RS UVS Oberösterreich 1991/05/03 VwSen-400015/3/Gf/Bf

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Veröffentlicht am 03.05.1991
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Verweis auf VfGH v. 11.6.1990, B 947 u. 1006/89 Rechtssatz

Schubhaftbeschwerde: Voraussetzung Schubhaftbescheid. Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Unabhängigen Verwaltungssenat und der Sicherheitsdirektion. Keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf persönliche Freiheit, wenn zur Sicherung der Abschiebung kein gelinderes Mittel zur Verfügung steht. Asylantrag hindert nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides. Bundesbetreuung bzw. Vorladung vor die Behörde ist weder adäquates Mittel zur Schubhaft, noch Eingriff in die persönliche Freiheit.

Gemäß § 5a Abs.1 FrPG hat derjenige, der in Schubhaft genommen oder angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung durch Beschwerde anzurufen.  Eine Festnahme, die dazu dient, einen Fremden in Schubhaft zu nehmen und anzuhalten, darf nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur erfolgen, wenn diese durch Bescheid verfügt worden ist (vgl. zB. VfSlg 8038/1977 und VfGH vom 11.6.1990, B 947 u. 1006/89).  Die Beschwerde gegen eine derart verfügte Festnahme und Anhaltung begründet sohin die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates nach Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG iVm.  § 67a Abs.1 Z.1 AVG und § 5a FrPG (und nicht nach Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG iVm. § 67a Abs.1 Z.2 AVG). Festzuhalten ist jedoch, daß durch die FrPG-Novelle 1991 die Anordnung des § 11 Abs.2 (und 3) FrPG jedenfalls formell unangetastet geblieben ist. Es hat daher nach wie vor die Sicherheitsdirektion - und nicht der Unabhängige Verwaltungssenat - über Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Schubhaft verhängt wird, zu entscheiden. Andererseits ist den Unabhängigen Verwaltungssenaten gemäß Art. 129 B-VG - und zwar in erster Linie - von Verfassungs wegen die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgetragen.  Soll diese Funktion der Unabhängigen Verwaltungssenate einerseits auch tatsächlich zum Tragen kommen, andererseits aber auch - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - der Sicherheitsdirektion die Berufungsentscheidung über Schubhaftbescheide vorbehalten bleiben, so kann eine sinnvolle, der Intention des § 5 FrPG im Zusammenhalt mit Art.6 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, Rechnung tragende und zur Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gleichzeitig notwendige Kompetenzabgrenzung nur darin gefunden werden, daß der Verwaltungssenat die Rechtmäßigkeit der Festnahme bzw. der Anhaltung auch unter (allerdings bloß grundsätzlicher) Bindung an den Schubhaftbescheid zu beurteilen hat: Eine "Überprüfung" des Bescheides kommt dem Senat dabei nur dann und insoweit zu, als dieser Bescheid an einem schweren und offenkundigen, sohin in die Verfassungssphäre reichenden inhaltlichen Mangel leidet ("Willkür", "Denkunmöglichkeit" bzw. "Gesetzlosigkeit" iSd ständigen Rechtsprechung des VfGH; vgl. zB.  VfSlg 8266/1978 und 8718/1979, jeweils mwN.) und daher aus diesem Grund den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt. Die Wahrnehmung einfachgesetzlicher Rechtswidrigkeiten des Schubhaftbescheides obliegt demgegenüber nach wie vor der Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde. Um der Gefahr, daß sich der Beschwerdeführer der neuerlichen Abschiebung zu  entziehen versucht, vorzubeugen, hat die Behörde daher explizit im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§ 5 Abs.1 erste Alternative FrPG) die Verhängung der Schubhaft angeordnet. Diese sich am bisherigen, oben dargestellten Verhalten des Beschwerdeführers orientierende Vorgangsweise der Behörde, die offenkundig ihre Deckung in § 5 Abs.1 FrPG findet, erscheint weder willkürlich noch denkunmöglich bzw. gesetzlos: Wenn der Beschwerdeführer schon seine frühere Abschiebung postwendend wieder umgangen hat und die belangte Behörde daher davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer alles versuchen wird, es auf eine neuerliche Abschiebung gar nicht mehr ankommen zu lassen, so erscheint diese Annahme aus der Sicht des Verwaltungssentes jedenfalls nicht unvertretbar. Der Behörde stand daher unter diesem Aspekt kein gelinderes Mittel zur Sicherung der Abschiebung zur Verfügung. Daß nämlich - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - eine bloße Ladung nicht geeignet ist, diesen Sicherungszweck zu erfüllen, liegt auf der Hand. Die Behörde hat daher durch die Vollstreckung des Schubhaftbescheides den Art. 1 Abs.3 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, nicht verletzt. Gemäß § 5 Abs.2 AsylG ist nicht die Erlassung und Vollstreckung eines Schubhaftbescheides, sondern nur die Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes, also die Abschiebung selbst, solange gehindert, bis entweder rechtskräftig festgestellt ist, daß der Asylwerber nicht als Flüchtling iSd AsylG anzusehen ist, oder der Asylwerber bereits in einem anderen Staat Anerkennung nach der Flüchtlingskonvention oder anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. § 5 Abs.3 AsylG).  Abgesehen vom Verbot der Durchführung der Abschiebung unterliegt daher auch ein Asylwerber in vollem Umfang den Bestimmungen des FrPG (vgl. in diesem Sinne VfGH vom 11.6.1990, B 947 u. 1006/89). Daher erweist sich auch - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - die während des Asylverfahrens über ihn zum Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängte und aufrecht erhaltene Schubhaft schon dem Grunde nach als nicht mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruch stehend, es sei denn, es würden die Fristen des § 5 Abs.2 FrPG verletzt. Die Zeit der Bundesbetreuung ist schon wegen der dabei gegebenen uneingeschränkten Bewegungsfreiheit, aber auch angesichts der auf bloße Unterstützung abzielenden Intention des Bundesbetreuungsgesetzes, BGBl. 452/1990, und der darauf basierenden Bundesbetreuungsverordnung, BGBl. Nr. 130/1990, nicht als ein Eingriff in die persönliche Freiheit anzusehen.

Schlagworte
Schubhaftbescheid; Bindung des UVS; Festnahme; Anhaltung; Eingriff in die Verfassungssphäre; Denkunmöglichkeit; Asylantrag; Verbot der Durchführung der Abschiebung; Gefahr im Verzug bei Vereitelung (Umgehung) der Abschiebung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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