hat und des Weiteren kosovarisch eingerichtete Sicherheitsstrukturen effizient tätig sind.

 

Andererseits ist vor dem Hintergrund der umfassend dargelegten Sicherheitssituation in der Gemeinde Dragash nachgewiesen, dass einerseits keine ethnisch motivierten Gefährdungslagen vorliegen. Des Weiteren ist auch schlüssig ableitbar, dass sich keinerlei Gefährdungslage für die spezielle Fallkonstellation zwangsmobilisierter Goraner ergibt.

 

Ungeachtet der Bewertung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers ist auszuführen, dass selbst bei positivem Vorliegen der Sachverhaltsbehauptungen das vom Erstbeschwerdeführer ins Treffen geführte Gefährdungspotential aus den dem Asylgerichtshof vorliegenden umfassenden Länderdokumentationsunterlagen nicht ableitbar ist:

 

Selbst unter der Voraussetzung, dass der Antragsteller jener spezifischen Gruppe von mobilisierten Goranern angehört hat, welche im albanischen Gemeindeteil von X eingesetzt waren, ist nicht erkennbar, dass sich daraus ein allfälliges spezifisches Risikopotential ergibt; diese Einschätzung ist insbesondere daraus abzuleiten, dass bei einer Gesamtbetrachtung der allgemeinen Sicherheitssituation in der genannten Gemeinde X sich gänzlich keine Hinweise erkennen lassen, dass Angehörige einer solchen allenfalls existierenden spezifischen Sonderpersonengruppe derzeit bzw. in naher Zukunft mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einem realiter existierenden Gefährdungspotential ausgesetzt sind. Hiezu ist des Weiteren auszuführen, dass der vom Rechtsvertreter des Erstbeschwerdeführers angesprochene Fall eines goranischen Kosovaren, welcher gleichsam als stellvertretender Polizeichef tätig gewesen ist, nicht mit jenem nunmehr vorliegenden behaupteten Fall des Erstbeschwerdeführers vergleichbar wäre.

 

Der von der Vertretung des Beschwerdeführers herangezogene Fall stellt einen Spezialfall einer als besonders sich qualifiziert hervorgetan habenden Person des örtlichen Sicherheitsapparates dar; wie der Erstbeschwerdeführer jedoch selbst aussagte, war er in keinster Weise im Rahmen des genannten Kosovo-Konfliktes an namhafter Stelle tätig, sondern war er offensichtlich unter Befehlsgewalt anderer Vorgesetzter lediglich gegebenenfalls in äußerst untergeordneter Tätigkeit engagiert. Hiefür spricht auch, dass der Antragsteller keinerlei militärischen Rang bekleidete, sondern lediglich zwangsrekrutiert einer bestimmten Einheit zugeteilt gewesen ist. Auch vermochte der Antragsteller keinerlei bestimmte spezifische Verantwortlichkeiten bzw. herausragende Tätigkeiten während dieser Zeit anzuführen.

 

Auch aus diesem Grunde ist sohin auch unter hypothetischer Annahme der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers und seiner Zurechnung der im Rahmen der Zweitbeschwerdeverhandlung herausgearbeiteten Spezialpersonengruppe der Beschwerdeführer nicht als maßgeblich wahrscheinlich gefährdet zu betrachten; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Gemeine X seit Jahren etwa keinerlei Mord an einem ethnischen Goraner bekannt ist oder auch sonst kein diesbezügliches Gefährdungspotential in Hinblick auf eine solche - wie dargelegte - Sonderpersonengruppe erkennbar ist.

 

Hätte es nun mehrere Jahre nach dem sogenannten Kosovo-Konflikt tatsächlich ein Gefährdungspotential für Angehörige zwangsmobilisierter Goraner, welche im albanischen Teil der Gemeinde eingesetzt gewesen sind, gegeben, so hätte dies mit Sicherheit entweder medialen Niederschlag gefunden, oder wäre ein solches Risiko sonst im Rahmen der genauen Analyse der Situation der gemischt-ethnischen Gemeinde Dragash an irgendeiner Stelle hervorgetreten.

 

So ist weiters auszuführen, dass auch die Beschwerdeführer zu dem diesbezüglich behaupteten Sondergefährdungspotential keinerlei Präzedenzfälle oder bestimmte Indizien oder sonstig nachvollziehbare Anzeichen für eine herausragende Gefährdung ins Treffen zu führen vermochten.

 

Die Gesamtbetrachtung der als stabil zu bezeichnenden Situation in der genannten Gemeinde zeigt vielmehr, dass sich die Allgemeinsituation tatsächlich dergestalt beruhigt hat, dass gänzlich keine Person goranischer Herkunft in der betreffenden Gemeinde Furcht vor Verfolgung haben muss.

 

Es war daher nicht von einer Gefährdung des Erstbeschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit einhergehend mit der Tatsache der vormaligen Zwangsmobilisierungen auszugehen. Des Weiteren ist positiv davon auszugehen, dass jeder Angehörige der genannten Volksgruppe sich jedenfalls in effizienter Weise um Schutzgewährung an die örtlichen Sicherheitsbehörden wenden kann.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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