TE AsylGH Erkenntnis 2009/01/12 E2 305846-1/2008

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Veröffentlicht am 12.01.2009
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Spruch

E2 305.846-1/2008-16E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. FAHRNER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Frau BIRNGRUBER über die Beschwerde des B.A., geb. 00.00.1995, StA. Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Joachim RATHBAUER gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.09.2006, FZ. 05 10.636-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.12.2008 zu Recht erkannt

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und B.A. gemäß §§ 7, 10 AsylG 1997 idF. BGBl. Nr. I. 101/2003 (AsylG 1997) der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 12 AsylG 1997 idF BGBl I. Nr. I 101/2003 wird festgestellt, dass B.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. VERFAHRENSGANG:

 

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: "BF"), der minderjährige Sohn von B.H., geb. 00.00.1969 (GZ E4 305.845-1/2008) und K.R., geb. 00.00.1972 (GZ E4 305.848-1/2008), reiste am 15.07.2005 gemeinsam mit seinen Eltern per Direktflug aus Teheran in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte durch seinen gesetzlichen Vertreter - ebenso wie seine Eltern - am selben Tag einen Asylantrag (AS 3 ff).

 

2. Am 21.07.2005 wurde der gesetzliche Vertreter des BF vor der Erstaufnahmestelle Ost einvernommen (AS 19). Dabei gab dieser an, dass für den BF die gleichen Angaben gelten würden, die er in seiner Einvernahme gemacht habe.

 

3. Bei einer weiteren Einvernahme am 06.06.2006 gab der gesetzliche Vertreter des BF erneut an, dass der BF keine eigenen Fluchtgründe habe (AS 37 ff).

 

4. Mit Bescheid vom 06.09.2006, FZ 05 10.656-BAL, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des BF gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in den Iran gemäß § 8 Abs 1 leg. cit. für nicht zulässig (Spruchpunkt II.) und erteilte dem BF gemäß § 8 Abs 3 iVm § 15 Abs 2 leg. cit. die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 05.09.2007 (Spruchpunkt III.).

 

Begründend führte die Erstbehörde aus, dass der BF keine eigenen Fluchtgründe angeführt habe. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF in Österreich zum christlichen Glauben konvertiert sei. Da den Mitgliedern der Kernfamilie des BF ebenfalls kein Asyl gewährt worden sei, scheide die Gewährung von Asyl aus dem Titel des Familienverfahrens aus. Zumal den Eltern des BF Subsidiärschutz gewährt worden sei, sei auch dem BF subsidiärer Schutz einzuräumen gewesen.

 

5. Mit Bescheiden vom selben Tag (06.09.2006) wurden die Asylanträge seiner Eltern (FZ 05 10.501-BAL; FZ 05 10.500-BAL) abgewiesen (jeweiliger Spruchpunkt I.) und diesen subsidiärer Schutz gewährt.

 

Diese Bescheide wurden nach zwei vorausgegangen Zustellversuchen am 08.09.2006 beim zuständigen Postamt hinterlegt.

 

6. Mit Schriftsatz vom 20.09.2006 brachte der BF durch seinen Rechtsvertreter Dr. Helmut BLUM fristgerecht Berufung gegen Spruchpunkt I. ein. Darin wird zum einen ausgeführt, dass die Begründung der Erstbehörde, wonach das Vorbringen des Vaters des BF unglaubwürdig sei, nicht schlüssig sei. Zum anderen würden die Eltern des BF schon allein aufgrund der von der Behörde festgestellten Tatsache der Konvertierung in Österreich einer asylrelevanten Verfolgung unterliegen.

 

Der Berufung wurde eine Bestätigung einer iranischen Christengemeinschaft in Linz vom 15.09.2006 beigelegt, wonach der BF und seine Eltern seit September 2005 regelmäßig Gottesdienste besagter Gemeinschaft besuchen würden.

 

7. Mit Schreiben vom 09.05.2007 gab der bisherige Rechtsvertreter die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mit dem BF und seinen Eltern bekannt (OZ 2).

 

8. Mit Schreiben vom 04.06.2007 gab Dr. Joachim RATHBAUER bekannt, dass die oben Genannten nunmehr von ihm vertreten werden (OZ 3).

 

7. Der Asylgerichtshof, führte am 17.12.2008 eine öffentlich mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der die BF, deren Ehegatte und Sohn als weitere Antragsteller und ein Dolmetscher für die Sprache Farsi teilnahmen. Die Beschwerdeführer waren in der Beschwerdeverhandlung nicht vertreten. Ein Vertreter des Bundesasylamtes ist der Verhandlung entschuldigt ferngeblieben.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

1. Beweis wurde erhoben durch:

 

Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt;

 

Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen Verhandlung;

 

Einsichtnahme in folgende von den BF vorgelegten Dokumente:

 

Auto- und Motorradführerscheine

 

Grundstückseigentumsurkunde

 

Berufsausübungsbestätigung

 

Personenstandsurkunde

 

Taufbestätigung

 

Personalausweis

 

Gerichtsladung

 

Schreiben in persischer Sprache über Christentum im Iran

 

Gottesdienstbesuchsbestätigung

 

Einsichtnahme in die folgenden, im Zuge der mündlichen Verhandlung erörterten Erkenntnisquellen:

 

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: Februar 2008) vom 18.03.2008;

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe, Themenpapier, Christen und Christinnen im Iran, vom 18.10.2005);

 

Asylmagazin, Schwerpunkt: Christen im Iran, vom 17.04.2007;

 

2. Der Asylgerichtshof geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem Sachverhalt aus

 

2.1. Zur Person des BF und seinen Fluchtgründen:

 

2.1.1. Festgestellt wird, dass der BF unverheirateter minderjähriger Sohn des iranischen Staatsangehörigen B.H., geb. am 00.00.1969 (GZ E2 305.845-1/2008), sowie der ebenfalls iranischen Staatsangehörigen K.R., geb. am 00.00.1972, (GZ E2 305.848-1//2008) ist, welchen mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. Der BF ist - wie seine Eltern - iranischer Staatsangehöriger und gemeinsam mit seinen Eltern am 15.07.2005 per Direktflug aus Teheran in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Die Eltern haben für den BF noch am selben Tag einen Asylantrag gestellt und für ihn die gleichen Gründe wie für sich - nämlich dass sie den christlichen Glauben angenommen hätten und deshalb in ihrer Heimat verfolgt werden - geltend gemacht.

 

Die Eltern des BF wurden am 00.00.2006 von Pastor F.B. in Linz getauft. Der BF selbst wurde noch nicht getauft. Nach den Angaben seines Vaters in der mündlichen Beschwerdeverhandlung soll dieser später selbst entscheiden, ob er getauft werden wolle. Zum gegenwärtigen Zeitpunk besucht der BF in der Schule den katholischen Religionsunterricht.

 

2.1.2. Diese Feststellungen ergaben sich aus dem Asylakten der BF und aus den Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung beim Asylgerichtshof am 17.12.2008.

 

2.1.2. Rechtlich ergibt sich folgendes:

 

§ 10 Abs. 1 AsylG lautet: " Familienangehörige (§ 1 Z 6) eines

 

1. Asylberechtigten;

 

2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 in Verbindung mit 15) oder

 

3. Asylwerbers

 

stellen einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes."

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikels 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

Gemäß Abs. 5 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Familienangehörige sind gemäß § 1 Z 6 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minder-jähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.

 

Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmal sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.

 

3. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist der BF minderjährig, nicht verheiratet und gemeinsamer Sohn der Ehegatten B.H. und K.R., denen mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 12.01.2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde Asyl gewährt wurde. Da sohin den Eltern des BF Asyl gewährt wurde und überdies keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem BF ein Familienleben mit seinen Eltern in einem anderen Staat möglich wäre, war ihm gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 1997 Asyl zu gewähren.

 

Gemäß § 12 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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