S1 402.025-1/2008/13E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Kammervorsitzenden Richter Dr. FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde des M. A., geb. 00.00.1990, StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. EMBACHER, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.10.2008, Zl. 08 07.524-EAST Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Behörde ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt.
Bei der polizeilichen Erstbefragung am 21.08.2008 anlässlich der Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz führte der Beschwerdeführer aus, er sei aus Afghanistan über den Iran und die Türkei nach Griechenland (zuletzt mit dem Boot) gekommen. In Griechenland wäre er am 02.07.2008 auf der Insel Lesbos von der Polizei aufgegriffen, auf der dortigen Polizeistation wären ihm die Fingerabdrücke abgenommen worden. Er hätte keinen Asylantrag gestellt, nach 5 Tagen sei er aufgefordert worden, innerhalb von 30 Tagen das Land zu verlassen und dann von der Polizei nach Athen gebracht worden. Dort wäre er 2 Wochen geblieben um dann selbstständig nach Patras zu fahren. Von dort wäre er nach 10 Tagen nach Italien weitergereist. Auf die Frage, was passieren würde, wenn er sinngemäß in das Land seines ersten Aufenthaltes in der Europäischen Union zurückkehren müsste, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe bis jetzt zu viel Geld ausgegeben, um nach Österreich zu kommen. Er wolle in Österreich leben (As 3-17 BAA).
1.2. Das Bundesasylamt hat am 26.08.2008 ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 10 Abs 1 VO 343/2003 an Griechenland gerichtet und wurde dieses mit am 18.09.2008 eingelangten Schreiben der griechischen Asylbehörde zustimmend beantwortet.
Das Schreiben endet mit dem Satz: "Please note that this person will be able to submit an asylum-application upon the arrival to our country if he/she wish to do so."
1.3. Der Beschwerdeführer wurde am 29.08.2008 im Sinne des § 29 Abs. 3 AsylG und § 28 Abs. 2 AsylG informiert (AS 49-53 BAA). In seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 03.10.2008 wurden dem Beschwerdeführer Feststellungen zur Lage in Griechenland mit Stand Juli 2008 vorgehalten. Er führte aus, dass er nach der Ankunft in Griechenland keinen Asylantrag stellen wollte und auch keine Fingerabdrücke abgegeben habe. Er wäre aber mit Gewalt dazu gezwungen und geschlagen worden, deswegen wäre er 5 Tage im Gefängnis gewesen. Er wäre krank gewesen und sei nicht behandelt worden. Danach sei er nach Athen gekommen und auf der Straße geblieben. Er hätte keine Unterstützung bekommen, zu Essen von Einrichtungen. Er hätte in Griechenland nicht bleiben wollen. Er hätte gesehen, dass Leute, die einen Antrag gestellt haben ohne Unterstützung auf der Straße gelebt hätten, dies hätte auch Personen betroffen, die aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nach Griechenland zurücküberstellt worden wären. Asylwerber hätten in solchen Situationen zu stehlen und Drogen zu verkaufen begonnen. In der Folge wäre er über Patras mit Hilfe von Schleppern nach Italien gelangt (vgl. AS 79-99 BAA).
1.4. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 08.10.2008, Zl: 08 07.524-EAST Ost, den Antrag auf internationalen Schutz des (nunmehrigen) Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 10 Abs. 1 Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates Griechenland zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.
1.5. Das Bundesasylamt hielt in seinem Bescheid fest, dass der Beschwerdeführer über die EU-Außengrenzen des Mitgliedstaaten Griechenland in den Bereich der Europäischen Union eingereist sei, woraus sich die Zuständigkeit Griechenlands ergebe. Er leide nicht an schweren Krankheiten und hätten auch keine relevanten familiären oder privaten Bindungen im Bundesgebiet festgestellt werden können. Zur Lage in Griechenland wurde auf im Akt befindliche Beweismittel und Quellen verwiesen, die dem Beschwerdeführer im Rahmen der Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Diesen sei vom Beschwerdeführer nicht entgegengetreten worden, daher seien sie der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen; im Ergebnis wäre der Beschwerdeführer nach Griechenland zu überstellen.
1.6. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass er persönliche Erlebnisse in Bezug auf Aufnahme, Asylantragsstellung und Verfahrensgarantien in Griechenland geschildert habe, die von der Erstbehörde nicht adäquat berücksichtigt worden wären. Ein norwegischer Bericht (nunmehr Beilage I der Verhandlungsschrift des Asylgerichtshofes vom 09.01.2009) zeige die katastrophale Situation des griechischen Asylwesens, es bestehe keine hinreichende Chance, Schutz in Griechenland zu erlangen. Dies hätte von der Erstbehörde näher geprüft werden müssen. Die Mehrheit aller Asylanträge würde von den zuständigen Behörden gar nicht registriert. UNHCR habe schwere Mängel im griechischen Asylsystem festgestellt. Griechenland besitze kein adäquates Aufnahmesystem. Norwegen habe in Ansehung der griechischen Zustände Überstellungen nach Griechenland ausgesetzt, auch aus anderen EU-Staaten lägen entsprechende gerichtliche Entscheidungen vor, die zum Teil angeführt wurden. Rechtlich wurde darauf hingewiesen, dass Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO zwingend anzuwenden sei. Das Amtswissen der Erstbehörde über die Situation in Griechenland sei nicht hinreichend gewürdigt worden. Die Abschiebung des Beschwerdeführers bedeutete eine Verletzung des Art. 3 EMRK. In einem wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
1.7. Mit hiergerichtlichem rechtskräftigen Beschluss des Asylgerichtshofes vom 22.10.2008 wurde dieser Beschwerde gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 aufschiebende Wirkung zuerkannt. Dabei führte der Asylgerichtshof aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren, er habe in Griechenland keinen Asylantrag stellen wollen, sei aber mit körperlicher Gewalt zur Abgabe von Fingerabdrücken gezwungen worden und seine im Wesentlichen allgemein gehaltenen Befürchtungen im Falle einer Rückkehr nach Griechenland, keine Unterstützung zu erhalten seien per se nicht so gehalten, dass neuerliche Erhebungen der Erstbehörde notwendig wären. Im konkreten Fall käme aber einerseits hinzu, dass die Erstbehörde auf das Vorbringen, Opfer körperlicher Übergriffe durch Staatsorgane geworden zu sein im Bescheid überhaupt nicht hinreichend eingegangen sei und andererseits in - zu diesem Zeitpunkt - aktuellen dem Asylgerichtshof notorischen Pressetexten von einer generellen Verweigerung der Entgegennahme von Asylanträgen in Griechenland die Rede wäre, was zumindest einer näheren Prüfung im Hinblick auf Relevanz im Verfahren nach der Dublin-II-VO bedürfe. Aufgrund dieser Umstände seien weitere Erwägungen des Asylgerichtshofes im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung des Beschwerdeführers gemäß Art. 3 EMRK bei seiner Rückkehr erforderlich.
1.8. Mit Schreiben vom 20.11.2008 übermittelte der Asylgerichtshof im Sinne einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG eine Auskunft der österreichischen Botschaft in Athen vom 30.10.2008 (nunmehr Beilage F der Verhandlungsschrift vom 09.01.2009) den Parteien. Daraus geht hervor, dass die Asylantragstellung in Athen nunmehr wieder möglich wäre. Das Bundesasylamt sah von einer Stellungnahme dazu ab, während der Beschwerdeführer am 26.11.2008 eine entsprechende Stellungnahme übermittelte. Darin wurde nicht bestritten, dass die Möglichkeit der Entgegennahme von Asylanträgen nun wieder bestehe, aber darauf hingewiesen, dass schon die bisherigen Zustände nicht zumutbar gewesen wären, worauf wiederum auf die nunmehrige Beilage I zur Verhandlungsschrift Bezug genommen wurde. Ferner wurde auf einen - die Rechtsposition des Beschwerdeführers stützenden - Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27.05.2008 verwiesen. Neuerlich wurde auch darauf hingewiesen, dass UNHCR eine Überstellung nach Griechenland nicht befürwortet. Zitiert wurde auch eine Aussage eines lokalen Vertreters von UNHCR Athen, wonach Griechenland die Genfer Flüchtlingskonvention verletze, weitere Zeitungsartikel vergleichbaren Inhaltes wurden beigelegt. Bezug genommen wurde ebenso auf die nunmehrige Beilage A zur Verhandlungsschrift. Aus all diesen Gründen wäre die Anwendung des Selbsteintrittsrechtes gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO zwingend erforderlich.
1.9. In der Folge führte der Asylgerichtshof am 09.01.2009 eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines nunmehrigen rechtlichen Vertreters, sowie eines Vertreters des Bundesasylamtes durch, welche folgenden Verlauf nahm:
"(...)
ER gibt einleitend zum Verlauf der heutigen Verhandlung bekannt, dass zunächst im ersten Teil der Verhandlung die persönlichen Umstände des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Griechenland mit diesem erörtert werden, und sodann in einem zweiten Teil relevante allgemeine Umstände der Lage in Griechenland.
Beginn der Befragung des BF
ER: Warum haben Sie nach Ihrer Ankunft in Lesbos (Mytilini) keinen Asylantrag gestellt?
BF: Während meines Aufenthaltes in der Türkei, habe ich bereits gehört, dass die Situation in Griechenland für Flüchtlinge sehr schlecht ist, dass dort kein Asyl gewährt wird und das der Umgang der Polizei mit den Flüchtlingen ebenfalls sehr schlecht ist. Als ich dann in Griechenland war, habe ich selbst erlebt, wie die Menschen dort mit uns umgegangen sind. Ich wollte dort von Anfang an keinen Asylantrag stellen.
ER: Wie spielte sich Ihr erster Kontakt mit den griechischen Behörden ab?
BF: Wir wurden dort von der Polizei festgenommen und in ein Zimmer gebracht; drei Tage lang haben wir uns dort aufgehalten. Nach drei Tagen kam die Polizei und erklärte uns, dass sie Fingerabdrücke von uns haben möchten. Wir haben uns geweigert, daraufhin wurde uns erklärt, dass wir in diesem Fall zurück in die Türkei geschickt werden würden. Nachdem uns die Fingerabdrücke genommen wurden, sind wir noch zwei Tage in diesem Zimmer geblieben, anschließend wurde uns erklärt, dass wir einen Monat Zeit haben, Griechenland zu verlassen.
ER: Gab es bei der Fingerabdruckabnahme irgendwelche außergewöhnlichen Umstände?
BF: Ich hatte viele Blasen an den Händen, diese waren in der Nacht, als ich nach Griechenland geschwommen bin, entstanden. Die Polizei hat mich gefragt, wie das passiert sei. Es gab dann keinen Dolmetscher, damit ich das erklären konnte. Sie dachten, ich hätte das absichtlich gemacht, damit meine Fingerabdrücke verfälscht werden. Deshalb wurden mir Ohrfeigen versetzt.
ER: Wie gelangten Sie in der Folge genau nach Athen?
BF: Die Polizei brachte uns zu einem Schiff. Sie verlangten dort Geld von mir, um mein Ticket zu bezahlen. Ich habe dort angegeben, dass ich kein Geld habe. Sie haben dann mit der Schiffsbesatzung gesprochen, die uns erlaubten, ohne ein Ticket mitzufahren. So kam ich nach Athen. Die Polizei hat uns gefragt, wo wir hingehen möchten. Ich habe angegeben, dass ich nach Athen möchte. So kam es dazu, dass wir zu dem Schiff gelangten.
ER: Schildern Sie bitte die genauen Umstände Ihres Aufenthaltes in Athen?
BF: In Athen gab es sehr viele Flüchtlinge. Wir haben keinen Aufenthaltsraum bekommen. Die Nächte habe ich im Park oder bei einer Kirche verbracht und gegessen haben wir auch in der Kirche. Ich meine damit, ich habe außerhalb der Kirche übernachtet. Es war eine gewöhnliche Kirche, dort wird aber vielen Flüchtlingen geholfen, zB, indem sie Essen bekommen. In Athen hielt ich mich 2 Wochen auf.
ER: Wie gelangten Sie in der Folge nach Patras?
BF: Ich bin mit dem Zug nach Patras gefahren, dort habe ich mit einem Schlepper gesprochen. Er brachte mich zu einem LKW, mit dem ich dann nach Italien gebracht wurde, das heißt, mit einer Fähre.
ER: Wo waren Sie in Patras aufhältig?
BF: In Patras war ich im Park oder an Kreuzungen aufhältig, bzw. habe ich dort geschlafen. Ich habe dort aus Karton mir einen Schlafplatz gemacht. Dort war ich 10 Tage.
ER: Welche Geldmittel hatten Sie in Griechenland dabei?
BF: Nein, ich hatte überhaupt kein Geld dabei. Als ich in Athen ankam, kontaktierte ich meine Familie im Iran. Sie haben mir dann Geld überwiesen auf ein Konto, das lief über Landsleute. Jedenfalls habe ich dann in Athen 1500 Euro auf diesem Wege erhalten.
ER: Waren Sie während Ihres Aufenthaltes in Griechenland alleine?
BF: Ich war niemals alleine, es waren immer andere Flüchtlinge bei mir und nicht nur Afghanen, auch Araber, oder dunkelhäutige Menschen. Es waren immer wechselnde.
ER: Haben Sie sich dort jemals während Ihres Aufenthaltes in Griechenland an Nicht-Regierungs-Organisationen um Hilfe gewandt?
BF: Ich war bei einer Hilfsorganisation und habe dort um Hilfe gebeten, in Athen. Sie haben mir dort sehr klar gesagt, dass sie mir nicht helfen können, weil sie keine Mittel dazu haben. Viele Flüchtlinge, die dort einen Asylantrag gestellt haben und eine rote Karte erhalten haben, übernachteten auf der Straße mit uns zusammen.
ER: Wissen Sie, wie genau diese Hilfsorganisation hieß?
BF: Nein, das weiß ich nicht genau.
ER: Ihre Angaben über Ihren Aufenthalt in Griechenland, die Sie bei Ihrer Einvernahme vor dem BAA, EAST-Ost am 03.10.2008 gemacht haben (As 95 bis 99 BAA) waren wesentlich umfangreicher als jene, die sie bei Ihrer polizeilichen Erstbefragung am 21.08.2008 getätigt hatten (As 7 bis 17 BAA). Insbesondere haben Sie bei Ihrer ersten Einvernahme weder davon gesprochen, von der Polizei geschlagen worden zu sein, noch erwähnten Sie, dass Sie Unterkunftsprobleme gehabt hätten und auch andere Asylwerber gesehen hätten, die keine Unterkunft gehabt hätten. Können Sie dies erklären!?
BF: Ich wurde von der Polizei danach nicht befragt. Die Fragen, die mir die Polizei gestellt hat, waren, wie ich nach Österreich gelangt bin und wie lange ich mich in Griechenland aufgehalten habe. Keine der Fragen bezog sich auf die Umstände in Griechenland.
ER: Haben Sie nicht daran gedacht, diese Umstände in Griechenland selbstständig zumindest zu erwähnen?
BF: Ich wurde am Anfang darauf hingewiesen, dass ich nur die Fragen zu beantworten habe, die mir gestellt werden. Deshalb gab ich keine Erklärung bezüglich meines Aufenthalts in Griechenland abgegeben.
ER verweist auf die letzte Frage, As. 13 und ersucht den BF um eine Stellungnahme zu der diesbezüglichen Antwort!
BF: Die Frage hat sich tatsächlich auf Griechenland bezogen. Ich habe aber auch angegeben, dass ich bei einer Rückkehr nach Griechenland festgenommen werde und dass mir die Polizei dort bereits gesagt hat, dass ich das Land verlassen müsste.
ER: Ist Ihnen das bei der Rückübersetzung nicht aufgefallen, dass Ihre diesbezüglichen Angaben nicht protokolliert worden sind?
BF: Es gab keine Rückübersetzung. Diesbezüglich bin ich mir ganz sicher.
ER: Wie genau haben Sie gesehen, dass in Griechenland auch jene, die einen Asylantrag gestellt haben ohne Unterstützung auf der Straße lebten!?
BF: Ja, ich habe sie selbst gesehen. Sie hatten zwar einen Antrag auf Asyl gestellt und haben auch eine rote Karte ausgestellt bekommen, jedoch merkte man keinen Unterschied zwischen ihnen und denjenigen, die keinen Asylantrag gestellt hatten. Sie lebten genauso auf der Straße, übernachteten in Parks oder am Straßenrand und es wurde ihnen auch nichts zu essen gegeben.
ER: Waren das Landsleute, haben Sie mit ihnen über deren Asylverfahren gesprochen?
BF: Es gab dort Leute, die bereits seit Jahren dort gelebt hatten und einen Antrag gestellt hatten. Ihnen wurde von Anfang an keine Unterkunft gewährt. Sie haben dann schwarz gearbeitet und haben so Geld verdient. Manche von ihnen haben dann als Schlepper gearbeitet. Es waren sehr viele Afghanen unter ihnen aber auch Araber und Pakistani. Die meisten von ihnen hatten aber keine Arbeit und sagten mir, dass es auch sehr schwierig sei, dort Arbeit zu finden.
ER: Wie genau haben Sie in Griechenland gesehen, dass jene Personen ohne Unterstützung zu stehlen und Drogen zu verkaufen begonnen haben?
BF: Ja, in Athen wurde sowohl gestohlen, Schlepperei betrieben aber auch mit Drogen gehandelt. Man wurde auf der Straße darauf angesprochen.
ER: Wie genau haben Sie gesehen, dass Personen, die aus anderen Ländern nach Griechenland zurückgeschoben worden sind, keine Unterstützung bekommen haben?
BF: Sie wurden in keiner Hinsicht unterstützt. Ich habe dort jemanden kennen gelernt, der aus Belgien abgeschoben worden war. Er erzählte mir, dass er einen Monat inhaftiert war und anschließend eine rote Karte bekam. Er lebte auch auf der Straße. Was er weiter machen wollte, weiß ich nicht. Dessen Namen weiß ich nicht mehr. Über diese Sache, habe ich mit sonst mit niemanden unterhalten, obwohl sehr viele solcher Personen dort waren.
ER: Haben Sie noch andere Beobachtungen in Griechenland gemacht, die Sie im gegenständlichen Verfahren angeben wollen?
BF: Da in Griechenland sehr viele Flüchtlinge leben, gibt es von der griechischen Regierung keine Hilfe und sie werden nicht unterstützt. Es gibt keine Versicherungen und gesundheitliche Versorgung. In Krankheitsfällen konnte man keinen Arzt besuchen.
ER: Hat sich bezüglich Ihrer familiären Situation (keine Angehörigen in Österreich oder anderen EU-Staaten) etwas Maßgebliches geändert?
BF: Der Enkel meiner Tante väterlicherseits lebt hier. Ihm wurde bereits Asyl gewährt.
ER: Wie ist Ihr Kontakt zu ihm?
BF: Wir haben telefonischen Kontakt und sehen uns ab und zu. Ich habe ihn noch nicht im vorangegangenen Verfahren erwähnt, weil sich die diesbezüglichen Fragen nur nach Geschwistern und Eltern und nicht nach weiteren Verwandten gerichtet hatten.
ER: Haben Sie Kontakt zu Ihren Eltern und Ihren Geschwistern im Iran?
BF: Seit ich in Österreich bin, habe ich keinen Kontakt zu ihnen aufgenommen. Meine Eltern haben mich aber schon zwei oder dreimal angerufen, sie sind noch im Iran.
ER: Wie ist ihr aktueller Gesundheitszustand?
BF: Gesundheitlich geht es mir gut.
ER: Den Parteien wird nun Gelegenheit eingeräumt, den Beschwerdeführer zu dem hier maßgeblichen Beweisthema (Aufenthalt in Griechenland) zu befragen. Es wird darauf hingewiesen, dass nicht entscheidungsrelevante oder sonst nicht geeignet erscheinende Fragestellungen (vergleiche auch VwGH 16.04.2002, Zl 99/20/0430) vom Verhandlungsleiter nicht zugelassen werden würden.
Der Verhandlungsleiter weist insbesondere den Vertreter des Bundesasylamtes darauf hin, dass das Bundesasylamt in seinem Bescheid vom 08.10.2008 die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers offensichtlich bejaht hatte.
BFV: Sie haben erwähnt, dass Sie bereits in der Türkei Informationen erhalten haben, dass das Asylverfahren in Griechenland sehr schlecht ist. Haben Sie diese Informationen nur von Schleppern erhalten oder haben Sie in der Türkei Personen getroffen, die schon aus Griechenland in die Türkei zurückgeschoben worden sind?
BF: Die Informationen haben wir von den Schleppern bekommen, abgesehen davon bin ich einer Gruppe von Afghanen dort begegnet, 6 Personen, die mir erzählt haben, dass sie von der griechischen Polizei aufgegriffen und zurück in die türkischen Gewässer gebracht wurden. Sie befanden sich in einem Schlauchboot. Im Schlauchboot haben die griechischen Polizisten ein Loch gemacht, damit die Luft nicht ausreicht, damit sie wieder in griechische Gewässer zurückkehren hätten können. Auch erzählten sie von den Umständen in Griechenland.
BFV: Bezüglich Ihres Aufenthaltes in Lesbos sprachen Sie von der Anhaltung in einem "Zimmer". War das ein Haftraum oder hätten Sie ohne weiteres auch aus diesem Zimmer herausgehen können?
BF: Das Zimmer konnten wir nicht verlassen, wir waren dort eingesperrt. Ein WC befand sich im Zimmer.
ER: Wie viele Leute waren in diesem "Zimmer" mit Ihnen angehalten? Können Sie die Größe und die Ausstattung dieses Raums beschreiben?
BF: Wir waren etwa 25 bis 30 Personen. Das Zimmer war relativ groß, aber es befand sich nichts darin. Es gab Matratzen, keine Polster aber Bettüberzüge, die wir als Kopfkissen verwendet haben. Im Vergleich zum heutigen Verhandlungssaal E118 war der Raum größer.
BFV: Ist Ihnen in dieser Haftsituation in Lesbos jemals - unter Verwendung eines Dolmetschers - gesagt worden, warum Sie dort festgehalten werden?
BF: Nein, es gab nie einen Dolmetscher.
BFV: Die von Ihnen erwähnte Ausreiseaufforderung, die Sie in Lesbos erhalten haben, war diese mündlich oder erhielten Sie ein schriftliches Dokument?
BF: Ich erhielt einen Bescheid, in dem mir bekannt gegeben wurde, dass ich innerhalb von 30 Tagen Griechenland verlassen müsste.
ER: War dieser Bescheid in griechischer oder englischer Sprache?
BF: Es war in griechischer Sprache.
ER: Was ist aus diesem Papier geworden?
BF: Ich habe es in Patras beim Einsteigen in den LKW vernichtet.
BFV: Haben Sie während Ihres Aufenthaltes in Griechenland auch Asylwerber getroffen, denen Unterkunft gewährt worden ist?
BF: Nein.
ER: Haben Sie nach dem Verlassen von Lesbos bis zu Ihrer Ausreise aus Griechenland noch jemals etwas mit der griechischen Polizei oder anderen griechischen Staatsorganen zu tun gehabt?
BF: In Patras wurden wir von der Polizei nicht in Ruhe gelassen und zwar insofern, dass wir von unserem Schlafplatz weggeschickt wurden, das mit der Begründung, wir dürfen hier nicht schlafen.
ER: Anlässlich dieser Kontrollen in Patras hat die Polizei von Ihnen Dokumente verlangt oder hat sie zB die erwähnte Ausreiseaufforderung überprüft?
BF: Nein.
Keine weiteren Fragen des BFV.
BAA: Sie erwähnten, Sie hätten in Athen einen "Dublin-Rückkehrer" aus Belgien getroffen; welche Nationalität hatte dieser Mann?
BF: Er war aus Afghanistan.
BAA: Wissen Sie genauer, wann dieser Mann aus Belgien nach Griechenland rücküberstellt worden ist?
BF: Damals, erzählte er, dass er einen Monat im Gefängnis verbracht hat und seit einer Woche mit einer roten Karte frei ist. Er wurde direkt nach seiner Überstellung am Flughafen in Haft genommen.
BAA: Bezüglich der 6 Personen aus Afghanistan, die Sie Ihren Angaben nach in der Türkei getroffen haben, nachdem diese von den griechischen Behörden gleich wieder in die Türkei zurück geschickt worden waren. Sie haben gesagt, dass diese Ihnen auch von den schlechten Zuständen in Griechenland erzählt haben. Wie war das möglich, wenn die 6 doch gar nicht griechisches Festland betreten haben?
BF: Sie hatten von den Umständen in Griechenland ebenfalls gehört und fanden eine Bestätigung für den schlechten Umgang der Polizei darin, dass sie in einem Schlauchboot aufgegriffen wurden und anstatt, dass man ihnen hilft, wurden sie zurück in die türkischen Gewässer gebracht. Außerdem hat die Polizei in Kauf genommen, dass sie ertrinken, da sie - wie schon gesagt - das Schlauchboot beschädigt haben.
BAA: Sie erwähnten, dass die Ausreiseaufforderung in griechischer Sprache verfasst war. Beherrschen Sie die griechische Sprache?
BF: Ich kann kein Griechisch, kein Wort.
BAA: Wer hat Ihnen dann die Aufforderung, das Land binnen eines Monats zu verlassen, übersetzt?
BF: Einer der afghanischen Männer sprach ein bisschen Englisch. Als die Polizei uns diese Aufforderungen übergab, erklärte sie deren Inhalt in englischer Sprache. Der etwas Englisch sprechende Afghane hat mir dann den Inhalt in meiner Muttersprache erklärt.
Keine weiteren Fragen BAA.
Ende der Befragung des BF
ER gibt bekannt, dass der erste Teil der Beschwerdeverhandlung vorläufig als beendet gilt und setzt die Verhandlung mit dem zweiten Teil fort.
ER unterbricht die Verhandlung von 11.20 bis 12.00 Uhr zwecks Erholungspause
ER trifft zum zweiten Teil der Verhandlung folgende einleitende Erwägungen:
Es entspricht der ständigen Rechtssprechung des Asylgerichtshofes ebenso wie der herrschenden Lehre (vgl. insbesondere Filzwieser/Liebminger, Dublin II-VO, Das europäische Asylzuständigkeitssystem, 2. Auflage zu Art. 3 Abs 2 Dublin II VO K7 bis K15), das Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO in jenen Fällen rechtlich zwingend angewendet werden muss, in denen die Überstellung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat die ernste Gefahr einer Verletzung des Art. 3 oder des Art. 8 EMRK nach sich ziehen würde. Gleiches kann in jenen Fällen gelten, in denen das zu Grunde liegende Konsultationsverfahren mit Willkür behaftet war. Zur Frage der Situation in Griechenland hat der Asylgerichtshof in verschiedenen Erkenntnissen, insbesondere aus Juli bis Oktober 2008, die Auffassung vertreten, dass zwar die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 aufgrund der Berichtslage erschüttert sein mag, das aber eine Einzelfallprüfung angezeigt ist und in einigen Fällen die Zulässigkeit einer Überstellung nach Griechenland zu bejahen ist. Eine Reihe dieser Entscheidungen ist vom Verfassungsgerichtshof zwischenzeitig (Ablehnung der dagegen gerichteten Beschwerden) bestätigt worden. Im Oktober 2008 langten Berichte ein, wonach die Stellung von Asylanträgen in Griechenland eine Zeit lang überhaupt unmöglich war, doch konnte seitens der österreichischen Botschaft in Athen Ende Oktober 2008 in Erfahrung gebracht werden, dass dieser Zustand beendet wurde. Aufgrund dieser Informationen und aufgrund anderer aktueller Berichte wurde seitens des Asylgerichtshofes in nachfolgenden Erkenntnissen (je nach Einzelfall) zumeist die Auffassung vertreten, dass es seitens der Erstbehörde erforderlich wäre, ihre Feststellungen zur Lage in Griechenland zu aktualisieren und eine umfangreichere Beweiswürdigung vorzunehmen. Diese Auffassung wird jedenfalls für den gegenständlichen Fall auch vom entscheidenden Richter des Asylgerichtshofes vertreten, weshalb zunächst aufschiebende Wirkung gewährt wurde und sodann, da auch durch das ergänzte Beweisverfahren keine Entscheidungsreife gewonnen werden konnte, (auch aus diesem Grund) die gegenständliche Verhandlung angesetzt worden ist. Die Frage des Umfangs der notwendigen Beweismittel und die Würdigung derselben stellt jedoch keine Rechtsfrage im Sinne des § 42 AsylG 2005 dar, weshalb kein Grundsatzentscheidungsverfahren einzuleiten war.
Soweit ersichtlich, stellt sich zum heutigen Zeitpunkt die Rechtssprechung der Gerichte in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als nicht gänzlich einheitlich dar. Die Rechtsprechung in Deutschland kann insgesamt als widersprüchlich angesehen werden, vergleicht man etwa die jüngsten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Beschluss vom 06.11.2008 - 13L1645/08.A) und ein gegenteiliges Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 01.12.2008 (Geschäftsnummer 12K727/08.F.A (2)). Der Oberste schwedische Gerichtshof für Migrationssachen hat mit Urteil von Ende Oktober 2008 zur Rechtssache UM2397-08 (eine deutsche Übersetzung liegt vor) erkannt, dass Überstellungen nach Griechenland in Einzelfällen zulässig sein sollen. In der Begründung wird insbesondere ausgeführt, dass der Oberste Migrationsgerichtshof festgelegt habe, dass es gewichtiger humanitärer Gründe bedürfe, um zu rechtfertigen von der Anwendung der Regeln zur Überführung abzusehen und gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO die schwedische Behörden die Prüfung des Asylantrages übernehmen zu lassen. Der schwedische Gerichtshof führte weiter aus, dass davon ausgegangen werden müsse, dass alle EU-Mitgliedsstaaten in der Lage seien und dies auch wollen, die Beschlüsse der Union zu verwirklichen. Werde Kritik gegen einen Mitgliedsstaat geübt, sei es in erster Linie, Aufgabe der EU, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Hierbei sei vor allem auf die Rolle der Kommission und des Europäischen Gerichtshofes hinzuweisen. Andererseits stellten die Verpflichtungen Schwedens nach der Europäischen Menschenrechtskonvention ein Hindernis dar, den Beschluss auf Überstellung nach der Dublin Verordnung auszuführen, wenn der Ausländer im Aufnahmeland Gefahr laufe, einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die im Widerspruch zur Art. 3 EMRK stehe. Es komme deshalb darauf an, dass sich die Asylbehörden versicherten, dass eine Überstellung nach der Dublin VO nicht den Verpflichtungen Schwedens zuwiderlaufe, die sich aus der EMRK ergeben. Der (schwedische) Gerichtshof führte weiter aus, dass das vorliegende Untersuchungsmaterial über das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Griechenland zeige, dass Griechenland Schwierigkeiten habe, mit der großen Zahl von Asylsuchenden, die nach Griechenland kämen, um zu gehen, und dass es Mängel im Asylverfahren gäbe. Ferner verwies der Oberste schwedische Gerichtshof für Migrationssachen darauf, dass während eines Besuches des schwedischen Migrationsamtes in Griechenland vom 21. bis 23.04.2008 jenes die Fälle von 26 zufällig ausgewählten Asylsuchenden überprüft hätte, die von Schweden nach Griechenland überstellt worden waren. Aus Informationen, die Griechenland an die schwedische Delegation übergeben habe, gehe hervor, dass sämtliche Personen nach ihrer Überstellung nach Griechenland, Zugang zum griechischen Asylverfahren erhalten hätten. Hingewiesen wurde ferner auf die neue griechische Präsidialverordnung Nummer 90/2008 zur griechischen Rechtslage an die Asylverfahrensrichtlinie, insbesondere auf die Rolle von UNHCR und jene der zweiten Instanz. Zusammenfassend wurde im Einzelfall festgestellt, dass die Überstellung des Antragsstellers nach Griechenland zulässig sei. Es seien keine so gewichtigen humanitären Gründe glaubhaft gemacht worden, die eine Ausnahme von den zwingenden Zuständigkeitskriterien der Dublin II VO erforderlich machten.
Im Vereinigten Königreich hatte der Court of Appeal mit Urteil von 14.05. 2008 ([2008] EWCA Civ 464, Nasseri) ebenso die Überstellung von Asylwerbern nach Griechenland im Rahmen der Dublin II VO für zulässig erachtet, wobei sich der englische Gerichtshof insbesondere davon versichert hatte, dass Griechenland keine Abschiebungen in Herkunftsländer wie Afghanistan oder den Irak durchführe (dies unabhängig von dem Ausgang des Asylverfahrens). Gegen dieses Erkenntnis wurde Beschwerde an das britische Höchstgericht, das House of Lords erhoben und hat der Asylgerichtshof in Erfahrung gebracht, dass das House of Lords in dieser Sache für den 16.03.2009 eine mündliche Verhandlung angesetzt hat.
Was die gegen Griechenland von der Europäischen Kommission angestrengten Verfahren betrifft, hat die Kommission zwischenzeitig ihre zu C-130/08 vor dem EuGH anhängig gewesene Klage im Zusammenhang mit Art. 16 Abs. 1 lit. d Dublin II VO zurückgezogen. Eine öffentliche Erklärung der Europäischen Kommission, in der sie etwa Bedenken im Zusammenhang mit dem griechischen Asylverfahren äußern würde, liegt zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor. Dass Art. 31 des Vorschlags der Europäischen Kommission zur Neufassung der Dublin II VO ("Temporary suspension of transfers") derzeit einen Bezug zu Griechenland hätte, kann nicht gesagt werden.
Was den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte betrifft, sind derzeit keine Verfahren öffentlich bekannt, in denen dieser Gerichtshof vorläufigen Rechtsschutz im Bezug auf geplante Überstellungen nach der Dublin II VO nach Griechenland gewährt hätte (Diskussion der Beilage M siehe unten).
Die Position des UNHCR zu Überstellungen nach Griechenland (von diesen sollte abgeseehen werden) aus April 2008, die von UNHCR Nürnberg Anfang Dezember 2008 bekräftigt wurde, kann als notorisch angesehen werden. Der Asylgerichtshof hat in einer Anfrage von Ende Oktober 2008 UNHCR Österreich ersucht, zu Äußerungen von UNHCR Athen die auf eine unzumutbare Überlastung des griechischen Asylverfahrens deuten, Stellung zu nehmen, doch ist eine Antwort bis dato nicht eingelangt.
Ein Vergleich der Anerkennungsquoten in Griechenland aus den vorhandenen UNHCR-Statistiken zeigt, dass die Anerkennungsquoten sehr gering sind, die Unterschiede zu anderen europäischen Staaten sind mehr oder minder unterschiedlich ausgeprägt.
Unter all diesen Prämissen sieht sich der Asylgerichtshof im gegenständlichen Verfahren daher auch veranlasst, folgende vier Beweisthemen mit den Parteien zu erörtern, da derzeit jedenfalls nicht mit hier hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass diese Beweisthemen auch im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevant sein können:
Faktischer Zugang zum Asylverfahren in Griechenland nach einer Rücküberstellung nach der Dublin II VO.
Hierbei ist der Asylgerichtshof bisher davon ausgegangen, dass eine solche im Regelfall gewährleistet ist.
Vertritt Griechenland im Bezug auf bestimmte Asylwerber oder Allgemein unzumutbare rechtliche Sonderpositionen? Besteht die Gefahr einer Non-Refoulement-Verletzung?
Hierbei ist die geringe Anerkennungsquote in Griechenland, auch im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, auffällig. Gewicht kommt hierbei nach der vorläufigen Einschätzung des Asylgerichtshofes auch der Frage zu, in wie weit die Möglichkeit der Korrektur negativer Erstentscheidungen durch die zweite Instanz tatsächlich besteht und ob die zweite Instanz den rechtlichen Anforderungen an eine solche überhaupt rechtlich und faktisch entspricht. Ferner erscheint besonders relevant, ob es Fälle gibt, in denen Personen ohne rechtskonformes (Asyl) Verfahren in Herkunftsstaaten wie Irak oder Afghanistan abgeschoben werden.
Besteht für Asylwerber, die gemäß der Dublin II VO nach Griechenland rücküberstellt werden, in der Regel eine hinreichende Versorgung? Kann von einer generellen Verweigerung einer Versorgung gesprochen werden? Welche Informationen bestehen über Aufnahmezentren? Wird auf vulnerable Asylwerber in irgendeiner Weise Rücksicht genommen?
Hierbei erachtet der Asylgerichtshof zum derzeitigen Zeitpunkt die Berichtslage zumindest in einigen Punkten aber bedenklich. Für eine allgemeine Erheblichkeit im Rahmen des Art 3 EMRK wäre ein systematischer Ausschluss von Versorgungsleitungen erforderlich. Ansonsten wäre jedenfalls eine besonders sorgfältige Einzelfallprüfung erforderlich.
Üben die griechischen Staatsorgane und hier insbesondere die griechische Polizei systematische Übergriffe gegen Asylwerber aus, die den Schutzbereich des Art. 3 EMRK berühren?
Hierbei geht der Asylgerichtshof zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass dies nicht der Fall ist.
ER gibt bekannt, dass der folgenden Erörterung der vier eben dargelegten Themenkomplexe folgende Quellen zu Grunde gelegt werden, sofern diese nicht bereits Aktenbestandteil sind:
Beilage ./A zur Verhandlungsschrift, Bericht Pro Asyl, Karl Kopp vom 13.11.2008 "The situation in Greece is out of control".
Beilage ./B, Human Rights Watch, November 2008, "Stuck in a Revolving Door", insb. Kapitel V, XI-XVIII
Beilage ./C, Schwedisches Migrationsamt, Bericht über den Besuch in Griechenland vom 21.-23.04.2008 (in dt. Übersetzung)
Beilage ./D, Auskunft des Greek Council of Refugees an Staatendokumentation zur Frage von Polizeiübergriffen in Griechenland (vom 19.02.2008)
Beilage ./E, Schreiben der griechischen Asylbehörde vom 11.07.2008 zum Umgang mit UMF und allgemeinen Fragen
Beilage ./F, Schreiben der ÖB Athen vom 30.10.2008 zum Zugang zum Asylverfahren
Beilage /G, Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 09.04.2008
Beilage ./H, Pressemitteilung von Medecins du Monde vom 09.09.2008
Beilage ./I, NOAS, A Gamble with the Right to Asylum in Europe, März 2008
Beilage ./J, BBC News, 22.04.2008, Greece challenges asylum critics
Beilage -/K, USDOS, Human Rights Report Greece, März 2008
Beilage ./L BAMF, Dienstreisebericht Griechenland vom 03.12.2008
Diese Quellen werden den Parteien im Volltext übergeben.
ER ersucht Parteien zu diesem Zeitpunkt um Vorlage allfälliger bereits vorhandener weiterer für die angesprochenen Beweisthemen relevanter Beweismittel.
BFV: Ich möchte die aktuelle Sichtweise von UNHCR vom 01.12.2008 vorlegen.
ER gibt bekannt, dass dieses Dokument dem Asylgerichtshof bekannt ist.
BFV: Keine weiteren Beweismittel.
BAA legt vor:
Beilage M zur Verhandlungsschrift, Zulässigkeitsentscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 11.12.2008, Rechtssache 32733/08, in welcher die Rücküberstellung eines Asylwerbers nach Griechenland der Sache nach für zulässig erklärt wird, zum Beweis des Vorbringens des BAA.
Beilage N zur Verhandlungsschrift, Auskunft des Greek Council of Refugees vom 24.12.2008 an die Staatendokumentation des Bundesasylamtes, zentral zur Frage der Versorgung von Asylwerbern in Griechenland.
Kopien von Beilagen M und N werden dem BFV übergeben.
BAA verweist ferner auf eine Mitteilung des norwegischen Ministeriums für Arbeit und soziale Inklusion vom 21.07.2008 betreffs der Wiederaufnahme von Überstellungen aus Norwegen nach Griechenland, mit der Ausnahme von Anträgen von Familien mit Kindern.
ER gibt bekannt, dass dieses Dokument dem Asylgerichtshof bereits bekannt ist.
Derzeit keine weiteren Beweismittel seitens der Parteien.
ER an BAA: Wie stellen sich die Beziehungen des BAA zur griechischen Asylbehörde dar?
BAA: Soweit mir bekannt ist, herrscht eine normale Arbeitsbeziehung des österreichischen Bundesasylamtes zur erstinstanzlichen griechischen Asylbehörde.
ER an BAA: Ist es Ihnen möglich, Stellungnahmen der griechischen Asylbehörde zu allfälligen offenen Fragen einzuholen? In den letzten Monaten sind dem Asylgerichtshof weder aus Konsultation der Staatendokumentation, noch aus den Verfahren entsprechende Äußerungen bekannt?
BAA: Meines Wissens sollte es grundsätzlich möglich sein solche Stellungnahmen einzuholen. Eine konkrete Stellungnahme aus letzter Zeit ist mir nicht bekannt. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass sich die Staatendokumentation des Bundesasylamtes Anfragen an den Greek Council of Refugees bedient, der mit den griechischen Behörden regen Kontakt pflegt. Diese Institution wäre etwa mit dem österreichischen Integrationsfonds zu vergleichen.
ER an BAA: Welche Vorgangsweise pflegt das BAA zur Zeit nach Zurückverweisungen des Asylgerichtshofes gemäß § 41 Abs 3 AsylG in Fällen mit Bezug auf Griechenland?
BAA: Die Staatendokumentation erhält in solchen Fällen den Auftrag aufgrund der namhaft gemachten inhaltlichen Mängel ergänzende Recherchen durchzuführen. Des Weiteren wurden vor kurzem seitens der Grundsatz- und Dublinabteilung des Bundesasylamtes die "Feststellungen" des Bundesasylamtes zu Griechenland in Bezugnahme auf die Beilagen A und B der Verhandlungsschrift, aber auch unter Berücksichtigung der Beilage M zur Verhandlungsschrift, aktualisiert.
ER an BAA: Verfügt das BAA zur Zeit über Ausarbeitungen/Gutachten/Erkenntnisse der Staatendokumentation, die den Anforderungen von VwGH 2007/10/0279 vom 11.11.2008 entsprechen?
BAA: Die jetzigen Feststellungen des BAA entsprechen nach meiner Auffassung allen diesbezüglichen Richtlinien, die insbesondere in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz, UNHCR und dem Staatendokumentationsbeirat erarbeitet wurden. Das erwähnte Judikat des Verwaltungsgerichtshofs bezieht sich meiner Auffassung primär darauf, dass in einer Auskunft der Staatendokumentation aus 2006 ältere Berichte nicht mitberücksichtigt wurden und steht daher dieses Erkenntnis aus meiner Sicht mit dem vom VwGH an anderer Stelle aufgestellten Aktualitätsgebot nicht im Einklang.
ER an BAA: Hat das BAA jemals beabsichtigt oder beabsichtigt das BAA eine Aussetzung von Überstellungen nach Griechenland (uU in Bezug auf bestimmte Personengruppen) vorzunehmen?
BAA: Mir ist solches nicht bekannt. Es ist darauf hinzuweisen, dass derzeit alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Überstellungen nach Griechenland durchführen. Norwegen, Schweden, die Niederlande und Dänemark führen keine Rücküberstellungen in Bezug auf unbegleitete Minderjährige durch. Norwegen führt darüber hinaus keine Rücküberstellungen von Familien durch.
ER eröffnet Erörterung des Themenkomplexes 1
BFV: Zunächst möchte ich darauf hinweisen, (dass) zum Asylverfahren sämtliches bisheriges Vorbringen im Verfahren aufrecht bleibt. Bezüglich des Zugangs scheint mir der Schluss unzulässig, dass aus den dokumentierten Fällen, bei denen ein Zugang erfolgt ist, gefolgert werden kann, dass ein genereller Zugang besteht. Viel interessanter wäre es, Fälle zu überprüfen, in denen Rücküberstellte nicht mehr im Asylverfahren aufscheinen. Ich bezweifle, dass es hier zu einer freiwilligen Rückkehr kommt. Aus meiner Sicht ist der Zugang nicht lückenlos gewährleistet.
BAA: Ich möchte primär darauf hinweisen, dass der Beschwerdeführer keinen Asylantrag in Griechenland gestellt hat und dass in der griechischen Zustimmungserklärung an Österreich ausdrücklich davon die Rede ist, dass er im Falle einer Rückkehr nach Griechenland einen Asylantrag stellen kann.
ER an BAA: In den dem Verfahren zu Grunde gelegten Beweismitteln ist unter anderem von einem Fall die Rede, in welchem es trotz des Vorliegens einer solchen Zusicherung zu Schwierigkeiten bei der Antragsstellung in Griechenland gekommen ist. Nehmen Sie dazu Stellung!
BAA: Natürlich kann man nicht ausschließen, dass es bei 13.000 Verfahren in Griechenland bei Einzelfällen zu Schwierigkeiten kommt. Das wäre auch in Österreich möglich. Mehr ist mir dazu nicht bekannt.
BFV: Ich möchte in diesem Zusammenhang die Frage aufwerfen, ob Dublin Rücküberstellte eine andere Behandlung zu erwarten hätten, als normale Antragssteller. Solches ist mir aus den Berichten nicht eindeutig ersichtlich und gehe ich davon aus, dass das nicht so ist. Hier stellt sich auch die Frage nach der drohenden Festnahme und Anhaltung, die ich in dieser allgemeinen Form jedenfalls als rechtswidrig erachten würde.
BAA: Ich verweise dazu insbesondere auf Beilage L der Verhandlungsschrift. Hier wird auf den ersten beiden Seiten die Vorgangsweise bei Dublin Rücküberstellungen dargestellt. Insbesondere auf der zweiten Seite wird ausgeführt, dass während des Erstaufenthaltes auf den Flughaften bereits eine Unterkunft gesucht wird. Hinzu kommen die Ausführungen auf der vorletzten Seite der Beilage L, wo davon die Rede ist, dass Unterkunftsprobleme für Rücküberstellte nicht existieren.
ER an BAA: Unbestrittenermaßen geht aus den Berichten, Beilagen A und B der Verhandlungsschrift hervor, dass Rücküberstellte obdachlos geworden sind. Ist das Bundesasylamt der Auffassung, dass diese Berichte (bewusst) unwahr sind oder handelt es sich Ihrer Auffassung nach um "Einzelfälle", denen die erwähnten Versicherungen der griechischen Behörden gegenüberzustellen sind?
BAA: Vorausschicken möchte ich, dass sowohl die Aussagen der griechischen Behörden und des griechischen Flüchtlingsrates, die in der Beilage L zitiert werden, aber nunmehr auch die Beilage N (Schreiben des Greek Council of Refugees an die Staatendokumentation - insbesondere Fragebeantwortung 3) belegen, dass es nicht zu einer generellen Obdachlosigkeit von Rücküberstellen Personen kommt. So ist in der Beilage N davon die Rede, dass es die größten Unterbringungsschwierigkeiten derzeit bei 50 Familien gebe. Dublin-Rücküberstellte werden aber nicht gesondert erwähnt. Was den Bericht von Pro Asyl betrifft, halte ich ihn nicht per se für unglaubwürdig, es ist aber zu bedenken, dass derartige Berichte mit anderen Intentionen erstellt werden und diese Berichte dann oftmals widerlegt werden. Dies betraf auch einen Pro Asyl Bericht zu Polen. Grundsätzlich ist bei einer Antragszahl von ungefähr 13.000 Asylwerbern in Griechenland (die Zahlen sind je nach Bericht schwankend) die erwähnte Anzahl von 100 Obdachlosen nicht Beleg für eine generelle Unterkunftsverweigerung. Es müssen auch die Gründe für die Obdachlosigkeit genau erforscht werden.
ER an BAA: Dennoch bleibt auch aus Beilage N das Faktum, dass 12.000 Asylanträgen 900 Unterbringungsplätze gegenüberstehen!?
BAA: Hier ist aber von Unterbringungsplätzen, vergleichsweise wie Erstaufnahmezentren in Österreich, die Rede. Auch in Österreich gibt es in den beiden Erstaufnahmestellen derzeit nur ungefähr 1200 Unterbringungsplätze. Beilage L erwähnt ja auch die Möglichkeit der Unterbringung in Hotels oder Mietwohnungen.
BFV: Die Beurteilung der Pro Asyl Berichte ist natürlich offen, es ist aber auf eine richtige Zitierung betracht zu nehmen: So spricht Seite 7 des Berichtes von 100 Obdachlosen der höchsten Prioritätsstufe und sei das nur ein "kleiner Ausschnitt" der zugespitzten Situation. Dies deckt sich ja auch mit Antwort 3 der Beilage N. Hier ist auch die Rede von "the biggest problem" was keinesfalls ausschließt, dass es andere schwerwiegende Problemlagen gibt. Vergleiche mit der Belagszahl in den österreichischen Erstaufnahmestellen mögen zwar der Zahl nach zutreffend sein, doch könnte Österreich zweifellos genau angeben, wie viele Personen anderswo versorgt werden. Was dagegen Griechenland betrifft, wird nur vage von solchen anderen Unterbringungsmöglichkeiten gesprochen, wird dies aber nirgendwo im Detail belegt. Ebensowenig lässt sich aus den Berichten erkennen, dass die 900 Plätze nur für Personen unmittelbar nach der Antragsstellung bereitstehen würden.
BAA: Wenn der Bericht Beilage A von 100 Obdachlosen spricht, sind darin tatsächlich die 50 Familien in der Beilage N gemeint, wobei in der Beilage N von einer Wartezeit von 2 Monaten die Rede ist. Noch einmal möchte ich darauf verweisen, dass, wenn Obdachlosigkeit von Asylwerbern tatsächlich die Regel wäre, dies bei 13.000 bis 23.000 Antragsstellern dazu führen müsste, dass Obdachlose quasi überall zu sehen wären. Dies ergibt sich aber weder aus dem schwedischen noch aus dem aktuellen deutschen Bericht und spricht auch UNHCR nicht von einer Obdachlosigkeit eine einem derartig dramatischen Ausmaß.
Schriftführerin Frau B. statt B. ab 13.20.
BFV: Ganz im Gegenteil, sind die Ausführungen von UNHCR von April 2008 (Punkt 20) eindeutig, wenn sie von einer sehr schlechten Unterbringungssituation sprechen. In der Stellungnahme von 1.12.2008 wird noch von einer Verschärfung der Überlastungssituation in Griechenland gesprochen!
BAA: Genaue Quellen für diese Einschätzung, die UNHCR auch gegenüber der deutschen Delegation (Beilage L, vorletzte Seite) wiederholt hat, wurden aber von UNHCR nicht genannt. Auch die vom BFV erwähnte allgemeine negative Einschätzung in Beilage A zur Überbringungssituation wurde von diesem nicht genau belegt; siehe auch Beilage C.
Schriftführerin Frau B. ab 13.30.
ER schließt vorläufig Erörterung des Themenkomplexes 1
ER eröffnet Erörterung des Themenkomplexes 2
BFV: Ich bin weiterhin der Auffassung, dass das griechische Asylverfahren mit derart qualifizierten Mängeln behaftet ist, dass die Rechtsstaatlichkeit nicht gewährleistet ist und aus diesem Grund Rücküberstellungen nach der Dublin II VO nicht erfolgen sollten. Mir sind zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Einzelfälle bekannt, aus denen schwerwiegende Mängel an Einzelfällen belegbar wären. Ich will aber nicht ausschließen, dass es möglich wäre, solche Fälle, so dies entscheidungsrelevant wäre, ausfindig zu machen. Es ist aber klar festzuhalten, dass in den Berichten neben Afghanistan als Herkunftsländern von Asylwerbern immer wieder vom Irak, von Iran, Somalia und dem Sudan die Rede ist und es kaum vorstellbar erscheint, dass diese 5 sehr problematischen Länder nur 1 bis 2 % der Antragssteller in Griechenland darstellen würden. Daher lässt sich meiner Ansicht die geringe Anzahl der Asylanerkennungen nicht mit einer angeblich sehr hohen Zahl von Asylwerbern aus Pakistan und Bangladesch rechtfertigen. Was die behaupteten Verbesserungen des griechischen Asylsystems in letzter Zeit betrifft, ist deren Nachhaltigkeit jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht belegt. UNHCR übt ja auch in seiner letzten Stellungnahme vom 01.12.2008 unverändert Kritik am griechischen Asylwesen. Was die Frage von möglichen Refoulementverletzungen durch direkte Abschiebungen nach Irak oder Afghanistan betrifft, sind mir solche Fälle im Bezug auf in Griechenland aufhältige Asylwerber zur Zeit nicht bekannt. Was die Situation an der griechisch-türkischen Grenze betrifft, kann nur auf die heutigen Angaben des BF verwiesen werden.
BAA: Zunächst möchte ich zum Zugang zum Verfahren auf die Entscheidung des EGMR, Beilage M, verweise, in der ein solcher ausdrücklich bejaht wird. Diese Entscheidung steht auch in Übereinstimmung mit der schon erwähnten Judikatur des obersten schwedischen Migrationsgerichtes vom 28.10.2008 und der ebenso bereits erwähnten Entscheidung des englischen Court of Appeal vom 14.05.2008. Zur Frage der geringen Anerkennungsquote verweist das BAA grundsätzlich auf VwGH, 31.05.2005, Zahl 2002/20/0095. Zum Asylverfahren in Griechenland selbst ist auf die Beilagen N und L zu verweisen, aus denen sich insbesondere ergibt, dass eine dritte Instanz, nämlich der griechische Staatsrat ebenso eingerichtet ist. Eine Gefahr der Verletzung des Refoulementgebotes wird seitens des BAA ebenso nicht gesehen. Der EGMR hat im vorgelegten Urteil vom 11.12.2008, Beilage M, ausdrücklich ausgeführt, dass Griechenland laut der dem EGMR zur Verfügung stehenden Berichtslage keine Menschen in den Iran oder nach Afghanistan oder in andere Herkunftsstaaten von Asylwerbern abschiebt. Auch UNHCR hat, wie aus Beilage L hervorgeht, ausgeführt, dass eine Verletzung des Refoulementgebotes zur Zeit nicht zu befürchten ist.
BFV hält fest, dass die Unzulässigkeitsentscheidung des EGMR auf die Versorgungslage nicht eingeht. Die vom Vertreter des BAA gezogenen weitreichenden Schlüsse hinsichtlich der Nichtabschiebung von Personen in die erwähnten Herkunftsstaaten sind seiner Ansicht nicht ausreichend belegt, siehe nur die Ausführungen des EGMR auf Seite 18 des zitierten Urteils, in der er den Beschwerdeführer auf Rechtsmittel zu einem späteren Zeitpunkt verweist.
ER schließt vorläufig Erörterung des Themenkomplexes 2
Einvernehmlich wird festgehalten, dass Themenkomplex 3 bereits im Rahmen der Diskussion zu Themenkomplex 1 behandelt wurde.
ER schließt vorläufig Erörterung des Themenkomplexes 3
ER eröffnet Erörterung des Themenkomplexes 4
BFV: Hiezu gibt es Beweismittel. Ich lege als weitere Beilage O zur Verhandlungsschrift eine Darstellung von ACCORD vom 03.03.2008 vor, in welcher solche Misshandlungsfälle zumindest bis zu diesem Zeitpunkt dokumentiert sind. Ich verweise auch auf entsprechende Angaben von Asylwerbern in ihren Einvernahmen in Österreich, welche Übergriffe durch staatliche Organe schildern. Ich komme daher zu dem Schluss, dass von systematischen Übergriffen zu sprechen ist, zu Grunde liegend das Verständnis, dass "systematisch" bedeutet, dass Asylwerber jedenfalls einem erhöhten Risiko solcher Übergriffe ausgesetzt sind. Nach der derzeitigen Berichtslage ist davon auszugehen, dass es keine disziplinarrechtlichen oder strafrechtlichen Konsequenzen für solche Übergriffe gibt. Zur Beilage D gebe ich diesbezüglich zu bedenken, dass die Formulierung vage erscheint.
BAA: Das Bundesasylamt vertritt nicht die Auffassung, dass es in Griechenland zu systematischen Übergriffen kommen würde. Die Beilage O ist zunächst nicht aktuell. Jene zwei darin enthaltenen Berichte, die aus dem Jahr 2008 stammen, zitieren Einzelfälle. Amnesty International schreibt darin selbst, dass die griechischen Behörden Nachforschungen zu den zitierten Einzelfällen begonnen hätten. Die Möglichkeit von Beschwerden gegen Übergriffe im Rechtsweg ergibt sich auch aus der Beilage N zur Verhandlungsschrift. Ich verweise auch in diesem Zusammenhang auf die zitierte Judikatur des EGMR, des schwedischen Migrationsobergerichtes und des Court of Appeal, in welcher eine systematische Vorgangsweise von Übergriffen gleichfalls nicht bejaht wird.
ER schließt vorläufig Erörterung des Themenkomplexes 4.