TE AsylGH Erkenntnis 2009/02/05 B16 238977-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2009
beobachten
merken
Spruch

B16 238.977-0/2008/13E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Nowak als Einzelrichter über die Beschwerde des S.A., geb. 00.00.1979, StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.05.2003, FZ. 02 33.063-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.07.2004 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBI. I Nr. 76/1997 idF. BGBI. I Nr. 126/2002, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I.

 

1. VERFAHRENSGANG:

 

1.1. Der Beschwerdeführer mit dem Herkunftsland Serbien und Montenegro, nunmehr Kosovo, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und stellte am 13.11.2002 einen Asylantrag.

 

1.2. Am 31.03.2003 wurde der Beschwerdeführer von der Erstbehörde niederschriftlich einvernommen. Als Fluchtgrund gab er im Wesentlich an, aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen zu sein. Er habe im Falle einer Rückkehr Angst vor Armut und Arbeitslosigkeit.

 

1.3. Mit Bescheid vom 23.05.2003, Zahl 02 33.063-BAL, wies die Erstbehörde den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 ab und erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung, oder Abschiebung nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo, gemäß § 8 Asylgesetz 1997 für zulässig.

 

Beweiswürdigend führte die Erstbehörde im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers glaubwürdig sei. Das Fluchtvorbringen stehe mit keinem der in der Flüchtlingskonvention genannten Gründe im Zusammenhang. Der Wunsch nach Emigration in der Erwartung besserer Verdienstmöglichkeiten rechtfertige die Gewährung von Asyl nicht.

 

1.4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Berufung, nunmehr Beschwerde, erhoben. Der Beschwerdeführer brachte darin im Wesentlichen vor, im Kosovo keine Arbeit und keine Existenzgrundlage zu haben. Seine Familie sei arm und brauche Unterstützung. Seine Mutter sei krank und benötige ärztliche Versorgung welche teuer sei. Das Geld dafür könne er im Kosovo nicht aufbringen. Er habe in der Zwischenzeit Arbeit in einem landwirtschaftlichen Betrieb bekommen, welche ihm das AMS E. vermittelt habe.

 

1.5. Am 12.07.2004 führte der damals zuständige Unabhängige Bundesasylsenat eine mündliche Verhandlung durch, zu der der Beschwerdeführer persönlich erschien. Die Erstbehörde entschuldigte ihr Fernbleiben. In dieser Verhandlung wurde der Beschwerdeführer ergänzend einvernommen und nachstehendes Länderdokumentationsmaterial verlesen und zum Akt genommen:

 

Dt. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro, 24.02.2004, Beilage ./A

 

SFH, Serbien und Montenegro, Update zur sozialen und medizinischen Lage der intern Vertriebenen, 01.03.2004, Beilage ./B

 

Helsinki Committee for Human Rights in Serbia, Dezember 2003, Beilage ./C

 

Dt. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo), 09.02.2004, Beilage ./D

 

UNHCR, Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen, 30.03.204, Beilage ./E

 

UNHCR, vom 15.03.2004, Beilage ./F

 

UNCHR, Kosovo - Situation von UCK-Deserteuren, 23.01.2004, Beilage

./G

 

ICG, Collapse in Kosovo, 22.04.2004, Beilage ./H

 

OSCE, Organization für Securoty and Co-operation in Europe, Mission in Kosovo, Beilage ./I

 

SFH, Kosovo, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004, 24.05.2004, Beilage ./J

 

SFH, Die medizinische Versorgungslage in Kosovo, 24.05.2004, Beilage

./K

 

Dokumentation zur aktuellen Situation im Kosovo, Beilage ./L

 

Der Beschwerdeführer gab im Wesentlichen an, dass seine bisherigen Aussagen der Wahrheit entsprochen hätten.

 

1.6. Mit Schreiben vom 02.09.2008 übermittelte der Asylgerichtshof dem Beschwerdeführer zusammengefasstes Länderdokumentationsmaterial und forderte den Beschwerdeführer zu einer Stellungnahme binnen drei Wochen auf. Ferner wurde er aufgefordert, bekannt zu geben, ob sich an seiner Situation seit der mündlichen Verhandlung am 12.07.2004 etwas geändert habe.

 

1.7. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 05.09.2008 durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt. Bis dato langte keine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein.

 

2. SACHVERHALT:

 

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist nunmehr kosovarischer Staatsangehöriger und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er verließ sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen.

 

2.2. Zum Herkunftsland wird festgestellt:

 

1. Allgemeines:

 

Die Verfassung der am 17. Februar 2008 einseitig ausgerufenen Republik Kosovo ist bereits als Entwurf fertig gestellt, es finden derzeit in den verschiedenen Städten Diskussionen mit der Bevölkerung statt. In dieser Verfassung sind die Vorschläge des AHTISAARI - Paketes enthalten, in der Einleitung wird als neutraler Begriff "Wir Bürger des Kosovo" verwendet.

 

2. Sprache:

 

Die Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch. Im neuen Verfassungsentwurf wurde Türkisch als Amtssprache weggelassen (derzeit Proteste der türkischen Gemeinde). Auf Gemeindeebene werden auch Bosnisch, Romanes und Türkisch als Amtssprachen in Verwendung sein.

 

3. Religion:

 

Im Kosovo sind ISLAM und CHRISTENTUM mit verschiedenen Untergruppen vertreten.

 

Die Bevölkerung ist sehr religionstolerant, trotz verstärkter Versuche vor allem der arabischen Staaten den sehr pragmatischen ISLAM fundamentalistischer zu gestalten, war das in der breiten Bevölkerung nicht erfolgreich.

 

4. Bildung:

 

Durch die hohe Schüleranzahl bestehen Grundschulen auch in kleinen Orten des Kosovo. Trotzdem gibt es in den meisten Schulen für die Schüler abwechselnd Vormittags- bzw. Nachmittagsunterricht. Weiterbildende Schulen sind auch im ländlichen Bereich durchaus in leicht erreichbarer Nähe.

 

Für Minderheiten besteht im Höheren Schulbereich - abgesehen von besonders isolierten Enklaven im Süden des Kosovo - auch eine entsprechende Möglichkeit für einen Schulbesuch in der näheren Umgebung.

 

Der Universitätsbereich wird in Prishtine (albanisch) bzw. in Mitrovica Nord (serbisch) abgedeckt, bestimmte Gruppen weichen nach Albanien, in die Republik Mazedonien, nach Serbien und die Türkei aus. Studien in der EU und in den Vereinigten Staaten sind äußerst begehrt, da dadurch wesentlich bessere Berufschancen gesehen werden.

 

Zahlreiche Privatuniversitäten, welche allerdings noch nicht entsprechend den Bologna - Kriterien evaluiert sind, versuchen den lukrativen Markt für sich zu gewinnen. Derzeit sind immerhin insgesamt 24 Privatuniversitäten beim Bildungsministerium registriert. Diese bedienen sich sehr oft ausländischer Gastprofessoren oder verwenden jene der öffentlichen Universität für die Vorträge. Durch die wesentlich höhere Bezahlung ist damit ein zweites Standbein für im Bildungsbereicht tätige Personen geschaffen.

 

Zugang zur Bildung ist für alle möglich, Einschränkungen ergeben sich für sozial schlecht gestellte Personen durch die Nebenkosten des Schulbesuches (Ankauf Bücher, etc.).

 

5. Medizinische Versorgung:

 

Das Versorgungsnetz im Kosovo ist flächendeckend, wobei zu den staatlichen Einrichtungen auch zahlreiche Privatpraxen von Ärzten bestehen. Die Einrichtungen liegen in erreichbarer Entfernung und bieten eine Basisversorgung der Bevölkerung.

 

Das Problem sind nicht die Behandlungskosten - hier fallen sehr geringe Beträge an und ist jener Personenkreis, welcher Sozialunterstützung erhält, auch von diesen Kosten befreit - sondern die Verfügbarkeit der Medikamente.

 

Jene Medikamente, welche in der "Essential Drug List" angeführt sind, werden zwar kostenlos abgegeben, es können aber in bestimmten Fällen Engpässe auftreten. Dann muss auf private Apotheken ausgewichen werden, wo die Medikamente zu bezahlen sind.

 

Generell ist die überwiegende Anzahl der notwendigen Medikamente im Kosovo vorhanden, das Versorgungsnetz wird durch private Apotheken entsprechend aufrechterhalten.

 

6. Soziale Versorgung:

 

Jede Gemeinde im Kosovo hat ein Zentrum für Sozialarbeit, in einigen Gemeinden gibt es zusätzliche Servicestellen für Minderheiten.

 

Im Jahr 2007 erhielten insgesamt 37.170 Familien mit einer gesamten Anzahl von 161.049 Personen Sozialunterstützung. Seit dem Jahr 2003 (Inkrafttreten des Gesetzes) gab es zwar deutliche Preiserhöhungen, aber keine entsprechende Anpassung der Sozialhilfe.

 

Zusätzlich wurde die Möglichkeit geschaffen, für Familien welche Sozialunterstützung erhalten oder unter das Kriegsopfergesetz fallen Strom bis zu 500 kw/h pro Monat kostenlos zu beziehen (Voraussetzung ist ein registrierter Stromzähler).

 

Die ärztliche Behandlung in öffentlichen Ambulatorien und Krankenhäusern für den oben angeführten Personenkreis ist kostenlos. Medikamente müssen selbst bezahlt werden.

 

Die Sozialleistungen reichen alleine oft nicht zur Abdeckung der Grundbedürfnisse. Der Zusammenhalt der Familien besonders im ländlichen aber auch im städtischen Bereich sichert das wirtschaftliche Überleben, verbunden mit Unterstützungszahlungen von Verwandten aus dem Ausland.

 

Zusätzliche Einnahmequellen bestehen in der Landwirtschaft bzw. durch die Erledigung von Gelegenheitsarbeiten vor allem in der Baubranche.

 

Unterstandslosigkeit ist im Kosovo im Gegensatz zu westlichen EU-Staaten äußerst selten auftauchendes Problem. So ist die Zahl der tatsächlich unterstandslosen Personen in Pristina - immerhin geschätzte 600.000 Einwohner verschwindend gering (geschätzte 20 Personen!), im ländlichen Bereich gar nicht vorhanden.

 

Die Wohnverhältnisse sind in der Regel durch die gewaltigen Investitionen im Wiederaufbau teilweise überdurchschnittlich gut. Die Errichtung von Bauten der im Ausland lebenden Personen aus dem Kosovo - der so genannten "Diaspora" - erfolgt oft überdimensional und mit großem Aufwand.

 

Oft soll dadurch offensichtlich der wirtschaftliche Erfolg (zusätzlich zu Auto und Kleidung) dokumentiert werden. Die Häuser werden meist von Verwandten gebaut, wodurch die Arbeitskosten sehr gering sind und nur Materialkosten anfallen.

 

7. Sicherheitslage:

 

Die Sicherheitssituation ist derzeit stabil mit Ausnahme Nordkosovo. Bisher verlief die Phase seit der Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeit durch den Kosovo überraschend ruhig.

 

Ausschreitungen gab es nur an den Übergängen zu Serbien (Gate 31 von Zubin Potok nach Novi Pazar und Gate 1 von Leposavic nach Raska), welche mit Zerstörung der dortigen Polizei- und Zollcontainer endeten.

 

Am Gate 3 (von Podujevo nach Nis) verlief eine Demonstration ohne Vorfälle, während am Gate 4 (von Pristina nach Medvedj) bei Ausschreitungen zahlreiche verletzte Polizeibeamte von KPS die Folge waren.

 

Derzeit wird im Nordkosovo versucht, die internationale Verwaltung zum Abzug zu zwingen. Nach einer Besetzung des Gerichtsgebäudes von UNMIK und der Räumung durch UNMIK Police mit Unterstützung KFOR eskalierte die Situation. Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten gab es einen toten UNMIK Polizisten aus der Ukraine (Special Unit) und zahlreiche Verletzte auf beiden Seiten, insgesamt wurden 53 Personen (K.S.) festgenommen.

 

UNMIK wurde kurzfristig aufgrund dieser aktuellen Situation aus dem Norden des Kosovo evakuiert, KFOR hat die Sicherheitsaufgaben im Norden übernommen. In der Zwischenzeit ist UNMIK wieder in Mitrovica Nord präsent.

 

Für den Großteil der Bevölkerung im Südkosovo und auch in den anderen serbischen Gemeinden außerhalb des Brennpunktes Mitrovica gestaltet sich das Leben völlig normal und ist in keiner Weise von mangelnder Sicherheit betroffen.

 

8. Allgemeine Menschenrechtssituation:

 

Die Menschenrechtssituation im Kosovo kann als gut eingestuft werden.

 

Durch die internationale Präsenz, die jahrelangen Schulungen in den Bereichen "Menschenrechte" für im öffentlichen Dienst tätige Personen, besonders von Kosovo Police Service und die Überwachung der Einhaltung durch die internationalen Sicherheitskräfte und NGO¿s konnte dieser Fortschritt erreicht werden.

 

Die einseitige Ausrufung der Unabhängigkeit hat bei den Kosovo - Albanern zu einer Entspannung geführt, da ihre Ansprüche zufrieden gestellt wurden und insbesondere die neue Regierung unter PM THAQI sehr moderate Schritte setzt, um die Lage weiter zu stabilisieren.

 

In der neuen Verfassung des Kosovo - der fertige Entwurf steht kurz vor dem Beschluss - wurden sämtliche Punkte des Ahtisaari - Pakets umgesetzt, welches umfangreiche Rechte für Minderheiten mit Selbstverwaltung und gesicherte Mitwirkung an der Verwaltung und Gesetzgebung im Kosovo durch gesicherte Quotenplätze garantiert.

 

Ohne das subjektive Unsicherheitsgefühl beurteilen zu können - neun Jahre nach dem Konflikt ist noch keine sehr lange Zeit für die Ereignisse, bzw. vier Jahre nach jenen im März 2004 - verbessert sich die Situation immer mehr.

 

Ohne politischen Einfluss von außen und ohne Hardliner in der Politik wäre auch der Bereich Kosovo Nord kein Problem, die südlichen Enklaven haben Normalität im Alltagsleben erreicht. In einigen Gemeinden - besonders hervorzuheben sind KAMENICA und PRIZREN - funktioniert das MITEINANDER der verschiedenen Volksgruppen sehr gut.

 

Zum Straßenbild gehören jetzt immer verstärkter Fahrzeuge mit serbischen Kennzeichen (nicht nur jene der ausgelagerten Verwaltung), der Gebrauch der serbischen Sprache im Alltagsleben hat sich wieder eingebürgert. PM THAQI hat bei der Unabhängigkeitserklärung im Parlament die Grußworte auch in serbischer Sprache übermittelt!

 

Alle Gruppen wurden eingeladen, sich am politischen, kulturellen, sozialen und vor allem wirtschaftlichen Leben und Aufbau im Kosovo aktiv zu beteiligen. Die Ausübung der Grundrechte ist auch durch verschiedene Organisationen (Ombudsperson, OSCE, UNMIK Police, etc.) durchsetzbar bzw. kann dort Unterstützung erhalten werden.

 

Die wirtschaftliche Lage ist besonders für Randgruppen, aber auch für Teile der Bevölkerung schwierig, das wirtschaftliche Überleben und eine Abdeckung der GRUNDBEDÜRFNISSE ist im Kosovo aber gesichert.

 

Diese Feststellungen beruhen auf folgender Quelle:

 

Kosovo Länderbericht, 20.03.2008

 

3. BEWEISWÜRDIGUNG:

 

3.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sind dem erstinstanzlichen Akt, sowie dem zweitinstanzlichen Akt zu entnehmen.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den zur Glaubwürdigkeit des Vorbringens gemachten Ausführungen des Bundesasylamtes an. Es traten keine Umstände auf, die an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zweifeln ließen.

 

3.2. Die Feststellungen zum Herkunftsland ergeben sich aus den dem Beschwerdeführer schriftlich vorgehaltenen Länderdokumentationsmaterialien, welchen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Durch das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz (BGBl. I 4/2008) und das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I 2/2008 ist die vormalige Zuständigkeit des Unabhängigen Bundesasylsenates zur Erledigung der gegenständlichen Beschwerde auf den Asylgerichtshof übergegangen.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 haben alle Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof - soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr.10, nichts anderes ergibt - die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, das an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.

 

2. Als Flüchtling im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist anzusehen, wer aus wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. Abschn. A Z. 2 der GFK) droht und keiner der im Art. 1 Abschn. C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Die begründete Furcht vor Verfolgung ist das zentrale Element des Flüchtlingsbegriffes. Diese liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Dabei ist unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, der geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl: 94/19/0183). Im Hinblick auf den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) fallen nur solche Verfolgungsmaßnahmen unter diesen, die auf einen in der Konvention genannten Gründe zurückzuführen sind (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284).

 

Das Beschwerdeverfahren vermochte keine Umstände aufzuzeigen, warum die rechtliche Beurteilung der Erstbehörde hinsichtlich der Prüfung des Antrages an den gesetzlichen Maßstäben des AsylG unrichtig sein sollte. Es sind solche Umstände dem Asylgerichtshof nicht ersichtlich. Eine bloß wirtschaftlich problematische Situation rechtfertigt nicht die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten, zumal es sich nicht um eine individuell gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlung handelt.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.

 

3. Wenn ein Asylantrag abzuweisen ist, hat die Behörde gemäß § 8 im Falle einer Abweisung eines Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß § 125 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz sind Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, nach dessen Bestimmungen weiterzuführen.

 

Da zuletzt zitierte Bestimmung mit seiner Wendung "dieses Bundesgesetzes" und "dessen" auf § 50 Fremdenpolizeigesetz Bezug nimmt, war dieser dem gegenständlichen Verfahren zugrunde zu legen.

 

Gemäß § 50 Fremdenpolizeigesetz ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Gemäß Abs 2 leg cit ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in dem ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 50 Fremdenpolizeigesetz als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (siehe VwGH-Erkenntnis vom 09.05.2003, Zahl 98/18/0317).

 

Im Kosovo herrscht (derzeit) keine Bürgerkriegssituation, noch eine sonstige derart extreme Gefahrenlage, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben im hohen Maße drohe.

 

Ferner handelt sich bei der Person des Beschwerdeführers um einen gesunden jungen Mann. Er könnte im Herkunftsstaat einer Erwerbstätigkeit nachgehen und sich so eine Existenz aufbauen. Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass die Abdeckung der Grundbedürfnisse gesichert ist. Aus der erstinstanzlichen Einvernahme geht ferner hervor, dass der Beschwerdeführer im Kosovo über ein soziales Netz verfügt. Sohin verstößt eine allfällige Abschiebung der beschwerdeführenden Partei auch nicht gegen Art. 2, 3 oder eines der in den oben zitierten Gesetzestexten genannten Zusatzprotokolle zur EMRK.

 

Dementsprechend war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.

 

Da die Entscheidung der Behörde erster Instanz (vor Inkrafttreten der Asylgesetznovelle 2003) keine Ausweisungsentscheidung enthält, konnte auch der Asylgerichtshof keine solche treffen (in diesem Sinne VwGH vom 29.03.2007, 2006/20/0500).

Schlagworte
mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, soziale Verhältnisse, wirtschaftliche Gründe
Zuletzt aktualisiert am
12.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten