D14 310830-1/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Windhager als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Riepl als Beisitzer über die Beschwerde der D.R., geb. 00.00.2004, StA.: Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.02.2007, FZ. 06 05.171-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde von D.R. vom 23.03.2007 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.02.2007, FZ. 06 05.171-BAT, wird dieser gem. § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, gelangte am 06.05.2006 gemeinsam mit ihrer Mutter legal in das Bundesgebiet und beantragte am 15.05.2006 die Gewährung von Asyl. Die Mutter der Beschwerdeführerin wurde hiezu am 15.05.2006 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 18.05.2006 sowie am 19.09.2006 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen.
Die Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin begründete ihren eigenen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz damit, dass sie am 04.05.2005 zur Polizei in U. geladen und zu ihrem Mann befragt worden sei, wobei sie ausgesagt habe, dass er in Tschetschenien wäre. Am 21.06.2005 sei sie neuerlich zur Polizei geladen worden. Sie sei sehr grob befragt und damit bedroht worden, dass sie ins Gefängnis gesteckt werde und ihre Kinder alleine aufwachsen würden, wenn sie nicht sagen würde, wo ihr Gatte sei. In der Folge habe sie sich versteckt und bei einer Freundin in U. gewohnt, dann habe sie beschlossen, zu ihrem Gatten nach Österreich zu fahren. Sie sei zwar nicht geschlagen, doch sei sie sehr ernst und grob bedroht worden. Sie habe keinen Zweifel daran gehabt, dass sie das "auch machen würden, was sie gesagt hätten".
Das Bundesasylamt wies den Antrag auf internationalen Schutz der minderjährigen Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.02.2007 in Spruchteil I. unter Berufung auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erkannte ihr den Status der Asylberechtigten nicht zu; in Spruchteil II. wurde ihr jedoch gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und in Spruchteil III. des Bescheides unter Berufung auf § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 01.08.2006 erteilt. Das Bundesasylamt führte hiezu aus, dass die Beschwerdeführerin die Tochter des D.S. sei, auch in dessen Verfahren sei keine Verfolgung i. S.d. GFK glaubhaft gemacht worden. Es liege ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG 2005 vor, der Beschwerdeführerin sei subsidiärer Schutz wie im Verfahren des Vaters zu gewähren.
Zur vorliegenden Beschwerde wurde wiefolgt erwogen:
An dieser Stelle wird das Erkenntnis der erkennenden Behörde vom 01.12.2008, GZ.
D14 263414-0/2008/8E, wiedergegeben, mit welchem der Beschwerde des genannten Vaters D. auch D.S. auch S. aus den folgenden Überlegungen heraus stattgegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen wurde:
"I. 1. Der Beschwerdeführer, ein der tschetschenischen Volksgruppe und dem moslemischen Glauben angehörender Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gelangte am 07.03.2005 illegal in das Bundesgebiet und beantragte am 08.03.2005 die Gewährung von Asyl. Der Beschwerdeführer wurde hiezu am 10.03.2005 und am 20.05.2005 vor dem Bundesasylamt¿ Außenstelle Traiskirchen, niederschriftlich einvernommen.
2. Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.07.2005, FZ. 05 03.178-BAT, in Spruchteil I. unter Berufung auf § 7 AsylG 1997 ab; in Spruchteil II. stellte es jedoch fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 nicht zulässig sei; unter einem wurde dem Beschwerdeführer in Spruchteil III. des Bescheides unter Berufung auf § 8 Abs. 3 i.V.m.
§ 15 Abs. 2 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 01.08.2006 erteilt.
3. Gegen diesen am 05.08.2005 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit einem am 19.08.2005 per Telefax übermitteltem Schriftsatz fristgerecht Beschwerde.
4. Hinsichtlich der Angaben des Beschwerdeführers bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 10.03.2005 und am 20.05.2005 wird ausdrücklich auf die Wiedergabe im angefochtenen Bescheid verwiesen.
Der Beschwerdeführer hat in seiner niederschriftlichen Einvernahme bei der Erstaufnahmestelle Ost am 10.03.2005 zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vorgebracht, dass er Probleme mit dem russischen Geheimdienst habe, denn sein Cousin - der sich in Österreich aufhalte - sei Untergrundkämpfer gewesen und deshalb seien alle männlichen Mitglieder seiner Familie gezielt von der russischen Armee verfolgt. Im Dezember 2004 sei er von den Russen festgehalten und drei Tage eingesperrt worden. Er habe ihnen seine Mitarbeit versprochen, daher sei er freigelassen worden. Danach habe er seine Frau mit den Kindern in Sicherheit geschickt und sich selbst bis zu seiner Ausreise versteckt.
Bei seiner erneuten Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 20.05.2005, gab der Beschwerdeführer bezüglich seiner Fluchtgründe zusammengefasst an, dass seine Probleme noch in Tschetschenien begonnen hätten. Sein Cousin, der sich in Österreich aufhalte und S.A. heiße, sowie andere Cousins mütterlicherseits hätten bereits im ersten Tschetschenienkrieg gekämpft. Im November 2004 habe er bei sich zu Hause in S. eine Begegnung gehabt. Es seien zwei Tschetschenen, die den Wahabiten angehört und früher mit seinen schon verstorbenen Cousins gekämpft hätten, zu ihm gekommen. Es sei zu einem Gespräch gekommen, bei dem ihm mitgeteilt worden sei, dass seine Hilfe benötigt werde. Es würde bald zu großen Veränderungen kommen und er müsse daran teilnehmen. Sie hätten ihm auch noch mitgeteilt, dass seine Cousins gute Kämpfer gewesen seien. Er habe darauf geantwortet, dass das was früher gewesen sei, früher gewesen sei und er gar nichts mit der ganzen Sache zu tun haben wolle. Nach diesem Gespräch habe er ein ungutes Gefühl gehabt und sei etwa zehn Tage später mit seiner Frau und den Kindern zu ihren Eltern in die Stadt U. auf Besuch gefahren. Eine Woche nach ihrer Ankunft seien Leute in das Haus seiner Schwiegereltern gekommen und sei er am Hof vor dem Haus festgenommen worden. Er habe nicht gewusst wohin er gebracht worden sei. Zuerst sei er gar nicht befragt worden, danach schon, aber es seien nur komische Fragen gewesen. Sie hätten ihn nach irgendwelchen Waffen und Personen gefragt, wo sich diese aufhalten würden. Es sei ihm ein Plastiksack über den Kopf gestülpt und nach einiger Zeit wieder abgenommen worden. Das einzige das er gewusst habe, sei gewesen, dass er sich in den Händen des FSB befunden habe. Am nächsten Nachmittag hätten sie ihn in ein Zimmer gebracht. Dort sei gerade ein Mann verhört worden, der schon ziemlich schlimm ausgesehen habe. Er habe dort zuschauen "dürfen". Dann sei es soweit gekommen, dass der Mann bewusstlos dagelegen sei und er ein Gespräch zwischen zwei dort Anwesenden mitbekommen habe. Der Eine habe gesagt, dass es sein Herz nicht ausgehalten habe, worauf der Andere geantwortet haben soll, dass er halt nicht kooperativ gewesen sei. Im Anschluss sei ihm sein Gespräch mit den Wahabiten wiedergegeben worden. Es sei ihm nahegelegt worden mit den Wahabiten Kontakt aufzunehmen, um dort für den FSB zu spionieren. Er habe gewusst, dass er das Angebot annehmen müsse und habe formell zugesagt. Er habe irgendwelche Papiere unterschrieben, wodurch er freigekommen sei.
5. Das Bundesasylamt legte das Vorbringen des Antragstellers der Entscheidung im Gegenstande zugrunde (AS 119), ging somit im Rahmen der Beweiswürdigung vom Wahrheitsgehalt der Angaben des Beschwerdeführers aus. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass von Seiten der Asylbehörde anzumerken sei, dass eine bloße - einmalig erfolgte - Befragung durch Personen des FSB keinen Schluss auf eine Verfolgung im Sinne der GFK erkennen lasse. Der vorgebrachte Sachverhalt biete daher keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 7 AsylG 1997. So unangenehm sich die geschilderten Ereignisse für den Antragsteller auch darstellen mögen, eine Verfolgung seiner Person im Sinne der GFK habe nicht erkannt werden können. So habe der Antragsteller vorgebracht, niemals Probleme mit den heimatlichen Behörden gehabt zu haben, außer der Unterschriftsleistung beim FSB wäre er und seine Familie auch nie bedroht worden. So gesehen würden sich die vom Antragsteller geäußerten Rückkehrbefürchtungen somit als Vermutung darstellen, also bloß um subjektiv empfundene Furcht, die er durch keinerlei Anhaltspunkte für konkret gegen ihn gerichtete oder geplante Verfolgungshandlung untermauern habe können (AS 121 f.).
6. Die Feststellungen zur Russischen Föderation bzw. Tschetschenien, die im angefochtenen Bescheid vom Bundesasylamt der Entscheidung zugrunde gelegt wurden, beziehen sich zwar auf die allgemeine und humanitäre Lage in Tschetschenien, sowie die Situation von Tschetschenen in anderen Landesteilen der Russischen Föderation, Länderfeststellungen die konkrete Situation des Beschwerdeführers - Verfolgung wegen - unterstellten - Kontakts mit Wahabiten durch den FSB - betreffend, wurden durch die belangte Behörde allerdings nicht getroffen.
II. Zur vorliegenden Beschwerde wurde wie folgt erwogen:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.
2. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
§ 61 Abs. 3 Z. 1 AsylG sieht eine Einzelrichterentscheidung im Fall einer zurückweisenden Entscheidung wegen a) Drittstaatsicherheit gem. § 4 AsylG, b) Zuständigkeit eines anderen Staates gem. § 5 AsylG, c) entschiedener Sache gem. § 68 Abs. 1 AVG, sowie gem. Z. 2 bei einer mit diesen Entscheidungen verbundenen Ausweisung vor.
3. Gemäß § 23 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem AsylG 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß 75 Abs. 1 AsylG sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 - hier gem. § 44 Abs. 2 AsylG 1997 i.d.F. der AsylG-Novelle 2003 - zu Ende zu führen. zu Ende zu führen.
4.1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß § 66 Abs. 3 AVG kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gem. § 23 AsylG und Art. II Abs. 2
Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG i. d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gem. § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden. (...)
4.3 Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als ¿unvermeidlich erscheint'. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis v. 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff ¿mündliche Verhandlung' i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084).
5. Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet. In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gem. § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichthofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat
-
anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die Vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084)."
6. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0459, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Einem zurückweisenden Bescheid i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG muss (demnach) auch entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind (vgl. zum Ganzen zuletzt das Erkenntnis v. 20.04.2006, Zl. 2003/01/0285)."
7. Was für den Unabhängigen Bundesasylsenat bis zum 30.06.2008 zu gelten hatte, gilt nunmehr gleichermaßen für den Asylgerichtshof, zumal dieser nicht - wie der Unabhängige Bundesasylsenat - ein gerichtsähnlicher unabhängiger Verwaltungssenat, sondern ein Gerichtshof ist, dem noch weniger zuzusinnen ist, erstmals mit der ernsthaften Prüfung des Antrages zu beginnen und das gesamte Verfahren von Anbeginn an durchzuführen.
8. Da die belangte Behörde aufgrund ihrer Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangte, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Gänze glaubhaft sei, kann die rechtliche Beurteilung des Vorbringens nicht nachvollzogen werden, zumal der Beschwerdeführer in seinen Einvernahmen eindeutig von Misshandlungen durch den russischen Inlandsgeheimdienst wegen dessen Kontakten zu Wahabiten sprach (AS 73) und die Furcht vor weiterer Folter und der Ermordung (AS 75) als Fluchtgrund angab, wobei diese Furcht in seiner familiären Situation (tschetschenische Kämpfer in der eigenen Familie) bzw. im vor FSB - unterstellten - Kontakt zu Wahabiten liegen soll.
Das Bundesasylamt hat keine weiteren Feststellungen getroffen, warum davon ausgegangen wurde, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr keine neuerliche Festnahme wegen dieser - unterstellten-Kontakte zu den Wahabiten drohen würde und lässt die angefochtene Entscheidung eine Darstellung der Situation von Personen, welche der Kollaboration mit Wahabiten verdächtigt werden genauso vermissen wie eine Darstellung zur Frage des Umganges des russischen Inlandsgeheimdienstes mit "abgefallenen" bzw. geflohenen "Informanten". Ohne eine solche Feststellung der Situation in der Russischen Föderation (bzw. in der Teilrepublik Tschetschenien) kann das Sachvorbringen allerdings nicht ausreichend auf seine Relevanz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention überprüft werden.
Weiters ist die Entscheidung des Bundesasylamtes auch deshalb von großer Widersprüchlichkeit gekennzeichnet, als das Bundesasylamt im Rahmen der Feststellungen
-
AS 101 - erkennbar davon ausging, dass der Beschwerdeführer seine Heimat aufgrund "bereits erlittener und noch befürchteter Repressalien" durch russische Einheiten verlassen habe. Warum die belangte Behörde allerdings zur Auffassung gelangte, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers aufgrund seiner "individuellen konkreten Lebensumstände" unzumutbar sei, sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung gem. § 57 (1) FrG ergebe, lässt sich in Ermangelung einer weitergehenden Begründung zu Spruchteil II jedoch nicht nachvollziehen. Welche konkrete Bedrohung i.S.d. § 57 (1) FrG i.V.m. Art. 3 EMRK die belangte Behörde - vorgetragen wurde einzig die auch asylrechtlich beachtliche Inhaftierung und Aufforderung zur Spionage wegen - unterstellter - Kontakte zu Wahabiten - der Entscheidung zu Grunde gelegt hat, lässt sich der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen.
Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Bundesasylamt - unter Einbeziehung aktueller Länderberichte zu Russland bzw. zur Tschetschenischen Teilrepublik in Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei durch den russischen Inlandsgeheimdienst zur Spionage in den Reihen der tschetschenischen wahabitischen Widerstandskämpfer rekrutiert worden und habe sich dieser Aufgabe durch Flucht entzogen - die Einvernahme des Beschwerdeführers zu ergänzen haben, sodass die erste Vorraussetzung für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im gegenständlichen Fall erfüllt ist.
9. Der zuständige Senat des Asylgerichtshofs kommt daher zur Ansicht, dass die dargestellten Mängel vom Bundesasylamt im fortgesetzten Verfahren zu sanieren sind, wobei zu berücksichtigen war, dass die neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers dezentral durch eine Außenstelle des Bundesasylamtes erfolgen kann und darüber hinaus die derzeitige Aktenbelastung des Bundesasylamtes erkennbar eine weitaus geringere als jene des Asylgerichtshofs ist. Besondere Gründe, die gegen eine Zurückverweisung der Angelegenheit i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG sprechen, sind für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofs nicht erkennbar."
Da somit der Beschwerde des Vaters D. auch D.S. auch S. stattzugeben und der angefochtene Bescheid gem. § 66 Abs. 2 AVG zu beheben war, erweist sich für das gegenständliche Verfahren unter Heranziehung des § 34 Abs. 4 AsylG 2005, dass der Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.02.2007, FZ. 06 05.171-BAT, gem. § 66 Abs. 2 ebenfalls zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen war, da alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang erhalten und die Verfahren "unter einem" zu führen sind.
Das genannte Erkenntnis betreffend den Vater D. auch D.S. auch S., GZ. D14 263414-0/2008/8E, wird daher vollinhaltlich zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben, auf die rechtliche Beurteilung wird verwiesen.
6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.