A2 303.776-1/2008/5E
Erkenntnis
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Vorsitzenden und den Richter Dr. Druckenthaner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Ines Csucker über die Beschwerde des E.B., geb. 00.00.1989, StA Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.07.2006, GZ. 05 22.089-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe :
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Gambia, reiste nach seinen Angaben am 15.12.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und brachte am selben Tag einen Asylantrag ein. Der Beschwerdeführer wurde am 21.12.2005 (As. 17-29 BAA) und am 12.07.2006 (As. 137-145 BAA) zu seinem Fluchtweg und Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen. Parteiengehör zur Lage in Gambia wurde dabei gewahrt.
Das Vorbringen des Antragstellers in den erstinstanzlichen Einvernahmen wurde im nunmehr angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wiedergegeben. Zusammengefasst brachte der Beschwerdeführer vor, sein Vater sei Dorfvorsteher gewesen und habe Arbeiter an Farmer entlehnt. Er sei für die Gebarung der Löhne zuständig gewesen und habe diese unterschlagen, weshalb er von den Arbeitern zu Tode geschlagen worden sei. Nachdem die Farmarbeiter ihre Löhne auch nach dem Tod des Vaters des Beschwerdeführers nicht bekommen hätten, sei die restliche Familie mit dem Tod bedroht worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer die Flucht ergriffen.
2. Mit angefochtenem Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab, erklärte die Abschiebung nach Gambia für zulässig und ordnete seine Ausweisung aus Österreich nach Gambia an.
Unter den Feststellungen führte die Erstbehörde zentral aus, dass der Antragssteller Staatsangehöriger von Gambia sei, seine Identität stünde jedoch nicht fest. Das Bundesasylamt traf Feststellungen mit nachvollziehbaren hinreichenden Quellenangaben zur politischen Lage in und Rückkehrfragen nach Gambia, woraus sich jedenfalls ergibt, dass bei fehlender politischer Verfolgung die Rückkehr im Regelfall unproblematisch ist.
Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen wurden als nicht glaubwürdig gewertet, seine Schilderungen seien durchwegs oberflächlich und inhaltsleer. Er sei mangels konkreter Darstellung nicht in der Lage gewesen, seiner behaupteten Verfolgung durch seine Dorfbewohner bzw. Farmarbeiter Substanz und Glaubwürdigkeit zu verleihen. Obschon der Antragsteller Sohn eines Dorfhäuptlings gewesen sei, habe er keine konkreten Angaben zur Amtszeit oder der inhaltlichen Tätigkeit seines Vaters machen können. Er habe auch nicht gewusst, wie viele Häuser, Dorfbewohner sein Heimatdorf hätte, obwohl er nicht nur Sohn des Dorfhäuptlings gewesen sei, sondern auch dort gelebt hätte. Auch habe der Antragsteller keine Angaben über die Höhe des unterschlagenen Geldbetrages oder seine Verfolgern machen können. Vielmehr habe er sich mit der standardisierten Antwort "Das weiß ich nicht." begnügt.
Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass keine Hinweise auf "außergewöhnliche Umstände" bestehen würden. In Gambia würde keine extreme Gefahrenlage herrschen und sei eine Basisversorgung grundsätzlich gewährleistet. Es existierten auch keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in eine aussichtslose Situation geriete.
Zu Spruchpunkt III legte die Erstbehörde dar, dass mangels Familienangehöriger bzw. dem Führen einer Lebensgemeinschaft in Österreich kein schützenswertes Familienleben iS von Art. 8 EMRK vorliege. Weiters seien im Hinblick auf den kurzen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich keine Umstände gegeben, die auf ein schützenswertes Privatleben hinweisen würden.
3. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) erhoben. In der Beschwerde werden zunächst die Angaben in den niederschriftlichen Einvernahmen wiederholt. Weiters wird vorgebracht, das Vorbringen des Berufungswerbers (nunmehr Beschwerdeführer) sei asylrelevant, da das Verfahren zugelassen und nicht als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe in seinen Einvernahmen in den wesentlichen Punkten gleichlautend einen Sachverhalt geschildert, welcher sehr wohl unter die entsprechende Passagen des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge subsumierbar sei. Das Bundesasylamt habe eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers verweigert. Für einen Jugendlichen, der nur über rudimentäre Schulbildung verfüge, scheine es nicht unwahrscheinlich, bestimmte Details vergessen zu haben. Der Beschwerdeführer habe sich nicht an die zuständigen Behörden in Gambia um Hilfe wenden können, da ihm als Dorfbewohner der Zugang zu den notwendigen Ressourcen versperrt gewesen sei. Abgesehen davon sei die Rechtslage in Gambia nicht mit den Standards der europäischen Union zu vergleichen. In diesem Zusammenhang werden internationale Berichte (USDOS-Country Report: Gambia 2004, Freedom House-Jahresbericht zu Gambia 2004) zitiert; nach denen es den Machthabern Gambias am Demokratieverständnis mangle, es willkürliche Festnahmen gäbe und die Verhörmethoden brutal seien, wobei allerdings kein unmittelbarer individueller Bezug zum Beschwerdeführer genommen wird respektive ersichtlich ist.
Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:
1. Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.
2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.
Das Bundesasylamt hat mit dem Beschwerdeführer insgesamt zwei eingehende Einvernahmen durchgeführt. Das Bundesasylamt hat den Beschwerdeführer in der englischen Sprache, welcher er mächtig ist und worin er auch keine Verständigungsprobleme geltend gemacht hat, konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
Der Asylgerichtshof teilt die Ausführungen des Bundesasylamtes zur Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, wie sie in der Verfahrenserzählung in den zentralen Punkten wiedergegeben wurden.
Hiezu ist wie folgt auszuführen:
2.1. Die Beschwerde hält der schlüssigen Beweiswürdigung der Erstbehörde, in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, nichts Substantiiertes entgegen. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift erschöpfen sich im Wesentlichen in der bloßen Behauptung, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner rudimentären Schulbildung keine detaillierten Angaben machen konnte. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahmen überhaupt nicht in der Lage war, konkrete zeitliche Angabe zum fluchtauslösenden Ereignis zu machen, nämlich dem Todeszeitpunkt seines Vaters, dessen Amtsenthebung sowie seiner Ausreise und es jedenfalls anzunehmen wäre, dass auch ein 16-Jähriger sich zumindest ansatzweise an Zeitpunkte einschneidender Erlebnisse erinnert, falls diese der Wirklichkeit entsprechen. Auch die sonstigen inhaltlichen Angaben des Beschwerdeführers zu den behaupteten Geschehnissen in Gambia erwiesen sich insgesamt als detailarm, dies auch unter Berücksichtigung des vormals jugendlichen Alters des Beschwerdeführers. Geht man von der Unglaubwürdigkeit der Verfolgungsbehauptung aus, ist auch die Frage der staatlichen Schutzgewährung vor privater Gewalt nicht entscheidend. Selbst, wenn im Übrigen der Vater des Beschwerdeführers von den Dorfbewohnern verfolgt worden wäre, ergibt sich aus den im Akt angeführten Berichten kein konkreter Hinweis auf das Bestehen einer weitgehenden Sippenhaftung, sodass auch unter diesen Gesichtspunktes es wenig plausibel erschiene, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Jahren, etwa in die Hauptstadt Banjul, weiterhin von den Dorfbewohnern mit dem Tod bedroht werden würde.
2.2. In der Beschwerde werden den individuellen und detaillierten Ausführungen des Bundesasylamtes, somit sowohl hinsichtlich der Einschätzung der Situation in Gambia als im Allgemeinen nicht zu asylrelevanten Verfolgung führend (trotz Einzelfällen politischer Verfolgung), als auch der mangelnden Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers (aus den eben dargelegten Ergänzungen) keine konkreten stichhaltigen Argumente entgegensetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen des Asylgerichtshofes geboten hätte. Angesichts der schon aus dem Akteninhalt eindeutigen Beweiswürdigung hinsichtlich der mangelnden Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers war auch keine ergänzende Befragung des Beschwerdeführers mehr vorzunehmen. Es besteht aus diesem Grund auch keine Notwendigkeit weitere Ermittlungsschritte zu setzen.
3. Aus den im wesentlichen unbestritten gebliebenen (es wird nicht bestritten, dass es in Gambia in einzelnen Fällen zu politischer Verfolgung kommt, was aber keine Auswirkungen auf den konkreten Fall des Beschwerdeführers hat) und hinreichend aktuellen Feststellungen zur Lage in Gambia ergibt sich, dass es trotz Menschenrechtsproblemen eine allgemeine Sippenhaftung ebenso wenig wie eine allgemeine politische Verfolgung aller RückkehrerInnen gibt, wovon sich der Asylgerichtshof auch durch Einschau in aktuelle Berichterstattung versichert hat (insb. US State Department, Human Rights Report Gambia 2007 und März 2008). In Ermangelung von Hinweisen auf eine besondere individuelle Vulnerabilität des volljährigen Antragstellers (zB schwere Krankheit, völlig fehlende Bildung), dessen Familienangehörige in Gambia leben (jedenfalls Schwester), war das Bundesasylamt auch berechtigt, trotz des Umstandes, dass es sich bei Gambia um ein wirtschaftlich armes Land handelt, aber unter Berücksichtigung des Umstandes, dass aus der Berichtslaged hervorgeht, dass eine medizinische Basisversorgung besteht, und dass sich keine Hinweise auf eine dramatische Versorgungslage (zB Hungersnöte) finden, von der Gewährung subsidiären Schutzes in diesem individuellen Fall abzusehen.
4. Auch die Entscheidung des Bundesasylamtes zur Ausweisung war weiterhin nicht zu beanstanden, als sich der Antragsteller erst seit Dezember 2005 in Österreich befindet (drei Jahre) und dessen ungeachtet außergewöhnliche Hinweise auf Integration (Kernfamilienangehörige in Österreich o.ä.) nicht bestehen und auch im gesamten Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht wurden. Aus dem Akt ergibt sich lediglich, dass der Beschwerdeführer in Österreich im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Begehung von Suchtmitteldelikten inhaftiert gewesen ist.
5. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. In diesem Sinne war also spruchgemäß zu entscheiden.