A11 221.657-1/2008/16E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde des B.J., geb. 00.00.1978, StA.
Guinea-Bissau, vertreten durch: RA Dr. Max Kapferer, Schmerlingstraße 2/2, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.12.2000, Zahl: 00 11.993-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.10.2002, 15.3.2004 und am 30.10.2008 zu Recht erkannt:
1.)
Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 abgewiesen.
2.)
Gemäß § 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 iVm § 50 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von B.J. nach Guinea-Bissau zulässig ist.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Guinea-Bissau und laut eigenen Angaben am 6.9.2000 ins Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag hat er einen Asylantrag gestellt und wurde hieraufhin am 13.9.2000 und am 4.12.2000 vom Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen (Aktenseiten [folgend kurz AS] 59-65 u. 67-73 des Verwaltungsaktes des Bundesasylamtes [folgend kurz: VdB]). Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.12.2000, Zahl: 00 11.993-BAW, im Wesentlichen wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben wird.
Im Wesentlichen zusammengefasst behauptete der Asylwerber vor dem Bundesasylamt, sein Vater habe die ehemalige Regierungspartei PAIGC unterstützt. Als im Juni 1998 der Bürgerkrieg begonnen habe, seien die Leute des damaligen Präsidenten vom Anführer der Rebellen, Ansumane Mane', gesucht worden. Sein Vater und er seien sodann von den Rebellen festgenommen und in ein Militärcamp gebracht worden, wo sein Vater gefoltert worden sei. Man habe die Gefangenen zwingen wollen, auf Seiten der Rebellen zu kämpfen. Da er niemanden töten habe wollen, sei er geflüchtet.
Das Bundesasylamt hat den Antrag des Asylwerbers mit Bescheid vom 15.12.2000, Zahl: 00 11.993-BAW, abgewiesen und unter einem festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Guninea-Bissau zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes erhob der Asylwerber fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde genannt).
Unter Beiziehung eines Dolmetschers für Portugiesisch wurde am 18.10.2002 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat (als vormals zuständiger Rechtsmittelinstanz) gem. § 67 d AVG anberaumt, die jedoch aufgrund von sprachlicher Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Asylwerber und dem Dolmetscher abgebrochen werden musste. Diese Verhandlung wurde sodann am 15.3.2004 unter Beiziehung eines Dolmetschers für Kreolisch fortgesetzt.
In der Folge wies der unabhängige Bundesasylsenat die Berufung mit Bescheid vom 22.3.2004, Zahl: 221.657/0-III/07/01, gem. §§ 7, 8 AsylG 1997 ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht erkannt werden könne, dass dem Asylwerber bei einer Rückkehr in sein Heimatland Guinea-Bissau seitens der Rebellen des Ansumane Mane' aktuell Gefahr drohen würde, da dieser im Jahr 2000 ums Leben gekommen sei und sich die politische Führung seit dem Putsch durch Mane' im Jahr 1998 mehrmals verändert habe, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ehemalige Rebellen des Ansumane Mane' noch heute ein Interesse an der Verfolgung ehemals zwangsrekrutierter Personen haben sollten.
Gegen diesen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates erhob der Asylwerber Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welcher den angefochtenen Bescheid mit Erkenntnis vom 13.12.2005, Zahl:
2004/01/0287-6, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behob und begründend hierzu im Wesentlichen ausgeführte, dass es der unabhängige Bundesasylsenat unterlassen habe, zu ermitteln, ob dem Asylwerber, der seinen Angaben zufolge nicht beweisen könne, ob er für oder gegen die Rebellen gewesen sei, eine Verfolgung seitens der nunmehrigen Machthaber drohe und daher die erfolgte Prüfung, die sich lediglich auf die Beurteilung einer Verfolgungsgefahr bzw. drohenden Zwangsrekrutierung seitens der ehemaligen Rebellen beschränkt habe, zu kurz greifen würde.
In der Folge wurde für den 30.10.2008 vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung gem. § 67 d AVG anberaumt, welche mit Einverständnis des Asylwerbers (vgl. ho. OZ 14) in deutscher Sprache geführt wurde.
In dieser Verhandlung brachte der Asylwerber in Bezug auf seine Befürchtungen für den Fall seiner Rückkehr nach Guinea-Bissau wörtlich vor: "Ich habe schon das letzte Mal gesagt, dass man nie wissen kann, was einem in Guinea-Bissau passiert, es gibt dort keine Menschenrechte. Ansumane Mane' gibt es zwar nicht mehr, doch sind andere Leute dort und man weiß nicht, was die machen könnten. Ich meine damit, die allgemeine Situation ist unsicher."
(Verhandlungsprotokoll vom 30.10.2008, Seite 3)
Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde dem Asylwerber die aktuelle Situation in Guinea-Bissau, basierend auf
dem Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom April 2008 bzw. Juni 2008 bzw. 17. September 2008 (Beilage A)
der Feststellung des Bundesasylamtes zu Guinea-Bissau vom 13.4.2007 (Beilage B)
der Anfragebeantwortung des Österreichischen Roten Kreuzes vom 11.8.2006 (Beilage C)
dem Amnesty International Report 2008 zu Guinea-Bissau (Beilage D)
dem Bericht "Freedom in the World - Guinea-Bissau" 2008, von Freedom House (Beilage E)
dem Bericht des U.S. Department of State vom 11.3.2008 (Beilage F)
vorgehalten und mit diesem erörtert.
Konkret wurden dem Asylwerber folgende Feststellungen zur Kenntnis gebracht:
[...]Die politische Lage in Guinea-Bissau ist derzeit instabil. Am 16. November 2008 sollen Parlamentswahlen stattfinden. Im Zuge der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Wahlen könnte es im Land zu Unruhen kommen. Von Reisen nach Guinea-Bissau im Umfeld der Wahlen wird daher abgeraten. Im nördlichen Grenzgebiet zu Senegal halten sich zudem Rebellengruppen aus der südsenegalesischen Region Casamance auf. Mit Minengefahr und Überfällen ist hier zu rechnen. [...] Die politische Situation in Guinea-Bissau bleibt fragil. Auch Jahre nach Beendigung des Bürgerkriegs von 1997/1998 befindet sich Guinea-Bissau in einer schwierigen Übergangsphase. Zudem zählt Guinea-Bissau zu den ärmsten Ländern der Welt, was zusätzlich zu angemessenen Vorsichts- und Verhaltensmaßnahmen aufruft. Die bestehende Infrastruktur, auch in der Hauptstadt, ist mangelhaft. Große Mengen an schlecht oder gar nicht kartographierten Minen erschweren nach wie vor die Bewegungsfreiheit. Das durchaus vorhandene touristische Potential (Bijagos-Inseln) bleibt aufgrund
fehlender Infrastruktur (Straßen, Hotels, Elektrizität) und mangelnder Sicherheit weitgehend ungenutzt. (Beilage A).
Guinea-Bissau is an electoral democracy. The 100 members of the unicameral National People's Assembly are elected by popular vote to serve four-year terms. The president is elected for a five-year term; there are no term limits. The 2004 legislative elections were marked by strong turnout, and international observers declared the polls largely free and fair despite some administrative problems. A national electoral commission oversaw the 2005 presidential election, which international monitors agreed was free and fair. Joao Bernardo Vieira won the presidency as an independent candidate but benefited from the support of two parties in the Assembly, the PRS and PUSD. The third major party is the opposition PAIGC. In March 2007, the three agreed to form government of national unity, and supported the appointment of Martinho N'Dafa Cabi as a consensus prime minister. In December 2007, supporters of President Vieira announced they would form a new political party to support his candidacy in elections the following year. [...]
Vieira won the country's first free and fair presidential election in 1994, but he later came to be seen as the leader of a corrupt ruling class. An army mutiny broke out in 1998 after Vieira sacked General Ansumane Mane, accusing him of smuggling arms to separatist rebels in the southern Casamance region of neighboring Senegal, which for years had complained of Bissau-Guinean involvement. Encouraged by France, Senegal and Guinea sent about 3,000 troops to intervene on behalf of Vieira. However, a military junta led by Mane overthrew Vieira in 1999 after the foreign troops were replaced by an unarmed regional peacekeeping mission. The populist Kumba Yala of the Social Renewal Party (PRS) was elected president in early 2000. Fighting broke out the same year between military supporters of Yala and Mane after the latter declared himself head of the armed forces; Mane was subsequently killed. In 2002, Yala dissolved the National People's Assembly, failed to promulgate a constitution approved in 2001, and governed by decree. Following military intervention in 2003, a Transitional National Council (TNC) was established to oversee a pledged return to elected government, with businessman Henrique Rosa serving as interim president. [...] In March 2007, the PAIGC and two parties of the ruling coalition, the PRS and PUSD, agreed to form a government of national unity. Vieira initially rejected the coalition's consensus candidate for prime minister, Martinho N'Dafa Cabi, causing a tense political standoff. Aristides Gomes resigned as prime minister after losing a no-confidence vote in the Assembly, and Cabi became prime minister in April. In January 2007, former navy chief of staff Mohamed Lamine Sanha was assassinated, sparking demonstrations in Bissau in which one person was killed by
police. Local media quoted Gomes Junior as accusing Vieira of complicity in the murder, causing Gomes Junior to briefly seek UN protection; he said had been misquoted. The public prosecutor announced plans to question Prime Minister Cabi and other officials in connection with the murder. In December 2007, parliament passed a law granting amnesty for perpetrators of political violence between 1980 and 2004, drawing criticism from the Guinea-Bissau League of Human Rights. (Beilage E).
The government or its agents did not commit any politically motivated killings; however, security forces killed a Demonstrator. [...]On December 13 (2007), the National Assembly adopted a law that provides amnesty for political crimes committed between 1980 and 2004. Several civil society organizations charged that the law protects persons who committed political assassinations, including President Vieira and armed forces Chief of Staff, General Batista Tagm Na Wai. [...]There were no reports of politically motivated disappearances. The constitution and law prohibit such practices (Torture an Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment), and there were no reports that government officials employed them. The government rarely punished members of the security forces who committed abuses. [...]The constitution and law prohibit arbitrary arrest and detention, and the government generally observed these prohibitions; however, security forces reportedly detained persons for exercising their right to free speech and became involved in settling personal disputes, detaining persons upon request without due process. [...]There were no reports of political prisoners or detainees. [...] (Beilage F)
[...]In den ACCORD derzeit zu Verfügung stehenden Dokumenten konnten keine Informationen darüber gefunden werden, ob Personen, die illegal ausgereist sind oder im Ausland einen Asylantrag gestellt haben, von den Behörden verfolgt werden. [...](Beilage C)
[...]Die im März 2006 in der Region Sao Domingos an der nördlichen Grenze zum Senegal ausgebrochenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem Militär Guinea-Bissaus unter Führung des Generalstabschefs Tagme Na Waie und Rebellengruppen aus der südsenegalesischen Region Casamance bergen Risiken für die politische und wirtschaftliche Stabilität des Landes. Ein ursprünglich bereits für 2004 geplanter, Runder Tisch der Geber wird wegen der Unwägbarkeiten im politischen Prozess immer wieder aufgeschoben. [...] Die Präsidentenwahlen, die internationale Beobachter als frei und fair bezeichnet haben, ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zurück zu einer konstitutionellen Regierung. Die zivilen Behörden haben im Allgemeinen die Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Die Regierung respektiert generell die Menschenrechte der Bürger, jedoch gibt es Probleme in einigen Bereichen. Etliche nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen können ohne Einschränkungen durch die Regierung arbeiten und ihre Ergebnisse auch veröffentlichen. Regierungsvertreter sind einigermaßen kooperativ und teilweise reagieren sie auf Vorschläge. Es herrscht grundsätzlich Meinungs- und Pressefreiheit, jedoch betreiben manche Journalisten Selbstzensur und es kann gelegentlich zu Schikanierungen durch die Behörden kommen. [...] Das Recht auf Religionsfreiheit, auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit und auf Streik wird gemäß Verfassung garantiert und von der Regierung in der Praxis auch respektiert. NGOs und Menschenrechtsorganisationen können frei agieren. Die Unabhängigkeit des Justizwesens wurde durch den früheren Präsident Yala eingeschränkt, jedoch wurden seit der Amtsenthebung von Yala im Jahr 2004 wesentliche Schritte unternommen um die Unabhängigkeit wieder herzustellen. Die Übergangsregierung setzte die Richter des "Supreme Court" - die abgesetzt oder inhaftiert waren - wieder ein. Jedoch bleiben schlechte Ausbildung, dürftige Ressourcen und Korruption ein Problem. [...]
Die politische Situation in Guinea-Bissau bleibt fragil. Auch Jahre nach Beendigung des Bürgerkriegs von 1997/1998 befindet sich Guinea-Bissau noch in einer schwierigen Übergangsphase. Zudem zählt Guinea-Bissau zu den ärmsten Ländern der Welt, was zusätzlich zur besonders gründlichen Einhaltung der für diese Länder angemessenen Vorsichtsmaßnahmen aufruft. [...] Ca. 65% der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. [...]
Das Gesetz erlaubt uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Die Regierung respektiert diese Rechte generell auch in der Praxis. Das Gesetz verbietet gezwungene Ausweisung (forced exile) nicht im Speziellen, jedoch wird von der Regierung davon nicht Gebrauch gemacht. (Beilage B).
Dire economic conditions and drug trafficking threatened the country's fragile political stability.
Freedom of expression was curtailed and journalists and human rights defenders were persecuted.
Children were trafficked out of the country to work as labourers or beggars. (Beilage D).
Der Asylwerber nahm zu obigen Länderfeststellungen insofern Stellung, als er zusammengefasst angab, dass es in Guinea-Bissau "immer noch die gleichen Leute" und generell immer Spannungen gebe. Man könne nie sicher sein. (Verhandlungsprotokoll vom 30.10.2008, Seite 3).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:
(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gem. § 75 Abs. 1, erster Satz, AsylG 2005 (Übergangsbestimmung) sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.
Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 sind die §§ 8, 15, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auf Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, anzuwenden.
Dies gilt jedoch - bei verfassungskonformer Interpretation - nur für Verfahren hinsichtlich derer bereits das Bundesasylamt § 44 Abs. 3 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 101/2003 angewendet hat.
Gem. § 124 Abs. 2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
Ad 1.)
Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Ausgehend davon, dass der damalige Rebellenführer Ansumane Mane' bereits im Jahr 2000 getötet wurde, es in Guinea Bissau seit dem Bürgerkrieg 1998/1999 zu grundlegenden politischen Veränderungen gekommen ist und jene Personen, die den Asylwerber ehemals verschleppt und zwangsrekrutiert haben, im heutigen Guinea-Bissau nicht mehr an der Macht sind, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ehemalige Rebellen heute noch ein Interesse etwa an einer neuerlichen Zwangsrekrutierung damals verschleppter und zwangsrekrutierter Personen haben könnten. Dass eine aktuelle Gefährdung des Asylwerbers durch seine ehemaligen Verfolger in Guinea-Bissau nicht mehr gegeben ist, ergibt sich nicht zuletzt auch dadurch, dass in keinem der von Amts wegen beigeschafften Quellen Berichte darüber zu finden sind, dass ehemals zwangsrekrutierte Personen durch ehemalige Unterstützer des Ansumane Mane' heute noch Verfolgung - sei es eben durch eine erneute Zwangsrekrutierung oder aber durch Racheakte etwa wegen einer ehemals gelungenen Flucht - zu vergegenwärtigen hätten und liegt auf der Hand, dass derartige Vorfälle, so sie tatsächlich stattfinden würden, in den Berichterstattungen der Medien umgehend ihren Niederschlag finden würden. Auch gibt es in keinem der herangezogenen Berichte Hinweise dafür, dass Personen, die einer Unterstützung der damaligen Rebellen verdächtigt werden, seitens der heutigen Machthaber Repressionen zu fürchten hätten. Vielmehr lässt sich oben angeführten Länderfeststellungen entnehmen, dass in Guinea-Bissau im Dezember 2007 ein Amnestiegesetz verabschiedet wurde, das politische Verbrechen, die zwischen 1980 und 2004 begangen wurden, unter Straffreiheit stellte. Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass der Asylwerber sowohl erstinstanzlich als auch vor dem Asylgerichtshof erklärt hat, dass sein Vater ein aktives Mitglied der (damaligen wie auch) heutigen Regierungspartei, konkret der PAIGC (Afrikanische Partei für Unabhängigkeit von Guinea und Kap Verde) gewesen sei und dies in seinem Dorf allgemein bekannt gewesen sei (vgl. Aktenseite 67 u. Verhandlungsprotokoll vom 30.10.2008, Seite 2), sodass schon aus diesem Grund nicht davon auszugehen ist, dass der Asylwerber gegenüber den heutigen Machthabern nicht beweisen könnte, dass er bzw. seine Familie gegen die damaligen Rebellen eingetreten sind, ihre Rekrutierung zur Unterstützung der Rebellen daher letztlich gegen ihren Willen erfolgt ist.
Soweit der Asylwerber pauschal vorbringt, dass "man nie wissen" könne, was einem in Guinea-Bissau passieren könne, es dort keine Menschenrechte gebe und dort nunmehr andere Leute (als Ansumane Mane' bzw. dessen Anhänger, Anm.) wären, von denen man nicht wisse, was diese machen könnten (Verhandlungsprotokoll vom 30.10.2008, Seite 3), erscheint dies bei Weitem zu unkonkret, um daraus die maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung seiner Person im Falle seiner Rückkehr nach Guinea-Bissau darzutun. Ebenso wenig vermochte er mit seinen Ausführungen, wonach die allgemeine Situation in seiner Heimat unsicher sei und es dort immer Spannungen gebe (wie oben) konkrete und nachvollziehbare Umstände vorzubringen, die seine individuelle Gefährdung indizieren könnten. Rechtlich folgt aus obigen Feststellungen zu Guinea-Bissau und der Tatsache, dass der Asylwerber in Bezug auf seinen Herkunftsstaat keine aktuelle asylrelevante Verfolgung dargetan hat, dass seine Flüchtlingseigenschaft nicht festgestellt und ihm kein Asyl gewährt werden konnte.
Ad 2.)
Gemäß § 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung,
Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.
§ 8 AsylG 1997 verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.
Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Gemäß § 50 Abs. 3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder Abs. 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.
Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs. 1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint.
Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der
Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.
Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).
Dem Asylwerber ist es nicht gelungen, eine konkrete aktuelle Bedrohungssituation in Guinea-Bissau glaubhaft zu machen, wobei diesbezüglich auf die obige Ausführungen verwiesen wird.
Wie bereits unter Punkt ad 1.) ausgeführt kann aufgrund des Umstandes, dass sich die politische Führung von Guinea-Bissau seit der Ausreise des Asylwerbers aus seinem Heimatland mehrmals verändert hat, nicht erkannt werden, dass dem Asylwerber im Falle seiner Rückkehr eben dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung seitens der ehemaligen Rebellen des - bereits im Jahr 2000 ums Leben gekommen - Rebellenführers Ansumane Mane' drohen würde und liegen ebenso wenig konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Asylwerber seitens der heutigen Machthaber aufgrund einer etwaigen unterstellten positiven Gesinnung gegenüber den damaligen Rebellen Repressionen zu fürchten hätte. Es wird nicht verkannt, dass die politische Situation in Guinea-Bissau nach wie vor als instabil zu bezeichnen ist, jedoch sind keine Umstände amtsbekannt, dass in ganz Guinea-Bissau eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre und besteht im Gebiet Guinea-Bissaus kein solcher landesweiter internationaler oder innerstaatlicher Konflikt, dass für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre.
Über eine Ausweisung des Asylwerbers war in verfassungskonformer Interpretation des § 44 Abs. 3 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 seitens des Asylgerichtshofes nicht abzusprechen.
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.