TE AsylGH Erkenntnis 2008/12/15 E11 204303-3/2008

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Veröffentlicht am 15.12.2008
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Spruch

E11 204.303-3/2008-3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Friedrich KINZLBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde des H.A., geb. am 00.00.1968, StA. von Armenien, (vertreten durch RA Dr. Wolf HEISTINGER), gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.11.2008, FZ. 08 11.319-EAST OST, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylgerichtshof nimmt den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen an:

 

1. Bisheriger Verfahrenshergang

 

Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Armenien, reiste am 09.06.1998 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 09.06.1998 einen Asylantrag. Dazu wurde er zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des Bundesasylamtes (Folgend: BAA) niederschriftlich einvernommen. Diesbezüglich wird auf den Akteninhalt verwiesen (AS 23 ff).

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.07.1998, FZ. 98 03.888-BAE, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers (Folgend: BF) gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF, abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien gem § 8 AsylG als zulässig festgestellt.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 27.07.1998 fristgerecht Berufung eingebracht (AS 69 ff).

 

Mit Bescheid des UBAS vom 30.10.1998, Zahl: 204.303/0-IV/29/98, wurde der Berufung des BF nicht stattgegeben (AS 103 ff).

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht vom BF Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Mit Beschluss vom 11.03.1999 wurde vom VwGH die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Erkenntnis vom 08.06.2000 wurde vom VwGH die Beschwerde betreffend die Gewährung von Asyl als unbegründet abgewiesen, der Spruchpunkt betreffend die Feststellung gem. § 8 AsylG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 01.02.2001, FZ. 204.303/9-IV/29/01, wurde die Berufung des BF gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I). Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in deren Herkunftsstaat Armenien wurde gemäß § 8 AsylG 1997 für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II). Gemäß § 15 AsylG wurde dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung in der Dauer eines Jahres erteilt (Spruchpunkt III).

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 05.03.2001, FZ. 204.303/10-IV/29/01, wurde gem. § 68 Abs 2 AVG der 1. Spruchteil des oa. Bescheides ersatzlos behoben.

 

Mit Bescheid des BAE vom 05.03.2002, FZ. 98 03.888/1-BAE, wurde dem BF gem. § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 5.3.2003 erteilt.

 

Mit Bescheid des BAE vom 13.06.2003, FZ. 98 03.888/2-BAE, wurde der Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 15 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien zulässig sei.

 

Dagegen wurde vom BF fristgerecht mittels Schreiben vom 24.06.2003 Berufung eingebracht. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 19.11.2004, FZ. 204.303/16-VII/43/03, wurde die Berufung gem. § 8 Abs. 4 iVm. § 15 Abs. 2 AsylG abgewiesen.

 

Gegen diesen abweisenden Bescheid erhob der BF fristgerecht beim VwGH Beschwerde. Mit Beschluss vom 07.10.2008, Zl. 2006/19/0351-6, hat der VwGH die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

 

Am 13.11.2008 brachte der BF erneut den Antrag auf internationalen Schutz vor den Sicherheitsorganen der PI Traiskirchen ein. Am 18. und 19.11.2008 erfolgten weitere Einvernahmen des BF vor dem Bundesasylamt und wurde ihm das Parteiengehör gewährt (AS 39ff).

 

Im Wesentlichen brachte er vor, dass er das österreichische Bundesgebiet seit seiner ersten Antragstellung nicht verlassen habe. Bei den Fluchtgründen würde es sich im Grunde um dieselben Gründe handeln, wie beim ersten Asylantrag. Jedoch hatte er schon zwei, drei Jahre zuvor in Armenien, bevor er nach Österreich gekommen ist, Probleme. Diese waren dahingehend, dass er von der Polizei an seiner Arbeitsstelle beobachtet worden wäre. Die Polizei hätte nach Jemandem gesucht und sie wollten Informationen von ihm. Es ging darum, dass er in einem Restaurant gearbeitet habe. Die Polizei hatte etwas gegen die Chefs des Restaurants, im Besonderen gegen S., da sie Geld verdienen wollten. Die Polizei suchte S., da er in etwas verstrickt war. Der Fahrer von S. wurde befragt und geschlagen. Als sie S. gefunden hatten, sagte der Fahrer, wenn sie S. nicht gefunden hätten, hätten sie auch ihn und andere vom Restaurant geschlagen. Als er dann in einer anderen Bar arbeitete, wurde er zusammen mit seiner Frau von drei Leuten in Zivil zur Polizeistation mitgenommen, um ein Foto anzusehen. Als er sagt, er kenne die Person nicht, wurde er geschlagen. Den Mann auf dem Foto kannte er als ganz gefährlichen Kriminellen, daher sagte er, dass er ihn nicht kenne. Ein Polizist sorgte dann dafür, dass sie die Polizeistation verlassen konnten. Seit dieser Zeit stand er auch in der Bar und Beobachtung. Als ein Polizist in der Bar das Mobiltelefon mitnehmen wollte, sagte er, dass er dieses nicht einfach hergeben könne. Daraufhin sagte der Polizist er sollte aufpassen, dass er mich nicht mitnimmt. Seitdem wollte er schon immer Armenien verlassen.

 

Als er sich bereits in Österreich befunden habe, habe er eine armenische Familie kennen gelernt. Er hat sie zu einem Besuch bei sich eingeladen. Wir haben uns angefreundet. Die Familie erzählte mir von Dieben und Verbrechern, die nach eigenen Gesetzen handeln. Auch ihr Großvater wäre eine solche Person. Sie wollte, dass ich etwas sage. Seit dieser Zeit fühle ich mich von der Familie beobachtet und bin ziemlich sicher, dass mit dieser Familie Probleme in Österreich sind. Diese Familie macht nichts selber, das machen die Anderen. Nachgefragt gibt er an, dass er sich in Österreich deshalb nicht bedroht fühle, da die Polizei in Österreich anders ist, in Armenien aber die Polizei korrupt sei.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.11.2008, FZ. 08 11.319-EAST OST, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Im Wesentlichen führte die belangte Behörde aus, dass das erste Asylverfahren rechtkräftig negativ abgeschlossen wurde. Da seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des BF gelegen ist, noch auf jenem, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, steht die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag entgegen, weshalb die Asylbehörde zu seiner Zurückweisung verpflichtet war.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 02.12.2008 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

Die Beschwerde samt Akt langte am 10.12.2008 beim Asylgerichtshof, Abt. E11, ein.

 

Im Beschwerdeschreiben wiederholte der BF sein bisheriges Vorbringen und führte aus, dass sich die Verhältnisse im Heimatland drastisch verschlechtert hätten. Weiters habe sich die Behörde nicht mit den jetzigen herrschenden Umständen bzw. der politischen Lage und Situation auseinandergesetzt. Die Begründung der Behörde stelle demnach eine reine Scheinbegründung dar, da nicht nachvollziehbar entnommen werden kann, aufgrund welchen Beweisergebnissen die Behörde zu dieser entscheidungsrelevanten Auffassung und rechtlichen Beurteilung gelangt ist. Weiters stelle die Behörde nicht dar, ob die objektive Situation des BF die Voraussetzungen zur Gewährung von Asyl erfülle und der Asylgewährung nur nach Auffassung der Behörde die entschiedene Rechtssache entgegenstehe, oder ob die Situation ohnehin keine Asylgewährung begründe. Das BAA sei auf die politische Situation des BF in seinem Heimatland überhaupt nicht eingegangen. Wäre die Behörde auf diesen Umstand eingegangen, wäre hervorgekommen, dass sich die politische Situation drastisch verschlechtert habe und der BF sowie seine Familie bei einer Rückkehr mit gravierenden, die Persönlichkeit einschränkenden und die Menschenrechte verletzenden Verfolgungshandlungen rechnen müsse.

 

Hinsichtlich des Verfahrensherganges und Parteienvorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

2. Beweiswürdigung

 

Der bisherige Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage fest. Im nunmehrigen Asylantrag des BF wurden die gleichen Beweggründe - wie in den bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren - herangezogen. Die Fluchtgründe finden keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention, da dem Asylvorbringen nicht glaubhaft zu entnehmen ist, dass mit den behaupteten Drohungen ein Eingriff in die persönliche Sphäre von solch erheblicher Intensität stattgefunden hat, die geeignet gewesen wären, eine Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention zu bewirken.

 

Die von der Erstbehörde vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des VwGH, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennt, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Aussagen macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängen, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der AW die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im Ergebnis als nicht glaubhaft und asylrelevant qualifiziert. Der Asylgerichtshof schließt sich diesen beweiswürdigenden Argumenten des BAA an, zumal der BF zu seinen Fluchtgründen erklärte, dass er in Armenien von angeblich Unbekannten mehrmals dahingehend bedroht wurde, sollte seine Gattin keine Angaben über ihre frühere Tätigkeiten im Ministerium machen, die Tochter entführt werden. Der BF konnte jedoch keinerlei Angaben machen, welche Informationen die sogenannten Unbekannten forderten bzw. wurde vom BF angegeben, dass die Gattin Abteilungsleiterin im Ministerium war, in Wahrheit jedoch Kanzleikraft. Es ist daher umso unglaubwürdiger, dass Unbekannte von einer ehemaligen Kanzleikraft Auskünfte - unter Androhung einer Entführung - verlangen würden. Weiters wurde vom BF keine Anzeige erstattet, da lt. seinen Angaben, die Polizei mit der Mafia zusammen arbeitet. Auch diese Vorgangsweise entbehrt jeder Denklogik. Soweit der AW auf die allgemeinen Verhältnisse in seinem Heimatland und das Bestehen von Mafiastrukturen eingeht, ist anzuführen, dass nach der Judikatur des VwGH der bloße Verweis auf allgemeine Verhältnisse im Heimatland eines AW für die Geltendmachung von wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht ausreicht, wenn nicht vor diesem Hintergrund eine konkrete, den AW selbst treffende, Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht wird. Diese konnte jedoch nicht erbracht werden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Zuständigkeit

 

1.1. Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:

 

(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:

 

Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.

 

Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

1.2. Gem. § 75 (7) Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idgF sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

...

 

Im Rahmen der Interpretation des § 75 (7) ist mit einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs. 39 Z.1 B-VG). Der in der genannten Übergangsbestimmung genannte 1. Juli 2008 ist im Sinne der im oa. Klammerausdruck genannten Bestimmung des B-VG zu lesen.

 

1.3. Gem. § 61 Abs. 3 Z. 1 lit. c und Z. 2 AsylG hat im gegenständlichen Verfahren der AsylGH durch Einzelrichter zu entscheiden. Im gegenständlichen Fall ergab sich aus den entsprechenden Bestimmungen der GV des AsylGH die Zuständigkeit des entscheidenden Einzelrichters.

 

2. Allgemein

 

2.1. Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

2.2. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat das erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und dem gemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutzes wegen entschiedener Sache

 

3.1. Einleitend ist anzuführen, dass das Bundesasylamt im gegenständlichen Fall ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchführte und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenfasste. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen und dem bisherigen Verfahrenshergang auseinander gesetzt. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.

 

3.2. Gemäß 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab - oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes 1968, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

3.3. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

 

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

 

3.4. "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

 

Sache des vorliegenden Berufungsverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

3.5. Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrecht erhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

 

3.6. Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z. B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).

 

3.7. Der BF begründete seinen nunmehrigen Antrag auf einen Sachverhalt, welcher bereits von der Rechtskraft des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 30.10.1998, GZ: 204.303/0-IV/29/98, erfasst ist. Dies wird von dem BF einerseits im Rahmen der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (AS 15) ausdrücklich vorgebracht und ergibt sich aus dem sonstigen Vorbringen des BF. Auch aus den amtswegigen Ermittlungen ergaben sich bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine anderen Hinweise. Wenn der BF nunmehr vorbringt, dass er von der Polizei "beobachtet" und befragt worden wäre, so ist festzuhalten, dass derartige Amtshandlungen im normalen Dienstgebrauch sind und keine Verfolgungshandlungen darstellen. Zum weiteren Vorbringen des BF, dass er einmal geschlagen worden wäre, fehlt diesem Vorbringen jedwede Beweiskraft bzw. Logik. Was das Vorbringen des BF hinsichtlich der armenischen Familie in Österreich anbelangt, ist dies nicht von GFK-Relevanz. Der Asylgerichtshof teilt daher die Ansicht des Bundesasylamtes, dass die Angaben des BF nicht zuletzt auch aufgrund der zahlreichen Widersprüche, als unglaubhaft anzusehen sind. Der Asylgerichtshof stimmt auch der Auffassung der Erstbehörde zu, dass die Angaben des BF nicht geeignet gewesen sind, eine Asylgewährung zu begründen, da die vorliegende Begründung des Antrages keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention findet und hier auch keine konkret gegen die Person des BF gerichtete staatliche oder quasi-staatliche Verfolgungen aus der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen vorliegt. Eine asylrelevante Verfolgung kann im Lichte der Genfer Flüchtlingskonvention und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich nur dann angenommen werden, wenn die Verfolgungshandlungen entweder vom Verfolgerstaat ausgehen oder die staatlichen Maßnahmen nicht im Ergebnis dazu führen, dass der Eintritt eines asylrechtlich relevante Intensität erreichenden Nachteils aus der von dritter Seite ausgehenden Verfolgung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. hiezu etwa VwGH 30.06.2005, Zahl 2002/20/0205; VwGH 01.09.2005, Zahl 2005/20/0357), was im letzteren Fall dann Relevanz zeitigen könnte, wenn die staatlichen Behörden nicht schutzwillig oder schutzfähig gegenüber solchen - aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen erfolgenden - Angriffen Dritter sind. Da vom BF weder Anzeige noch Hilfe bei Polizei oder Gerichten erstattet bzw. gesucht wurde, kann nicht daraus geschlossen werden, dass der armenische Staat nicht schutzwillig und schutzfähig gegen derartige Übergriffe sei. Es sind keine systematischen Misshandlungen, Verhaftungen oder willkürliche Handlungen der Staatsorgane gegen Personen oder bestimmten Personengruppen bekannt (AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien, Stand: Mai 2008).

 

3.8. Wenn der BF nunmehr vorbringt, dass sich seine Gesamtsituation zufolge politischer Änderungen derart massiv verschlechtert habe, dass er im Falle einer Rückkehr nach Armenien mit gravierenden, die Persönlichkeit einschränkenden und die Menschenrechte verletzenden Verfolgungshandlungen rechnen müsse, ist festzustellen, dass dies auch schon vor Eintritt der Rechtskraft des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 30.10.1998, GZ: 204.303/0-IV/29/98, der Fall war und diese Umstände insbesondere vor dem Hintergrund der Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid des UBAS vom 30.10.1998 betreffend der Gewährung von Asyl seitens des VwGH vom 08.06.2000, von dessen Rechtkraft umfasst ist. In oben zitierten Bescheid wurde vor allem auch rechtskräftig festgestellt, dass der BF nie Probleme mit den armenischen Behörden hatte und von diesen nie inhaftiert oder festgenommen worden ist. Es seien nie konkrete Maßnahmen oder Handlungen, lt. BF, gegen ihn ergriffen worden.

 

Weiters wird festgestellt, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden müssen, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Insbesondere wird durch die Beschwerde in keiner Weise substantiiert dargetan, inwieweit sich daraus eine asylrelevante Verfolgung ergeben soll. Der Asylgerichtshof ist vielmehr der Ansicht, dass der BF durch diese Beschwerdeangaben lediglich seinen - durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313, ebenso 30.8.2007, 2006/19/0554-7).

 

3.9. Weitere Hinweise auf das Bestehen eines Sachverhaltes, welcher die inhaltliche Prüfung des vorliegenden Antrages gebieten würde (insbes. gem. §§ 69, 71 AVG), kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor, weshalb die inhaltliche Prüfung des gegenständlichen Antrages ausscheidet.

 

4.1. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gem. § 41 Abs. 7 AsylG unterblieben.

 

4.2. Aufgrund der Entscheidung in der Sache innerhalb der in § 37 AsylG genannten Frist konnte eine Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde unterbleiben.

Schlagworte
allgemeine Berichte, allgemeine Verhältnisse, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
11.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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