B12 254822-0/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Josef Rohrböck als Vorsitzenden und den Richter Dr. Martin Moritz als Beisitzer im Beisein des Schriftführers Mag. Martin Werner über die Beschwerde von Frau Z.N., geb. 00.00.2004, StA. Russische Föderation, vertreten durch die Mutter, Fr. Z.A., gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Oktober 2004, Zl. 04 16.523-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde von Frau Z.N. gegen Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Oktober 2004, Zl. 04 16.523-BAW, wird stattgegeben und Frau Z.N. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt.
II. Gem. § 12 AsylG wird festgestellt, dass Frau Z.N. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
III. Die Spruchpunkte II und III des Bescheides des Bundesasylamts vom 15. Oktober 2004, Zl. 04 16.523-BAW, werden ersatzlos aufgehoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 2004, Zl. 04 16.523-BAW, hat das Bundesasylamt den "Asylantrag von Z.N. vom 17.08.2004 (...) gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF, abgewiesen" (Spruchpunkt I), festgestellt, dass "die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von Z.N. in die Russische Föderation (...) gemäß § 8 Absatz 1 AsylG zulässig" sei. Zudem hat das Bundesasylamt "gemäß § 8 Absatz 2 AsylG (...)Z.N. aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen" (Spruchpunkt III).
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde richtet sich gegen sämtliche Spruchpunkte.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin ist die Tochter von Frau Z.A., deren Beschwerde der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Dezember 2008 Folge gegeben und Frau Z.A. Asyl gewährt hat. Zum Zeitpunkt der Asylantragstellung am 17. August 2004 war die Beschwerdeführerin minderjährig.
Dies ergibt sich aus den Asylakten der Beschwerdeführerin, ihrer Eltern sowie ihres ebenfalls minderjährigen Bruders.
2. Der Asylantrag der Beschwerdeführerin wurde im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß § 10 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (in der Folge auch: AsylG) eingebracht.
3. Rechtlich ergibt sich folgendes:
3.1. Da gegenständlicher Asylantrag am 17. August 2004 gestellt wurde, ist er nach der Rechtslage des AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, unter Beachtung der Übergangsbestimmungen, zu beurteilen, woraus sich die gegenständliche Zuständigkeit ergibt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG stellen Familienangehörige eines Asylberechtigten einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG hat die Behörde aufgrund eines Antrags eines Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) BGBl. Nr. 210/1958 mit den Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
3.2. Familienangehörige sind gemäß § 1 Z 6 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.
Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.
Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil v. 13. 6. 1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).
Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art 8 MRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtssprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.
3.3. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist die Beschwerdeführerin die minderjährige Tochter von Frau Z.A., welcher mit Erkenntnis vom 12. Jänner 2009 Asyl gewährt wurde. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich somit, wie in § 1 Z. 6 AsylG gefordert, um den Familienangehörigen eines Asylberechtigten. Da überdies keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführerin die Fortsetzung ihres Familienlebens mit dem asylberechtigten Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war ihr spruchgemäß Asyl zu gewähren.
Gemäß § 12 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Da Frau Z.N. Asyl zu gewähren war, sind die Spruchpunkte II. und III. des bekämpften Bescheides im Ergebnis rechtswidrig und waren demzufolge ersatzlos aufzuheben.