TE AsylGH Erkenntnis 2009/01/30 B4 401053-1/2008

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Veröffentlicht am 30.01.2009
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Spruch

B4 401.053-1/2008/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Karin WINTER als Beisitzerin über die Beschwerde des A.A. alias V.C., geboren am 00.00.1984, kosovarischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.7.2008, Zl. 07 06.061-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG), als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer stellte am 4.7.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung beim Stadtpolizeikommando Salzburg am selben Tag gab er an, dass er kosovarischer Staatsangehöriger albanischer Volksgruppenzugehörigkeit und muslimischen Glaubens sei und in seiner Heimat politische Probleme gehabt habe. Im Kosovo sei er Mitglied der Partei namens AAK gewesen, welche derzeit verfolgt werde. Am 4.4.2007 habe er sein Herkunftsland verlassen und sei illegal nach Österreich gereist. Von dort sei er versehentlich nach Deutschland gereist und am 9.4.2007 wegen eines gefälschten Reisedokumentes festgenommen worden. Am 3.7.2007 habe man ihn nach Österreich rücküberstellt.

 

2. Das Bundesasylamt leitete daraufhin Konsultationen gemäß der Dublin II-VO mit Ungarn, Slowenien und Griechenland ein; dass einer dieser Staaten für die Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers zuständig wäre, ergab sich jedoch nicht.

 

3. Mit Schreiben vom 23.7.2007 wurde von der Bundespolizeidirektion Salzburg mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer mit selbem Tag "aufgrund Haftunfähigkeit (Hungerstreik)" aus der Schubhaft entlassen worden sei.

 

4. Am 8.8.2007 wurde das Asylverfahren mangels bekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt. Am selben Tag wurde ein Festnahmeauftrag erlassen, der am 24.8.2007 widerrufen wurde, da sich der Beschwerdeführer aus eigenem Antrieb in der Erstaufnahmestelle einfand.

 

5. Am 11.9.2007 beim Bundesasylamt einvernommen, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: Er sei im Kosovo Mitglied der AAK gewesen und habe an Sitzungen teilgenommen. Im Jahr 2007 sei die UCK zu ihm nach Hause gekommen und habe ihn gesucht. Er sei nicht daheim gewesen, aber seine Eltern hätten ihm das erzählt. Eine Woche später seien die Leute erneut gekommen. Sie hätten den Eltern mitgeteilt, dass sich der Beschwerdeführer bei ihnen melden solle. Die Eltern hätten dann gemeint, es sei besser, wenn er den Kosovo verlasse. Auf die Frage, ob er außer den geschilderten Problemen noch weitere habe, antwortete der Beschwerdeführer auch Probleme mit einem Mann namens B.M. gehabt zu haben. Mit diesem habe er Fahrzeuge getauscht. B.M. habe dann mit dem getauschten Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall im Jahr 2002 "eine Person überfahren und getötet". Der Beschwerdeführer sei dazu von der Polizei befragt worden. Die Familie des B.M. habe ihn bedroht und gesagt, er solle den Unfall auf seine Kappe nehmen, wobei diese Familie (auch schon) R.H. verletzt habe. Nach der Befragung durch die Polizei sei der Beschwerdeführer entlassen und B.M. eingesperrt worden, woraufhin jener bedroht worden sei. Die Familie des B.M. habe EUR 100.000,-

verlangt, damit er am Leben bleibe. Dennoch habe er bei der Gerichtsverhandlung als Zeuge gegen B.M. ausgesagt. Dieser habe auch einen Bruder in Deutschland, der in Wien nach dem Beschwerdeführer gesucht habe. Auf weitere Befragung gab der Beschwerdeführer an, wegen seiner Mitgliedschaft in der AAK von den "Leuten der AKSH" verfolgt zu werden. Diesbezüglich sei er nicht bei der Polizei gewesen, hingegen habe er die Polizei, UNMIK und auch das Gericht von den Drohungen der Familie M. verständigt. Der Gerichtsvorsitzende habe sogar gesagt, er solle aufpassen. Überdies legte der Beschwerdeführer seinen Mitgliedsausweis der "Alliance for the Future of Kosova" (AAK) vor.

 

6. Mit 20.9.2007 wurden dem Bundesasylamt fremdenpolizeiliche Unterlagen betreffend den Beschwerdeführer übermittelt. Daraus ergibt sich vor allem, dass gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes des Verbrechens der Erpressung am 28.8.2007 Strafanzeige eingereicht worden sei. Weiters bestehe ein bis zum 15.7.2010 gültiges "Einreise-/Aufenthaltsverbot im Schengener Gebiet", verhängt von der Bundesrepublik Deutschland.

 

7. Am 16.10.2007 langte beim Bundesasylamt eine Mitteilung ein, wonach der Beschwerdeführer zufolge "Sirene Deutschland" vom Amtsgericht Laufen 00.00.2007 rechtskräftig wegen unerlaubter Einreise, unerlaubtem Aufenthalt und Urkundenfälschung verurteilt worden sei.

 

8. Mit einem am 19.11.2008 beim Bundesasylamt eingelangten Schreiben teilte das Stadtamt S. mit, dass der Beschwerdeführer beabsichtige, mit einer österreichischen Staatsangehörigen die Ehe zu schließen, und übermittelte zugleich in Kopie dem Beschwerdeführer betreffende kosovarische Personalurkunden.

 

9. Am 23.11.2007 schloss der Beschwerdeführer in S. die Ehe mit der österreichischen Staatsangehörigen R.K., die seither den Familiennamen A. führt.

 

10. Beim Bundesasylamt am 26.3.2008 einvernommen, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: Er sei Mitglied der AAK seit deren Gründung im Jahr 1999. Er sei dort nicht tätig gewesen, aber zu Versammlungen gegangen. Deswegen werde er von der AKSH verfolgt. Er wisse nicht, ob "alle von der AAK" verfolgt würden. Ungefähr im März 2007 seien Leute von der AKSH zu ihm nach Hause gekommen. Er selbst sei nicht da gewesen. Vier oder fünf Tage vor seiner Ausreise aus dem Kosovo seien sie erneut gekommen. Warum diese Leute gekommen seien, wisse er nicht, da er nie Kontakt mit ihnen gehabt habe. Sie seien maskiert gewesen und hätten bei der Mutter nach dem Beschwerdeführer gefragt und einen Zettel mit einer Telefonnummer zurückgelassen. Anzeige habe er nicht erstattet, da er die Personen nicht gekannt habe. Sie hätten gedroht, er solle sich melden, "weil wenn wir ihn erwischen kann er sich selbst denken was passieren würde". Auf die Frage, ob er die Sicherheitskräfte informiert habe, antwortete der Beschwerdeführer, sein Vater habe dies beim Gericht in P. gemeldet, da dieser selbst beim Gericht arbeite. Bei der Polizei habe dies niemand gemeldet. Zu den Problemen mit B.M. und dessen Familie führte der Beschwerdeführer aus, der Genannte und er hätten im Jahr 2001 oder 2002 Autos getauscht. Eine Woche danach habe B.M. "einen Jungen in einem Lokal" erschossen. Zunächst sei der Beschwerdeführer deswegen verhaftet worden. Er habe dies jedoch aufklären können und sei wieder freigelassen worden; man habe aber B.M. verhaftet. Zwei Tage später hätten die Cousins des B.M. vom Beschwerdeführer DM 100.000,-

gefordert, da er der Polizei vom Autotausch erzählt habe. Auch die Familie des Opfers habe ihm Probleme gemacht. Im Jahr 2003, 2004 und 2005 habe er das der Polizei in P. gemeldet, die aber nichts unternehmen habe können. Weiters gab der Beschwerdeführer an, im Kosovo wegen einer Schlägerei bedingt verurteilt worden zu sein. Auch sei er von April bis September 2006 wegen des Vorwurfes des sexuellen Missbrauches im Kosovo in Untersuchungshaft gewesen, diesbezüglich aber freigesprochen worden. In Haft sei er allerdings von Mithäftlingen - "als Vorwarnung" dessen, was B.M. mit ihm vorhabe - zusammengeschlagen worden, woraufhin er in ein Gefängnis nach R. verlegt worden sei. Zu seiner familiären Situation in Österreich gab der Beschwerdeführer an, verheiratet zu sein. Seit "7, 8 Monaten" lebe er mit seiner Frau schon zusammen Auf Vorhalt vorläufiger Sachverhaltsannahmen zur Situation im Kosovo (denen zufolge Strafanzeigen vom KPS [Kosovo Police Service], das seine Aufgaben im Allgemeinen in professioneller Weise ausführe, aufgenommen und verfolgt werden, wobei Fehlleistungen einzelner Polizeiorgane zwar nicht ausgeschlossen werden können, aber die Möglichkeit bestehe, sich direkt an die UNMIK-Polizei oder an die Staatsanwaltschaft zu richten) gab der Beschwerdeführer an, es gebe im Kosovo keine Sicherheit, die Kriminalität sei sehr hoch. Ferner erklärte der Beschwerdeführer seine Zustimmung zu Erhebungen durch die österreichische Vertretungsbehörde im Kosovo.

 

11. Am 28.3.2008 ersuchte das Bundesasylamt den österreichischen Verbindungsbeamten im Kosovo zu ermitteln, ob der Beschwerdeführer wegen der geschilderten Vorfälle tatsächlich Anzeigen bei der Polizei in P. erstattet habe sowie was die Hintergründe des von B.M. verübten Mordes gewesen seien bzw. welche Rolle der Beschwerdeführer dabei spiele.

 

12. In seiner am 9.5.2008 beim Bundesasylamt eingelangten Anfragebeantwortung hält der österreichische Verbindungsbeamte im Wesentlichen die Aussagen des Vaters des Beschwerdeführers S.A. fest, die dieser ihm gegenüber bei einem Gespräch gemacht habe. Diesen zufolge sei der Beschwerdeführer am 27.1.2004 im Kosovo wegen Beteiligung an einem Raubüberfall auf einen Taxilenker zu drei Jahren Haft verurteilt worden, von denen er nach sechsmonatiger Untersuchungshaft sechs weitere Monate verbüßt habe, während die beiden anderen Täter, A. und J.U., zu neun bzw. fünf Jahren Haft verurteilt worden seien. Die Familie U. nehme an, dass der Beschwerdeführer in Hinblick auf seine Zeugenaussage für die Verurteilung der Brüder verantwortlich sei. Der Vater des Beschwerdeführers sei von einem Angehörigen der Familie U. verletzt und bewußtlos ins Krankenhaus eingeliefert worden. Hinsichtlich dieses Vorfalles habe es im März 2008 eine Gerichtsverhandlung gegeben. Es sei aber ein Abkommen geschlossen worden; der Vater des Beschwerdeführers habe "die Anklage" zurückgezogen und dem Täter verziehen. Was B.M. angehe, habe der Vater des Beschwerdeführers Folgendes angegeben: Der Beschwerdeführer und B.M. hätten ihre Autos getauscht. Jenen Wagen, den B.M. erhalten habe, habe der Beschwerdeführer von einem Mann namens M.E. bekommen, wobei noch DM 500 ausständig gewesen seien. M.E.habe dann B.M. angehalten, das Geld verlangt und ihn in der Folge ermordet und sei deshalb zu 12 Jahren Haft verurteilt worden. Der Beschwerdeführer, der zum Zeitpunkt der Tat wegen des Vorwurfes der Zuhälterei (von dem er dann freigesprochen worden sei) in Untersuchungshaft gewesen sei, habe im Prozess als Zeuge über den Fahrzeugtausch ausgesagt. Es gebe Probleme mit der Familie B., da noch Geldforderungen an den Beschwerdeführer offen seien. Weiters habe der Vater des Beschwerdeführers angegeben, weder beim Gericht in P. noch bei jenem in M. eine Funktion zu haben und lediglich im Jahr 1999 fünf bis sechs Mal "als Laie" an einer Verhandlung teilgenommen zu haben. Auch sei der Beschwerdeführer 2005 oder 2006 während der Haft von anderen Häftlingen verletzt worden.

 

13. Am 18.6.2008 wurde der Beschwerdeführer abermals beim Bundesasylamt einvernommen. Befragt, ob er an seinen Aussagen im laufenden Verfahren etwas richtig stellen wolle, gab er an, verheiratet zu sein und keine Möglichkeit gehabt zu haben, in den Kosovo zu reisen, um sich dort "einen richtigen Aufenthaltstitel" zu besorgen, weil er dort Probleme habe. Er habe nicht auf das Begräbnis seiner Mutter gehen können, die vor ca. sechs Monaten verstorben sei. Mit seiner Ehefrau sei er bereits vor der Heirat im Juli bzw. August 2007 zusammengezogen. Auf Vorhalt der unter Punkt 12. dargestellten Anfragebeantwortung führte er aus, dass er von den Familien M. und G. bedroht werde. Auf weiteren Vorhalt, dass sein Vorbringen zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass er im Verfahren nie gelogen habe, er habe (tatsächlich) Probleme gehabt. Es stimme, dass er Schulden habe, er sei aber deswegen bedroht worden. Vom Vorwurf der organisierten Kriminalität sei er freigesprochen worden. Auch habe er seine Strafe abgebüßt und sei freigelassen worden. In Österreich verfüge er an Familienangehörigen lediglich über seine Ehefrau, die ihn aktuell zwei Mal pro Woche besuche, wie es in der Haft erlaubt sei. Auf Vorhalt, dass seine Ehefrau erst seit Dezember 2007 mit ihm zusammenlebe, meinte der Beschwerdeführer, sie sei bereits im Juli oder August 2007 bei ihm eingezogen, habe sich aber erst später angemeldet. Kurse besuche er in Österreich nicht und absolviere auch keine Ausbildung. Sein Lebensunterhalt werde teilweise von seiner Ehefrau bestritten, teilweise erhalte er sich selbst mit seiner Musik.

 

14. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo aus (Spruchpunkt III.). Das Bundesasylamt erachtete das gesamte Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers für unglaubwürdig: Zur behaupteten Bedrohung durch die UCK bzw. AKSH wies es im Wesentlichen darauf hin, dass der Vater des Beschwerdeführer entgegen dessen Angaben nicht bei Gericht arbeite und beim Gespräch mit dem Verbindungsbeamten auch keine "Besuche" vom Angehörigen dieser Organisationen erwähnt habe. Auch könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer wegen seiner Mitgliedschaft bei der AAK im Kosovo verfolgt werde: Einerseits sei diese im kosovarischen Parlament vertreten, andererseits sei nicht ersichtlich, weshalb gerade der Beschwerdeführer als einfaches Parteimitglied Verfolgung befürchten müsse. Was das B.M. betreffende Vorbringen angehe, sei darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Mordes in Haft befunden und vor Gericht auch nur über den Fahrzeugtausch ausgesagt habe, weshalb das vorgebrachte Bedrohungsszenario nicht plausibel sei. Aus diesem Grund sei auch der vom Beschwerdeführer angegebene Hintergrund jenes Vorfalles, bei dem er während der Untersuchungshaft von anderen Häftlingen verletzt worden sei, nicht glaubwürdig; was den Vorfall selbst angehe, sei der Beschwerdeführer verarztet und in ein anderes Gefängnis verlegt worden, sodass angenommen werden müsse, dass die Sicherheitsbehörden adäquat reagiert hätten. Zwar hielt das Bundesasylamt fest, dass die im Kosovo tätigen nationalen und internationalen Behörden willens und fähig seien, die Bevölkerung zu schützen, traf aber (offenbar aufgrund eines Versehens) weder diesbezüglich noch in anderer Hinsicht Länderfeststellungen. Die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten begründete das Bundesasylamt mit der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens. Zur Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, es würden auch keine individuellen Umstände vorliegen, die dafür sprächen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Kosovo in eine extreme Notlage gerate, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstelle: Der Beschwerdeführer sei ein erwachsener, arbeitsfähiger Mann und könne seine Tätigkeit als Musiker wieder aufnehmen und bei seinen Verwandten Unterkunft finden. Seine Familie besitze zwei Häuser, eine Landwirtschaft und einen Garten. Sollte er durch die Familie nicht unterstützt werden, könne er bei humanitären Organisationen Unterstützung finden. Zur Ausweisungsentscheidung hielt das Bundesasylamt fest, dass der Beschwerdeführer in Österreich geheiratet habe und einer Beschäftigung nachgehe. Die Familienbande seien allerdings erst durch die illegale Einreise ermöglicht worden; auch könne seine Ehefrau bereits jetzt Schritte einzuleiten, um das Familienleben im Herkunftsstaat fortzusetzen. Die Verurteilungen des Beschwerdeführers zeigten, dass dieser über ein großes kriminelles Potential verfüge. Aus einer Gesamtabwägung der Interessen ergebe sich kein ungerechtfertigter Verstoß gegen Art. 8 EMRK.

 

15. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit einem fristgerecht eingebrachten, selbst (handschriftlich) verfassten Schreiben Beschwerde. Darin bringt er im Wesentlichen Folgendes vor:

Er sei verheiratet; seine Ehefrau sei hochschwanger. In den Kosovo dürfe er nicht zurück, da es dort sehr gefährlich sei und er viele Probleme habe. Er würde dort umgebracht werden, da er Schwierigkeiten mit gefährlichen Leuten habe. Sein größter Gegner sei der zu zwölf Jahren Haft verurteilte B.M., weil dieser seinetwegen M.G. erschossen habe. Die Familie des Verstorbenen wolle den Beschwerdeführer nun umbringen. Andererseits sei er von der Familie U. gefährdet, die seinen Vater fast totgeschlagen habe. Zum Begräbnis seiner Mutter habe er sich nicht getraut, dies aus Angst umgebracht zu werden. Im Jahr 2007 sei der Bruder von B.M.von Deutschland nach Österreich gekommen. Es sei eine große und gefährliche Familie. Seine finanzielle Lage im Kosovo sei sehr gut gewesen; er sei nicht nach Österreich gekommen, um reich zu werden. Das Wichtigste sei aber die Frage, was seine Frau, die nun ein Kind bekomme, ohne ihn machen solle.

 

16. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wels vom 00.00.2008, rechtskräftig geworden am gleichen Tag, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 28 Abs. 1 (2. und 3. Fall), § 28 Abs. 1 (5. Fall) und § 27 Abs. 1 Z 1 (1. und 2. Fall) Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

 

17. Mit Bescheid vom 00.00.2008, verhängte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Rückkehrverbot. Die dagegen erhobene Berufung wies die Sicherheitsdirektion Oberösterreich mit Bescheid vom 00.00.2008, ab.

 

18. Am 5.12.2008 wurde der Beschwerdeführer unter Bestimmung einer Probezeit bis 20.9.2011 bedingt aus der gegen ihn mit dem unter Punkt 16. dargestellten Urteil verhängten Freiheitsstrafe entlassen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist kosovarischer Staatsangehöriger, gehört der albanischen Volksgruppe an und bekennt sich zum muslimischen Glauben.

 

1.1.2. Dies folgt aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers.

 

1.2. Zur Gefährdung, die der Beschwerdeführer im Kosovo ausgesetzt wäre.

 

1.2.1. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Kosovo Verfolgung befürchten müsste.

 

1.2.2. Dies gründet sich auf folgende Erwägungen: Das Bundesasylamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Gefährdungssituationen, denen er im Kosovo ausgesetzt sei, unglaubwürdig ist, wobei zusätzlich zu den vom Bundesasylamt ins Treffen geführten Argumenten Folgendes auszuführen ist: Zu allererst weist das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen eklatante Abweichung auf: Hatte er in seiner Ersteinvernahme vor dem Stadtpolizeikommando Salzburg zu seinen Fluchtgründen noch (bloß) angegeben, dass er in Hinblick auf seine Mitgliedschaft in der AAK, die im Kosovo derzeit verfolgt werde, dort politische Probleme habe (ohne dass er vorgebracht hätte, dass gegen ihn selbst vorgegangen worden sei), meinte er in seiner ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 11.9.2007 zunächst, (persönlich) von der UCK gesucht zu werden, was er im Laufe der Befragung dahingehend abänderte, dass er von der AKSH Verfolgung zu befürchten habe. In dieser Einvernahme brachte er überdies erstmals vor, abgesehen von den politischen Problemen auch andere Schwierigkeiten zu haben, die darin bestünden, dass er in Hinblick auf einen Verkehrsunfall, bei dem B.M. jemanden überfahren und dabei getötet habe, Probleme mit dem Genannten bzw. mit dessen Familie gehabt habe, die verlangt habe, dass er den Unfall "auf seine Kappe nehmen" solle. Bei seiner zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt brachte er hingegen (zusätzlich zu den Problemen, die er mit der AKSH gehabt habe) vor, dass B.M. "einen Jungen in einem Lokal" erschossen habe; von einem Verkehrfall ist nicht mehr die Rede, dafür aber erstmals, dass auch die Familie des Opfers dem Beschwerdeführer Probleme gemacht habe. In der Beschwerde wiederum heißt es, dass der größte Gegner des Beschwerdeführers B.M. sei, der zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden sei, weil er seinetwegen einen M.G. erschossen habe und die Familie des Opfers ihn jetzt umbringen wolle (was im Übrigen nicht erklärt, weshalb von B.M. die größte Bedrohung ausgehe); sowie (wohl in Hinblick auf die Aussage des Vaters des Beschwerdeführers gegenüber dem Verbindungsbeamten) erstmals, dass er auch von der Familie U. gefährdet sei, wobei er zu den Gründen dieser Gefährdung nichts ausführt, sondern nur festhält, dass man seinen Vater fast totgeschlagen habe. Dabei ist festzuhalten, dass aufgrund der Aussage des Vaters des Beschwerdeführers, die Gerichtsverhandlung betreffend den gegen ihn gerichteten Übergriff habe etwa im März 2008 stattgefunden, angenommen werden muss, dass der Beschwerdeführer bei seiner zweiten Einvernahme beim Bundesasylamt ein derartiges Bedrohungsszenario vorgebracht hätte. Vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, ihm drohe von B.M. Gefahr, auch dann als unglaubwürdig einzustufen, wenn die Darstellung der Angaben des Vaters des Beschwerdeführers, B.M. sei nicht der Täter, sondern das Opfer des Mordes gewesen, dem der Fahrzeugtausch des Beschwerdeführers vorangegangen sei, auf eine Verwechslung zurückzuführen wäre. Was die behauptete Gefährdung des Beschwerdeführers durch die UCK bzw. die AKSH angeht, hat das Bundesasylamt zu Recht festgehalten, die damit eng in Zusammenhang stehende Aussage des Beschwerdeführers, sein Vater arbeite bei Gericht und habe dort wegen der Vorfälle mit der AKSH Anzeige erstattet, tatsachenwidrig ist: Denn wie sich aus der (von der Beschwerde nicht als unzutreffend gerügten) Aussage in der Anfragebeantwortung vom 9.5.2008 ergibt, hat der Vater des Beschwerdeführer weder beim Gericht in P. noch bei jenem in I. eine Funktion und habe lediglich im Jahr 1999 fünf bis sechs Mal als Laie an einer Verhandlung teilgenommen. Auch konnte der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt zu den behaupteten Vorfällen keine konkreten zeitlichen Angaben machen und insbesondere auch keinen nachvollziehbaren Grund dafür angeben, warum gerade er als einfaches Mitglied einer im Parlament vertretenen Partei, für die er nicht tätig gewesen sei, von der UCK bzw. der AKSH gesucht werden sollte. Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Frage, ob die Behörden von diesen Drohungen verständigt worden seien, widersprüchlich ist: Während seine diesbezügliche Aussage in der Einvernahme vom 11.9.2007 nur so verstanden werden kann, dass dies nicht der Fall gewesen sei - er gab an, nicht bei der Polizei gewesen zu sein, während hinsichtlich der Drohungen der Familie M. die Polizei, UNMIK und auch das Gericht verständigt worden seien - , brachte er am 26.3.2008 vor dem Bundesasylamt vor, sein Vater habe das Gericht in P. verständigt. Weiters fällt auf, dass der Beschwerdeführer, der bereits bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 18.6.2008 mit keinem Wort mehr erwähnt hatte, von der UCK bzw. die AKSH verfolgt zu werden, auch in der von ihm verfassten Beschwerde eine solche Gefährdung nicht mehr vorbringt. Gleiches gilt für sein Vorbringen, dass ihm wegen seiner Mitgliedschaft bei der AAK Verfolgung drohe (vgl. dazu überdies die Anfragebeantwortung des österreichischen Verbindungsbeamten im Kosovo vom 13.11.2007 an das Bundesasylamt, wonach eine Gefährdung wegen politischer Tätigkeit für die AAK mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne, sowie den Kosovo-Bericht des genannten Verbindungsbeamten vom 29.9.2008, 51, wonach laut den zur Verfügung stehenden Quellen seitens der AKSH keine zwangsweise Rekrutierung von Personen durchgeführt wird und auch keine Fälle von "Bestrafungen" bekannt seien).

 

1.3. Zu den im Kosovo tätigen nationalen und internationalen Sicherheitskräften:

 

1.3.1. Der Kosovo Police Service (KPS) hat eine derzeitige Stärke von 7.248 Beamten. Dem KPS sind mittlerweile fünf Regionale Hauptquartiere (RHQ) übergeben worden. Nur das RHQ Mitrovicë/Mitrovica ist noch unter internationalem Kommando. Zudem wurden im Bereich Border and Boundary (KPS BBP) ebenfalls drei RHQ (Nord, Ost, West) mit nach geordneten Stationen errichtet und vollständig an KPS übergeben. Weiterhin unterstehen dem KPS inzwischen 34 Polizeistationen und 11 nach geordnete Polizeistationen ("Substations").

 

([dt.] Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Serbien [Kosovo], Stand September 2007)

 

Die Kosovo Polizei (KPS) führt ihre Aufgaben im Allgemeinen in professioneller Weise aus. Es gab keine signifikanten Änderungen beim Anteil von Minderheiten in der KPS. Eine Spezialabteilung der Polizei, welche eingerichtet wurde, um Vorfälle hinsichtlich der Märzunruhen von 2004 zu untersuchen, hat bisher 1500 solcher Fälle überprüft, wobei 300 davon bereits abgeschlossen werden konnten. Die Abteilung für Verbrechensanalyse wurde vollständig reorganisiert. In den sechs regionalen Hauptquartieren operieren jeweils eigene Nachrichtendienste.

 

(Commission of the European Communities, Kosovo under UNSCR 1244, 2007 Progress Report, Nov. 2007)

 

Die KPS befindet sich immer noch im Prozess der Transformation und wird derzeit durch einen Kommissar der UNMIK geleitet. In Zukunft wird die EULEX in diesem Bereich spezifische Aufgaben übernehmen. Nachdem sich mehr als 300 serbische Polizisten geweigert haben, unter dem Kommando der Kosovo-Polizei zu arbeiten, wurden sie suspendiert. Es arbeiten immer noch serbische Polizisten in KPS-Uniformen, die nicht auf Befehle der Kommandozentrale in R. hören, sondern nur auf die UNMIK-Polizei.

 

(Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo Update: Aktuelle Entwicklungen, 12.8.2008)

 

Polizeiliche Aufgaben werden im Kosovo durch die internationale UNMIK Polizeitruppe und die Kosovo Police Service wahrgenommen. Alle lokalen Polizeistationen mit Ausnahme von Mitrovica wurden mittlerweile in den alleinigen Verantwortungsbereich der KPS übergeben. Traditionelle Polizeiarbeit und investigative Aufgaben werden nunmehr ausschließlich durch die KPS Truppe erledigt. Die "Kosovo academy of public safety education and development" (KAPSED) und die "Kosovo public safety standards and education board" wurden eingerichtet.

 

(Commission of the European Communities, Kosovo 2006 Progress Report, Nov. 2006)

 

Strafrechtliche Anzeigen werden seitens der KPS aufgenommen und verfolgt. Fehlleistungen von einzelnen Polizeiorganen können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Sollte eine Person kein Vertrauen in die Dienste der KPS haben, besteht die Möglichkeit sich auch direkt an die UNMIK-Polizei oder an die Staatsanwaltschaft zu wenden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Ombudsmann zu konsultieren.

 

(Bericht zur Fact Finding Mission des BMI in den Kosovo 14.-19.5.2006, Mai 2006)

 

Im Kosovo sind 15.497 KFOR-Soldaten aus NATO-Staaten (12.999) und Nicht-NATO-Staaten (2.498) stationiert (Stand: 13.08.2007). Das Operationsgebiet von KFOR ist derzeit in fünf Sektoren eingeteilt, von denen je einer unter italienischer, türkischer, amerikanischer, irischer

 

und französischer Leitung steht. Wie schon in den vergangenen Jahren entdeckt KFOR noch

 

immer illegale Waffen- und Munitionslager.

 

([dt.] Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Serbien [Kosovo], Stand September 2007)

 

1.3.2. Zur Beweiswürdigung ist Folgendes festzuhalten:

Sachverhaltsnahmen dieses Inhaltes wurden dem Beschwerdeführer bereits bei dessen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 26.3.2008 vorgehalten. Die Stellungnahme des Beschwerdeführers, in der er lediglich pauschal darauf hinwies, dass es im Kosovo "keine Sicherheit" gebe und die Kriminalität sehr hoch sei, ist nach Ansicht des Asylgerichtshofes nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit dieser auf Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen basierenden Einschätzung der Lage entstehen zu lassen; im Übrigen tritt auch die Beschwerde der vom Bundesaylamt im angefochtenen Bescheid vertretenen Sicht, dass die in der Republik Kosovo tätigen nationalen und internationalen Behörden willens und fähig seien, die Bevölkerung zu schützen, nicht substantiiert entgegen (vgl. dazu überdies den Bericht des [brit.] Home Office, Operational Guidance Note Kosovo, 22.7.2008, demzufolge für alle ethnischen Albaner, auch solchen in Gebieten, wo sie eine Minderheit bilden, hinlänglicher Schutz durch UNMIK/KPS verfügbar ist, UNMIK/KPS willens und auch in der Lage sind, denjenigen, die Verfolgung befürchten, Schutz zu gewähren und diese einen rechtlichen Mechanismus zur Ermittlung, Strafverfolgung und Bestrafung von Verfolgungsmaßnahmen sicherstellen, sowie die Anfragebeantwortung des österreichischen Verbindungsbeamten im Kosovo vom 9.1.2009, Zl. 416/08, wonach es keine Informationen über konkrete Vorfälle gebe, in denen die Polizei bzw. die Sicherheitsbehörden bei Anzeigen gegenüber Privaten keinen Schutz bieten).

 

2. Rechtlich folgt:

 

2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz BGBl. I 4/2008 idF BGBl. I Nr. 147/2008, in der Folge: AsylGHG) ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 Abs. 1 AsylGHG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.2. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

2.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid (bzw. das Asylerkenntnis) erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG zB VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG unberührt bleiben - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ihm dieser Nachteil aufgrund einer von dritten Personen ausgehenden, vom Staat nicht ausreichend verhinderbaren Verfolgung mit derselben Wahrscheinlichkeit droht. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohl begründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. dazu VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191 mwN).

 

2.3.2. Zur Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist zunächst auszuführen, dass - wie oben dargelegt - das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig ist. Auch würde sich bei hypothetischer Zugrundelegung dieses Vorbringens am Ergebnis insofern nichts ändern, als aufgrund der unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden kann, dass der Beschwerdeführer gegen Übergriffe Dritter keinen ausreichenden behördlichen Schutz in Anspruch nehmen könnte bzw. dass ein Schutzersuchen des Beschwerdeführers an die Behörden seines Herkunftsstaates offensichtlich aussichtslos erscheinen würde und ihm ein solcher Versuch daher nicht zuzumuten wäre (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.11.2008, 2006/01/0191, in dem der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich von der Schutzfähigkeit der im Kosovo stationierten Kräfte ausgeht). Abgesehen davon könnte sich der Beschwerdeführer den von ihm dargelegten Bedrohungen dadurch entziehen, dass er sich in andere Teile des Kosovo, etwa nach Prishtina oder Prizren, begibt (vgl. dazu etwa den Bericht des [dt]. Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien [Kosovo] vom 29.11.2007, 14, wonach eine Übersiedlung in andere Teile des Kosovos jederzeit möglich ist): Denn es kann weder davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer von den von ihm genannten Privatpersonen im gesamten Staatsgebiet des Kosovos Gefahr drohen würde, noch dass dem 1984 geborenen, gesunden Beschwerdeführer eine derartige Relokation insofern nicht zumutbar wäre, als er dadurch in eine Situation geriete, in der seine Existenzgrundlage gefährdet wäre. Sollte er (entgegen der Ansicht des Asylgerichtshofes) nicht in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt auch außerhalb seines Heimatortes zu verdienen, bestünde die Möglichkeit, Sozialhilfe zu erlangen (vgl. dazu den bereits zitierten Bericht des [dt.] Auswärtigen Amtes, 17) sowie nötigenfalls die Hilfe von Hilfsorganisationen in Anspruch zu nehmen (vgl. dazu die Auskunft des Spezialattaché im Kosovo, Mag. Wolfgang Hochmüller, vom 12.11.2007, Zl. 536/07, wonach sich selbst im Fall der Nichtunterstützung durch die Familie "im Kosovo nach wie vor einzelne internationale und humanitäre Organisationen (¿Mutter Theresa', Rotes Kreuz, Caritas ...) [finden], die humanitäre Hilfe ermöglichen"). Sofern der Beschwerdeführer vorbrachte, er sei während der Untersuchungshaft im Kosovo von anderen Häftlingen verletzt worden, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer nach seinen Angaben die Haftstrafe bereits verbüßt hat und entlassen wurde (was auf eine vorzeitige Entlassung hindeutet), sodass bereits aus diesem Grund nicht davon ausgegangen werden kann, dass er nach einer Rückkehr in den Kosovo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abermals einer solchen Situation ausgesetzt wäre. Zum Vorbringen, der Beschwerdeführer habe aufgrund von Schulden Probleme, kann in Hinblick auf seine Aussagen vor dem Bundesasylamt, seine Familie verfüge über zwei Häuser, eine Landwirtschaft und einen Garten, sowie dem Hinweis in der Beschwerde, dass seine finanzielle und familiäre Lage im Kosovo "sehr gut" gewesen sei, nicht gesagt werden, dass diese Schwierigkeiten nicht durch die Bezahlung der Schulden bereinigt werden könnten (zumal die Schulden - wie die Angaben des Vaters des Beschwerdeführers [vgl. Verwaltungsakt AS 467] nahelegen - [bloß] etwa DM 500 ausmachen würden). Schließlich ist festzuhalten, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers (abgesehen von seiner Behauptung, wegen seiner Mitgliedschaft bei der AAK verfolgt zu werden, die aber - wie bereits festhalten - in der Beschwerde nicht mehr erstattet wird) der erforderliche Konnex zu einem der in der GFK genannten Gründe fehlt.

 

2.4.1.Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG ist der Asylantrag bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Asylantrag auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

 

Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Kern nicht von jenen, nach denen dies nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 BGBl. I 76 (in der Folge: AsylG 1997) idF der Asylgesetznovelle 2003 BGBl. I 101 (AsylGNov. 2003;

entspricht § 8 AsylG 1997 in der Stammfassung) iZm § 57 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 BGBl I 75 (in der Folge: FrG) zu geschehen hatte;

sie gehen allenfalls darüber hinaus. (Dagegen gibt es in der neuen Rechtslage keine Entsprechung zu den Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 iZm § 57 Abs. 2 FrG, also dem zweiten Absatz dieser fremdengesetzlichen Bestimmung.) Deshalb kann zur Auslegung insoweit grundsätzlich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen herangezogen werden. Die Rechtsprechung zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG 1997 iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und § 11 Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag auch in Bezug auf den subsidiären Schutz abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (nach der Rechtslage nach dem AsylG 1997 musste sich die Gefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen; zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560).

 

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586;

21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460;

16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung zum AsylG 1997 erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443; 26.2.2002, 99/20/0509; 22.8.2006, 2005/01/0718). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

2.4.2. Wie bereits oben ausgeführt, bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre; daher liegt kein Fall des § 57 Abs. 2 FrG vor. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass - wie oben unter Punkt. 2.3.2. ausgeführt - nicht angenommen werden kann, dass der Beschwerdeführer im Kosovo Übergriffen ausgesetzt wäre, gegen die er keinen effektiven behördlichen Schutz erhalten könnte oder dem er sich nicht durch eine zumutbare Relokation in andere Teile des Kosovo entziehen könnte. Auch besteht im Kosovo nicht eine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer hat auch keinen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" glaubhaft machen können, der ein Abschiebungshindernis bilden könnte. Angesichts des oben unter Punkt 2.3.2. (insbesondere zur Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Relokationsmöglichkeit) Ausgeführten kann auch nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer (der über im Kosovo lebende Familienangehörige, und zwar seinen Vater, zwei Brüder und eine Schwester, und somit über Anknüpfungspunke im Herkunftsstaat verfügt) nach einer Rückkehr in den Kosovo in seiner Lebensgrundlage gefährdet wäre. Dazu ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sich aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 FrG ergibt (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021).

 

2.5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen und dem Fremden weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 EMRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und die nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

Bei der Abwägung, die durch Art. 8 EMRK vorgeschrieben wird, stehen die Interessen des Fremden an seinem Verbleib im Inland, die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt sind, dem öffentlichen Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes 17.3.2005, G 78/04 ua., (S 47) zur Vorgängerbestimmung des § 10 AsylG (nämlich § 8 Abs. 2 AsylG 1997) beabsichtigt der Gesetzgeber, "durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern". Dem in § 37 FrG verankerten Ausweisungshindernis durfte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Bedeutung unterstellt werden, "es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen" (VwGH 22.3.2002, 99/21/0082 mwN). Nichts anderes kann aber für die durch das AsylG vorgeschriebene Abwägung gelten, hat doch der Verfassungsgerichtshof (zu § 8 Abs. 2 AsylG 1997) ausgesprochen (VfGH 17.3.2005, G 78/04 ua., S 50): "§ 37 FrG legt [...] Kriterien fest, die sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [...] zu Art. 8 EMRK in Fällen der Außerlandesschaffung eines Fremden ergeben und die von den Asylbehörden bei Ausweisungen nach § 8 Abs. 2 AsylG, auch wenn sie dort nicht genannt sind, zu beachten sind."

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung ("the real existence in practice of close personal ties") neben einem über die normalen gefühlsmäßigen Beziehungen hinausgehenden "Abhängigkeitsverhältnis" gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sein kann (vgl VwGH vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

 

2.5.2.1. Was das Recht des Beschwerdeführers auf Familienleben angeht, wäre ein allfälliger Eingriff in dieses Recht - in Hinblick auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer seit November 2007 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet ist (mit der er aber [wie sich aus den Anfragen an das Zentrale Melderegister vom 30.1.2009 ergibt] nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt) - nach Ansicht des Asylgerichtshofes (auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Vater, zwei Brüder und die Schwester des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat leben) nicht so schwerwiegend, dass er nicht durch die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt wäre. Dabei ist zum einen auf die unter Punkt I.16. dargestellte strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers hinzuweisen und zum andern darauf, dass die familiären Beziehungen des Beschwerdeführers in einem Zeitraum entstanden sind, als er sich lediglich aufgrund eines zu keinem Zeitpunkt berechtigten Antrages auf internationalen Schutz in Österreich aufhalten durfte. Dies gilt auch für den Fall, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Ehefrau erwarte ein Kind, zutreffend war und das Kind inzwischen geboren wurde (vgl. dazu aber das oben unter Punkt I.16. zitierte Urteil vom 18.9.2009, in dem das Landesgericht Wels davon ausging, dass der Beschwerdeführer keine Sorgepflichten habe), zumal angenommen werden muss, dass der Beschwerdeführer das Familienleben mit den Genannten auch im Kosovo fortsetzen könnte (vgl. dazu etwa EGMR 31.7.2008, Darren OMOREGIE and others v Norwegen, Rs 265/07, wonach die Ausweisung des Antragstellers, der während seines unsicheren Aufenthaltes in Norwegen als Asylwerber geheiratet und mit seiner Ehefrau ein Kind gezeugt hat, nicht gegen Art. 8 EMRK verstößt, wobei aus Sicht des EGMR keine unüberwindbaren Hindernisse für eine Fortsetzung des Familienlebens in Nigeria, dem Herkunftsstaat des Antragstellers, vorliegen).

 

2.5.2.2. Was aber eine allfällige Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privatleben angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass beim Topos des Privatlebens die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle spielt, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die Erk. 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), ist Derartiges auch im Fall des Beschwerdeführers anzunehmen, der sich erst seit Juli 2007 in Österreich aufhält. Vor diesem Hintergrund ist unter Berücksichtigung der bereits oben unter Punkt 2.5.2.1. ins Treffen geführten öffentlichen Interessen eine Verletzung des Art. 8 EMRK auch dann nicht anzunehmen, wenn andere maßgebliche Aspekte zu seinen Gunsten in die Güterabwägung einzufließen hätten, so etwa, wenn davon auszugehen wäre, dass er in der Lage ist, für seine Unterhalt selbst aufzukommen (vgl. überdies EGMR 8.4.2008, NNYANZI Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).

 

2.5.2.3. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers gegen Art. 8 EMRK verstoßen würde.

 

2.3.2.4. Weiters kann weder gesagt werden, dass dem Beschwerdeführer ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme noch dass sich Hinweise darauf ergeben hätten, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers liegen und nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.

 

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 unterbleiben.

Zuletzt aktualisiert am
12.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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