E10 308.158-1/2008-14E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. R. ENGEL als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Fr. DUTZLER über die Beschwerde des I.S., geb. am 00.00.1969, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.11.2006, FZ. 05 13.787-BAW, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF, BGBl. I Nr. 129/2004 iVm § 75 Abs. 1 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von I.S. in die Republik Armenien nicht zulässig ist.
Gemäß §§ 8 (3) iVm 15 (2) wird I.S. eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres erteilt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Asylgerichtshof nimmt den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen an:
I.1. Bisheriger Verfahrenshergang
I.1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Armenien, brachte am 01.09.2005 beim Bundesasylamt (BAA) einen Antrag auf Gewährung von Asyl ein. Dazu wurde er von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid vollständig wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.
Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der BF im erstinstanzlichen Verfahren im Wesentlichen vor, er hätte in Armenien mit seiner damaligen Frau eine gemeinsame Tochter, die Schwiegereltern wären aber gegen eine Heirat gewesen und die Tochter hätte den Namen der Frau bekommen. Weiters stamme er aus einer gemischt armenisch-aserischen Ehe und wäre. Im Oktober 1992 wäre er von sechs bis sieben jungen Männern niedergeschlagen worden, worauf er Armenien verlassen hatte und sich in der Russischen Föderation aufhielt, wo er seine Lebensgefährtin, Frau S.N., am 00.00.1970 geb., welche ebenfalls als Asylwerberin in Österreich aufhältig ist, kirchlich heiratete. Eine staatliche Ehe wurde nicht abgeschlossen. Da er in Moskau mit Polizisten Probleme bekommen hätte, wäre er weiter nach Österreich gereist.
I.1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.11.2006 Zahl: 05 13.787-BAW (in weiterer Folge als "angefochtener Bescheid" bezeichnet) wurde der Asylantrag des Berufungswerbers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I). Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt II). Gemäß § 8 Abs. 2leg. cit. wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat ausgewiesen (Spruchpunkt III).
I.1.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF in Bezug auf die vorgebrachten Übergriffe als unglaubwürdig und führte hierzu aus:
"... Im Asylverfahren ist es aber nicht ausreichend, dass der Antragsteller Behauptungen aufstellt, sondern muss er diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, den Handlungsabläufen und den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch der Antragsteller persönlich glaubwürdig auftreten.
Die Aussagen des Antragstellers entsprechen aber diesen Anforderungen nicht. Er beschränkte sich auf abstrakte und allgemein gehaltene Darlegungen, konkrete oder detaillierte Angaben konnte dieser - trotz Nachfrage - nicht machen und ist das Vorbringen des ASt zu dessen Fluchtgründen auch nicht nachvollziehbar.
Zentrales Vorbringen des ASt ist, dass er in Armenien aufgrund seiner mütterlicherseits bestehenden aserbaidschanischen Herkunft einer Verfolgung von Seiten der Bevölkerung ausgesetzt gewesen sei und er diese vor allem für den Fall einer Rückkehr nach Armenien befürchte. Er würde sich deshalb auch schon seit 1992 in der Russischen Föderation aufhalten.
Zunächst ist es dabei absolut nicht nachvollziehbar, warum in Armenien bekannt sein sollte, dass die Mutter des ASt aserbaidschanischer Herkunft ist, wo doch der ASt selbst angibt, dass er weder moslemischen Glaubens ist noch Azeri spricht und er ferner seinen Angaben zufolge auch über einen armenischen Reisepass verfügt. Allein deshalb müsste es ihm möglich sein, unbehelligt in Armenien leben zu können. Vor allem ist auch zu beachten, dass der ASt seinen Angaben zufolge seit 1992 in der Russischen Föderation gelebt hätte und ist daher keinesfalls nachvollziehbar, warum er nach diesem langen Zeitraum noch immer einer Verfolgung in Armenien ausgesetzt sein sollte und widerspricht das Vorbringen des ASt auch der tatsächlichen Lage in Armenien.
Nicht plausibel ist ferner, warum die russische Polizei den ASt nach Armenien "deportieren" bzw. ihn zur Ausreise aus der Russischen Föderation auffordern hätte sollen, obwohl man vorher seinen armenischen Reisepass zerrissen hätte - was den entsprechenden Intentionen der Polizei ja geradezu widersprechen würde. Doch ungeachtet dessen erscheint es keinesfalls logisch, woher die russischen Behörden von der vorgegebenen aserbaidschanischen Herkunft des ASt - ja sogar vom Vorhandensein einer Tochter in Armenien wissen hätten sollen. Der ASt gibt ja selber an, dass er jahrelang keinen Kontakt zu seiner Tochter mehr gehabt hätte und dass diese auch den Namen ihrer Mutter tragen würde - womit umso unglaubwürdiger ist, dass die russischen Behörden davon Kenntnis haben sollten.
Dem ASt wäre es ferner wohl ein leichtes gewesen, sich erneut einen armenischen Reisepass über die armenische Botschaft ausstellen zu lassen. Überhaupt ist zum vorgegebenen Aufenthalt des ASt in der Russischen Föderation anzugeben, dass der ASt diesbezüglich zwar einen russischen Führerschein sowie eine (im Übrigen von seinem Bruder ausgestellte) Arbeitsbestätigung und eine schlecht leserliches Fax des sowjetischen Reisepasses seiner Mutter (sowie des Reisepasses seines Bruders) vorgelegt hat, es sich dabei aber nur um Kopien bzw. ein Fax handelt und allein aus der Vorlage dieser Dokumente auch nicht abgeleitet werden kann, dass sich der ASt selbst tatsächlich seit 1992 durchgehend in der Russischen Föderation aufgehalten hat.
Aus dem vorgelegten Fax scheint zur Nationalität der Mutter des ASt zwar Aserbaidschan (Geburtsort Tbilisi) auf, jedoch hat der ASt ja selbst angegeben, seine Mutter wäre Armenische Staatsbürgerin, also müssten jedenfalls auch aktuelle Dokumente vorhanden sein, die dies bestätigen könnten. Somit kommt dem Vorbringen des ASt aus diesen vorgelegten "Beweismitteln" keinesfalls mehr Glaubwürdigkeit zu.
Ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit des ASt ist ferner, dass er den Zeitpunkt seiner Festnahme - also jenes Ereignisses, welches ihn dann zur Flucht aus der Russischen Föderation veranlasst hat - nur ungefähr angeben konnte.
Zur Angeblichen Eheschließung zwischen dem ASt und seiner Lebensgefährtin ist - ungeachtet der bereits geschilderten Zweifel am vom ASt genannten langjährigen Aufenthalt in der Russischen Föderation, anzugeben, dass der ASt und dessen Lebensgefährtin zwar das Datum der angeblichen Hochzeit angeben konnten, jedoch waren beide nicht in der Lage anzugeben, welcher Pfarrer sie getraut hat und ergaben sich vor allem daraus, dass der ASt davon sprach am Vormittag (zwischen 10 und 11 Uhr) getraut worden zu sein während die ASt einen glaublichen Zeitraum von 12 bis 14 Uhr angab doch gravierende Divergenzen hinsichtlich jener Aspekte der Hochzeit, die vor allem den beiden Personen, die sich trauen in Erinnerung bleiben müssten - noch dazu, wo auch angegeben wurde, dass der kirchlichen Trauung mehr Bedeutung als der standesamtlichen zukommen würde. Weiters war es dem ASt bis dato auch nicht möglich, Dokumente oder zumindest Fotos der Eheschließung vorzulegen.
In einer Gesamtschau betrachtet gelangt die erkennende Behörde daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechendem Ergebnis, indem sie aufgrund der getroffenen Feststellungen, insbesondere auf Grund des Vorbringens des Antragstellers, zu dem Schluss kommt, dass der maßgebende, von diesem behauptete und den Fluchtgrund betreffende Sachverhalt, nicht den Tatsachen entspricht. Das Vorbringen des ASt zu seinen Fluchtgründen ist daher widersprüchlich und absolut unglaubwürdig und fehlt diesem im Hinblick auf die Lage in Armenien auch jeglicher Aktualitätsbezug. ..."
I.1.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien traf das Bundesasylamt folgende Feststellungen:
"Armenien ist die flächenmäßig kleinste Republik der früheren UdSSR. Mit 96 % Armeniern ist es ein ethnisch sehr homogener Staat. Es erlangte die staatliche Unabhängigkeit, die nach einem Referendum am 21. September 1991 proklamiert worden war, mit dem Zerfall der Sowjetunion Ende 1991.
Armenien ist eine alte christliche Kulturnation mit eigener Nationalkirche. Während kurzer Perioden im Mittelalter erlangten die Armenier Eigenstaatlichkeit. Von großer Bedeutung im nationalen Bewusstsein sind die tragischen Ereignisse zwischen 1915-1918, bei denen bis zu 1,5 Mio. Armenier im osmanischen Reich umkamen.
Armenien ist Mitglied der GUS. Zu Russland, das als Gegengewicht zur Türkei gesehen wird, besteht eine besondere Affinität. Im Territorialkonflikt mit Aserbaidschan um die Enklave Nagorny (=Berg) Karabach mit ihrer mehrheitlich armenischen Bevölkerung zeichnen sich noch keine für beide Seiten akzeptablen Lösungen im Hinblick auf deren Status ab; Verhandlungen wurden jedoch wieder aufgenommen.
Armenien hat mit der Verabschiedung eines neuen Strafgesetzbuches durch das Parlament am 18. April 2003 die Todesstrafe abgeschafft. Mit dem am 1. August 2003 in Kraft getretenen neuen Strafgesetzbuch wurde die Todesstrafe durch lebenslange Haft ersetzt. Armeniens Präsident Kotscharjan wandelte Anfang August 2003 die gegen 42 Häftlinge verhängte Todesstrafe in lebenslange Haft um. Die Vollstreckung der Todesstrafe war bereits in den vergangenen Jahren ausgesetzt worden. Damit erfüllt Armenien eine der Verpflichtungen, die das Land bei der Aufnahme 2001 in den Europarat eingegangen war. Nach Abschaffung der Todesstrafe ratifizierte das armenische Parlament im September 2003 auch das 6. Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Bereits 1993 war Armenien internationalen Abkommen zum Schutz der Menschenrechte beigetreten, so u.a. dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, dem Abkommen über die Rechte des Kindes und dem Übereinkommen gegen Folter. Die Unterzeichnung dieser internationalen Verträge verdeutlicht das Bemühen der armenischen Regierung, den Schutz der Menschenrechte gesetzlich zu verankern, wobei Vollzugsdefizite nicht auszuschließen sind. Am 25. Januar 2001 ist Armenien - neben Aserbaidschan - als Vollmitglied in den Europarat aufgenommen worden. Damit ist insbesondere die Hoffnung verbunden, den Friedensprozess im Berg-Karabach-Konflikt voranzubringen.
Mit der staatlichen Unabhängigkeit gab sich die Republik Armenien auch eine neue Verfassung. In Art. 5 dieser Verfassung ist die Gewaltenteilung ausdrücklich als Strukturprinzip festgelegt, sie konnte in der Vergangenheit aber kein wirkliches Gleichgewicht zwischen den drei Staatsgewalten sichern zumal das nachgeordnete Recht sowie die Behörden zu weiten Teilen noch aus sowjetischer Zeit stammen.
Durch die am 27.11.2005 mit Volksentscheid angenommene Verfassungsänderung wird die Gewaltenteilung gestärkt.
Die Unabhängigkeit der Gerichte (Artikel 94 und 97 der Verfassung) wird durch Nepotismus, finanzielle Abhängigkeiten, inadäquate Verfahrensvorschriften und durch die verbreitete Korruption in der Praxis eingeschränkt.
Armenien hat seit seiner Aufnahme in den Europarat wichtige Reformvorhaben im Rechtsstaatsbereich verwirklicht und Fortschritte bei der Erfüllung seiner Europaratsverpflichtungen gemacht.
Verfahrensgrundrechte wie rechtliches Gehör und Verteidigung durch Personen des Vertrauens werden mittlerweile gewährt (vgl. Art. 39 bis 43 der Verfassung)
Weiters enthält die Verfassung einen ausführlichen Grundrechtsteil modernen Zuschnitts mit vielen sozialen Grundrechten, es bestehen allerdings erhebliche Einschränkungsmöglichkeiten - insbesondere durch den Präsidenten - dem die Verfassung weitgehende Vollmachten (Notverordnungsrecht nach Art. 55) einräumt.
Seit der Amtsübernahme von Präsident R. Kotscharian wird Korruption verstärkt strafrechtlich verfolgt. Es wurde mit finanzieller Unterstützung von Weltbank und amerikanischer Hilfe eine Kommission beim Präsidenten zur Bekämpfung der Korruption eingerichtet. Ende 2003 wurde ein Korruptionsbekämpfungsprogramm verabschiedet, das mit Hilfe internationaler Experten und der OSZE erarbeitet worden war.
Das Institut eines vom Parlament zu wählenden Ombudsmannes für Menschenrechte wurde durch die geänderte Verfassung im November 2005 eingeführt. Gleichzeitig ist nun vorgesehen, dass die Ombudsperson das Recht erhält, Fälle vor das Verfassungsgericht zu bringen. Die erste Amtsinhaberin hat ihr Amt am 01.03.2004 angetreten. Lt. Bericht des USDOS vom 8. März 2006 hat das Büro der Obudsperson den verantwortlichen Regierungsbehörden Maßnahmen gegen die berichteten Menschenrechtsverletzungen empfohlen und einen Bericht über die Menschenrechtslage in Armenien veröffentlicht.
Präsident Armeniens ist Robert Kotscharijan. Er gewann die Präsidentschaftswahlen im März 2003 gegen den Oppositionskandidaten Demirtschjan mit 67,5 %.
Der erste Wahlgang zur Präsidentschaftswahl am 19. Februar 2003 hatte für einen Skandal gesorgt, da nicht nur die Anhänger der Opposition, sondern auch die Wahlbeobachter der OSZE von groben Wahlfälschungen berichtet hatten. Nachdem die zentrale Wahlkommission am Tag nach der Wahl zunächst einen knappen Sieg des amtierenden Präsidenten Kotscharjan mit 51 Prozent gemeldet hatte, korrigierte sie am Nachmittag das Ergebnis auf 49,5 Prozent. Dies geschah unmittelbar nach der Demonstration Tausender Oppositionsanhänger in der Hauptstadt Jerewan und der scharfen Kritik durch die OSZE. Kotscharjan rief bei seiner letzten Kundgebung vor der Stichwahl dazu auf, ihm einen so überzeugenden Sieg zu ermöglichen, dass sich die Frage der Wahlfälschungen nicht mehr stelle. Der armenische Präsident kann auf eine Stabilisierung der Wirtschaft und auf einen leichten Aufschwung in seiner Amtszeit verweisen. Sein Gegner in der Stichwahl, Demirtschjan (offiziell 28,2 Prozent der abgegebenen Stimmen), hoffte auf die Enttäuschung der vielen armen Armenier, die von diesem Aufschwung noch nichts gespürt haben, und auf seinen bekannten Familiennamen. Sein Vater war 14 Jahre lang der kommunistische Parteichef in Armenien gewesen und unterlag Kotscharjan in der Präsidentschaftswahl 1998 knapp. Bei dem Attentat im armenischen Parlament im Oktober 1999 zählte er als damaliger Parlamentspräsident zu den Todesopfern. Nach dem 1. Wahlgang hatte die Opposition fast täglich Straßendemonstrationen mit zehntausenden Teilnehmern organisiert. Sie warfen der Regierung Wahlfälschung vor und erklärten ihren Kandidaten Demirtschjan zum eigentlichen Wahlsieger). Als Reaktion auf die Demonstrationen hatten die Sicherheitskräfte nach Schätzung der OSZE etwa 200 Anhänger der Opposition verhaftet und über 80 von ihnen wurden zu Ordnungsstrafen von bis zu 15 Tagen Haft verurteilt. EU-Botschafter und OSZE gehen davon aus, dass es in Armenien derzeit keine politischen Gefangenen mehr gibt In einer erneut von Manipulationen und Fälschungen beeinträchtigten Stichwahl hat der armenische Präsident Robert Kotscharjan am 5. März 2003 einen klaren Sieg errungen. Nach offiziellen Angaben erhielt der bisherige Amtsinhaber 67,5 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Stepan Demirtschjan 32,5 Prozent. Etwa 50 000 Anhänger der Opposition demonstrierten einen Tag später in Jerewan gegen das Wahlergebnis. Die armenische Wahlkommission gab einzelne Unregelmäßigkeiten zu; doch angesichts des Vorsprungs Kotscharjans hätten diese keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis gehabt. Der offiziell wieder gewählte armenische Präsident Kotscharjan ist am 9. April 2003 vereidigt worden. Die Amtseinführung wurde von Protesten begleitet. Die Opposition und internationale Beobachter warfen der Regierung Stimmenfälschung vor. Auf Grund der Wahlmanipulationen bei den Präsidentschaftswahlen gilt Kotscharjan als politisch angeschlagen und Beobachter halten es für möglich, dass er nicht die volle Amtszeit von fünf Jahren regieren wird. Kotscharjan, der aus dem mit Hilfe von Armenien eroberten autonomen Gebiet Berg-Karabach stammt und dort zum Führer der Unabhängigkeitsbewegung wurde, hat als Präsident nach dem Sturm nationalistischer Attentäter auf das armenische Parlament im Oktober 1999 allerdings gezeigt, dass er mit innenpolitischen Krisen umgehen kann. Der Ablauf der Parlamentswahlen in Armenien am 25. Mai 2003 ist von den europäischen Wahlbeobachtern deutlich kritisiert worden. Er habe keineswegs westlichen demokratischen Regeln entsprochen, sagten die Leiter der Beobachterdelegationen der OSZE und des Europaparlaments. Bei der umstrittenen Parlamentswahl hatten die Präsident Kotscharjan nahe stehenden Parteien gewonnen. Die bisherige Regierungsfraktion der "Republikanischen Partei" wurde sowohl bei den über Parteilisten zu vergebenden Parlamentssitzen als auch bei den Direktmandaten stärkste Fraktion. Nach Auskunft der Wahlkommission errang die "Republikanische Partei" 24,5 Prozent der Stimmen, während rund 14 Prozent der Wähler für das Oppositionsbündnis "Gerechtigkeit" von Oppositionsführer Demirtschjan stimmten. Auf die die Regierungspartei unterstützenden Parteien "Rechtsstaat" und "Armenische Revolutionäre Föderation (Daschnakzutjun)" entfielen 12 bzw. 11 Prozent der Stimmen. Über die Parteiliste wurden 75 der 131 Sitze im Parlament vergeben. Auch bei den Direktmandaten lag die Republikanische Partei mit 19 Abgeordneten vor den Mitbewerbern Premierminister Markarjan steht jetzt an der Spitze einer Koalitionsregierung unter Führung der "Republikanischen Partei" mit den Partnern "Rechtsstaatspartei" und "Armenische Revolutionäre Föderation"
Das Attentat am 27. Oktober 1999 im armenischen Parlament, bei dem acht Personen, u.a. der Ministerpräsident, der Parlamentssprecher und seine beiden Stellvertreter sowie der Minister für operative Verwaltung erschossen wurden, führte zu einer Destabilisierung der innenpolitischen Lage. Zum neuen Ministerpräsidenten war zunächst Aram Sarkissian, der Bruder des zu Tode gekommenen Regierungschefs ernannt worden. Am 12. Mai 2000 wurde Andranik Margarjan zum zehnten Ministerpräsidenten seit der Unabhängigkeit ernannt. Er gilt erneut als Übergangslösung. Bei dem Terrorüberfall hat es sich nach vorliegenden Informationen nicht um einen organisierten Staatsstreich gehandelt. Die Terrorgruppe bestand aus sektiererischen Ultranationalisten, die sich an der aus Ihrer Sicht unfähigen Staatsführung rächen wollte. Einen Plan zur Machtübernahme oder auch nur einen Fluchtplan hatten Sie offenbar nicht.
Es sind keine Behinderungen von Menschenrechtsorganisationen beobachtet worden. Mit Menschenrechtsfragen beschäftigt sich in Armenien auch die internationale Gebergemeinschaft (OSZE, UN, USA, UK u.a.) sehr stark. Es gibt hierzu uneingeschränkt Presseveröffentlichungen, Webseiten, Programme zur Bewusstseinsbildung und Konferenzen. Vertreter der Menschenrechtsorganisationen haben Zugang zu Medien, Behörden und Vertretern internationaler Organisationen.
Seit dem 31.05.2001 gibt es ein Polizeigesetz, das jedoch aufgrund seiner hohen Anzahl programmatischer Deklarationen, der Verweise auf andre Gesetze und unvollkommener Rechtsnormen Defizite aufweist. Daneben existieren außerdem Einzelvorschriften über präventive Strafverfolgungsmaßnahmen.
Die Sicherheitsbehörden sind noch weit gehend von sowjetischer Ausbildung und Denkweise geprägt. Nicht zuletzt auf Grund der geringen Gehälter der Staatsbediensteten kommt es häufig zu Korruptionsfällen. Seit der Amtsübernahme von Präsident Kotscharian wird diese aber verstärkt strafrechtlich verfolgt. Auch Willkürhandlungen werden bei Bekannt werden strafrechtlich verfolgt.
Zum Rechtsschutz in Armenien wird dazu folgendes festgestellt:
Die armenische Verfassung enthält einen ausführlichen Grundrechtsteil modernen Zuschnitts
(Artikel 8 und 14 bis 43) mit vielen sozialen Grundrechten. Allerdings bestehen erhebliche
Einschränkungsmöglichkeiten (Art. 44 und 45) insbesondere durch den Präsidenten, dem die
Verfassung weitgehende Vollmachten (Notverordnungsrecht nach Art. 55 Abs. 14) einräumt.
Armenien hat jedoch, vor allem im Vergleich mit anderen GUS-Staaten, in den 90er Jahren eine sichtbare Verbesserung der Menschenrechtssituation erzielt.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien, Feb. 2006)
Die nationalen Einrichtungen zum Schutze der Menschenrechte sind Gerichte und die
Ombudsperson für Menschenrechte.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien, Feb. 2006)
Der Menschenrechtsverteidiger ist eine unabhängige, autonome und öffentliche Institution, die sich um die Belange aller Menschenrechtsfragen kümmert, wenn es zu deren Verletzung von staatlicher Seite kommt. Jeder Bürger, egal welcher Ethnie, in Armenien kann sich an den Ombudsmann wenden. Außerdem ist es auch jedem Bürger, der gerade in Haft sitzt oder vor Gericht steht, möglich, sich an diese Institution zu wenden. Ebenso allen Militärangehörigen.
Der "Menschenrechtsverteidiger" unternimmt nach Annahme einer Beschwerde Ermittlungen, die es ihm ermöglichen, alle öffentlichen Institutionen und Organisationen, militärische Einheiten und Gefängnisse ohne jede Einschränkung zu besuchen. Dabei in sämtliche für seine Untersuchungen notwendigen Unterlagen Einsicht zu nehmen, Befragungen durchzuführen und selbst bei Gericht alle Akte einsehen kann, die für die Feststellung einer behaupteten Verletzung notwendig sind.
Nach der Feststellung einer Menschenrechtsverletzung empfiehlt der Ombudsmann staatlichen Behörden bzw. ihren Angestellten von denen eine Verletzung der Menschenrechte ausging, diese zu eliminieren bzw. abzustellen. Außerdem kann er den Behörden auch Disziplinar- oder Verwaltungssanktionen empfehlen, oder eine Klage gegen diejenigen offiziellen Stellen einreichen, durch deren Unterlassungen oder Entscheidungen es zur Menschenrechtsverletzung gekommen ist. (http://ombuds.am)
Für die Vermeidung von Rechtsmissbräuchen in konkreten Fällen stehen den betroffenen Einzelpersonen verschiedene Optionen offen:
¿ Die Zuhilfenahme von einflussreichen Kontakten (Krysha-System).
¿ Die Konsultierung der Rechtsvertreter von Bürgerrechtsorganisationen.
¿ Das Einlegen eines Rekurses gegen das Urteil.
¿ Der Kontakt mit den Medien und Menschenrechtsorganisationen. Ein publik machen des Falles und eine breite Berichterstattung haben Einfluss auf den Prozessverlauf.
(Bundesamt für Flüchtlinge, Armenien - Nichtstaatliche Verfolgung, Justiz, Korruption; Dez. 2002)
Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen arbeitet ohne nennenswerte Einschränkungen seitens der Regierung an der Untersuchung und Veröffentlichung von Menschenrechtsfällen. Dabei kommt es bis zu einem gewissen Grad auch zu Kooperationen mit Regierungsstellen.
Bis zum Mai 2004 waren etwa 3.3.00 vereinsrechtlich registrierte zivilgesellschaftliche Organisationen in Armenien beim Justizministerium gemeldet. Finanzförderung aus dem TACIS-Programm der Europäischen Union hat eine Vielzahl von Vereinsgründungen hervorgerufen. Allein bei dem von der Armenian Assembly of America (AAA) unterhaltenen NGO-Zentrum sind über 700 NGOs gemeldet. Viele NGOs besitzen keine klar definierten Ziele und dienen persönlichen Zwecken.
Seit 1994 besteht das von AAA gegründete NGO Training and Ressource Centre in Jerewan, finanziert von USAID. Es arbeitet seit 1997 mit dem UNHCR zusammen, hat seit seiner Gründung über 140 Darlehen an armenische NGOs vergeben und kümmert sich auch
darum, dass die Aktivitäten der NGOs Beachtung in den armenischen Massenmedien finden.
(Freedome House, Nations in Transit, Armenia 2005)
(Quelle zum Rechtsschutz: www.staatendokumentation.at, bescheidtaugliche Feststellungen vom 09.05.2006)
Die äußerst homogene christliche (armenisch apostolische) Bevölkerung der Republik Armenien setzt sich aus 96% armenischen Volkszugehörigen und 4% Minderheiten (Russen, Kurden, Griechen, Juden und Assyrer) zusammen. Die Minderheiten schlossen sich im Mai 1994 zum ?Bund nationaler gesellschaftlicher Organisationen" zusammen, um eine gemeinsame Interessensvertretung sicherzustellen. Die russische Minderheit ist integrierter Bestandteil der Bevölkerung der Republik Armenien. Sie verfügt über eigene Gotteshäuser. Anfang Dezember 1996 wurde der jüdischen Gemeinde die neue (renovierte) Synagoge übergeben. Wegen der anhaltend schlechten wirtschaftlichen Situation suchen jedoch sowohl deutsche als auch jüdische und russische Volkszugehörige nach Möglichkeiten in die Länder ihrer Vorfahren zurückzukehren.
Auch die jesidische Minderheit ist von der Emigration ihrer Angehörigen betroffen. Verlässliche statistische Angaben über den Umfang der Emigration der Jesiden gibt es nicht. Von den 1989 ca. 52.000 registrierten Jesiden haben nach seriösen Quellen über 20.000 das Land verlassen. Der größte Teil suchte Arbeit in Russland und beabsichtigt, bei einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in Armenien dorthin zurückzukehren. Es liegen dem (dt.) Auswärtigen Amt keine Hinweise vor, dass Jesiden Ziel systematischer und zielgerichteter staatlicher Repressionen sind. Im Falle von Straftaten gegen Jesiden sind die armenischen Behörden grundsätzlich schutzbereit. Strafanzeigen werden aufgenommen, die Ermittlungen dauern häufig jedoch - wie in anderen Strafverfahren auch - überaus lange.
Nach gewaltsamen Ausschreitungen gegen Armenier in Aserbaidschan kam es im Gegenzug zu Verdrängungsmaßnahmen gegen die in Armenien lebenden Aserbaidschaner, sodass diese (teilweise unter dem Schutz der Regierung) das Land verließen. UNHCR hatte Kontakt zu den vereinzelt in Armenien verbliebenen Aserbaidschanern mit armenischen Ehepartnern, die jedoch mittlerweile nach Bedrohungen durch Nachbarn Armenien zumeist verlassen haben. Gegen Abkömmlinge aus armenisch-aserbaidschanischen Mischehen sind bei Bekannt werden der Abstammung von einer/einem aserbaidschanischen Mutter/Vater Animositäten möglich. Seit dem Waffenstillstand 1994 hat sich die Situation jedoch auch insoweit entspannt. Heute ist es durchaus möglich, bei der Beantragung eines Reisepasses die Volkszugehörigkeit ?Aseri" eintragen zu lassen.
Zur Situation aserischer Ehepartner bzw. Personen gemischter armenisch-aserischer Abstammung wird zusätzlich folgendes festgestellt:
Laut UNHCR (in einer Stellungnahme zur Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingen armenischer Volkszugehörigkeit aus Aserbaidschan vom März 2004) sind keine Fälle von gesetzlichen Diskriminierungen oder schwer wiegenden Diskriminierungs- oder Verfolgungshandlungen gegen aserische Volkszugehörige von dritter Seite bekannt geworden. Ähnlich dazu auch eine UNHCR Stellungnahme vom April 2003, über die mögliche Ansiedelung von armenisch-aserischen Ehepaaren aus Aserbaidschan in Armenien, wonach die meisten in Armenien verbliebenen Aseris einen gemischten armenisch-aserischen Hintergrund haben. Diese Aseris würden nicht auffallen und sich relativ sicher fühlen, solange sie in ihrer eigenen Gemeinschaft blieben. Die Nachbarn würden den ethischen Hintergrund dieser Person zwar kennen, es würde aber normalerweise zu keinen Problemen kommen, da sie Armenien seit Beginn des Konfliktes nicht verlassen hätten und daher als Teil der Gemeinschaft akzeptiert seien. Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass für einen Aseri, der nach mehreren Jahren Abwesenheit zurückkehre, kein Sicherheitsrisiko bestehe und gebe es keine Garantie dafür, dass dieser gleichermaßen akzeptiert würde, doch sei laut UNHCR in den letzten Jahren keine Verfolgung von ethischen Aseris bekannt geworden.
Zur Situation ethnisch gemischter Paare in Armenien ist anzugeben, dass die meisten in Armenien verbliebenen Azeris in gemischtnationalen Ehen mit ArmenierInnen leben oder solchen Ehen entstammen. Die Akzeptanz durch das Umfeld hängt von der Bereitschaft ab, sich auch sprachlich in die armenischen Gesellschaft zu integrieren und davon, ob das aserische Familienmitglied und seine Verwandten an Akten der Massengewalt gegen Armenier beteilt waren oder nicht. Im Allgemeinen unterscheidet sich die Situation von Personen, die in gemischtnationalen Ehen mit ArmenierInnen leben - oder solchen Ehen entstammen - nicht grundlegend von der der meisten Angehörigen dieser Minderheit in Armenien.
Während im Menschenrechtsbericht des USDOS aus dem Jahr 2004 noch erwähnt wird, dass sich Aseris oder Personen mit gemischter aserischer Abstammung bedeckt halten würden, um mögliche gesellschaftliche Diskriminierung zu vermeiden, finden sich im aktuellen Menschenrechtsbericht des USDOS vom 8. März 2006 keine Erwähnung von Personen mit aserischem Hintergrund mehr.
(Quelle: Anfrage an die Staatendokumentation vom 30.06.2006, www.staatendokumentation.at)
Ferner ist dazu - aufgrund der bescheidtauglichen Feststellung der Staatendokumentation vom 09.05.2006 - auch auf die Rechtssprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss 12.5.2003 - 3 L 126/99 - (12 S., M4152) zu verweisen, wonach Abkömmlinge aus armenisch-aserbaidschanischen Mischehen vor (erneuter) Verfolgung hinreichend sicher sind.
Die Religionsfreiheit ist in Artikel 23 der armenischen Verfassung festgeschrieben und darf gemäß Artikel 44 nur durch Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist.
Homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen ohne Anwendung von Zwang sind seit der armenischen Strafrechtsreform von 2003 nicht mehr strafbar.
Fälle von Repressionen Dritter, für die der Staat verantwortlich ist, weil er sie anregt, unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt, sind dem [deutschen] Auswärtigen Amt nicht bekannt und werden auch von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, so weit ersichtlich, nicht vorgetragen.
In Armenien gibt es keinen Bürgerkrieg. Der seit Mai 1994 vereinbarte Waffenstillstand zwischen Armenien und Aserbaidschan hinsichtlich des Status von Nagorny-Karahach wird im Grundsatz respektiert. Seit Amtsantritt von Präsident Kotscharian (März 1998) lassen sich verstärkt Bestrebungen feststellen, die Friedensverhandlungen zwischen Aserbaidschan und Armenien fortzusetzen. Der Ausbruch eines erneuten Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan ist derzeit nicht abzusehen.
Dem [deutschen] Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass auf dem Gebiet der Republik Armenien eine systematische Folter praktiziert wird. Unmenschliche oder erniedrigende Strafen sind nicht bekannt. Die Todesstrafe ist abgeschafft.
Die Rolle der Frau in Armenien hat sich nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder dem traditionellen patriarchalischen Rollenverständnis angepasst. Frauen wird der Zugang zu öffentlichen Ämtern nicht verwehrt. Hinweise auf geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen liegen dem (dt.) Auswärtige Amt nicht vor.
Vergewaltigung, auch seitens des Ehepartners, wird strafrechtlich konsequent verfolgt. Die meisten Fälle der häuslichen Gewalt werden aus Scham oder aus Angst, die Polizei führe sie zu den Tätern zurück, aber nicht angezeigt.
Die Versorgungslage in der Republik Armenien hat sich weiterhin gebessert, es ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Die Lebensmittelversorgung ist gut, besonders von Frühjahr bis Herbst gibt es ausreichend Frischobst, Gemüse und Fleisch aus armenischer Produktion. Teilweise existiert ein Überangebot. Trotz der Blockadesituation gelangen Lebensmittelimporte aus Griechenland, Iran, Georgien und der Türkei nach Armenien. Auch die Hilfsmaßnahmen der Gebergemeinschaft tragen dazu bei, dass sich die Lebenssituation in den letzten Jahren erheblich verbessert hat.
Die Energieversorgung ist gesichert, jedoch weitgehend in russischer Hand. Armenien ist abhängig von russischen Gaslieferungen über Georgien. Wie fragil dieses System ist, zeigen die Engpässe in der Gasversorgung Ende Januar 2006, nachdem auf strategische Gasleitungen in Südrussland Anschläge verübt wurden. Elektrizität steht das ganze Jahr ausreichend zur Verfügung, immer mehr Haushalte werden an die Gasversorgung angeschlossen. Leitungswasser steht dagegen insbesondere in den Sommermonaten nur einige Stunden pro Tag zur Verfügung. In vielen Wohnungen wurden Wassertanks installiert. Trotz der Verbesserung der Versorgungslage ist ein Teil der Bevölkerung nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch internationale humanitäre Organisationen sicherzustellen. Durch die traditionellen Familienbande werden Versorgungsschwierigkeiten weit gehend überwunden. Nach Erkenntnissen des [deutschen] Auswärtigen Amtes hat ein Großteil der Bevölkerung Verwandte, die im Ausland leben, die traditionell mit Geld- und Gütersendungen dazu beitragen, die Lebensqualität der in Armenien verbliebenen Verwandten zu erhöhen.
Das gesetzlich festgeschriebene Existenzminimum beträgt in Armenien (wie auch in Berg Krabach) 24.000.- Dram im Monat (dzt. ca. 38,70.- Euro). Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten, dazu privaten Geschäften und Gelegenheitsjobs nach und sit überwiegend im privaten Dienstleistungsbereich tätig, da eine Industrieproduktion kaum vorhanden ist. Die dabei erzielten Einkünfte lassen sich schwer beziffern, da sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer die Beträge niedriger angeben, als sie tatsächlich sind, um Steuerzahlungen zu umgehen.
Asylbewerber, die [aus der Bundesrepublik Deutschland] freiwillig ausreisen oder abgeschoben werden, haben nach Rückkehr weder mit staatlichen noch anderweitigen Maßnahmen zu rechnen. Dem [deutschen] Auswärtigen Amt sind keine Beschwerden von Rückkehrern bekannt geworden. Sie werden bei Rückkehr in die Gesellschaft integriert und nutzen die erworbenen Deutschkenntnisse bzw. ihre in Deutschland geknüpften Kontakte. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen (auch Staatsdienst). Wegen der steigenden Auswandererzahlen haben sie relativ gute Chancen Arbeit zu finden. So weit bei einer Folgeantragstellung als asylrelevanter Sachverhalt geltend gemacht wurde, Schikanen bei der Einreise in Armenien ausgesetzt gewesen zu sein, hielten diese Angaben einer Überprüfung nicht stand.
Die medizinische Versorgung in Armenien ist flächendeckend grundsätzlich gewährleistet. Weites besteht ein Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung im Gesundheitswesen und sind demnach im Staatshaushalt Armeniens für medizinische Versorgung auch Mittel vorhanden, die auch kontinuierlich aufgestockt werden. Problematisch ist, dass die Kliniken fallweise gezwungen sind, rechtswidrig von Patienten Geld zu nehmen und kann Bereicherung seitens des Klinikpersonals zwar nicht ausgeschlossen werden, stellt jedoch keinesfalls aber die Regel dar.
In der armenischen Bevölkerung ist es bisher nicht allgemein bekannt, in welchen Fällen das Recht auf kostenlose Behandlung besteht, jedoch erscheinen in der armenischen Presse in letzter Zeit Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung, sodass immer mehr Patienten in Armenien erfolgreich auf ihrem Recht auf kostenlose Behandlung bestehen.
Der Ausbildungsstand des medizinischen Personals in Armenien ist gut, viele Medikamente werden in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland geforderten Preise verkauft. Importierte Medikamente, z.B. von Pharmafirmen wie Bayer (Deutschland), Gedeon Richter (Ungarn), Solvay (Belgien) sind überlall erhältlich, diese sind immer noch wesentlich billiger als identische Produkte derselben Hersteller in Österreich
Für zahlreiche Krankheiten und Krankheitssituationen ist nach der armenischen Rechtslage die vom Staat garantierte kostenlose Krankenhausbetreuung und medizinische Versorgung in der Republik Armenien vorgesehen - insbesondere ist eine Vielzahl von schwerwiegenden Krankheiten nach der klaren Rechtslage von einem Kostenersatz ausgenommen und ist eine garantierte kostenlose Krankenhausbetreuung gesetzlich vorgesehen.
Laut einem Bericht der Botschaft der Republik Deutschland in Erewan auf vom 25.07.2005, in welchem etwa im Zusammenhang mit der Behandlungsmöglichkeit von schwersten psychischen Erkrankungen beschrieben wird, ist das Personal in psychiatrischen Kliniken gut ausgebildet, ist eine Vielzahl von Psychopharmaka unterschiedlichster Hersteller in Armenien erhältlich und liegen nach Erkenntnissen der deutschen Botschaft in Armenien darüber hinaus die Preise für die ärztliche Versorgung und der Medikamente weit unter denen in Westeuropa liegen. Die deutsche Botschaft führt diesbezüglich aus, dass allgemein bekannt ist, dass aus Deutschland Zurückkehrende nicht als mittellos gelten, sie haben in der Regel während des langjährigen Aufenthaltes nicht unerhebliche Geldsummen erspart und sind bei Rückkehr im Vergleich zur dort ansässigen Bevölkerung im Herkunftsland Armenien besser gestellt. In akuten Phasen der Erkrankung erfolgt die Behandlung kostenlos und gibt es demnach in Armenien zahlreiche internationale Hilfsorganisationen bzw. lokale Nichtregierungsorganisationen mit internationaler Unterstützung, die sich um sozial Bedürftige kümmern. (Quelle: UBAS Bescheid vom 03.05.2006, Zl.: 234.927/2-VI/18/03) In den Anlagen zum Asyllagebericht des deutschen Auswärtigen Amtes findet sich ferner eine Auflistung, unter welchen Voraussetzungen und in welchen Fällen eine kostenlose medizinische Behandlungsmöglichkeit jedenfalls gegeben ist.
Quellen: BAFL dt AA Lagebericht Armenien vom 28.12.2004, Reisebericht Armenien 15. - 21. Juli 2002 erschienen September 2002, US Department of State, Country Report 2004, 28.2.2005), Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 02.02.2006, sowie Anfrage an die Staatendokumentation vom 30.06.2006 (www.staatendokumentation.at)"
I.1.2.3. Rechtlich führte das Bundesasylamt aus, dass aufgrund der Unglaubwürdigkeit des Vorbringen davon auszugehen ist, dass kein asylrelevanter Sachverhalt vorgebracht wurde. Ebenso stellte das BAA keinen Sachverhalt fest, welcher zur Gewährung subsidiären Schutzes bzw. einem Absehen von der Ausweisung führen würde.
I.1.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit undatiertem Schriftsatz innerhalb offener Frist Berufung [jetzt Beschwerde] erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.
Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen, sowie der Wiederholung wesentlicher Teile des behaupteten ausreisekausalen Sachverhaltes vorgebracht, dass das Bundesasylamt rechtsirrig den Antrag auf Gewährung von Asyl abwies bzw. keinen subsidiären Schutz gewährte. Ebenso stelle sich die Ausweisung aufgrund der bestehenden familiären Bindungen als rechtswidrig im Sinne des Art. 3 EMRK dar.
I.1.4. Da die seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Armenien, welche sich zwar nunmehr nicht mehr gänzlich aktuell darstellten, durch das ho. aufliegende aktuelle Beweismaterial im Herkunftsstaat nach wie vor gültiger und im Wesentlichen unveränderter Form als erwiesen anzunehmen ist, wurde seitens des AsylGH mit Schreiben vom 19.12.2008 gem. § 45 (3) AVG zu diesem und weiteren Themen Beweis erhoben und den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt; somit wurde aufgrund der vorliegenden aktuelleren Feststellungen zu Armenien (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß -im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997- das E. vom 11.November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) bestätigt, dass die erstinstanzlichen Feststellungen nach wie vor gültig sind (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise in diesem speziellen Fall einer sonst schlüssigen und umfassenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl:
2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH v. 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6) .
Konkret bezog sich die genannte Beweisaufnahme auf folgende Beweismittel bzw. Beweisthemen:
Anfragebeantwortung von Dr. V.A. in Bezug auf die Behandelbarkeit von CML bzw. die Verfügbarkeit von Glivec in Armenien, woraus hervorgeht, dass eine entsprechende Behandlung in Armenien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht möglich ist
Anfragebeantwortung des Bundesasylamtes, Staatendokumentation vom 13.11.2008, woraus hervorgeht, dass der russische Staat nur vor der zuständigen Behörde geschlossene Ehen anerkennt. Hieraus ergibt sich, dass I.S. und S.N. auch nach österreichischem Recht nicht als Ehegatten gelten (§§ 1, 9, 16 Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl Nr. 304/1978 idgF).
Das Krankheitsbild von CML wird aufgrund der Vielzahl der öffentlich zugänglichen, in ihrem wesentlichen Inhalt übereinstimmenden Quellen (vgl. z. B.: de.wikipedia.org; www.oeaz.at; www.netdoktor.de; www.dgho.de) als notorisch bekannt vorausgesetzt.
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien des Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland 18.6.2008
BAA Staatendokumentation: Bericht FFM Armenien, Georgien, Aserbaidschan vom 1.11.2007
Ebenso wurde mit Schreiben vom 19.12.2008 der BF eingeladen, alle ihm zur Verfügung stehenden und ihm zugänglichen Bescheinigungsmittel, Dokumente und Gegenstände (wie z. B. Identitätsdokumente, Ausweise, Urkunden, Berechtigungen, Ladungen, Steckbriefe, Haftbefehle, Aufenthaltsermittlungen, Haftbestätigungen, Urteile oder Beschlüsse von Gerichten, Bescheide, andere behördliche Schreiben, Bestätigungen von politischen Parteien, Religionsgemeinschaften, Vereinen oder sonstigen Organisationen, sonst. Bestätigungen, Verletzungsanzeigen, Bescheinigungen über Krankenhausaufenthalte oder sonst. ärztliche Behandlung, Qualifikationsnachweise, Filme, Fotos, Rechnungen, Quittungen, Meldebestätigungen, Anträge, sonstige Bescheinigungsmittel) welche für des Verfahren relevant sind, das Vorbringen bescheinigen können und im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht vorgelegt wurden bzw. deren Kenntnisnahme bis dato im Verfahren nicht erfolgte, vorzulegen.
Der BF brachte hierzu vor, dass seine Krankheit CML binnen kurzer Zeit ohne medizinische Versorgung zum Tode führen würde. Da sich sein behandelnder Arzt bis 15.1.2008 auf Urlaub befinde, ersuche er um Fristerstreckung zur Abgabe einer Stellungnahme.
Der BF habe seine Frau in der Russischen Föderation kirchlich geheiratet und lebe mit dieser als Familiengemeinschaft zusammen, welcher auch die Kinder der Frau angehören. Ebenso wären der BF und seine Frau nach armenischem Recht offiziell verheiratet.
Mit Schreiben vom 5.1.2009 wurde in Bezug auf den BF eine psychotherapeutische Stellungnahme von Bakk.phil H.S. eingebracht. Ebenso wurden mit undatiertem Schreiben (ho. eingelangt am 21.1.2009) eine DC vorgelegt, welche den Bestand des Familienlebens zwischen I.S. und S.N. bereits vor der Einreise nach Österreich und das nunmehrige Vorhaben, in Österreich kirchlich zu heiraten, sowie ein Patientenbrief des Krankenhauses vom 00.00.2009 vorgelegt, welcher bescheinigt, dass I.S. wegen CML in Behandlung steht.
Das BAA gab keine Stellungnahme ab.
I.1.5. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
I.2. Basierend auf das Ergebnis des Beweisverfahrens sind folgende Feststellungen zu treffen:
I.2.1. Der Beschwerdeführer
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen aus einer aserisch-armenischen Mischehe stammenden Mann, welcher einen armenischen Namen führt.
Der BF leidet an chronisch myeloischer Leukämie (CML), einer chronisch verlaufenden -und somit unheilbaren- Form von Leukämie (Blutkrebs) und benötigt das Medikament Imatinib, welches im Präparat Glivec enthalten ist, wodurch ein weiterer Krankheitsverlauf gestoppt oder zumindest verlangsamt werden kann, woraus sich ergibt, dass ein Abbruch der Behandlung unweigerlich zum Tot des BF führen würde.
Es ist weiters festzustellen, dass eine Behandlung des BF in Armenien mit dem Präparat Glivec mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht möglich ist.
Der BF hat im Bundesgebiet folgende Anknüpfungspunkte: Seine Lebensgefährtin Frau S.N., am 00.00.1970 geb., und deren Kinder S.R., am 00.00.1993 geb., und S.S., am 00.00.1991 geb., welche ebenfalls als Asylwerber in Österreich aufhältig sind.
Der BF ist mit Frau S.N. weder nach russischem, noch nach armenischem Recht verheiratet.
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.
I.2.2. Die Lage im Herkunftsstaat der Republik Armenien
In Bezug auf die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien schließt sich der AsylGH den Feststellungen des Bundesasylamtes, welche bereits wörtlich wiederholt wurden, mit der notorisch bekannten Maßgabe, dass der nunmehrige Präsident Serge Sarkisian ist, an.
1.2.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Die vom BF vorgebrachten Ausreisegründe können den Feststellungen nicht zu Grunde gelegt werden.
Weitere Ausreisegründe und/oder Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Beweiswürdigung
II.1.1. Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest.
II.1.2. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben. Die Feststellungen zum Umstand, dass der BF mit Frau S.N. nach russischem Recht nicht verheiratet ist, ergeben sich aus der Anfragebeantwortung des Bundesasylamtes, Staatendokumentation vom 13.11.2008. Der eherechtliche Status in Bezug auf Armenien ist für einen Armenier als notorisch anzusehen, dies gilt ebenso für das Bundesasylamt als Spezialbehörde (Bestätigt wird diese notorische Feststellung, derer es keines Vorhaltes bedarf, durch im Erk. des AsylGH vom 19.12.2008, GZ. E10 302.868-1/2008-16E zitierte Anfragebeantwortung des Ländersachverständigen Dr. V.A. per E-Mail vom 2.10.2008).
II.1.3 Zu den vom Bundesasylamt zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei aus der Sicht des AsylGHs einer ausgewogenen Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges bediente, welches es ihm augenscheinlich ermöglichte, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat machen zu können. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates über den berichtet wird zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges.
Bei Berücksichtigung der soeben angeführten Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen unter Berücksichtigung der Natur der Quelle und der Intention derer Verfasser ist gegen die Auswahl der Quellen durch das Bundesasylamt nichts einzuwenden. Ebenso kommt den Quellen in Verbindung mit der erfolgten Beweisaufnahme gem. § 45 Abs. 3 AVG ausreichende Aktualität zu (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210).
Auch der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und und substanttiert entgegen.
II.1.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die vom BAA vorgenommene Beweiswürdigung im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig
Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".
Aus Sicht des Asylgerichtshofes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten, wenn es das ausreisekausale Vorbringen im dargestellten Ausmaß als nicht glaubhaft qualifiziert.
Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BAA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, weshalb der Asylgerichtshof nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.). Wenn in der psychotherapeutischen Stellungnahme vom 5. Jänner 2009 von der oa. Beweiswürdigung abweichend Sachverhaltselemente als erwiesen angenommen wurden, kann dies keine substantiierte Bekämpfung des Ermittlungsverfahrens darstellen, weil sich die dortigen Ausführungen in der Wiederholung des bereits erstatteten Vorbringens ohne die Vorlage weiterer Bescheinigungsmittel bzw. Nennung weiterer Argumente erschöpft.
II.1.5. Sofern in der Beschwerde seitens des Beschwerdeführers moniert wird, dass die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes nicht nachvollziehbar, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF wurde es unterlassen, durch klare, konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum er vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das Bundesasylamt ausgeht, was jedoch unterblieb. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen des BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.
II.1.6. Zu den Beschwerdeangaben in rechtlicher Hinsicht wird auf die entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses verwiesen.
Soweit im erstinstanzlichen Verfahren das Parteiengehör verletzt wurde, indem dem BF die allgemeine Lage in dessen Herkunftsstaat, welche das Bundesasylamt als erwiesen annimmt, nicht zur Kenntnis gebracht wurde, wird angeführt, dass der BF die Gelegenheit hatte, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen und er davon auch Gebrauch gemacht hat. Im gegenständlichen Fall stand es dem BF aufgrund der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens (§ 32 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung) hinsichtlich der Verletzung des Parteiengehörs im Beschwerdeverfahren weiters frei, zulässigerweise einen neuen Sachverhalt vorzubringen. Aufgrund der hier vorliegenden Sach- und Rechtslage ist daher davon auszugehen, dass die Verletzung des Parteiengehörs durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen ist (vgl. für viele: VwGH vom 11.9.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.2.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.2.2002, 98/21/0299), wodurch jedoch nicht gesagt ist, dass das Bundesasylamt generell von der Verpflichtung, Parteiengehör zu gewähren befreit ist und nicht Fälle denkbar sind, in welchen eine solche Verpflichtung zur Behebung des erstinstanzlichen Bescheides gem. § 66 (2) AVG führen kann.
II.2. Rechtliche Beurteilung
II.2.1. Zuständigkeit
Artikel 151 Abs. 39 Z. 1 und 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lauten:
(39) Art. 10 Abs. 1 Z 1, 3, 6 und 14, Art. 78d Abs. 2, Art. 102 Abs. 2, Art. 129, Abschnitt B des (neuen) siebenten Hauptstückes, Art. 132a, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 138 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1erster Satz und Art. 144a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008 treten mit 1. Juli 2008 in Kraft. Für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt:
Z 1: Mit 1. Juli 2008 wird der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof.
Z 4: Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof weiterzuführen.
Gem. § 75 (7) Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idgF sind am 1. Ju