D13 251410-0/2008/11E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde des M. alias A.M. alias I., geb. 00.00.1991, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.06.2004, FZ. 03 30.166-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und M. alias A.M. alias I. gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG 1997 wird festgestellt, dass M. alias A.M. alias I. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den am 01.04.2004 gestellten Asylerstreckungsantrag des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 10 iVm. § 11 Abs. 1 AsylG 1997 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin am 09.07.2004 fristgerecht eine als Berufung bezeichnete Beschwerde und verwies darin auf die Berufungsschrift seiner Mutter.
Mit "Erkenntnis" des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 10.11.2006, Zahl 251.410/2-II/04/06 wurde der "Beschwerde" des minderjährigen Beschwerdeführers vom 09.07.2004 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.06.2004, FZ. 03 30.166-BAT, stattgegeben und dem minderjährigen Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 AsylG Asyl durch Erstreckung gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wurde festgestellt, dass dem minderjährigen Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Gegen diesen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates erhob der Bundesminister für Inneres mit Schriftsatz vom 19.02.2007 Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 26.06.2008, Zahl 2007/20/0208, 0209-6, wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:
1. Aufgrund des Akteninhaltes steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der Volksgruppe der Tschetschenen, reiste am 04.10.2003 gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 01.04.2004 beim Bundesasylamt einen Asylerstreckungsantrag in Hinblick auf den Asylantrag seiner Mutter ein. Im Rahmen dieses Antrages gab die Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers an, dass sich das Asylerstreckungsverfahren des Sohnes auf das Asylverfahren der Mutter bezieht.
Der Beschwerdeführer ist der minderjährige unverheiratete Sohn der M. alias A.R. alias L., welcher mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 26.01.2009, Zahl: D13 251409-0/2008/29E, gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt wurde.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus den Asylakten des Beschwerdeführers und seiner Mutter.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 Abs. 1 AsylGHG idF BGBl. I Nr. 147/2008 sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG 2005 und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.
Durch die Behebung des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 10.11.2006, Zahl 251.411/1-II/04/06, mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2008, Zahl 2007/20/0208, 0209-6, ist dieses Verfahren wieder in das Stadium vor Erlassung des behobenen Berufungsbescheides zurückgetreten. Da das seinerzeit verfahrensführende Senatsmitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates nicht zum Richter des Asylgerichtshofes ernannt wurde und es sich um ein Verfahren gegen einen abweisenden Bescheid handelt, ist das gegenständliche Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 126/2002 (AsylG) von dem nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung zuständigen Senat zu führen.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen aufgrund eines Asylantrags oder von Amts wegen gewährten Asyls.
Gemäß § 10 Abs. 2 können Asylerstreckungsanträge frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.
Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG hat die Behörde aufgrund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Asyl durch Erstreckung kann nach den oben dargestellten Bestimmungen lediglich dann gewährt werden, wenn der diesbezügliche Antrag zulässig ist, einem der in § 10 Abs. 2 AsylG genannten Angehörigen des Asylwerbers aufgrund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt wurde, und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art 8 MRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil v. 13.6.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).
Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art 8 MRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtssprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.
Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt.
Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, ist der Beschwerdeführer der unverheiratete minderjährige Sohn der M. alias A.R. alias L.. Dieser wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 26.01.2009, Zahl: D13 251409-0/2008/29E, Asyl gewährt. Da im gegenständlichen Fall der Mutter des Beschwerdeführers Asyl gewährt wurde und überdies keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Mutter des Beschwerdeführers ein Familienleben mit dem antragstellenden Angehörigen in einem anderen Staat möglich wäre, war dem Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 AsylG Asyl zu gewähren.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG iVm § 67d AVG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt war.