TE AsylGH Erkenntnis 2008/12/04 E4 312617-2/2008

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Veröffentlicht am 04.12.2008
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Spruch

E4 312.617-2/2008-7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. GABRIEL als Vorsitzende und die Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. SOVKA über die Beschwerde des Z.Y., geb. 00.00.1979, StA. Türkei, (anwaltschaftlich vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Martin DELLASEGA und Dr. Max KAPFERER) gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.01.2008, FZ. 07 03.577-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger der Türkei und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.04.2007 bei der Polizeiinspektion Traiskirchen einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Im Zuge der Erstbefragung am 13.04.2007 gab der Beschwerdeführer als Grund für seine Ausreise an, dass er Kurde sei und deshalb in der Türkei, wie alle Kurden, diskriminiert werde. Er sei mehrmals von der Polizei geschlagen und angehalten worden. Zum Nachweis seiner Identität legte der Beschwerdeführer einen türkischen Personalausweis - ausgestellt am 06.11.2006 - vor.

 

2. Am 18.04.2008 wurde der Beschwerdeführer erstmals im Asylverfahren durch das Bundesasylamt (BAA) niederschriftlich einvernommen und gab hierbei im Wesentlichen an, dass er im Rahmen der Erstbefragung die Wahrheit gesagt habe. Ferner führte der BF aus, dass er bereits alles im Zuge der Erstbefragung erzählt habe und nichts mehr ergänzen möchte. Befragt, welche Probleme ihn im Falle seiner Rückkehr erwarten würden, antwortete der BF, dass er sicher von der Polizei verhört werde, vielleicht auch geschlagen oder getötet. Wenn man einmal auffalle, habe man keine Ruhe mehr.

 

3. Die österreichischen Asylbehörden richteten am 14.05.2007 ein Übernahmeansuchen an die deutschen Behörden auf der Grundlage des Art. 9 Abs. 4 der Verordnung des europäischen Rates zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaates (Dublin II-VO), dies in Anbetracht des von deutschen Behörden für den Beschwerdeführer ausgestellten deutschen Einreisevisums vom 03.11.2006 (gültig vom 05.11.2006 bis 04.12.2006). Der BF behauptete in der Zeit vom 08.11.2006 bis zum 15.11.2006 bei seiner Schwester in Stuttgart gewohnt zu haben. Am 15.11.2006 sei er legal aus Deutschland in die Türkei ausgereist. Da dies bislang nicht bestätigt worden sei und auch in der Beantwortung des Informationsersuchens die Rückkehr nicht bestätigt wurde, habe man den Angaben des BF keinen Glauben schenken können und gehe die österreichische Asylbehörde davon aus, dass der BF im März 2007 direkt von Deutschland nach Österreich gereist sei.

 

4. Mit Schreiben der EAST-Ost vom 14.05.2007 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da Konsultationen iSd Dublin II-VO mit Deutschland geführt werden. Gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG galt damit das Ausweisungsverfahren gegen den Beschwerdeführer als eingeleitet.

 

5. Mit Schreiben vom 15.05.2007 stimmten die deutschen Behörden der Übernahme des Beschwerdeführers zur Prüfung des Asylantrags gem. Art. 9 Abs. 4 der Dublin II-VO zu.

 

6. Am 30.05.2007 wurde in der EAST-Ost des Bundesasylamtes eine Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs in Anwesenheit eines Rechtsberaters und des Bruders des BF Z.Ya. als Vertrauensperson durchgeführt. Der Beschwerdeführer gab zu Protokoll, dass er - im Hinblick auf die eventuelle Zuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylbegehrens - nicht dorthin möchte, weil sein Bruder hier in Österreich für seinen Lebensunterhalt sorge und er hier bleiben wolle. Zu seinen Fluchtgründen machte er keine weiteren Angaben.

 

7. Mit Bescheid vom 30.05.2007, entschied das Bundesasylamt gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005, das der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.04.2007 als unzulässig zurückzuweisen sei. Für die Prüfung des Asylantrags sei gem. Art. 9 Abs. 4 der Dublin II-VO Deutschland zuständig. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG werde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Deutschland ausgewiesen. Demzufolge sei auch die Abschiebung des BF nach Deutschland gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig.

 

Die erstinstanzliche Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer laut Auskunft der Polizeiinspektion Reichenau am 01.06.2007 zu eigenen Handen zugestellt.

 

8. Gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes brachte der BF durch die rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 06.06.2007, eingelangt beim Bundesasylamt am 10.06.2007, Berufung ein und beantragte die Behebung des erstinstanzlichen Bescheides wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung.

 

9. Diesem Rechtsmittel gegen den Bescheid des BAA vom 30.05.2007,

Zahl: 07 03.577-EAST Ost hat der Unabhängige Bundesasylsenat - vom damals zuständigen Senatsmitglied - mit Bescheid vom 18.06.2007,

Zahl: 312.617-1/3Z-I/01/07 gem. § 37 AsylG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

10. Mit dem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.06.2007, Zahl: 312.617-1/4E-I/01/07 wurde der Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.05.2007, Zahl: 07 03.577-EAST Ost gem. § 41 Abs. 3 AsylG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

11. Am 14.06.2007 wurde mit dem BF als Zeugen durch die BPD Innsbruck eine Niederschrift bezüglich des Verdachts der Schlepperei (§ 114 Abs. 2 FPG) gegen U.T. (GZ: D1/15348/2007-WI) aufgenommen.

 

12. Laut Aktenvermerk vom 20.08.2008 durch das BAA-EAST Ost wurde das gem. § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG eingeleitete Ausweisungsverfahren gem. § 27 Abs. 4 AsylG eingestellt, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung nicht mehr vorlagen.

 

13. Am 07.01.2008 erfolgte eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers durch das BAA - Außenstelle Innsbruck. Zu Beginn der Einvernahme erklärte der BF, dass seine am 13.04.2007, am 18.04.2007, am 30.05.2007 und am 14.06.2007 getätigten Angaben vollständig gewesen seien und der Wahrheit entsprochen hätten. Im August 2006 sei seine Mutter verstorben. Er habe dann den Entschluss gefasst, die Türkei zu verlassen. Der Grund hierfür sei die unterschiedliche Behandlung und Unterdrückung der kurdischen Volksgruppe durch die Türkei gewesen. Weiters habe der BF in Österreich und Deutschland gesehen, wie man hier menschlich leben könne. Es habe gegen ihn keine konkreten Vorfälle gegeben, aber man habe aufpassen müssen, mit wem man redet oder mit wem man sich trifft. Es habe kein soziales Leben gegeben. Ausdrücklich befragt, ob er in seiner Heimat jemals von der Polizei angehalten, festgenommen oder verhaftet worden sei, antwortete der BF: "Nein."

Er sei aber immer wieder von der Polizei in A. angehalten und befragt worden, wenn etwas passiert sei. Die Polizei sei dann zu ihm nach Hause gekommen und habe ihn befragt. Da dieser jedoch keine Beweise gegen ihn vorgelegen seien, habe die Polizei nach den Befragungen wieder abziehen müssen. Alle Kurden würden generell als Mitglieder der PKK abgestempelt, ob diese nun Mitglieder seien oder nicht. Es habe zwar Spannungen zwischen der türkischen und der kurdischen Bevölkerung von A. gegeben, eine gezielte persönliche Verfolgung gegen den BF habe aber nicht stattgefunden. Befragt, was der BF im Falle seiner Rückkehr konkret zu befürchten hätte, gab er zu Protokoll: "Ich will nicht in die Türkei zurück, ich möchte die angeführte Diskriminierung und Unterdrückung nicht mehr wieder erleben."

 

14. Mit angefochtenem Bescheid des Bundesasylamtes - Außenstelle Innsbruck vom 17.01.2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt.

 

Das Bundesasylamt traf darin umfangreiche und aktuelle Feststellungen zur Situation in der Türkei, insbesondere zu den Menschenrechten, der Situation der Kurden in der Türkei, zur Thematik Rechtsschutz, Polizei/Justiz und zur Rückkehrsituation bzw. Behandlung abgeschobener Asylwerber.

 

In der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung wurde ausführlich dargelegt, warum das Bundesasylamt zur Schlussfolgerung gelangt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Asylrelevanz zukommt und auch kein Grund für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegt. Ebenso wurden die Gründe für die Ausweisung des Beschwerdeführers in die Türkei dargelegt.

 

15. Gegen den erstinstanzlichen Bescheid wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) an den Asylgerichtshof erhoben.

 

Der Beschwerde ist jedenfalls kein substantiiertes Vorbringen zu entnehmen, welches geeignet wäre, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes entgegenzutreten.

 

16. Am 06.10.2008 wurden vom BAA - Außenstelle Innsbruck an den Asylgerichtshof mittels Telefax Ablichtungen folgender Schriftstücke übermittelt: eines Schreibens des Standesamtes Innsbruck vom 02.10.2008, wonach der BF die Vaterschaft zu T.M., geb.00.00.2008, anerkennen möchte; eines Auszuges aus dem Ehebuch des Standesamtes Innsbruck vom 02.10.2008 betreffend die Heirat des BF mit Y.S. - die Eheschließung erfolgte am 00.00.2003, seines Nüfus und eines Beschlusses des BG Innsbruck vom 00.00.2004 über die einvernehmliche Scheidung der zuvor genannten Ehe.

 

17. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides sowie des Berufungsschriftsatzes (nunmehr Beschwerde).

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. In der Bescheidbegründung wurden die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers ausreichend auseinandergesetzt und in zutreffenden Zusammenhang zur Situation des Beschwerdeführers gesetzt.

 

Zu den Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist anzumerken, dass diese auf Quellen - mit Ausnahme des Fortschrittsberichtes Türkei der EU-Kommission (2005) - aus den Jahren 2006 und 2007 basieren, weshalb von einer ausreichenden Aktualität der Quellen ausgegangen werden kann. (Zur Aktualität von Länderfeststellungen vgl. auch VwGH 09.03.1999, 89/01/0287; 11.11.1998, 98/01/0284, 07.06.2000, 99/01/0210). Dass sich die Situation im Herkunftsstaat des Asylwerbers insofern geändert hat, als diese dem zitierten Länderdokumentationsmaterial nicht mehr entsprechen würde, ist nicht notorisch. Die in conreto relevanten Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF lauten - auszugsweise - wie folgt:

 

Kurden

 

Allgemein

 

Allein aufgrund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volkszugehörigkeit nie staatlichen Repressionen unterworfen. Über erhöhte Strafzumessung in Strafverfahren liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse vor. Aus den Ausweispapieren, auch aus Vor- oder Nachnamen, geht in der Regel nicht hervor, ob ein türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung ist (Ausnahme: Kleinkindern dürfen seit 2003 kurdische Vornamen gegeben werden). Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnlich sieht es in Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär aus. Innenminister Aksu z.B. ist kurdischer Abstammung. Er hat Reden auf kurdisch gehalten, allerdings nicht bei offiziellen Anlässen.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Die Tatsache, dass "Separatismus" und "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande" kurdischstämmigen Türken weit öfter als anderen Türken vorgeworfen wurde, liegt daran, dass die Unterstützung der Terrororganisation PKK sich nahezu ausschließlich aus kurdischstämmigen Kreisen rekrutierte.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Obwohl türkischen Staatsbürgern kurdischer Herkunft gelegentlich ungleiche Behandlung seitens der Behörden oder der Allgemeinheit widerfährt, erreicht diese Art der Behandlung keinesfalls ein Niveau, die eine Verletzung der Artikels 3 EMRK oder eine Verfolgung nach den Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention bedeuten würde.

 

(Home Office, Operational Guidance Note, Turkey, April 2007)

 

Die türkische Regierung verfolgt keine Kurden, allein deshalb, weil sie Kurden sind. Alle türkischen Staatsbürger (inklusive der Kurden) haben gleichen Zugang zu öffentlichen Institutionen. Viele Mitglieder des Parlaments und höhere Beamte der Regierung sind Kurden. Jedoch riskieren Kurden, die ihre ethnische Herkunft öffentlich oder politisch behaupten, Zensur, Belästigungen oder strafrechtliche Verfolgung.

 

(Home Office, Operational Guidance Note, Turkey, July 2006)

 

Das Ziel einer EU-Mitgliedschaft, hat die Regierung zu Reformen veranlasst, die nach ihrer Meinung zu einem liberalerem und offeneren politischen System führen soll. Jedoch kam es 2006 immer wieder zu Rückfällen in der Behandlung von Kurden Folter, Repressionen und die Verweigerung von Grundrechten betreffend, sodass der Regierung vorgeworden wurde, nicht wirklich an einer substantiellen Verbesserung der Lage der Kurden interessiert zu sein.

 

(Home Office, Country of Origin Information Report, Turkey, March 2007)

 

Menschenrechte

 

Die in den letzten Jahren durchgeführten verfassungsmäßigen und legislativen Änderungen haben zu einer deutlichen Verbesserung der Menschenrechtssituation für Kurden geführt. So gibt es heute für diese einen wesentlich größeren Spielraum in der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. In der Praxis können diese Freiheiten allerdings immer wieder stark eingeschränkt werden. Kurden, die ihre Identität auf friedliche Weise kundtun, sind keinen Anfeindungen und Belästigungen ausgesetzt. Auch ist es Eltern mittlerweile erlaubt worden ihren Kindern kurdische Vornamen zu geben.

 

(Home Office, Operational Guidance Note, Turkey, April 2007)

 

Der Gebrauch des Kurdischen als Umgangssprache und in Buchveröffentlichungen sowie Printmedien ist keinen Restriktionen ausgesetzt. Der Gebrauch des Kurdischen, d.h. der beiden in der Türkei vorwiegend gesprochenen kurdischen Sprachen Kurmanci und Zaza, im "öffentlichen Raum" ist noch eingeschränkt, im Schriftverkehr mit Behörden nicht erlaubt. Das Reformpaket vom 03.08.2002 hatte bereits das Verbot von Rundfunk- und Fernsehsendungen auf Kurdisch aufgehoben (der Gebrauch im Radio wurde damals schon toleriert). Sendungen in kurdischer und in anderen "Sprachen und Dialekten, die in der Türkei üblicherweise gesprochen werden" - so der Wortlaut - sind damit zugelassen; ihre Zulassung steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass sie nicht im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Verfassung stehen und nicht gegen "die unteilbare Einheit des Staates mit seinem Land und seiner Nation" gerichtet sein dürfen.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Reformen der Regierung haben bereits zu Verbesserungen im Bereich der kulturellen Rechte der Kurden geführt. Im Juni 2006 kündigte die türkische Medienbehörde RTUK an, dass weitere Restriktionen betreffend Sendungen in nicht-türkischer Sprache für bestimmte Arten von Programmsendungen fallen. Kulturelle Programme sind keinen Zeiteinschränkungen bei ihrer Ausstrahlung ausgesetzt. Allerdings sind nicht kulturelle Sendungen nach wie vor starken Verbreitungseinschränkungen ausgesetzt.

 

(Home Office, Country of Origin Information Report, Turkey, March 2007)

 

Rückkehrfragen

 

Grundversorgung

 

Die Lebensverhältnisse in der Türkei sind weiterhin durch ein starkes West-Ost-Gefälle geprägt. Die Wirtschaftskrise der Jahre 2001/2002 hat die wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten noch verstärkt. Der Abwanderungsdruck aus dem Südosten in den Süden und Westen der Türkei und in das Ausland hält an. Angesichts der Beruhigung der Lage im Südosten, wegen der schwierigen Lebensbedingungen und hohen Arbeitslosigkeit in den Armutsgebieten der großen Städte nimmt in letzter Zeit die Zahl der Rückkehrer in die Provinzstädte und Dörfer im Osten und Südosten der Türkei jedoch wieder zu.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Die Türkei kennt bisher keine staatliche Sozialhilfe nach EU-Standard. Der Förderungsfonds für Sozialhilfe und Solidarität ("Sosyal Yardimlasma ve Dayanismayi Tesvik Fonu"), der von einem mit Staatssekretären und hohen Beamten aus verschiedenen Ministerien besetzten Gremium geleitet wird, hilft auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 3294 vom 29.05.1986 für einige Monate bei sozialen Notlagen. Unter vorübergehenden Maßnahmen können dabei z.B. die Übernahme der Wohnmiete, Versorgung mit Lebensmitteln und Bekleidung, mit Heizmaterial für den Winter oder mit medizinisch erforderlichen Geräten für Behinderte fallen. Gemäß Art. 2 des Gesetzes sind Leistungen an türkische Staatsangehörige möglich, die sich in Armut oder Not befinden, nicht sozialversichert sind und von keiner Einrichtung für Sozialsicherheit Gehalt oder Einnahmen beziehen.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Medizinische Versorgung

 

In der Türkei gibt es neben dem staatlichen Gesundheitssystem, das eine medizinische Grundversorgung garantiert, mehr und mehr leistungsfähige private Gesundheitseinrichtungen, die in jeglicher Hinsicht EU-Standard entsprechen. Das türkische Gesundheitssystem verbessert sich laufend.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Gemessen an der Qualität besteht ein deutlicher Unterschied zwischen privaten und öffentlichen Krankenhäusern. Während die Versorgung in den modernen privaten Einrichtungen westlichen Standards entspricht, gilt dies nicht immer für öffentliche Krankenhäuser. Vor allem auf dem Land sind erhebliche Defizite festzustellen. Geräte- und personelle Ausstattung reichen oft nicht aus, um nötige Behandlungen rechtzeitig durchzuführen. Auch ist die Versorgung mit Medikamenten in vielen ländlichen Gebieten nicht immer zufrieden stellend. Bedürftige haben das Recht, sich von der Gesundheitsverwaltung eine "Grüne Karte" ("yesil kart") ausstellen zu lassen, die zu kostenloser medizinischer Versorgung im staatlichen Gesundheitssystem berechtigt.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Behandlung nach Rückkehr

 

Ist der türkischen Grenzpolizei bekannt, dass es sich um eine abgeschobene Person handelt, wird diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten kann. Abgeschobene können dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke einer Befragung festgehalten werden. Gleiches gilt, wenn jemand keine gültigen Reisedokumente vorweisen kann oder aus seinem Reisepass ersichtlich ist, dass er sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufgehalten hat.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Besteht der Verdacht einer Straftat (z.B. Passvergehen, illegale Ausreise), werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Wehrdienstflüchtige haben damit zu rechnen, gemustert und ggf. einberufen zu werden (u.U. nach Durchführung eines Strafverfahrens). Es sind mehrere Fälle bekannt geworden, in denen Suchvermerke zu früheren Straftaten oder über Wehrdienstentziehung von den zuständigen türkischen Behörden versehentlich nicht gelöscht worden waren, was bei den Betroffenen zur kurzzeitigen Ingewahrsamnahme bei Einreise führte.

 

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Jänner 2007)

 

Das Bundesasylamt hat im angefochtenen Bescheid klar zum Ausdruck gebracht, aus welchen Gründen es den Ausführungen des Beschwerdeführers keine Asylrelevanz bzw. Relevanz bzgl. der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten beimisst und die Ausweisung des Beschwerdeführers in die Türkei verfügte.

 

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass der BF als Fluchtgrund - allgemein und pauschal - die Diskriminierung der kurdischen Volksgruppe angegeben habe. Gleichzeitig habe der BF dezidiert erklärt, dass es gegen ihn konkret keine Verfolgungshandlungen durch die türkische Regierung oder durch Privatpersonen gegeben habe. Diese vom BF angeführte generelle Diskriminierung der kurdischen Volksgruppe in der Türkei treffe unter Hinweis auf die oben angeführten Länderfeststellungen nicht zu. Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft zu machen. Dieser schlüssigen Beweiswürdigung des Bundesasylamtes ist der Beschwerdeführer in seinem Beschwerdeschriftsatz nicht substantiiert entgegengetreten

 

Zwecks Vollständigkeit ist - zu den Ausführungen des BAA - anzumerken, dass das Vorbringen auch mangels persönlicher Glaubwürdigkeit des BF als nicht glaubhaft zu qualifizieren ist. Im Rahmen seiner Erstbefragung (AS 27 ff) am 13.04.2007 sprach er mehrmals davon, von der türkischen Polizei grundlos geschlagen und angehalten worden zu sein. Im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens bzw. in der Berufung (nunmehr Beschwerde) fanden diese intensiven Übergriffe seitens des türkischen Staates aber mit keinem Wort eine Erwähnung. Auf die im Rahmen der Ersteinvernahme (AS 53 ff) am 18.04.2007 gestellte Frage, was der konkrete fluchtentscheidende Ausreisegrund gewesen sei, gab der BF als Antwort: "Bei jedem geringsten Vorfall kam die Polizei zu mir und fragten wo ich war. Ich wurde ständig von der Polizei kontrolliert."

Von Schlägen ist hier keine Rede mehr. Auch in der Niederschrift durch die BPD Innsbruck (AS 279 ff) vom 14.06.2007 unterlässt es der BF von etwaigen körperlichen Übergriffen zu erzählen, sondern spricht nur von Anhaltungen und Kontrollen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der BF diese massiven Angriffe auf seine Person unerwähnt lässt, außer man geht davon aus, dass diese Ereignisse vom BF nicht wirklich erlebt wurden und daher bei seinen persönlichen Ausreisemotiven keine Rolle spielten. Wie oben bereits erwähnt, hat der BF auch bei der Einvernahme (AS 425 ff) am 07.01.2008 durch das BAA - Außenstelle Innsbruck dezidiert erklärt, dass es gegen ihn keine konkreten Vorfälle gegeben habe. Er sei weder von der Polizei angehalten, festgenommen oder verhaftet worden, noch hätten Probleme mit den Behörden bestanden. Es habe auch keine persönlich gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen seitens der türkischen Regierung gegeben. Die Polizei habe ihn allerdings immer wieder in A. angehalten und befragt, wenn etwas passiert sei.

 

Nach allgemeiner Lebenserfahrung würden einen Menschen körperliche Übergriffe jedenfalls tief bewegen und der Betroffene würde sie keinesfalls bei einer Aussage unerwähnt lassen. Abschließend ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der BF mehrmals ausdrücklich nach Übergriffen befragt wurde.

 

Eine weitere Ungereimtheit in den Aussagen des BF ist darin zu erblicken, dass dieser zunächst in seinen Aussagen davon sprach, dass lediglich seine Mutter tot sei. In der Einvernahme am 30.05.2007 erklärte der BF aber, dass bereits beide Elternteile verstorben seien und er danach bis zur Ausreise alleine in der Türkei gelebt habe (AS 121). Bei der Einvernahme am 07.01.2008 gab der BF dann wieder davon abweichend an, dass sein Vater noch immer bei seinen zwei Töchtern wohne. Ein Widerspruch bezüglich einer derartig wichtigen Tatsache lässt sich nur dadurch erklären, dass der BF die Unwahrheit gesagt haben muss.

 

Eine weitere sich auf die Glaubwürdigkeit des BF negativ auswirkende Tatsache ist, dass er nach eigener Aussage bereits zehn Visaanträge für Österreich gestellt hatte, wobei diese meistens abgelehnt wurden. 2002 erlangte er ein Studentenvisum (AS 61). In der Niederschrift vom 14.06.2007 (AS 279) gab der BF an, dass er vor seiner Rückkehr geheiratet habe, da er hoffte, dadurch leichter ein Visum zu erhalten. Sowohl die oftmalige Antragstellung als auch die Heirat legen den Schluss nahe, dass der BF unbedingt - anscheinend auch auf fragliche Art und Weise - einen dauerhaften Aufenthalt in Österreich erlangen möchte. Als letzten Ausweg sah er nunmehr einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Die Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die Zulässigkeit für den Asylgerichtshof über die Beweiswürdigung der Erstbehörde hinaus ergänzende Schlüsse aus den bisherigen Ermittlungen zu ziehen, ergibt sich aus § 41 Abs 7, 2. Fall, AsylG 2005, wonach von einer mündlichen Verhandlung auch dann abgesehen werden kann, wenn sich aus "den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht". Um der Begründungspflicht, resultierend aus § 60 AVG, wonach der Bescheid [das Erkenntnis] erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde [der Asylgerichtshof] zu dieser Ansicht gelangt ist, zu entsprechen, bedarf es aber einer (nachvollziehbaren) Darstellung der dafür maßgeblichen gedanklichen Vorgänge.

 

Der Gesetzgeber verwendet hier mit "zweifelsfrei" eine andere Diktion wie im § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist, wenn das "......Bedrohungsszenario offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im § 41 Abs 7 2. Fall AsylG 2005 idgF - womit eine Erweiterung der Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung geschaffen werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten § 6 AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese neue Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen.

 

Hier ergeben sich derartige Fakten aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens. Der Asylgerichtshof ist nicht verhalten, den Asylwerber zu Widersprüchen in Ansehung seines Asylantrages zu befragen, weil keine Verpflichtung besteht, ihm im Wege eines behördlichen Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche in seinen eigenen Aussagen vorhanden seien, die im Rahmen der gem. § 45 Abs. 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560; vgl. ua. auch VwGH 27.6.1985, 85/18/0219; 3.4.1998, 95/19/1734; 30.1.1998, 95/19/1713 wonach keine Verpflichtung besteht, den vom Antragsteller selbst vorgebrachten Sachverhalt zu Gehör zu bringen [siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 29 zu § 45 mwN]). Die Behörde bzw. das Gericht ist auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu § 45 mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560).

 

In der Beschwerde wurde moniert, dass das BAA kein ausreichendes Ermittlungsverfahren geführt habe. In der angefochtenen Entscheidung würden nämlich entsprechende Feststellungen zur Rückkehrsituation in den Herkunftsstaat des BF fehlen. Diese Behauptung ist für den Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar, da sich umfangreiche Feststellungen zu allfälligen Rückkehrfragen in der angefochtenen Entscheidung befinden (Bescheid Seite 34 bis Seite 36 und siehe oben).

 

Zu dem in der Beschwerde angeführten allgemeinen Verweis auf etwaige internationale Berichte, wonach Rückkehrer zunächst nach der Routinekontrolle freigelassen werden würden, um später erneut festgenommen und zur Anti-Terror-Abteilung zum Verhör gebracht zu werden bzw. in der Polizeihaft nach wie vor regelmäßig Folter angewandt werde, ist Folgendes auszuführen. Es gelingt dem Beschwerdeführer mit seinem unsubstantiierten und spekulativen Vorbringen in der Beschwerdeschrift nicht, eine ausreichende Gefährdung seiner Person aufzuzeigen. So ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein bloßes - nicht näher substantiiertes - Behaupten bzw. Bestreiten von Umständen in einer Berufungsschrift von vornherein nicht geeignet, der Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegenzutreten und dadurch eine ergänzende Ermittlungspflicht der Berufungsbehörde auszulösen (VwGH 30.01.2000, 2000/20/0356).

 

Der Beschwerdeführer beantragt zum Beweis der in der Berufung vorgebrachten Umstände die (nochmalige) persönliche Einvernahme. In der Beschwerde wird nicht angeführt, was bei einer solchen - inzwischen schon 5. persönlichen Einvernahme im Asylverfahren - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was eine ergänzende Einvernahme an vorliegenden Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären. (z.B. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung, der sich der Asylgerichtshof anschließt, nicht substantiiert entgegen getreten wird. Dasselbe gilt für die beantragten Einvernahmen des Z.Ya., der K.B. und der D.B. (Geschwister des BF) als Zeugen.

 

Im Übrigen ist dazu auch auf das in § 40 AsylG normierte Neuerungsverbot hinzuweisen.

 

Die Beweiswürdigung des BAA wird in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

 

2. Gemäß § 61 (1) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof gem. § 23 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3. Zu Spruchpunkt I.:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Antrag auf Internationalen Schutz ist gem. § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

 

Nach der auch hier anzuwendenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verfolgung weiters ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art. 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl. z.B. vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl. VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen eine solche glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen fluchtkausalen Angaben des Asylwerbers gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Auch aus der allgemeinen Lage lässt sich konkret für den Beschwerdeführer kein Status eines Asylberechtigten ableiten.

 

Selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens, wonach Kurden in der Türkei generell verfolgt werden würden, ist weiters auszuführen, dass laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe allein kein Grund für die Asylanerkennung rechtfertigt, soferne nicht konkrete gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden. Darüber hinaus kann auch der vorliegenden Länderinformation nicht entnommen werden, dass Kurden allein aufgrund ihrer Abstammung verfolgt oder staatlichen Repressionen unterworfen werden. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer der kurdischen Volksgruppe angehört, bewirkt sohin für sich allein nicht, dass ihm Asyl zu gewähren wäre, weil sich aus den vom BAA getroffenen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Angehörige seiner Volksgruppe schon alleine wegen dieser Zugehörigkeit Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt wären. Es ist diesen Länderfeststellungen eindeutig zu entnehmen, dass es keine gezielte Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe in der Türkei gibt.

 

4. Zu Spruchpunkt II:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs. 2 leg cit.). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)

 

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit grds. derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Kann dieser nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bzgl. des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Abs. 6 leg cit.).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z.B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

 

Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen seine vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

 

Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Lebensbedingungen von einer lebensbedrohenden Notlage in seinem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.

 

Zunächst ist laut den getroffenen Feststellungen die Grundversorgung in der Türkei gesichert. So hilft der "Förderungsfonds für Sozialhilfe und Solidarität" für einige Monate bei sozialen Notlagen. Unter vorübergehenden Maßnahmen können dabei z.B. die Übernahme der Wohnungsmiete, die Versorgung mit Lebensmitteln und Bekleidung oder mit Heizmaterial für den Winter fallen.

 

Der Beschwerdeführer ist ein neunundzwanzigjähriger Mann, der sich damit in einem Alter befindet, in dem eine Erwerbstätigkeit grds. möglich und zumutbar ist. Er brachte im erstinstanzlichen Verfahren nicht vor, dass er vor seiner Ausreise nicht die Möglichkeit hatte seine Existenz zu sichern, vielmehr arbeitete der BF von 1996 bis 1999 bei verschiedenen Baufirmen in A. als Hilfsarbeiter. Von 2000 bis 2002 - vorher leistete der BF seinen Militärdienst ab - war er als selbständiger Lebensmittelhändler tätig. Im Laufe des Verfahrens kamen keine Gründe hervor, die einen Ausschluss des BF vom Erwerbsleben darstellen könnten. Sein Bruder Z.Ya. bzw. seine beiden Schwestern M.B. und A.B. besitzen jeweils eine Wohnung in der Türkei. Ein vormals in Familienbesitz befindliches Haus wurde verkauft. Weiters schickt sein seit 1989 in Österreich lebender Bruder Z.Ya. regelmäßig Geldbeträge in die Türkei. Nach Aussage des BF habe die Familie vor seiner Ausreise keine finanziellen Sorgen gehabt. Dem BF war es schließlich auch möglich eine beträchtliche Geldsumme für die Ausreise anzusparen.

 

Er spricht die Sprache der Majoritätsbevölkerung Türkisch und die kurdische Sprache Zaza. Entscheidungsrelevante aktuelle behandlungsbedürftige Krankheiten kamen im Verfahren nicht hervor. Der BF verfügt in der Türkei auch über Verwandte, die ihm in schwierigen Lebenslagen beistehen (in conreto zwei Schwestern und sein Vater). Außerdem kann er - so wie in der Vergangenheit bzw. aktuell - wohl mit der Unterstützung seines Bruders Z.Ya. rechnen. Dieser lebt zwar in Österreich, unterstützt jedoch seine in der Türkei lebenden Verwandten regelmäßig finanziell. Es liegen zum Entscheidungszeitpunkt keine konkreten Hinweise für die Annahme vor, dass der Bruder des BF gegenüber diesen sein Verhalten ändern wird. Finanzielle Transaktionen oder die Übermittlung von Warensendungen (zB. Lebensmittel) sind von Österreich auch in die Türkei möglich.

 

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein über die bloße Möglichkeit hinausgehendes "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführer in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

 

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

 

5. Zu Spruchpunkt III

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

(...)

 

Z 2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

(...)

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung nach Abs. 1 leg cit. unzulässig, wenn dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.

 

Der Gesetzgeber wollte durch diese - im Gegensatz zur fremdenpolizeilichen Ausweisung keinem Ermessen zugängliche - zwingende asylrechtliche Ausweisung eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Asylwerber, die bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung sich im Bundesgebiet aufhalten durften, verhindern (vgl. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen und auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten war nicht zuzuerkennen. Ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor. Der Beschwerdeführer hält sich daher nach Erlassung dieses Erkenntnisses nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Bei Erlassung einer Ausweisung kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens vorliegen (Art. 8 Abs. 1 EMRK). Ein unverhältnismäßiger Eingriff würde eine Ausweisung unzulässig machen.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).

 

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere "de facto Beziehungen" ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

 

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).

 

Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).

 

Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (z.B. zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg. 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.

 

Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg. 10.737/1985; VfSlg. 13.660/1993).

 

Der BF hat in Österreich die aus dem Akteninhalt ersichtlichen Verwandten. In concreto sind zwei Schwestern namens D.B., wohnhaft in B., und K.B., wohnhaft in I., sowie ein Bruder namens Z.Ya., wohnhaft in I., im Bundesgebiet aufhältig. Die beiden letztgenannten Geschwister sind bereits österreichische Staatsbürger, D.B. befindet sich seit fünf bis sechs Jahren in Österreich. Alle Geschwister des BF sind verheiratet, wobei der Bruder auch Vater von drei Kindern ist. Hinsichtlich der Beziehung zu seinem Bruder und dessen Familie finden sich mehrere Anhaltspunkte, die für eine besondere Beziehungsintensität sprechen, und die Annahme eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK jedenfalls rechtfertigen. Der BF wohnt laut eigener Aussage bei der Familie seines Bruders. Er besitzt dort eine Schlafmöglichkeit und wird auch verpflegt. Darüber hinaus unterstützt ihn sein Bruder im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten. Eine derartige Beziehungsintensität ist zu seinen beiden Schwestern jedenfalls nicht gegeben. Der Kontakt beschränkt sich hierbei laut Aussage des BF auf die in Familien üblichen gegenseitigen Treffen und Gespräche.

 

Der in der Beschwerde angeführte Umstand, dass der BF bereits in den Jahren 2002 bis 2004 bei seinem Bruder in I. lebte, stellt für den Asylgerichtshof allerdings nicht einen Ausdruck der besonderen Verbundenheit oder Abhängigkeit dar. Vielmehr ist er eine logische Folge, der verwandtschaftlichen Beziehung. Nach allgemeiner Lebenserfahrung versuchen Geschwister in einer derartigen Situation, sich gegenseitig zu helfen. Gleiches gilt für die in der Beschwerde angeführte Tatsache, wonach mehrere Familienmitglieder des BF zu Einvernahmen in die EAST mitkamen. Die ebenfalls in der Beschwerde - als Zeichen der besonderen Verbundenheit mit seinen Verwandten in Tirol - angeführten mehrmaligen Visaanträge werden - wie oben bereits ausgeführt - vom Asylgerichtshof anders gedeutet, nämlich als unbedingter Wunsch in einem europäischen Land eine Aufenthaltsmöglichkeit zu erlangen. Gesamthaft betrachtet ist die Beziehung des BF zu seinen in Österreich bzw. in der Türkei lebenden Verwandten als relativ gleichwertig anzusehen, wobei aber anzumerken ist, dass derzeit zwangsläufig - auf Grund des örtlichen Naheverhältnisses - der Kontakt zu den in Österreich lebenden Verwandten intensiver ist.

 

Zu Z.S. (vor der Eheschließung Y.) besteht seit der Scheidung im Jahre 2004 kein Kontakt mehr. Diese am 00.00.2003 geschlossene Ehe ging

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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