TE AsylGH Erkenntnis 2009/01/12 D12 400710-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.01.2009
beobachten
merken
Spruch

D12 400710-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde des I.M., geb. 00.00.2008, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.07.2008, FZ. 08 05.363-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.11.2008 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben undI.M. gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 1 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass I.M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, ist am 00.00.2008 geboren, sein gesetzlicher Vertreter brachte am 20.06.2008 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

2. Der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers wurde zu seinem Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 10.07.2008, FZ. 08 05.363-BAE, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 20.06.2008 gestellten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I) und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

 

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. In der Begründung der Beschwerde, wurde auf das Verfahren des Vaters verwiesen.

 

5. Am 14.10.2008 führte der Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die Eltern des Beschwerdeführers teilgenommen haben (siehe Verhandlungsprotokoll GZ D12 301194-1/2008/6Z). Das Bundesasylamt verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der Verhandlung.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der Volksgruppe der Tschetschenen und wurde am 00.00.2008 geboren.

 

Der Beschwerdeführer ist der minderjährige Sohn seiner Eltern, er lebt mit diesen im selben Haushalt.

 

Mitglieder der Kernfamilie gem. § 2 Z 22 Asylg 2005 sind:

 

I.B., geb. 00.00.1969

 

I.R., geb.,00.00.1972

 

I.T., geb., 00.00.2002

 

I.U., geb.,00.00.2000

 

I.I., geb., 00.00.2006

 

I.M. geb.,00.00.2008

 

Der Beschwerdeführer hat keine eigenen Asylgründe vorgebracht.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Asylakt des Beschwerdeführers, insbesondere aus den vorgelegten Dokumenten.

 

Rechtlich ergibt sich daraus:

 

1. Da dem Vater des Beschwerdeführers der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 ebenfalls dieser Status zuzuerkennen ist.

 

2. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Das gegenständliche Verfahren war daher von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu führen.

 

3. § 34 Abs. 1 AsylG lautet:

 

"Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz,

 

gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn,

 

1. dass die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist, oder

 

2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Familienangehörige sind gemäß § 2 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil vom 13.06.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).

 

Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der Rechtsprechung des EGMR zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.

 

Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt.

 

4. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist der Beschwerdeführer der Sohn des I.B., geb.00.00.1969. Diesem wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom gleichen Tag zur Zl. D12 301194-1/2008/7E Asyl gewährt. Da im gegenständlichen Fall dem Vater des Beschwerdeführers internationaler Schutz gewährt wurde und überdies keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Beschwerdeführer ein Familienleben mit den asylberechtigten Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war dem Beschwerdeführer gemäß § 34 AsylG der Status des Asylberechtigten zu gewähren.

 

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
28.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten