GZ. D13 261476-0/2008/11E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde des mj. B.A., geb. 00.00.2004, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.05.2005, FZ. 04 24.616-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und mj. B.A. gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG 1997 wird festgestellt, dass mj. B.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 06.12.2004 im Rahmen eines Familienverfahrens (§ 10 AsylG) gestellten Asylantrag des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Asylwerber "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Vater als gesetzlichen Vertreter am 24.05.2005 fristgerecht Berufung.
Mit "Erkenntnis" des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.12.2006, Zahl 261.476/4-II/04/06 wurde der "Beschwerde" des Asylwerbers vom 24.05.2005 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.05.2005, FZ. 04 24.616-BAS, stattgegeben und dem Asylwerber gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wurde festgestellt, dass dem Asylwerber damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Gegen diesen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates erhob der Bundesminister für Inneres mit Schriftsatz vom 19.02.2007 Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 26.06.2008, Zahl 2007/20/0232-5, wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:
1. Aufgrund des Akteninhaltes steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:
Der Beschwerdeführer wurde am 00.00.2004 in Österreich geboren und ist der minderjährige, unverheiratete Sohn des B.As., welchem mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.12.2008, Zahl: D13 261482-0/2008/23E, gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt wurde. Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß § 10 AsylG eingebracht.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus den Asylakten des minderjährigen Beschwerdeführers und seines Vaters.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Durch die Behebung des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.12.2006, Zahl 261.476/4-II/04/06, mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2008, Zahl 2007/20/0232-5, ist dieses Verfahren wieder in das Stadium vor Erlassung des behobenen Berufungsbescheides zurückgetreten. Da das seinerzeit verfahrensführende Senatsmitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates nicht zum Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde und es sich um ein Verfahren gegen einen abweisenden Bescheid handelt, ist das gegenständliche Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 101/2003, von dem nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu führen.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG stellen Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines
1. Asylberechtigten; 2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 iVm 15) oder 3. Asylwerbers einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.
(2) Die Behörde hat aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
(3) Die Behörde hat aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid den gleichen Schutzumfang zu gewähren, es sei denn, dem Antragsteller ist gemäß § 3 Asyl zu gewähren. Abs. 2 gilt.
(4) Befindet sich der Familienangehörige eines subsidiär Schutzberechtigten im Ausland, kann der Antrag auf Gewährung desselben Schutzes gemäß § 16 drei Jahre nach Schutzgewährung gestellt werden.
(5) Die Behörde hat Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid.
Familienangehörige sind gemäß § 1 Z 6 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes, minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.
Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 MRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.
Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 MRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil vom 13.06.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).
Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtsprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.
Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt.
Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist der Beschwerdeführer der unverheiratete minderjährige Sohn des B.As.. Diesem wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.12.2008, Zahl: D13 261482-0/2008/23E, Asyl gewährt. Da im gegenständlichen Fall dem Vater des Beschwerdeführers Asyl gewährt wurde und überdies keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Vater des Beschwerdeführers ein Familienleben mit dem antragstellenden Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 AsylG Asyl zu gewähren.
Gemäß § 12 AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen oder auf Grund Asylantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.