S2 403.729-1/2009/2E
Im Namen der Republik
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde der A.U., geb. 00.00.1991, StA: Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.12.2008, Zahl 08 10.463 EAST-West, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1 iVm 10 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 4/2008 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführerin, Staatsangehörige der Russischen Föderation, gelangte mit ihrem Mann unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 23.10.2008 bei der Erstaufnahmestelle West einen Antrag auf internationalen Schutz.
Hinsichtlich der Beschwerdeführerin scheint ein EURODAC-Treffer für Polen auf (11.10.2008, Lublin, AS 9).
Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.10.2008 gab die Beschwerdeführerin an, sie sei am 07.10.2008 gemeinsam mit ihrem Mann mit dem Zug nach Moskau und über Brest nach Polen eingereist, wo sie am 10.10.2008 von der polnischen Polizei aufgegriffen und nach Weißrussland zurückgeschoben worden seien. Am 11.10.2008 seien sie wieder nach Polen mit dem Taxi nach Terespol gefahren, wo sie sich bis zum 22.10.2008 aufgehalten hätten. Am 22.10.2008 seien sie mit einem polnischen Fahrer nach Österreich gefahren. Die Beschwerdeführerin legte einen russischen Inlandsreisepass und eine Heiratsurkunde vor. Die Beschwerdeführerin gab an, sie habe in Polen nur die Fingerabdrücke abgegeben und keinen Asylantrag gestellt. In Österreich habe sie einen Onkel, könne zu diesem aber keine näheren Angaben machen. Als Fluchtgrund gab die Beschwerdeführerin an, ihr Mann habe beobachtet, wie bei einer Schießerei in seinem Garten zwei Rebellen und einige Kadyrovzi ums Leben gekommen seien. Als ihr Mann rausgegangen sei um nachzusehen, hätten ihn Kadyrovzi mitgenommen. Sie hätten gedacht, dass er zu den Rebellen gehöre. Eine verstorbener Rebell hätte so geheißen wie die Beschwerdeführerin. Ihre Eltern hätten sie - die Beschwerdeführerin - mitgenommen, so sei sie von den Kadyrovzi nicht gefunden worden. Verwandte hätten Geld gesammelt und ihren Mann freigekauft. Ein guter Kadyrovzi habe ihrem Mann gesagt, dass man ihn umbringen werde und ihm geraten, das Land zu verlassen. Deswegen sei ihr Leben und das Leben ihres Mannes in Gefahr gewesen. Sie sei in Polen schriftlich zu ihren Einreisegründen befragt worden. Über ihren Aufenthalt in Polen könne sie sonst nichts angeben. Bezüglich einer möglichen Rückkehr nach Polen gab die Beschwerdeführerin an, in Polen gäbe es ebenfalls Kadyrovzi. Es gäbe dort keine Sicherheit. Bezüglich einer möglichen Rückkehr in ihre Heimat gab die Beschwerdeführerin an, sie habe mehr Angst ihren Mann zu verlieren, als um ihr Leben (AS 17ff).
Das Bundesasylamt richtete am 27.10.2008 ein auf Art 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: "Dublin II-VO") gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Polen (AS 31ff). Am 29.10.2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und dass seit 27.10.2008 Konsultationen mit Polen geführt würden (AS 61f). Mit Schreiben vom 30.10.2008, eingelangt am 31.10.2008, stimmte Polen dem Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO ausdrücklich zu (AS 69).
Im Verlauf einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 06.11.2008 machte die Beschwerdeführerin, nach erfolgter Rechtsberatung, ergänzend zusammengefasst folgende Angaben: Sie habe keinerlei psychische oder körperliche Beschwerden und sei gesund. Sie habe einen Inlandsreisepass und eine Heiratsurkunde. Ihr Reisepass sei ihr in Polen abgenommen worden. Ein Onkel und die Schwester ihres Mannes seien in Österreich aufhältig. Sie sei nicht von ihnen abhängig und habe nie mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. In Polen habe sie einen Asylantrag gestellt. Bezüglich einer möglichen Rückkehr nach Polen gab die Beschwerdeführerin an, sie sei nicht einverstanden. Sie sei nur ein paar Tage in Polen gewesen und habe gesehen, wie gefährlich es dort sei. Tschetschenen könnten nicht ohne Messer rausgehen. Es habe in Polen keine Vorfälle gegeben, aber sie habe große Angst gehabt und sei nicht aus dem Zimmer gegangen. Bezüglich ihres polnischen Asylverfahrens teilte die Beschwerdeführerin mit, sie wisse nicht, in welchem Stand es sich befinde. Sie sei auf der Reise nie von ihrem Mann getrennt gewesen (AS 77ff).
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 16 Abs.1 lit. c der Dublin II-VO Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen, und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Polen zulässig sei.
Begründend wurde hervorgehoben, dass im Verfahren kein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen, hervorgekommen sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs 3 AsylG treffe daher zu. Auch seien bei der Beschwerdeführerin keine Krankheiten festgestellt worden, die ein Abschiebehindernis darstellen würden, zumal die Beschwerdeführerin selbst angegeben habe, gesund zu sein. Ein familiärer Anknüpfungspunkt zu ihrem Onkel und der Schwester des Mannes sei ausgeschlossen, da ein familiäres Band oder ein derartiges qualifiziertes Pflege-, Unterhalts- und/oder Unterstützungsverhältnis nicht vorlägen und dies von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet wurde. Es seien auch weder ein gemeinsamer Haushalt noch finanzielle Abhängigkeit behauptet worden. Ein Eingriff in das Familienleben iSd Art 8 EMRK bestehe somit nicht. Dies gelte auch hinsichtlich ihres Mannes, der ebenfalls als Asylwerber in Österreich aufhältig sei und daher ebenfalls potentiell von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen sei.
Der Bescheid enthält auch eine ausführliche Darstellung zur Lage in Polen, zum polnischen Asylverfahren, zur Versorgung von Asylwerbern einschließlich der Behandlungsmöglichkeiten traumatisierter Asylwerber, zu staatlichen Leistungen für Fremde mit (bloß) toleriertem Aufenthalt sowie insbesondere auch die Ausführung, wonach tschetschenischen Asylwerbern idR zumindest subsidiärer Schutz gewährt werde. Aus diesen Darstellungen geht hervor, dass das Verfahren in Polen den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts genügt und aus diesen ist nicht erkennbar, dass Polen etwa eine mit der GFK unvertretbare rechtliche Sonderposition verträte. Zudem ist eine ausreichende Versorgung von Asylwerbern - auch von solchen mit psychischen und physischen Problemen - gewährleistet (AS 105ff).
3. Gegen den Bescheid der Erstbehörde wurde fristgerecht Beschwerde (AS 201ff) erhoben, die samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt am 09.01.2009 beim Asylgerichtshof einlangte.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihrem Mann mit dem Zug von Aleroj über Moskau und Brest nach Polen, sie stellte am 11.10.2008 in Lublin erstmals einen Asylantrag. Sie wartete das Verfahren dort jedoch nicht ab, sondern reiste illegal mit ihrem Mann in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 23.10.2008 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Ehemann stellte ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz. Ein sie betreffendes Asylverfahren ist in Polen anhängig.
Die Beschwerdeführerin hat einen Onkel und eine Schwägerin in Österreich, zu denen keine enge persönliche Bindung zu erkennen ist und mit denen sie nicht gemeinsam lebt.
2. Die Feststellungen zum Reiseweg der Beschwerdeführerin, zu ihrer Asylantragstellung in Polen und ihren persönlichen Verhältnissen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin iZm der damit im Einklang stehenden Aktenlage.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Mit 01.01.2006 ist das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge idgF anzuwenden.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz nach diesem Zeitpunkt gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG) zur Anwendung gelangt.
3.2. Zur Frage der Zuständigkeit eines anderen Staates (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
a) Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin II-VO dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Die Dublin II-VO sieht in den Art. 6 bis 14 des Kapitels III Zuständigkeitskriterien vor, die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO in der im Kapitel III genannten Reihenfolge Anwendung finden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.
In Art. 16 sieht die Dublin II-VO in den hier relevanten Bestimmungen Folgendes vor:
"Art. 16 (1) Der Mitgliedstaat der nach der vorliegenden Verordnung zur Prüfung des Asylantrags zuständig ist, ist gehalten:
(...)
c) einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Antrags unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.
(...)
(3) Die Verpflichtungen nach Absatz 1 erlöschen, wenn der Drittstaatsangehörige das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, der Drittstaatsangehörige ist im Besitz eines vom Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels."
Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes, wonach die Beschwerdeführerin zunächst in Polen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, sowie sich vor Abschluss dieses Verfahrens nach Österreich begeben, dass sie seither nicht verlassen hat, und sie auch keine "Familienangehörigen" (iSd Art 7 iVm Art 2 lit i Dublin II-VO) in Österreich hat, kommt nach der Rangfolge der Kriterien der Dublin II-VO deren Art 16 Abs. 1 lit. c (iVm Art 13) als zuständigkeitsbegründende Norm in Betracht. Polen hat auch auf Grundlage dieser Bestimmung seine Zuständigkeit bejaht und sich zur Übernahme der Beschwerdeführerin und Behandlung ihres Antrages bereit erklärt.
Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben.
b) Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05, festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs 2 Dublin II-VO zwingend geboten sei.
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II-VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO, K13. zu Art 19 Dublin II-VO).
aa) Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK: In Österreich lebt (mit Ausnahme des mitgereisten Ehemannes) nur der erwachsene Onkel und die erwachsene Schwägerin der Beschwerdeführerin. Am Maßstab der Judikatur der Höchstgerichte zum Familienleben unter Erwachsenen gemessen zeigt die Beschwerde keine Fehlbeurteilung der Erstbehörde unter diesem Gesichtspunkt auf: So ist in VfGH 9.6.2006, B 1277/04, ausgeführt, eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen falle "- auch nach der Rechtsprechung des EGMR - nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen" (VwGH 26. 1. 2006, 2002/20/0423; 26. 1. 2006, 2002/20/0235; 8. 6. 2006, 2003/01/0600; 29. 3. 2007, 2005/20/0040 bis 0042; 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723). Besondere, über die normalen Beziehungen zwischen Verwandten hinausgehende Umstände wurden nicht dargetan. In ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 06.11.2008 verneinte die Beschwerdeführerin jegliche Abhängigkeit, Unterstützung oder Nahebezug zu diesen Personen. Es liegen auch keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer vor (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11). Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Es ist daher nicht erkennbar, dass im Falle einer (gemeinsam mit ihrem Ehemann durchzuführenden) Überstellung der Beschwerdeführerin nach Polen ein Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht zu befürchten wäre.
bb) Mögliche Verletzung des Art. 3 EMRK:
Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die Beschwerdeführerin ist gesund und benötigt keinerlei Medikamente. Für die im Zuge der Einvernahmen erstatteten allgemein gehaltenen Behauptungen, in Polen gäbe es ebenfalls Kadyrovzi und es gäbe dort keine Sicherheit; es sei so gefährlich, dass Tschetschenen nicht ohne Messer rausgehen könnten, fehlt eine konkrete nachvollziehbare Begründung. Soweit in der Beschwerde vorgebracht wurde, dass die Erstbehörde es verabsäumt habe, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt bezüglich der aufgeworfenen Probleme in Polen zu ermitteln, ist entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin auch in ihrer Beschwerde keinerlei konkreten und detaillierten Angaben in Bezug auf eine mögliche Bedrohung ihrer Person in Polen macht. Somit ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, inwiefern konkret die Schutzfähigkeit- bzw. Schutzwilligkeit dieses Staates in Zweifel zu ziehen wäre. Im Beschwerdefall greift daher die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG, wonach ein Asylwerber in einem "Dublinstaat" Schutz vor Verfolgung findet.
Zusammengefasst stellt daher eine strikte Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs und die damit verbundene Überstellung der Beschwerdeführerin nach Polen keinesfalls ein "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK oder des Art. 8 EMRK und somit auch keinen Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO dar.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.
3.3. Zur Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Polen (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Zu diesem Spruchpunkt sind im Beschwerdefall keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG ersichtlich, zumal weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist, noch die Beschwerdeführerin in Österreich über - die erwähnten Familienmitglieder hinausgehende - Verwandte verfügt, zu denen sie einen engen Familienbezug hätte. Zum Nichtvorliegen eines unzulässigen Eingriffes in Art. 8 EMRK wird auf die obigen Ausführungen zum Selbsteintrittsrecht verwiesen [Punkt 3.2.b)aa)]. Darüber hinaus sind auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG zu sehen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.