TE AsylGH Erkenntnis 2009/01/12 D12 306714-1/2008

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Veröffentlicht am 12.01.2009
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Spruch

D12 306714-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde der I.I., geb. 00.00.2006, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.10.2006, FZ. 06 09.934-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.11.2008 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und I.I. gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 1 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass I.I. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, wurde am 00.00.2006 im österreichischen Bundesgebiet geboren und brachte am 19.09.2006, über ihren gesetzlichen Vertreter, beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

2. Der gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerin wurde zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 10.10.2006, FZ. 06 09.934-BAE, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 19.09.2006 gestellten Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I) und festgestellt, dass ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht zuerkannt wird (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde die Asylwerberin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

 

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. In der Begründung der Beschwerde, wurde auf das Verfahren des Vaters verwiesen.

 

5. Am 20.11.2008 führte der Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die Eltern der Beschwerdeführerin teilgenommen haben (siehe Verhandlungsprotokoll GZ D12 301194-1/2008/6Z). Das Bundesasylamt verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der Verhandlung.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, Angehörige der Volksgruppe der Tschetschenen und wurde am 00.00.2006 geboren.

 

Der Beschwerdeführer ist der minderjährige Sohn seiner Eltern, er lebt mit diesen im selben Haushalt.

 

Wie bereits vom Bundesasylamt festgestellt wurde liegt ein Familienverfahren gem. § 10 AsylG 1997 vor.

 

Mitglieder der Kernfamilie gem. § 1 Z 6 Asylg 1997 sind:

 

I.B., geb. 00.00.1969

 

I.R., geb., 00.00.1972

 

I.T., geb., 00.00.2002

 

I.U., geb., 00.00.2000

 

I.M., geb., 00.00.2006

 

I.A. geb., 00.00.2008

 

Die Beschwerdeführerin hat keine eigenen Asylgründe vorgebracht.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Asylakt der Beschwerdeführerin, insbesondere aus den vorgelegten Dokumenten.

 

Rechtlich ergibt sich daraus:

 

1. Da dem Vater der Beschwerdeführerin Asyl gewährt wurde, ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführerin gemäß §§ 10 Abs. 2 AsylG ebenfalls Asyl zu gewähren ist.

 

2. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Das gegenständliche Verfahren ist somit nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu führen.

 

3. § 34 Abs. 1 AsylG lautet:

 

"Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz,

 

gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn,

 

1. dass die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist, oder

 

2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Familienangehörige sind gemäß § 2 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil vom 13.06.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).

 

Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der EMRK-Rechtsprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.

 

Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt.

 

Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist die Beschwerdeführerin die Tochter des I.B., geb. 00.00.1969. Diesem wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom gleichen Tag zur Zl. D12 301194-1/2008/7E Asyl gewährt. Da im gegenständlichen Fall dem Vater der Beschwerdeführerin Asyl gewährt wurde und überdies keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführerin ein Familienleben mit den asylberechtigten Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war der Beschwerdeführerin gemäß § 34 AsylG 2005 Asyl zu gewähren.

 

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
28.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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